Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 5940/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 132/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 2004 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVTI - (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der Kläger, geboren 1935, bezieht von der Beklagten (Rentenversicherungsträger) seit 1. Oktober 1995 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (Rentenbescheid vom 14. August 1995). Er hatte nach Ablegung einer Prüfung zum Chemiefacharbeiter (Prüfungszeugnis vom 5. August 1952) die Fachschule für Chemie K besucht und mit der Prüfung zum Chemotechniker abgeschlossen (Zeugnis der Fachschule für Chemie K vom 30. Juni 1954). Am 12. November 1958 bestand er die staatliche Prüfung zum "Chemie-Ingenieur der Fachrichtung anorganisch-technische Chemie" (Ingenieur-Urkunde vom 13. November 1958). Nach einem Zusatzstudium an der Ingenieurschule für Feinwerktechnik J wurde dem Kläger die Berechtigung zuerkannt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Ingenieur-Urkunde vom 17. Juni 1965).
Ab 1. Juni 1956 war der Kläger als Chemotechniker im VEB Reparaturwerk N (VEB RW) bis 31. Dezember 1960 beschäftigt. Ausweislich des Sozialversicherungsausweises (SVA) arbeitete der Kläger im VEB RW ab 1. Januar 1961 als Chemie-Ingenieur, und zwar durchgehend bis zum 18. November 1990, nachdem die N M GmbH () den Betrieb des VEB fortgeführt hatte (Umwandlung am 1. Juli 1990). Nach dem Handblatt zum Register der volkseigenen Wirtschaft war die Rechtsfähigkeit des VEB RW mit Wirkung vom 20. September 1990 erloschen; als Rechtsnachfolgerin wurde die (Gesellschaftsvertrag vom 23. August 1990) eingetragen, und zwar als GmbH im Aufbau am 25. Juli 1990.
Der Kläger war vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1990 Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR). Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Den Antrag des Klägers auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2000 ab. Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger u. a. vor, dass die Produktionsaufgabe des VEB die industrielle Instandsetzung der Räder- und Kettenfahrzeuge der Nationalen Volksarmee (NVA) gewesen sei. Er legte ein als Status bezeichnetes Schreiben der vom 5. April 2000 vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2000 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger u. a. vorgetragen, im VEB RW seien modernste Fahrzeugvarianten unter Verwendung vorhandener Fahrzeugteile vollkommen neu produziert worden. Zur Umgehung alliierter Nachkriegsbestimmungen sei diese Produktion "industrielle Instandsetzung mit Modernisierung" genannt worden. Aus dem VEB RW sei danach die und dann die Fahrzeugbau N GmbH mit vergleichbarem Geschäftsfeld entstanden. So seien dort z. B. die "Fahrzeuge der technischen Hilfe M" nach den technischen Unterlagen des VEB RW weiterproduziert und nach Schweden verkauft worden. Wenn das "Reparaturwerk" schon damals "Fahrzeugwerk" genannt worden wäre, hätte seitens der Beklagten wahrscheinlich kein Zweifel an der Produktionstätigkeit bestanden.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 2. August 2004 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, für den Zeitraum vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 die Zugehörigkeit zur AVTI und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zur AVTI in dem im Tenor genannten Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Das AAÜG sei auf den Kläger anwendbar. Der Kläger habe eine Anwartschaft in diesem Versorgungssystem gehabt. Er sei aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG den Einbezogenen gleichzustellen, denn er hätte am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage für die AVTI gehabt. Der Kläger erfülle die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVTI während des gesamten genannten Zeitraums. Auch die betriebliche Voraussetzung habe sowohl am 30. Juni 1990 als auch im gesamten geltend gemachten Beschäftigungszeitraum vorgelegen, denn der Kläger habe in einem volkseigenen Produktionsbetrieb gearbeitet. Dabei komme es auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 an. Es müsse sich bei dem betroffenen Betrieb um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR Planwirtschaft zugeordnet gewesen sei und dessen verfolgter Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen sei. Die Kammer folge der Anwendung dieses Produktionsbegriffs auf die ökonomischen Tatbestände Reparatur bzw. Instandsetzung, wie sie vom Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 19. Februar 2003 L 4 RA 48/02 vorgenommen worden sei, und sehe von einer Darstellung der Einzelheiten in entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab. Die Reparatur bzw. Instandsetzung von gepanzerten Fahrzeugen unterfalle, auch wenn sie in Taktstraßen und somit fordistisch vorgenommen werde, nicht dem Produktionsbegriff der AVTI, weil sie als solche nicht auf die Herstellung von Sachgütern gerichtet sei. Allerdings vermöge die Kammer der Schlussfolgerung des LSG Mecklenburg-Vorpommern, dass die Herstellung von Sachgütern dem VEB RW nicht das Gepräge gegeben habe, nicht zu folgen. Die Angaben im Volkswirtschaftsplan für das Jahr 1989 ließen diesen Schluss zur Überzeugung der Kammer nicht zu. Zu berücksichtigen sei, dass nicht nur die Herstellung von Ersatzteilen und Konsumgütern für den zivilen Bedarf und den Export dem Produktionsbegriff unterfalle, sondern auch die Herstellung von Ersatzteilen und Baukomponenten, die nicht für die Abgabe nach außen bestimmt gewesen seien, sondern für den Einbau in die instand zu setzenden Panzer und gepanzerten Fahrzeuge. Aussagekräftigstes Dokument sei nach Ansicht der Kammer in dieser Hinsicht das Schreiben des Rechtsnachfolgers des RWN vom 5. April 2000. Die darin unter Nr. 2, 3 und 4 genannten Tätigkeitsbereiche ließen sich dem o. g. Produktionsbegriff zuordnen. Es lasse sich diesem Schreiben ebenfalls entnehmen, dass Instandsetzungen im Sinne der aufgeführten Nr. 1 per anno einen Anteil von 30 % an der wirtschaftlichen Tätigkeit des RW ausgemacht hätten. Dem lasse sich im Umkehrschluss entnehmen, dass in wirtschaftlicher Hinsicht die Neuproduktion von Sachgütern die Tätigkeit des RW dominiert habe, auch wenn diese neu hergestellten Produkte durch Instandsetzungsarbeiten an Ort und Stelle hätten weiterverarbeitet werden sollen. Die ebenfalls genannten Forschungs- und Entwicklungsaufgaben spielten bei dieser Betrachtungsweise keine entscheidende Rolle. