Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 52/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 297/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 29/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Unfall des Klägers vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall handelt.
Der 1960 geborene Kläger ist bei der L Verkehrs-Betriebe AG als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Er ist Mitglied des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e.V.". Dessen Gründung erfolgte auf Initiative der L, die ihn finanziell durch Zuschüsse und Sachspenden unterstützt und eigene Räumlichkeiten für sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Mitglieder des Vereins können natürliche und juristische Personen werden (§ 2 der Vereinssatzung). Vereinsorgane sind der Vorstand, der Beirat und die Mitgliederversammlung (§ 4 der Vereinssatzung). Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schatzmeister und dem Schriftführer. In den Vorstand wählbar sind nur Beschäftigte und Ruheständler der L. Jeweils ein Vorstandsmitglied wird durch den Vorstand und den Betriebsrat der L bestellt. Die restlichen Vorstandsmitglieder und jeweils ein Ersatzmitglied werden durch die Mitgliederversammlung gewählt. Endet das Beschäftigungsverhältnis bei der L außer durch Ruhestand, so erlischt damit auch die Mitgliedschaft im Vereinsvorstand (§ 5 der Vereinssatzung). Der Verein, der aus verschiedenen Sparten besteht, hatte im Dezember 2004 etwa 435 Mitglieder (Schreiben der Betriebssportgemeinschaft vom 17.12.2004). In der Sparte Fußball waren im Dezember 2004 230 Mitglieder gemeldet, wovon etwa 90 in den damals bestehenden sechs Mannschaften aktiv waren. Der Kläger gehörte der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof" an, die regelmäßig trainierte, aber nicht am Spielbetrieb des Betriebssportkreisverbandes L1 teilnahm (Schreiben der L vom 10.03.2006).
Am 05.11.2004 verdrehte der Kläger sich beim Training der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof", an dem an diesem Tag drei Betriebsangehörige und fünf betriebsfremde Mitglieder teilnahmen, das rechte Knie. Nachdem bei der Erstuntersuchung am 06.11.2004 eine Außenbanddehnung festgestellt worden war, ergab eine am 15.11.2004 durchgeführte Arthroskopie eine Teilruptur des außenseitigen Kollateralbandes und eine weitgehende Ruptur des vorderen Kreuzbandes sowie einen degenerativen Außenmeniskuseinriss. Eine Entschädigung des Ereignisses vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2004, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 18.07.2006, mit der Begründung ab, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handele. Der Sportausübung fehle der innere Bezug zur versicherten Tätigkeit, weil der Teilnehmerkreis nicht im Wesentlichen auf die Beschäftigten der L beschränkt sei.
Der Kläger hat am 11.08.2006 Klage erhoben und vorgetragen: Der in der Sparte "Fußball Märchenbahnhof" durchgeführte Sport diene allein dem Ausgleich der Belastung durch die betriebliche Tätigkeit. Die gesamte Betriebssportgemeinschaft sei darauf ausgerichtet, ausschließlich Betriebssport zu organisieren. Auf die Zusammensetzung der einzelnen Sparten, insbesondere der Sparte "Fußball Märchenbahnhof" habe er keinen Einfluss. Ob Versicherungsschutz bestehe, könne nicht von der zufälligen Zusammensetzung der Teilnehmer der Trainingsstunde abhängig sein. Schon früher sei es sowohl bei ihm als auch bei Kollegen zu Sportunfällen gekommen, die jeweils von der Beklagten als Arbeitsunfälle behandelt worden seien. Die Beklagte ist auf ihrem Standpunkt verblieben.