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass das RW während des geltend gemachten Zeitraumes seinen Charakter als Produktionsbetrieb geändert habe. Die zwingenden Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVTI bestünden für den Kläger somit nicht nur am 30. Juni 1990, sondern auch während des genannten geltend gemachten Zeitraums, so dass im genannten Zeitraum fiktive Beitragszeiten i. S. von § 5 Abs. 1 AAÜG vorlägen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt zur Begründung vor: Dem betrieblichen Anwendungsbereich der AVTI hätten als Produktionsbetriebe nur VEB der Industrie, d. h. solche VEB unterlegen, die die industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben hätten. Die Instandsetzung sei entweder in Instandsetzungsabteilungen (Hauptmechanik) oder Instandsetzungsbetrieben durchgeführt worden. Ein Instandsetzungsbetrieb sei ein Spezialbetrieb für die Instandhaltung von Industrieerzeugnissen gewesen. Auch der VEB RW habe zu diesen Instandsetzungsbetrieben gezählt. Die Entscheidung des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Februar 2003 L 4 RA 48/02 werde für zutreffend gehalten. Danach sei der VEB R zwar ein juristisch und ökonomisch selbständiger volkseigener Betrieb gewesen, der einem Industrieministerium als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen sei, jedoch habe es an der betriebsprägenden industriellen Produktion gemangelt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Die industrielle Produktion des VEB RW sei aufgrund aller Nachweise (Nettoproduktionsangabe in den Volkswirtschaftsplänen, Arbeitsordnung des Betriebs, Neuentwicklungen von Fahrzeugen und Geräten vorrangig für den Export auch in viele NSW Länder, Großserienproduktion von Neu- und Ersatzteilen für den Armeebedarf und den Export sowie Baugruppen u. a. auch für die Produktion des Standardpanzers T 72 in der CSSR) nicht nur betriebsprägend gewesen, sondern wie bei allen Rüstungsbetriebe auch von einer sehr hohen Fertigungstiefe gekennzeichnet, so dass auch aus taktischen Erwägungen die Zulieferung von Teilen und Baugruppen auf das Notwendigste beschränkt geblieben sei. Selbst wenn man (fälschlicherweise) nur die Produktion vollkommen neuer Fahrzeuge, Baugruppen und Teile als industrielle Produktion verstehen wolle, machten diese immer noch einen Anteil von mehr als 70 % aus. Die Produktion habe dem Betrieb also eindeutig das Gepräge gegeben. Er verweise außerdem auf das Verfahren vor dem LSG Brandenburg L 1 RA 65/04 und vor dem Sozialgericht Neuruppin S 7 RA 155/03 zu dem VEB I P, der ebenfalls wie der VEB RW der Wirtschaftsgruppe 15489 zugeteilt gewesen sei. In diesen Sozialgerichtsverfahren habe das dort in Auftrag gegebene Gutachten das Ergebnis gezeitigt, dass der VEB I P ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Er beantrage ebenfalls, ein Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen. Schließlich wiederhole er nochmals, dass es für den Begriff des Produktionsbetriebs keine Einzeldefinition gebe. Er verweist insoweit auf die Angaben im Ökonomischen Lexikon (VEB V D W, 1). Die dortigen Definitionen träfen für den VEB RW vollinhaltlich zu. Denn seine Hauptaufgabe sei es gewesen, außer der Herstellung neuer Erzeugnisse auch die industrielle Instandsetzung von Panzerfahrzeugen durchzuführen. Selbst wenn man der grundsätzlichen Feststellung im Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern folgte, dass hier keine "neuen" Erzeugnisse hergestellt würden, verlange die Definition in diesem Lexikon jedoch, diese Leistung insgesamt als Industrieproduktion zu werten und den VEB RWauch deswegen als Produktionsbetrieb zu bezeichnen. Letztendlich verweist der Kläger auf den Prüfungsbericht der D T A & T AG.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen Bezug genommen.
Die Akten des SG Neubrandenburg S 3 RA 22/01 (L 7 R 39/06) – 3 Bände -, die Rentenakte des Klägers, die Akte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung nicht verpflichtet, die Beschäftigungszeiten des Klägers beim VEB RW vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Nach dieser Norm gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Einen anerkannten "Anspruch" auf Versorgung hatte der Kläger bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Denn der "Erwerb" einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG setzt voraus, dass der Betreffende nach den zu verfassungsgemäßem Bundesrecht gewordenen Regeln des jeweiligen Versorgungssystems am 31. Juli 1991 (noch) und damit bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 in das System – hier in die AVTI – einbezogen war. Der Kläger hatte indes – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 in der DDR eine Versorgungszusage nicht erhalten, und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen. Der Kläger ist auch nicht nachträglich durch Rehabilitierung nach Maßgabe des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes einbezogen worden.
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahingehend zu erweitern, dass den tatsächlichen einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen – fingierten – Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: z. B. Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 25/017 R = zur Veröffentlichung im SozR vorgesehen; grundsätzlich: Urteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 sowie vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann gegeben, wenn am Stichtag, dem 30. Juni 1990, eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden war, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Zusatzversorgungssystem vorgesehen war (vgl. die angeführten Urteile des BSG sowie Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 und Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend für die Vormerkung von Zugehörigkeitszeiten zur AVTI sind insoweit die Texte der Verordnung zur AVTI vom 17. August 1950 (GBl, 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl, 487). Die darin enthaltenen Vorschriften sind dabei unabhängig von der Verwaltungs- und Auslegungspraxis in der DDR allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. z. B.: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 1994 – B 4 RA 11/04 R – veröff. in juris). Davon ausgehend besteht ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur dann, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung tatsächlich verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben – betriebliche Voraussetzung – (vgl. die angeführte Rechtsprechung des BSG sowie zuletzt BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – veröff. in juris).