Mit Urteil vom 12.10.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen die am 31.10.2007 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 16.11.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung dürfe nicht davon abhängen, ob an der sportlichen Betätigung im Wesentlichen Betriebsangehörige teilgenommen hätten oder nicht. Ob generell oder im konkreten Fall die Teilnehmerzahl im Wesentlichen von Betriebsangehörigen bestimmt werde, hänge von Zufälligkeiten ab, auf die er keinen Einfluss habe. Wenn er Betriebsport betreiben wolle, könne er dies nur in der von der L gegründeten Betriebssportgemeinschaft tun.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.10.2007 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2006 festzustellen, dass sein Unfall vom 05.11.2004 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen; ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger am 05.11.2004 keinen Arbeitsunfall erlitten hat, als er sich beim Fußballtraining das rechte Knie verdrehte.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger war zwar zum Unfallzeitpunkt als Straßenbahnfahrer bei der L nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gegen Arbeitsunfall versichert. Bei dem zum Unfall führenden Fußballtraining am 05.11.2004 hat er aber keine mit seinem Beschäftigungverhältnis im inneren Zusammenhang stehende Tätigkeit ausgeübt. Er hat den Unfall nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit, sondern bei einer sportlichen Betätigung in seiner Freizeit erlitten. Bei dieser sportlichen Betätigung hat es sich auch nicht um eine der versicherten Tätigkeit gleichzustellende Teilnahme am Betriebssport gehandelt.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 28.11.1961 (BSGE 16, 1, 5 = SozR Nr. 49 zu § 542 RVO a.F.) näher dargelegt, welche tatsächlichen Umstände vorliegen müssen, um den inneren Zusammenhang einer sportlichen Betätigung mit der Beschäftigung in einem Unternehmen bejahen zu können. Nach den in dieser Entscheidung aufgestellten und danach in ständiger Rechtsprechung (s. Brackmann-Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rz. 139 ff.) aufrechterhaltenen Grundsätzen, denen der Senat folgt, ist eine sportliche Betätigung Betriebsangehöriger der versicherten Tätigkeit gleichzustellen, wenn sie erstens geeignet ist, die durch die Tätigkeit bedingte körperliche Belastung auszugleichen, zweitens mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet und drittens in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebsarbeit steht.
Der Zusammenhang wird in der Regel durch einen im wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkten Teilnehmerkreis sowie durch die der Betriebsarbeit entsprechende Zeit und Dauer der Übungen begründet. Auch wenn dieser Zielsetzung am meisten der reine Ausgleichssport in Form von Lockerungsübungen entspricht, hat das BSG den Begriff des Betriebssports nicht auf Übungen dieser Art eingeengt, sondern als Ausgleichssport auch Fußballspielen angesehen, wobei der dieser Sportart innewohnende Wettkampfcharakter dem nicht entgegensteht (s. BSG SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 16 m.w.N.). Auch die Voraussetzungen einer gewissen Regelmäßigkeit der Durchführung des Ausgleichssports (BSGE 16, 1, 5; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 19) sowie des zeitlichen Zusammenhangs von Übungszeit und Dauer der betrieblichen Tätigkeit (BSGE 16,1,5; BSG Urteil vom 15.08.1979 - 2 RU 45/79 - USK 79152) ist hier anzunehmen. Es fehlt aber an der Voraussetzung des im Wesentlichen auf die Beschäftigten des veranstaltenden Unternehmens beschränkten Teilnehmerkreises (BSGE 16,1,5).
Nach der Satzung des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e. V." ist dessen Mitgliederkreis nicht auf Beschäftigte der L beschränkt. § 2 in der Satzung bestimmt vielmehr, dass natürliche und juristische Personen Mitglieder des Vereins werden können. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des BSG vom 25.02.1993 - 2 RU 19/92 - (= SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 16) zugrunde liegenden Fall, in dem die Organisation des Betriebssports auf einen Verein übertragen worden war, dessen Mitgliederkreis nach der Satzung auf Betriebsangehörige und deren Familienangehörige beschränkt war. Zwar ist auch im vorliegenden Fall - ebenso wie in dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit - ein faktischer Einfluss des Unternehmens auf den Verein als gegeben anzusehen. Die Gründung des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e. V." erfolgte auf Initiative der L, die ihn auch finanziell durch Zuschüsse und Sachspenden unterstützt und eigene Räumlichkeiten für sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Die L über außerdem Einfluss auf die Wahl des Vereinsvorstandes aus, denn eines seiner vier Mitglieder wird durch den Vorstand der L bestellt. Trotz des faktischen Einflusses der L auf den Betriebssportverein ist hier aber - anders als in der Entscheidung des BSG vom 25.02.1993 - kein Betriebssport anzunehmen.
Ebenso wie das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass bei Betriebssportvereinen, die auch Dritten offenstehen, grundsätzlich nur privater Sport anzunehmen ist (vgl. auch Ricke in Kasseler Kommentar, SGB VII, § 8 Rz. 65). Denn wenn die Mitgliedschaft in einem Betriebssportverein nicht an die Betriebsangehörigkeit anknüpft, sondern der Verein wie ein allgemeiner Sportverein für jeden zugänglich ist, lässt sich auch für die dem Betrieb angehörenden Mitglieder ein innerer Zusammenhang zwischen der sportlichen Betätigung und der betrieblichen Tätigkeit nicht begründen. Ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn der Kreis der aktiven Mitglieder in der Sparte Fußball oder zumindest in der Mannschaft, der der Kläger angehörte, sich tatsächlich im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkte, kann offen bleiben. Denn von einem derartigen Sachverhalt ist hier nicht auszugehen. Nach den Angaben der L im Schreiben vom 10.03.2006 waren in den im Jahre 2004 bestehenden sechs Fußballmannschaften rund 90 Spieler aktiv, wobei sich die Anzahl der Externen auf maximal 20 belief. Die Sparte "Fußball Märchenbahnhof", der der Kläger angehörte, bestand nach den Angaben der L in den Schreiben vom 15.08.2005 und 11.05.2004 sogar etwa zur Hälfte aus Externen. Demzufolge war - wie im Schreiben der L vom 15.08.2005 bestätigt wird - die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises am Unfalltag, an dem fünf Externe und drei Betriebsangehörige am Training der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof" teilnahmen, auch nicht ungewöhnlich.
Ob die Beklagte in der Vergangenheit Unfälle des Klägers oder anderer Beschäftigter der L bei sportlicher Betätigung in der Betriebssportgemeinschaft 1926 der L e.V. - zu Recht oder zu Unrecht - als Arbeitsunfälle behandelt hat, ist für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem Unfall des Klägers vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall handelt, rechtlich unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Unfall des Klägers vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall handelt.
Der 1960 geborene Kläger ist bei der L Verkehrs-Betriebe AG als Straßenbahnfahrer beschäftigt. Er ist Mitglied des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e.V.". Dessen Gründung erfolgte auf Initiative der L, die ihn finanziell durch Zuschüsse und Sachspenden unterstützt und eigene Räumlichkeiten für sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Mitglieder des Vereins können natürliche und juristische Personen werden (§ 2 der Vereinssatzung). Vereinsorgane sind der Vorstand, der Beirat und die Mitgliederversammlung (§ 4 der Vereinssatzung). Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vorsitzenden, dem Schatzmeister und dem Schriftführer. In den Vorstand wählbar sind nur Beschäftigte und Ruheständler der L. Jeweils ein Vorstandsmitglied wird durch den Vorstand und den Betriebsrat der L bestellt. Die restlichen Vorstandsmitglieder und jeweils ein Ersatzmitglied werden durch die Mitgliederversammlung gewählt. Endet das Beschäftigungsverhältnis bei der L außer durch Ruhestand, so erlischt damit auch die Mitgliedschaft im Vereinsvorstand (§ 5 der Vereinssatzung). Der Verein, der aus verschiedenen Sparten besteht, hatte im Dezember 2004 etwa 435 Mitglieder (Schreiben der Betriebssportgemeinschaft vom 17.12.2004). In der Sparte Fußball waren im Dezember 2004 230 Mitglieder gemeldet, wovon etwa 90 in den damals bestehenden sechs Mannschaften aktiv waren. Der Kläger gehörte der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof" an, die regelmäßig trainierte, aber nicht am Spielbetrieb des Betriebssportkreisverbandes L1 teilnahm (Schreiben der L vom 10.03.2006).
Am 05.11.2004 verdrehte der Kläger sich beim Training der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof", an dem an diesem Tag drei Betriebsangehörige und fünf betriebsfremde Mitglieder teilnahmen, das rechte Knie. Nachdem bei der Erstuntersuchung am 06.11.2004 eine Außenbanddehnung festgestellt worden war, ergab eine am 15.11.2004 durchgeführte Arthroskopie eine Teilruptur des außenseitigen Kollateralbandes und eine weitgehende Ruptur des vorderen Kreuzbandes sowie einen degenerativen Außenmeniskuseinriss. Eine Entschädigung des Ereignisses vom 05.11.2004 als Arbeitsunfall lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2004, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 18.07.2006, mit der Begründung ab, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handele. Der Sportausübung fehle der innere Bezug zur versicherten Tätigkeit, weil der Teilnehmerkreis nicht im Wesentlichen auf die Beschäftigten der L beschränkt sei.