Ungeachtet dessen, dass der Kläger aufgrund der von ihm erworbenen Berufsabschlüsse die persönliche Voraussetzung und auch aufgrund der von ihm tatsächlich verrichteten Beschäftigung eines Laborleiters in einem Labor des VEB RW zur Prüfung von Werkstoffen die so genannte sachliche Voraussetzung erfüllt, scheitert sein Begehren jedenfalls daran, dass die so genannte betriebliche Voraussetzung nicht vorliegt. Denn er war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens iS des § 1 Abs. 1 der 2. DB oder einer diesen Betrieben nach der Auflistung in § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellten Einrichtung beschäftigt. Der VEB RW wurde zwar als Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch noch am 30. Juni 1990 in der Rechtsform eines VEB geführt. Ausweislich der Eintragungen im Register der volkseigenen Wirtschaft war die Rechtsfähigkeit des VEB RW erst mit Wirkung vom 20. September 1990 erloschen, die als GmbH im Aufbau war als Rechtsnachfolgerin des VEB RW erst am 25. Juli 1990 in das Register eingetragen worden, und die Umwandlung war jedenfalls bis zum 30. Juni 1990 nicht vollzogen worden, so dass der VEB RWnoch am 30. Juni 1990 als produzierender Betrieb am Rechtsverkehr in der DDR teilnahm und nicht nur eine so genannte "leere Hülle" darstellte. Gleichwohl erfüllt der Kläger mit der Beschäftigung bei dem VEB RW als Arbeitgeber nicht die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der AVTI. Denn der VEB RW war kein Produktionsbetrieb der Industrie; eine Qualifizierung als Produktionsbetrieb des Bauwesens scheidet schon wegen des Unternehmensgegenstandes von vornherein aus und zu den in § 1 Abs. 2 2. DB aufgeführten gleichgestellten Betrieben zählt der VEB RWnicht.
Produktionsbetriebe liegen nach der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung, die der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt, nur dann vor, wenn der Betriebszweck des VEB, auf den abzustellen ist, in der regelmäßig wiederkehrenden serienmäßigen Massenproduktion von Sachgütern oder Bauleistungen besteht (zu diesem Erfordernis vgl. z. B. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem VEB RW nicht um einen derartigen Produktionsbetrieb handelte. Der Hauptzweck bzw. die Hauptproduktion des VEB RW bestand nicht in der Massenproduktion von Sachgütern, sondern in der Instandsetzung mobiler Wehrtechnik der NVA (ebenso LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. Februar 2007 – L 7 R 39/06 R – rechtskräftig: BSG, Beschluss vom 29. Januar 2008 – B 4 RS 26/07 B – sowie LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2003 – L 4 RA 48/02 – rechtskräftig: BSG, Beschluss vom 13. August 2003 – B 4 RA 73/03 B).
Der VEB RW hatte im Wesentlichen die gleichen Aufgaben zu erfüllen wie seine Rechtsnachfolgerin, die ; darauf hat der Kläger selbst hingewiesen. Ausweislich des Handelsregisterauszuges war als Gegenstand des Unternehmens bei der eingetragen "Entwicklung, Fertigung und Vertrieb folgender Erzeugnisse: Instandsetzung von Verteidigungstechnik, Baugruppen und Fahrzeugen der Schienenfahrzeugtechnik, Erzeugnisse der Umwelttechnik, mobile Werkstätten, spezielle Fahrzeuge und Geräte, Baugruppen der Kfz- Technik sowie Erweiterung des Sortiments maschinenbautypischer Leistungen". In dem vom Kläger vorgelegten als Status bezeichneten Schreiben der vom 5. April 2000 werden die Aufgaben des VEB RW, wie folgt, beschrieben: 1. industrielle Instandsetzung von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, 2. Herstellung von Eratzteilen und Baugruppen für Militärtechnik und zivilen Bedarf sowie für den Export, 3. Entwicklung und Produktion von Komponenten für die Kampfwerterhöhung der Militärtechnik, 4. Entwicklung und Produktion von Erzeugnissen für die mobile Instandsetzung von Militärtechnik und Ziviltechnik, 5. Aufgaben der Forschung und Entwicklung. Die Schlussfolgerung, dass die an erster Stelle dieser Aufgabenbeschreibungen aufgeführte Instandsetzung von Verteidigungstechnik bzw. von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des VEB RW bildete, erweist sich aufgrund der Feststellungen der D T A & T AG als zutreffend. In dem Bericht dieser Treuhand-Gesellschaft über die Prüfung des Inventars, der Deutsche Mark-Eröffnungsbilanz und des Anhangs zum 1. Juli 1990, auf den sich auch der Kläger beruft, wird der Unternehmensgegenstand des VEB RW unter Berücksichtigung der verschiedenen Aufgabenbereiche dahingehend beschrieben, dass der VEB RW bis zum 30. Juni 1990 "beinahe" ausschließlich in der speziellen Produktion der Instandsetzung mobiler Wehrtechnik tätig gewesen sei. Als Hauptproduktion habe er die komplette industrielle Instandsetzung und Modernisierung einschließlich dazu notwendiger Entwicklungsleistungen von Panzer-, SPW- und schwerer Pioniertechnik sowie deren Baugruppen einschließlich der Regenerierung von Verschleißteilen betrieben. In diesem Bericht wird zwar auch die Produktion eines großen Sortiments von Ersatzteilen und Baugruppen für diese Technik angeführt sowie die Entwicklung und Produktion mobiler Werkstätten für die Wartung und Instandsetzung von Panzertechnik sowie von Trainingsgeräten. Die industrielle Instandsetzung und Modernisierung mobiler Wehrtechnik der NVA wird indes als Hauptproduktion angegeben.
Allein die Prozentangabe von 30 % im Schreiben der vom 5. April 2000, auf die das SG maßgeblich abhebt, erfordert keine andere Beurteilung. Zum einen ließen sich trotz der umfangreichen Beweisaufnahme beim SG Neubrandenburg – S 3 RA 22/01 – durch Vernehmung der Zeugen H, T, B und F, deren Aussagen im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden sind, konkrete Feststellungen zur prozentualen Aufteilung der gesamtwirtschaftlichen Leistung des VEB RW auf die einzelnen Produktionsbereiche (nach der Aussage des Zeugen B waren es fünf Bereiche und außerdem die beiden ausgelagerten Betriebsteile) nicht treffen. Auch nach dem Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers in dem Verfahren – S 3 RA 22/01 – beim SG Neubrandenburg ist "der genaue Nachweis der pro Jahr produzierten Erzeugnisse, Stückzahlen und Preise trotz umfangreicher Recherchebemühungen nicht möglich gewesen, da alle diesbezüglichen Belege zu vertraulichen Verschlusssachen gemacht worden und vom Nachfolgebetrieb wahrscheinlich vernichtet worden waren". Ohne konkrete Feststellungen zu dem prozentualen Verhältnis der einzelnen Produktionsbereiche im VEB RW lässt sich indes selbst dann, wenn man bei der Feststellung des Betriebszwecks allein auf die Höhe des Prozentsatzes von 30 % abstellen wollte, ausgehend von fünf Produktionsbereichen eine Gewichtung nicht vornehmen. Entsprechend den Angaben im Bericht der Treuhand-Gesellschaft ist deshalb davon auszugehen, dass als Hauptproduktion vom VEB RW die Instandsetzung und Modernisierung von Verteidigungstechnik der NVA betrieben wurde.
Dass die "Hauptinstandsetzung", z. B. von Panzern und anderen Fahrzeugen der NVA, dem VEB RWdas Gepräge gegeben hat und damit als Hauptzweck des Betriebes zu werten ist, ergibt sich zudem auch aus dem vom Kläger überreichten Buch "Die Landstreitkräfte der NVA", Autor: Wilfried Kopenhagen, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1. Auflage, 2003, Seiten 108 bis 110. Denn dort wird als Hauptzweck des VEB RW ab 1986 die industrielle Hauptinstandsetzung des T 55 Panzers und anderer Panzer und Kampfwagen beschrieben. Eine derartige industrielle Instandsetzung unter Verwendung von Altteilen, wie z. B. von Wanne oder Turm, die zudem im Eigentum des Kunden (so der Zeuge H) verblieben, ist aber, selbst wenn dadurch "völlig neue Fahrzeuge" entstehen, wie der Kläger immer wieder betont, keine Produktion im versorgungsrechtlichen Sinne, und zwar auch dann nicht, wenn sie unter den Bedingungen industrieller Fertigung – wie hier - erfolgt (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – veröff. in juris).
Dass die Hauptproduktion des VEB RW die Instandsetzung war, hat auch der Zeuge Fauf Vorhalt unter Hinweis auf den Bericht der Treuhand-Gesellschaft bekundet. Wenn der Kläger dennoch, wie sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nochmals bekräftigt hat, daran festhält, dass der VEB RW trotz dieses Betriebszwecks als Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG anzusehen sei, verkennt er, dass es nicht darauf ankommt, wie der Begriff des Produktionsbetriebs allgemein oder von ihm unter Heranziehung des Sprachverständnisses in der DDR ausgelegt wird, sondern allein die bundesrechtliche Sicht hinsichtlich der am 30. Juni 1990 tatsächlich bestehenden Verhältnisse im VEB RW maßgebend ist. Die bundesrechtliche Sicht erfordert es aber nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, allein den fordistischen Begriff des Produktionsbetriebs zugrunde zu legen, der den Kreis der Produktionsbetriebe in der DDR, zu denen auch der VEB RW gehörte, auf diejenigen Produktionsbetriebe begrenzt, die – neue – Massengüter herstellten bzw. produzierten zum Zwecke des Vertriebs. Soweit der VEB RW, worauf das SG abgestellt hat, gleichzeitig auch massenweise neue Ersatzteile gefertigt hatte, wurden diese Ersatzteile nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht vordringlich mit dem Ziel des Vertriebs, sondern zumindest zum Teil zur Verwendung bei der Instandsetzung der Militärfahrzeuge der NVA produziert. Insoweit hat der Zeuge F nämlich ausgesagt, dass die Hauptproduktion die Instandsetzung gewesen sei und es daneben die Neuteilproduktion aufgrund von Aufträgen gegeben habe. Dafür, dass sich an dieser Aufgabenverteilung etwas bis zum 30. Juni 1990 geändert haben könnte, ergibt sich kein Anhalt. Nach den Bekundungen des Zeugen H ist zwar die gesamte Produktion im VEB RW im Laufe des Jahres 1990 herunter gefahren worden. Dass sich der Hauptzweck des VEB RW, die Instandsetzung und Modernisierung mobiler Wehrtechnik, bis zum Stichtag geändert hatte, lässt sich aber nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht feststellen.
Soweit der Kläger schließlich den Beweisantrag gestellt hat (Schriftsatz vom 1. Mai 2006), ein Gutachten nach § 106 SGG einzuholen, um "gutachterlich feststellen zu lassen, ob der VEB RW ein Betrieb der Produktion der Industrie im Sinne der AVTI gewesen ist", war diesem Antrag schon deshalb nicht zu folgen, weil die erforderliche Feststellung, ob es sich bei dem VEB RW am Stichtag um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG handelt, nicht der Beurteilung eines Sachverständigen unterliegt; sie hängt vielmehr allein von den tatsächlichen Gegebenheiten im VEB RW am 30. Juni 1990 ab. Diese Sachlage am Stichtag erlaubt es indes nicht, den VEB RW als Produktionsbetrieb zu qualifizieren. Denn der Hauptzweck des VEB RW bestand, wie ausgeführt, in der Instandsetzung von Verteidigungstechnik der NVA.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVTI - (Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz AAÜG ) sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der Kläger, geboren 1935, bezieht von der Beklagten (Rentenversicherungsträger) seit 1. Oktober 1995 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (Rentenbescheid vom 14. August 1995). Er hatte nach Ablegung einer Prüfung zum Chemiefacharbeiter (Prüfungszeugnis vom 5. August 1952) die Fachschule für Chemie K besucht und mit der Prüfung zum Chemotechniker abgeschlossen (Zeugnis der Fachschule für Chemie K vom 30. Juni 1954). Am 12. November 1958 bestand er die staatliche Prüfung zum "Chemie-Ingenieur der Fachrichtung anorganisch-technische Chemie" (Ingenieur-Urkunde vom 13. November 1958). Nach einem Zusatzstudium an der Ingenieurschule für Feinwerktechnik J wurde dem Kläger die Berechtigung zuerkannt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Ingenieur-Urkunde vom 17. Juni 1965).