Der Kläger hat am 11.08.2006 Klage erhoben und vorgetragen: Der in der Sparte "Fußball Märchenbahnhof" durchgeführte Sport diene allein dem Ausgleich der Belastung durch die betriebliche Tätigkeit. Die gesamte Betriebssportgemeinschaft sei darauf ausgerichtet, ausschließlich Betriebssport zu organisieren. Auf die Zusammensetzung der einzelnen Sparten, insbesondere der Sparte "Fußball Märchenbahnhof" habe er keinen Einfluss. Ob Versicherungsschutz bestehe, könne nicht von der zufälligen Zusammensetzung der Teilnehmer der Trainingsstunde abhängig sein. Schon früher sei es sowohl bei ihm als auch bei Kollegen zu Sportunfällen gekommen, die jeweils von der Beklagten als Arbeitsunfälle behandelt worden seien. Die Beklagte ist auf ihrem Standpunkt verblieben.
Mit Urteil vom 12.10.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen die am 31.10.2007 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 16.11.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung dürfe nicht davon abhängen, ob an der sportlichen Betätigung im Wesentlichen Betriebsangehörige teilgenommen hätten oder nicht. Ob generell oder im konkreten Fall die Teilnehmerzahl im Wesentlichen von Betriebsangehörigen bestimmt werde, hänge von Zufälligkeiten ab, auf die er keinen Einfluss habe. Wenn er Betriebsport betreiben wolle, könne er dies nur in der von der L gegründeten Betriebssportgemeinschaft tun.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.10.2007 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2006 festzustellen, dass sein Unfall vom 05.11.2004 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen; ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger am 05.11.2004 keinen Arbeitsunfall erlitten hat, als er sich beim Fußballtraining das rechte Knie verdrehte.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger war zwar zum Unfallzeitpunkt als Straßenbahnfahrer bei der L nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gegen Arbeitsunfall versichert. Bei dem zum Unfall führenden Fußballtraining am 05.11.2004 hat er aber keine mit seinem Beschäftigungverhältnis im inneren Zusammenhang stehende Tätigkeit ausgeübt. Er hat den Unfall nicht bei einer betrieblichen Tätigkeit, sondern bei einer sportlichen Betätigung in seiner Freizeit erlitten. Bei dieser sportlichen Betätigung hat es sich auch nicht um eine der versicherten Tätigkeit gleichzustellende Teilnahme am Betriebssport gehandelt.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 28.11.1961 (BSGE 16, 1, 5 = SozR Nr. 49 zu § 542 RVO a.F.) näher dargelegt, welche tatsächlichen Umstände vorliegen müssen, um den inneren Zusammenhang einer sportlichen Betätigung mit der Beschäftigung in einem Unternehmen bejahen zu können. Nach den in dieser Entscheidung aufgestellten und danach in ständiger Rechtsprechung (s. Brackmann-Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rz. 139 ff.) aufrechterhaltenen Grundsätzen, denen der Senat folgt, ist eine sportliche Betätigung Betriebsangehöriger der versicherten Tätigkeit gleichzustellen, wenn sie erstens geeignet ist, die durch die Tätigkeit bedingte körperliche Belastung auszugleichen, zweitens mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet und drittens in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebsarbeit steht.