Ab 1. Juni 1956 war der Kläger als Chemotechniker im VEB Reparaturwerk N (VEB RW) bis 31. Dezember 1960 beschäftigt. Ausweislich des Sozialversicherungsausweises (SVA) arbeitete der Kläger im VEB RW ab 1. Januar 1961 als Chemie-Ingenieur, und zwar durchgehend bis zum 18. November 1990, nachdem die N M GmbH () den Betrieb des VEB fortgeführt hatte (Umwandlung am 1. Juli 1990). Nach dem Handblatt zum Register der volkseigenen Wirtschaft war die Rechtsfähigkeit des VEB RW mit Wirkung vom 20. September 1990 erloschen; als Rechtsnachfolgerin wurde die (Gesellschaftsvertrag vom 23. August 1990) eingetragen, und zwar als GmbH im Aufbau am 25. Juli 1990.
Der Kläger war vom 1. Juli 1985 bis 30. Juni 1990 Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR). Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Den Antrag des Klägers auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 2000 ab. Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger u. a. vor, dass die Produktionsaufgabe des VEB die industrielle Instandsetzung der Räder- und Kettenfahrzeuge der Nationalen Volksarmee (NVA) gewesen sei. Er legte ein als Status bezeichnetes Schreiben der vom 5. April 2000 vor, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2000 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger u. a. vorgetragen, im VEB RW seien modernste Fahrzeugvarianten unter Verwendung vorhandener Fahrzeugteile vollkommen neu produziert worden. Zur Umgehung alliierter Nachkriegsbestimmungen sei diese Produktion "industrielle Instandsetzung mit Modernisierung" genannt worden. Aus dem VEB RW sei danach die und dann die Fahrzeugbau N GmbH mit vergleichbarem Geschäftsfeld entstanden. So seien dort z. B. die "Fahrzeuge der technischen Hilfe M" nach den technischen Unterlagen des VEB RW weiterproduziert und nach Schweden verkauft worden. Wenn das "Reparaturwerk" schon damals "Fahrzeugwerk" genannt worden wäre, hätte seitens der Beklagten wahrscheinlich kein Zweifel an der Produktionstätigkeit bestanden.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 2. August 2004 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, für den Zeitraum vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 die Zugehörigkeit zur AVTI und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zur AVTI in dem im Tenor genannten Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Das AAÜG sei auf den Kläger anwendbar. Der Kläger habe eine Anwartschaft in diesem Versorgungssystem gehabt. Er sei aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG den Einbezogenen gleichzustellen, denn er hätte am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage für die AVTI gehabt. Der Kläger erfülle die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVTI während des gesamten genannten Zeitraums. Auch die betriebliche Voraussetzung habe sowohl am 30. Juni 1990 als auch im gesamten geltend gemachten Beschäftigungszeitraum vorgelegen, denn der Kläger habe in einem volkseigenen Produktionsbetrieb gearbeitet. Dabei komme es auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 an. Es müsse sich bei dem betroffenen Betrieb um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR Planwirtschaft zugeordnet gewesen sei und dessen verfolgter Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen sei. Die Kammer folge der Anwendung dieses Produktionsbegriffs auf die ökonomischen Tatbestände Reparatur bzw. Instandsetzung, wie sie vom Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 19. Februar 2003 L 4 RA 48/02 vorgenommen worden sei, und sehe von einer Darstellung der Einzelheiten in entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab. Die Reparatur bzw. Instandsetzung von gepanzerten Fahrzeugen unterfalle, auch wenn sie in Taktstraßen und somit fordistisch vorgenommen werde, nicht dem Produktionsbegriff der AVTI, weil sie als solche nicht auf die Herstellung von Sachgütern gerichtet sei. Allerdings vermöge die Kammer der Schlussfolgerung des LSG Mecklenburg-Vorpommern, dass die Herstellung von Sachgütern dem VEB RW nicht das Gepräge gegeben habe, nicht zu folgen. Die Angaben im Volkswirtschaftsplan für das Jahr 1989 ließen diesen Schluss zur Überzeugung der Kammer nicht zu. Zu berücksichtigen sei, dass nicht nur die Herstellung von Ersatzteilen und Konsumgütern für den zivilen Bedarf und den Export dem Produktionsbegriff unterfalle, sondern auch die Herstellung von Ersatzteilen und Baukomponenten, die nicht für die Abgabe nach außen bestimmt gewesen seien, sondern für den Einbau in die instand zu setzenden Panzer und gepanzerten Fahrzeuge. Aussagekräftigstes Dokument sei nach Ansicht der Kammer in dieser Hinsicht das Schreiben des Rechtsnachfolgers des RWN vom 5. April 2000. Die darin unter Nr. 2, 3 und 4 genannten Tätigkeitsbereiche ließen sich dem o. g. Produktionsbegriff zuordnen. Es lasse sich diesem Schreiben ebenfalls entnehmen, dass Instandsetzungen im Sinne der aufgeführten Nr. 1 per anno einen Anteil von 30 % an der wirtschaftlichen Tätigkeit des RW ausgemacht hätten. Dem lasse sich im Umkehrschluss entnehmen, dass in wirtschaftlicher Hinsicht die Neuproduktion von Sachgütern die Tätigkeit des RW dominiert habe, auch wenn diese neu hergestellten Produkte durch Instandsetzungsarbeiten an Ort und Stelle hätten weiterverarbeitet werden sollen. Die ebenfalls genannten Forschungs- und Entwicklungsaufgaben spielten bei dieser Betrachtungsweise keine entscheidende Rolle. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass das RW während des geltend gemachten Zeitraumes seinen Charakter als Produktionsbetrieb geändert habe. Die zwingenden Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVTI bestünden für den Kläger somit nicht nur am 30. Juni 1990, sondern auch während des genannten geltend gemachten Zeitraums, so dass im genannten Zeitraum fiktive Beitragszeiten i. S. von § 5 Abs. 1 AAÜG vorlägen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt zur Begründung vor: Dem betrieblichen Anwendungsbereich der AVTI hätten als Produktionsbetriebe nur VEB der Industrie, d. h. solche VEB unterlegen, die die industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben hätten. Die Instandsetzung sei entweder in Instandsetzungsabteilungen (Hauptmechanik) oder Instandsetzungsbetrieben durchgeführt worden. Ein Instandsetzungsbetrieb sei ein Spezialbetrieb für die Instandhaltung von Industrieerzeugnissen gewesen. Auch der VEB RW habe zu diesen Instandsetzungsbetrieben gezählt. Die Entscheidung des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Februar 2003 L 4 RA 48/02 werde für zutreffend gehalten. Danach sei der VEB R zwar ein juristisch und ökonomisch selbständiger volkseigener Betrieb gewesen, der einem Industrieministerium als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen sei, jedoch habe es an der betriebsprägenden industriellen Produktion gemangelt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. August 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Die industrielle Produktion des VEB RW sei aufgrund aller Nachweise (Nettoproduktionsangabe in den Volkswirtschaftsplänen, Arbeitsordnung des Betriebs, Neuentwicklungen von Fahrzeugen und Geräten vorrangig für den Export auch in viele NSW Länder, Großserienproduktion von Neu- und Ersatzteilen für den Armeebedarf und den Export sowie Baugruppen u. a. auch für die Produktion des Standardpanzers T 72 in der CSSR) nicht nur betriebsprägend gewesen, sondern wie bei allen Rüstungsbetriebe auch von einer sehr hohen Fertigungstiefe gekennzeichnet, so dass auch aus taktischen Erwägungen die Zulieferung von Teilen und Baugruppen auf das Notwendigste beschränkt geblieben sei. Selbst wenn man (fälschlicherweise) nur die Produktion vollkommen neuer Fahrzeuge, Baugruppen und Teile als industrielle Produktion verstehen wolle, machten diese immer noch einen Anteil von mehr als 70 % aus. Die Produktion habe dem Betrieb also eindeutig das Gepräge gegeben. Er verweise außerdem auf das Verfahren vor dem LSG Brandenburg L 1 RA 65/04 und vor dem Sozialgericht Neuruppin S 7 RA 155/03 zu dem VEB I P, der ebenfalls wie der VEB RW der Wirtschaftsgruppe 15489 zugeteilt gewesen sei. In diesen Sozialgerichtsverfahren habe das dort in Auftrag gegebene Gutachten das Ergebnis gezeitigt, dass der VEB I P ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Er beantrage ebenfalls, ein Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuholen. Schließlich wiederhole er nochmals, dass es für den Begriff des Produktionsbetriebs keine Einzeldefinition gebe. Er verweist insoweit auf die Angaben im Ökonomischen Lexikon (VEB V D W, 1). Die dortigen Definitionen träfen für den VEB RW vollinhaltlich zu. Denn seine Hauptaufgabe sei es gewesen, außer der Herstellung neuer Erzeugnisse auch die industrielle Instandsetzung von Panzerfahrzeugen durchzuführen. Selbst wenn man der grundsätzlichen Feststellung im Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern folgte, dass hier keine "neuen" Erzeugnisse hergestellt würden, verlange die Definition in diesem Lexikon jedoch, diese Leistung insgesamt als Industrieproduktion zu werten und den VEB RWauch deswegen als Produktionsbetrieb zu bezeichnen. Letztendlich verweist der Kläger auf den Prüfungsbericht der D T A & T AG.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen Bezug genommen.
Die Akten des SG Neubrandenburg S 3 RA 22/01 (L 7 R 39/06) – 3 Bände -, die Rentenakte des Klägers, die Akte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung nicht verpflichtet, die Beschäftigungszeiten des Klägers beim VEB RW vom 1. Juni 1956 bis 30. Juni 1990 sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Nach dieser Norm gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Einen anerkannten "Anspruch" auf Versorgung hatte der Kläger bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Denn der "Erwerb" einer Versorgungsberechtigung iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG setzt voraus, dass der Betreffende nach den zu verfassungsgemäßem Bundesrecht gewordenen Regeln des jeweiligen Versorgungssystems am 31. Juli 1991 (noch) und damit bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 in das System – hier in die AVTI – einbezogen war. Der Kläger hatte indes – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 in der DDR eine Versorgungszusage nicht erhalten, und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen. Der Kläger ist auch nicht nachträglich durch Rehabilitierung nach Maßgabe des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes einbezogen worden.
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahingehend zu erweitern, dass den tatsächlichen einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen – fingierten – Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: z. B. Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 25/017 R = zur Veröffentlichung im SozR vorgesehen; grundsätzlich: Urteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 sowie vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann gegeben, wenn am Stichtag, dem 30. Juni 1990, eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden war, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Zusatzversorgungssystem vorgesehen war (vgl. die angeführten Urteile des BSG sowie Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 und Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend für die Vormerkung von Zugehörigkeitszeiten zur AVTI sind insoweit die Texte der Verordnung zur AVTI vom 17. August 1950 (GBl, 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl, 487). Die darin enthaltenen Vorschriften sind dabei unabhängig von der Verwaltungs- und Auslegungspraxis in der DDR allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. z. B.: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 1994 – B 4 RA 11/04 R – veröff. in juris). Davon ausgehend besteht ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur dann, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung tatsächlich verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben – betriebliche Voraussetzung – (vgl. die angeführte Rechtsprechung des BSG sowie zuletzt BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – veröff. in juris).
Ungeachtet dessen, dass der Kläger aufgrund der von ihm erworbenen Berufsabschlüsse die persönliche Voraussetzung und auch aufgrund der von ihm tatsächlich verrichteten Beschäftigung eines Laborleiters in einem Labor des VEB RW zur Prüfung von Werkstoffen die so genannte sachliche Voraussetzung erfüllt, scheitert sein Begehren jedenfalls daran, dass die so genannte betriebliche Voraussetzung nicht vorliegt. Denn er war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens iS des § 1 Abs. 1 der 2. DB oder einer diesen Betrieben nach der Auflistung in § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellten Einrichtung beschäftigt. Der VEB RW wurde zwar als Beschäftigungsbetrieb des Klägers auch noch am 30. Juni 1990 in der Rechtsform eines VEB geführt. Ausweislich der Eintragungen im Register der volkseigenen Wirtschaft war die Rechtsfähigkeit des VEB RW erst mit Wirkung vom 20. September 1990 erloschen, die als GmbH im Aufbau war als Rechtsnachfolgerin des VEB RW erst am 25. Juli 1990 in das Register eingetragen worden, und die Umwandlung war jedenfalls bis zum 30. Juni 1990 nicht vollzogen worden, so dass der VEB RWnoch am 30. Juni 1990 als produzierender Betrieb am Rechtsverkehr in der DDR teilnahm und nicht nur eine so genannte "leere Hülle" darstellte. Gleichwohl erfüllt der Kläger mit der Beschäftigung bei dem VEB RW als Arbeitgeber nicht die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der AVTI. Denn der VEB RW war kein Produktionsbetrieb der Industrie; eine Qualifizierung als Produktionsbetrieb des Bauwesens scheidet schon wegen des Unternehmensgegenstandes von vornherein aus und zu den in § 1 Abs. 2 2. DB aufgeführten gleichgestellten Betrieben zählt der VEB RWnicht.
Produktionsbetriebe liegen nach der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung, die der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt, nur dann vor, wenn der Betriebszweck des VEB, auf den abzustellen ist, in der regelmäßig wiederkehrenden serienmäßigen Massenproduktion von Sachgütern oder Bauleistungen besteht (zu diesem Erfordernis vgl. z. B. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es sich bei dem VEB RW nicht um einen derartigen Produktionsbetrieb handelte. Der Hauptzweck bzw. die Hauptproduktion des VEB RW bestand nicht in der Massenproduktion von Sachgütern, sondern in der Instandsetzung mobiler Wehrtechnik der NVA (ebenso LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. Februar 2007 – L 7 R 39/06 R – rechtskräftig: BSG, Beschluss vom 29. Januar 2008 – B 4 RS 26/07 B – sowie LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2003 – L 4 RA 48/02 – rechtskräftig: BSG, Beschluss vom 13. August 2003 – B 4 RA 73/03 B).
Der VEB RW hatte im Wesentlichen die gleichen Aufgaben zu erfüllen wie seine Rechtsnachfolgerin, die ; darauf hat der Kläger selbst hingewiesen. Ausweislich des Handelsregisterauszuges war als Gegenstand des Unternehmens bei der eingetragen "Entwicklung, Fertigung und Vertrieb folgender Erzeugnisse: Instandsetzung von Verteidigungstechnik, Baugruppen und Fahrzeugen der Schienenfahrzeugtechnik, Erzeugnisse der Umwelttechnik, mobile Werkstätten, spezielle Fahrzeuge und Geräte, Baugruppen der Kfz- Technik sowie Erweiterung des Sortiments maschinenbautypischer Leistungen". In dem vom Kläger vorgelegten als Status bezeichneten Schreiben der vom 5. April 2000 werden die Aufgaben des VEB RW, wie folgt, beschrieben: 1. industrielle Instandsetzung von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, 2. Herstellung von Eratzteilen und Baugruppen für Militärtechnik und zivilen Bedarf sowie für den Export, 3. Entwicklung und Produktion von Komponenten für die Kampfwerterhöhung der Militärtechnik, 4. Entwicklung und Produktion von Erzeugnissen für die mobile Instandsetzung von Militärtechnik und Ziviltechnik, 5. Aufgaben der Forschung und Entwicklung. Die Schlussfolgerung, dass die an erster Stelle dieser Aufgabenbeschreibungen aufgeführte Instandsetzung von Verteidigungstechnik bzw. von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit des VEB RW bildete, erweist sich aufgrund der Feststellungen der D T A & T AG als zutreffend. In dem Bericht dieser Treuhand-Gesellschaft über die Prüfung des Inventars, der Deutsche Mark-Eröffnungsbilanz und des Anhangs zum 1. Juli 1990, auf den sich auch der Kläger beruft, wird der Unternehmensgegenstand des VEB RW unter Berücksichtigung der verschiedenen Aufgabenbereiche dahingehend beschrieben, dass der VEB RW bis zum 30. Juni 1990 "beinahe" ausschließlich in der speziellen Produktion der Instandsetzung mobiler Wehrtechnik tätig gewesen sei. Als Hauptproduktion habe er die komplette industrielle Instandsetzung und Modernisierung einschließlich dazu notwendiger Entwicklungsleistungen von Panzer-, SPW- und schwerer Pioniertechnik sowie deren Baugruppen einschließlich der Regenerierung von Verschleißteilen betrieben. In diesem Bericht wird zwar auch die Produktion eines großen Sortiments von Ersatzteilen und Baugruppen für diese Technik angeführt sowie die Entwicklung und Produktion mobiler Werkstätten für die Wartung und Instandsetzung von Panzertechnik sowie von Trainingsgeräten. Die industrielle Instandsetzung und Modernisierung mobiler Wehrtechnik der NVA wird indes als Hauptproduktion angegeben.
Allein die Prozentangabe von 30 % im Schreiben der vom 5. April 2000, auf die das SG maßgeblich abhebt, erfordert keine andere Beurteilung. Zum einen ließen sich trotz der umfangreichen Beweisaufnahme beim SG Neubrandenburg – S 3 RA 22/01 – durch Vernehmung der Zeugen H, T, B und F, deren Aussagen im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden sind, konkrete Feststellungen zur prozentualen Aufteilung der gesamtwirtschaftlichen Leistung des VEB RW auf die einzelnen Produktionsbereiche (nach der Aussage des Zeugen B waren es fünf Bereiche und außerdem die beiden ausgelagerten Betriebsteile) nicht treffen. Auch nach dem Vorbringen des Bevollmächtigten des Klägers in dem Verfahren – S 3 RA 22/01 – beim SG Neubrandenburg ist "der genaue Nachweis der pro Jahr produzierten Erzeugnisse, Stückzahlen und Preise trotz umfangreicher Recherchebemühungen nicht möglich gewesen, da alle diesbezüglichen Belege zu vertraulichen Verschlusssachen gemacht worden und vom Nachfolgebetrieb wahrscheinlich vernichtet worden waren". Ohne konkrete Feststellungen zu dem prozentualen Verhältnis der einzelnen Produktionsbereiche im VEB RW lässt sich indes selbst dann, wenn man bei der Feststellung des Betriebszwecks allein auf die Höhe des Prozentsatzes von 30 % abstellen wollte, ausgehend von fünf Produktionsbereichen eine Gewichtung nicht vornehmen. Entsprechend den Angaben im Bericht der Treuhand-Gesellschaft ist deshalb davon auszugehen, dass als Hauptproduktion vom VEB RW die Instandsetzung und Modernisierung von Verteidigungstechnik der NVA betrieben wurde.
Dass die "Hauptinstandsetzung", z. B. von Panzern und anderen Fahrzeugen der NVA, dem VEB RWdas Gepräge gegeben hat und damit als Hauptzweck des Betriebes zu werten ist, ergibt sich zudem auch aus dem vom Kläger überreichten Buch "Die Landstreitkräfte der NVA", Autor: Wilfried Kopenhagen, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1. Auflage, 2003, Seiten 108 bis 110. Denn dort wird als Hauptzweck des VEB RW ab 1986 die industrielle Hauptinstandsetzung des T 55 Panzers und anderer Panzer und Kampfwagen beschrieben. Eine derartige industrielle Instandsetzung unter Verwendung von Altteilen, wie z. B. von Wanne oder Turm, die zudem im Eigentum des Kunden (so der Zeuge H) verblieben, ist aber, selbst wenn dadurch "völlig neue Fahrzeuge" entstehen, wie der Kläger immer wieder betont, keine Produktion im versorgungsrechtlichen Sinne, und zwar auch dann nicht, wenn sie unter den Bedingungen industrieller Fertigung – wie hier - erfolgt (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – veröff. in juris).
Dass die Hauptproduktion des VEB RW die Instandsetzung war, hat auch der Zeuge Fauf Vorhalt unter Hinweis auf den Bericht der Treuhand-Gesellschaft bekundet. Wenn der Kläger dennoch, wie sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg nochmals bekräftigt hat, daran festhält, dass der VEB RW trotz dieses Betriebszwecks als Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG anzusehen sei, verkennt er, dass es nicht darauf ankommt, wie der Begriff des Produktionsbetriebs allgemein oder von ihm unter Heranziehung des Sprachverständnisses in der DDR ausgelegt wird, sondern allein die bundesrechtliche Sicht hinsichtlich der am 30. Juni 1990 tatsächlich bestehenden Verhältnisse im VEB RW maßgebend ist. Die bundesrechtliche Sicht erfordert es aber nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, allein den fordistischen Begriff des Produktionsbetriebs zugrunde zu legen, der den Kreis der Produktionsbetriebe in der DDR, zu denen auch der VEB RW gehörte, auf diejenigen Produktionsbetriebe begrenzt, die – neue – Massengüter herstellten bzw. produzierten zum Zwecke des Vertriebs. Soweit der VEB RW, worauf das SG abgestellt hat, gleichzeitig auch massenweise neue Ersatzteile gefertigt hatte, wurden diese Ersatzteile nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht vordringlich mit dem Ziel des Vertriebs, sondern zumindest zum Teil zur Verwendung bei der Instandsetzung der Militärfahrzeuge der NVA produziert. Insoweit hat der Zeuge F nämlich ausgesagt, dass die Hauptproduktion die Instandsetzung gewesen sei und es daneben die Neuteilproduktion aufgrund von Aufträgen gegeben habe. Dafür, dass sich an dieser Aufgabenverteilung etwas bis zum 30. Juni 1990 geändert haben könnte, ergibt sich kein Anhalt. Nach den Bekundungen des Zeugen H ist zwar die gesamte Produktion im VEB RW im Laufe des Jahres 1990 herunter gefahren worden. Dass sich der Hauptzweck des VEB RW, die Instandsetzung und Modernisierung mobiler Wehrtechnik, bis zum Stichtag geändert hatte, lässt sich aber nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht feststellen.
Soweit der Kläger schließlich den Beweisantrag gestellt hat (Schriftsatz vom 1. Mai 2006), ein Gutachten nach § 106 SGG einzuholen, um "gutachterlich feststellen zu lassen, ob der VEB RW ein Betrieb der Produktion der Industrie im Sinne der AVTI gewesen ist", war diesem Antrag schon deshalb nicht zu folgen, weil die erforderliche Feststellung, ob es sich bei dem VEB RW am Stichtag um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG handelt, nicht der Beurteilung eines Sachverständigen unterliegt; sie hängt vielmehr allein von den tatsächlichen Gegebenheiten im VEB RW am 30. Juni 1990 ab. Diese Sachlage am Stichtag erlaubt es indes nicht, den VEB RW als Produktionsbetrieb zu qualifizieren. Denn der Hauptzweck des VEB RW bestand, wie ausgeführt, in der Instandsetzung von Verteidigungstechnik der NVA.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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