Der Zusammenhang wird in der Regel durch einen im wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkten Teilnehmerkreis sowie durch die der Betriebsarbeit entsprechende Zeit und Dauer der Übungen begründet. Auch wenn dieser Zielsetzung am meisten der reine Ausgleichssport in Form von Lockerungsübungen entspricht, hat das BSG den Begriff des Betriebssports nicht auf Übungen dieser Art eingeengt, sondern als Ausgleichssport auch Fußballspielen angesehen, wobei der dieser Sportart innewohnende Wettkampfcharakter dem nicht entgegensteht (s. BSG SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 16 m.w.N.). Auch die Voraussetzungen einer gewissen Regelmäßigkeit der Durchführung des Ausgleichssports (BSGE 16, 1, 5; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 19) sowie des zeitlichen Zusammenhangs von Übungszeit und Dauer der betrieblichen Tätigkeit (BSGE 16,1,5; BSG Urteil vom 15.08.1979 - 2 RU 45/79 - USK 79152) ist hier anzunehmen. Es fehlt aber an der Voraussetzung des im Wesentlichen auf die Beschäftigten des veranstaltenden Unternehmens beschränkten Teilnehmerkreises (BSGE 16,1,5).
Nach der Satzung des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e. V." ist dessen Mitgliederkreis nicht auf Beschäftigte der L beschränkt. § 2 in der Satzung bestimmt vielmehr, dass natürliche und juristische Personen Mitglieder des Vereins werden können. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des BSG vom 25.02.1993 - 2 RU 19/92 - (= SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 16) zugrunde liegenden Fall, in dem die Organisation des Betriebssports auf einen Verein übertragen worden war, dessen Mitgliederkreis nach der Satzung auf Betriebsangehörige und deren Familienangehörige beschränkt war. Zwar ist auch im vorliegenden Fall - ebenso wie in dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit - ein faktischer Einfluss des Unternehmens auf den Verein als gegeben anzusehen. Die Gründung des Vereins "Betriebssportgemeinschaft 1926 der L Verkehrs-Betriebe AG e. V." erfolgte auf Initiative der L, die ihn auch finanziell durch Zuschüsse und Sachspenden unterstützt und eigene Räumlichkeiten für sportliche und gesellschaftliche Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Die L über außerdem Einfluss auf die Wahl des Vereinsvorstandes aus, denn eines seiner vier Mitglieder wird durch den Vorstand der L bestellt. Trotz des faktischen Einflusses der L auf den Betriebssportverein ist hier aber - anders als in der Entscheidung des BSG vom 25.02.1993 - kein Betriebssport anzunehmen.
Ebenso wie das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass bei Betriebssportvereinen, die auch Dritten offenstehen, grundsätzlich nur privater Sport anzunehmen ist (vgl. auch Ricke in Kasseler Kommentar, SGB VII, § 8 Rz. 65). Denn wenn die Mitgliedschaft in einem Betriebssportverein nicht an die Betriebsangehörigkeit anknüpft, sondern der Verein wie ein allgemeiner Sportverein für jeden zugänglich ist, lässt sich auch für die dem Betrieb angehörenden Mitglieder ein innerer Zusammenhang zwischen der sportlichen Betätigung und der betrieblichen Tätigkeit nicht begründen. Ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn der Kreis der aktiven Mitglieder in der Sparte Fußball oder zumindest in der Mannschaft, der der Kläger angehörte, sich tatsächlich im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkte, kann offen bleiben. Denn von einem derartigen Sachverhalt ist hier nicht auszugehen. Nach den Angaben der L im Schreiben vom 10.03.2006 waren in den im Jahre 2004 bestehenden sechs Fußballmannschaften rund 90 Spieler aktiv, wobei sich die Anzahl der Externen auf maximal 20 belief. Die Sparte "Fußball Märchenbahnhof", der der Kläger angehörte, bestand nach den Angaben der L in den Schreiben vom 15.08.2005 und 11.05.2004 sogar etwa zur Hälfte aus Externen. Demzufolge war - wie im Schreiben der L vom 15.08.2005 bestätigt wird - die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises am Unfalltag, an dem fünf Externe und drei Betriebsangehörige am Training der Mannschaft "Fußball Märchenbahnhof" teilnahmen, auch nicht ungewöhnlich.
Ob die Beklagte in der Vergangenheit Unfälle des Klägers oder anderer Beschäftigter der L bei sportlicher Betätigung in der Betriebssportgemeinschaft 1926 der L e.V. - zu Recht oder zu Unrecht - als Arbeitsunfälle behandelt hat, ist für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem Unfall des Klägers vom 05.11.2004 um einen Arbeitsunfall handelt, rechtlich unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved