L 3 AL 910/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 2663/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 910/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeld wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung streitig.

Der 1958 geborene Kläger meldete sich am 11.02.2003 erstmals nach einer fast 30-jährigen Beschäftigung als Offsetdrucker bei der Firma G. GmbH & Co, W., arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Klägers zum 28.02.2003 aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers. Die Beklagte bewilligte daraufhin Arbeitslosengeld ab 01.03.2003 unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Bemessungsentgeltes in Höhe von 724,67 EUR.

Am 17.06.2003 teilte der Kläger telefonisch mit, dass er ab dem 14.07.2003 als Offsetdrucker bei der Firma L. in B. beschäftigt sei. Mit Bescheid vom 14.07.2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung ab 14.07.2003 auf.

Am 22.12.2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Arbeitslosengeld. In der Arbeitsbescheinigung der Firma L. Druck & Verlag, B., wurde angegeben, dass das Arbeitsverhältnis bei Abschluss des Arbeitsvertrages bis zum 31.12.2003 befristet gewesen sei. Mit Schreiben vom 27.01.2004 teilte die Beklagte dem Kläger "ergänzend zu dem Ihnen gesondert zugehenden Bewilligungs-/Änderungsbescheid" mit, dass nach § 37b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis ende, verpflichtet seien, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Dieser Pflicht sei der Kläger nicht rechtzeitig nachgekommen, weil er sich bis spätestens 01.10.2003 beim Arbeitsamt hätte arbeitsuchend melden müssen. Die Meldung sei damit um 83 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch auf Leistungen um 50 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. Es errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1500 EUR. Die Höhe des Abzuges von der täglichen Leistung betrage 17,10 EUR. Die Anrechnung beginne am 01.01.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 28.03.2004 beendet.

Mit Bescheid vom 30.01.2004 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.01.2004 bewilligt. Der Bewilligung lag wie zuletzt ein ungerundetes Bemessungsentgelt in Höhe von 724,67 EUR zugrunde. Die Beklagte rechnete auf den täglichen Leistungssatz 17,10 EUR an.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er nicht gewusst und auch vom Arbeitgeber nicht mitgeteilt bekommen habe, dass er sich frühzeitig arbeitsuchend melden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 05.03.2004 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.

Unter Vorlage seines Arbeitsvertrages mit der Firma L. Druck & Verlag hat der Kläger geltend gemacht, dass der (ungeschriebene) Befristungsgrund die sog. Erprobung gem. § 14 Abs. 1 Ziffer 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz gewesen sei. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages seien die Arbeitsvertragsparteien übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis bei entsprechender Bewährung automatisch verlängert werden und in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergehen sollte. Nachdem sich der Arbeitgeber mit seinen Leistungen zufrieden gezeigt habe, sei er davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis absprachegemäß über den 31.12.2003 hinaus fortgeführt werde. Er habe deshalb bei seinem Dienstvorgesetzten Anfang Dezember für die Zeit vom 22.12. bis 06.01.2004 Urlaub eingereicht. Später erst, am Abend des 17.12.2003, habe der Arbeitgeber mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis entgegen der ursprünglichen Vereinbarung nicht verlängert werden könne. Dies habe der Arbeitgeber auf seine Nachfrage, ob sein eingereichter Urlaub antragsgemäß bewilligt werde, offenbart. Erst ab diesem Zeitpunkt sei ihm bekannt gewesen, dass sein Arbeitsverhältnis in Folge der Befristung nun doch zum 31.12.2003 enden werde.

Wegen eines beim Bundessozialgericht anhängigen Verfahrens (B 11 AL 47/04 R) hat das SG auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 21.03.2005 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Am 28.09.2005 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen und darauf hingewiesen, dass der Kläger am 14.07.2003 einen Aufhebungsbescheid/Leistungsnachweis nach einem beigefügten Muster erhalten habe. Seit dem 01.07.2003 enthielten die Bescheide einen Hinweis auf die Pflicht zur unverzüglichen Meldung. Seite 1 des Musters des Aufhebungsbescheides enthielt die Kennung "BA II DV29 Overlay 700091 - 013/2003", Seite 2 des vorgelegten Musters die Kennung: "Overlay 700903 - 001/2003". Auf Seite 2 ist unter anderem folgender Hinweis vermerkt:

"Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Stehen sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden. Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann."

Der Kläger hat daran festgehalten, dass ihm ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden könne. Ihm sei vom Arbeitgeber auf der Grundlage eines zunächst lediglich befristeten Arbeitsvertrages zugesagt worden, dass er auch über den Befristungsablauf hinaus weiter beschäftigt werde.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2007 hat der Kläger eine Kopie der Seite 1 des Aufhebungsbescheides vom 14. Juli 2003 vorgelegt. In der Niederschrift vom 23.01.2007 ist vermerkt, dass der Kläger nicht mehr sagen könne, aus welchem Grund er eine Kopie angefertigt habe und wo der Originalbescheid verblieben sei. Die vorgelegte Kopie von Seite 1 des Aufhebungsbescheides trägt folgende Formularkennung: "BA II DV28 Overlay 700085 - 018/2003".

Mit Urteil vom 23.01.2007 hat das SG die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger ab 01. Januar 2004 weitere 1500 EUR Arbeitslosengeld zu gewähren. Zur Begründung hat es die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen einer Minderung wegen verspäteter Meldung nicht vorlägen. Der Kläger habe zwar die auch für befristete Arbeitsverhältnisse bestehende Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung objektiv dadurch verletzt, dass er sich erst am 22. Dezember 2003 statt bereits am 01. Oktober 2003 gemeldet habe. Allerdings ziehe dies nur dann eine Sanktion nach sich, wenn auf Seiten des Versicherten ein Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab vorliege. Eine fahrlässige Rechtsunkenntnis könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Vor Eintritt der Arbeitslosigkeit sei er praktisch sein ganzes Arbeitsleben lang bei einem einzigen Arbeitgeber beschäftigt gewesen, er habe damit weder Anlass gehabt, sich mit Fragen der Arbeitslosenversicherung näher zu beschäftigen, noch Erfahrung im Umgang mit der Beklagten. Anlässlich seiner ersten Arbeitslosmeldung habe er zwar im Februar 2003 das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten, doch habe die damals benutzte Ausgabe vom April 2002 noch keinen Hinweis auf die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung enthalten. Schließlich habe sich das Gericht auch nicht davon überzeugen können, dass der Kläger mit dem zwar nicht aktenkundigen, jedoch mit Vorlage seiner Seite 1 durch den Kläger nachgewiesenen Aufhebungsbescheid vom 14. Juli 2003 auf die Meldepflicht hingewiesen worden sei. Bei dem von der Beklagten vorgelegten Musterbescheid habe es sich nicht um dasselbe Formular wie das dem Kläger übersandte gehandelt. Die Kammer habe auch nicht den Eindruck gehabt, der Kläger habe absichtlich nur die erste Seite des Bescheides vorgelegt. Er habe ersichtlich nicht gewusst, worauf es dabei ankomme. Im Übrigen habe die Beklagte nicht nachgewiesen, dass das vorgelegte Formular "BA II DV29", welches die Belehrung enthalte, bereits am 14. Juli 2003 kurz nach der Rechtsänderung benutzt worden sei.

Gegen das ihr am 02.02.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.02.2007 Berufung eingelegt.

Sie legt ein weiteres Muster eines Aufhebungsbescheides vor (aus "drucktechnischen Gründen" auf von einander getrennten zwei DIN-A 4 Blättern). Seite 1 dieses Muster trägt die Kennung "BA II DV 28 - Overlay 700085 - 018/2003, die Seite 2: "Overlay 700903 - 001/2003". Diese (Rück-)Seite ist identisch mit der bereits am 28.09.2005 vorgelegten Seite. Die Beklagte hält daran fest, dass dem Kläger eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung zur Last zu legen sei. Denn auf Seite 1 unten werde sowohl in dem vom Kläger vorgelegten Aufhebungsbescheid als auch in dem vorgelegten Muster des Aufhebungsbescheides auf die "wichtigen Hinweise" auf der Rückseite verwiesen.

Der Kläger erwidert, dass seiner Erinnerung nach auf der Rückseite des Aufhebungsbescheides vom 14.07.2003 kein Hinweis auf die Verpflichtung, sich drei Monate vor Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden, enthalten gewesen sei. Nach fast vier Jahren könne er aber auch nicht vollständig ausschließen, dass ein solcher Hinweis aufgedruckt gewesen sei. Der Bescheid selbst liege ihm im Original bedauerlicherweise nicht mehr vor. Rein vorsorglich habe er seine gesamten Unterlagen zum Verhandlungstermin vor dem SG mitgenommen. Erstmalig in dieser Verhandlung sei dann dieser Aufhebungsbescheid thematisiert worden. Bei Durchsicht seiner Unterlagen habe er lediglich eine Kopie des damaligen Aufhebungsbescheides finden können. Über den Verbleib des Originalbescheides könne er nach so langer Zeit nichts mehr sagen.

Der Senat hat Herrn Michael L. schriftlich als Zeugen angehört. Wegen des Inhalts der Aussage wird auf das Schreiben des Zeugen vom 23.11.2007, Bl. 46 der Akten des Senats, verwiesen.

Ergänzend trägt die Beklagte unter Vorlage einer Kopie des Auszuges aus den internen Weisungen sowie von Kopien zeitlich nachfolgender Musterbescheide vor, dass es sich bei einem Aufhebungsbescheid, der nach dem 01.07.2003 erlassen worden sei, nur um einen Bescheid mit der Kennung "BA III DV 28 Overlay 700085 - 018/2003" auf der Vorderseite und "Overlay 700903 - 001/2003" auf der Rückseite handeln könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 1500 EUR auszubezahlen. Denn die Beklagte hat den Zahlungsanspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld für die Zeit ab 01.01.2004 bis 28.03.2004 zu Unrecht um insgesamt 1500 EUR gemindert. Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bewilligungsbescheid der Beklagten, mit dem diese dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit ab 01.01.2004 weiter bewilligt hat sowie die mit Schreiben vom 27.01.2004 festgesetzte Minderung des Arbeitslosengeldanspruches, die eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides über die Minderung des Arbeitslosengeldanspruches darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2005, B 7a AL 4/05 R in SozR 4-1500 § 95 Nr. 1), beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2004.

Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld ab 01.01.2004 erfüllt hat, also arbeitslos gewesen und gemeldet war, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden und die Anwartschaftszeit erfüllt hat (vgl. §§ 117 ff. SGB III jeweils in der bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung). Entgegenstehendes ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Die Höhe des - ungeminderten - Anspruches auf Arbeitslosengeld ergibt sich aus der bereits bestandskräftigen Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 01.03.2003, nachdem der Kläger durch die ab 14.07.2003 aufgenommene und nur bis 31.12.2003 dauernde Beschäftigung keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hat (hierfür wäre das erneute Erfüllen einer Anwartschaftszeit erforderlich, also mindestens 12 Monate an Zeiten in einem Versicherungspflichtverhältnis, vgl. § 123 SGB III). Im Übrigen sind Fehler bei der Berechnung des wöchentlichen Bemessungsentgeltes von 724,67 EUR, wie sich der Berechnung der Beklagen auf Blatt 11 und 12 der Akten entnehmen lässt, auch nach Überprüfung durch den Senat nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2004 vom 22.12.2003 (BGBl. I S. 3100) ergibt sich in Abhängigkeit der Leistungsgruppe A (für Steuerklasse I) und eines allgemeinen Leistungssatzes für die Zeit ab 01.01.2004 ein wöchentliches Leistungsentgelt iHv. 245,07 EUR. Gemäß § 139 SGB III in der ebenfalls bis 31.12.2004 anzuwendenden Fassung wird das Arbeitslosengeld für die Woche berechnet und für Kalendertage geleistet. Auf jeden Kalendertag entfällt ein Siebtel des wöchentlichen Arbeitslosengeldes. Laufende Geldleistungen werden gem. § 337 SGB Abs. 2 III monatlich nachträglich ausgezahlt. Die Voraussetzungen einer Minderung dieses Zahlungsanspruches liegen nicht vor.

Gemäß § 37b SGB III in der vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.

Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 SGB III in der ebenfalls vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2005 anzuwendenden Fassung das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt für jeden Tag der verspäteten Meldung bei einem Bemessungsentgelt bis zu 60 EUR 7 EUR, bei einem Bemessungsentgelt bis zu 100 EUR 35 EUR und bei einem Bemessungsentgelt über 100 EUR 50 EUR. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 des § 140 SGB III ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird.

Das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass § 37b SGB III in der Fassung vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607) auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen und der im Rahmen des § 37b Satz 2 SGB III gewählten Formulierung "im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens vor dessen Beendigung zu erfolgen" nicht in sich so widersprüchlich bzw. unbestimmt ist, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005, B 7 a AL 50/05 R in SozR 4-4300 § 37b Nr. 2, B 11 a/7a AL 72/06 R in Juris). Deshalb ist das SG auch zu Recht davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand durch die Meldung am 22.12.2003 erfüllt ist, weil sich der Kläger bereits am 01. Oktober 2003 hätte arbeitsuchend melden müssen. In Übereinstimmung mit der bereits zitierten Rechtsprechung ist das SG ebenso zu Recht davon ausgegangen, dass § 140 SGB III nur dann eine Sanktion nach sich ziehen kann, wenn auf Seiten des Versicherten ein Verschulden zumindest in Form einfacher Fahrlässigkeit vorliegt. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass dem Kläger eine zumindest fahrlässige Rechtsunkenntnis nicht zur Last gelegt werden kann.

Auch wenn der Gesetzgeber den Agenturen für Arbeit keine besonderen Belehrungs- bzw. Hinweispflichten auferlegt hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17.10.2007, B 11 A /7a AL 72/06 R in Juris) kommt bei einer verspäteten Arbeitsuchendmeldung die Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeldes als Konsequenz nur dann in Betracht, wenn dem Versicherten die sich aus § 37b SGB III ergebende Obliegenheitsverletzung vorgeworfen werden kann. Dies setzt zumindest fahrlässige Unkenntnis der Meldepflicht nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus, also, ob der Arbeitsuchende nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der Kenntnis über die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet hat (st. Rechtsprechung des BSG, vgl. Urt. v. 20.10.2005 B 7a Al 28/05 R in juris m. w. N.). Wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, kann dem Kläger weder eine positive Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis der Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung unterstellt werden. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Firma L. Druck & Verlag war das Gesetz erst wenige Tage in Kraft und der Kläger nach einer fast 30-jährigen ununterbrochenen Beschäftigung erstmals für wenige Wochen arbeitslos. Das ihm im Februar 2003 ausgehändigte Merkblatt mit Stand April 2002 enthielt ebenso wie der von ihm im Juli 2003 unterschriebene Arbeitsvertrag keine entsprechenden Hinweise. Für den Senat ist es daher glaubhaft und nachvollziehbar, dass der Kläger - wie er dies bereits im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat - von einer solchen frühzeitigen Meldepflicht nichts gewusst hat.

Soweit die Beklagte auf den Aufhebungsbescheid vom 14.07.2003 und einen auf dessen Rückseite enthaltenen Hinweis verweist, ist damit die zumindest fahrlässige Unkenntnis des Klägers auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags im Berufungsverfahren nicht belegt. Zwar hat das Bundessozialgericht zu dem hier in Frage stehenden Passus ausgeführt, dass insoweit von einer inhaltlich richtigen Information des Klägers durch die Beklagte auszugehen sei, weil der Wortlaut der Belehrung hinsichtlich des geforderten Meldezeitpunkts keine Zweifelsfragen offen lasse und auch in Bezug auf die drohende Rechtsfolge unmissverständlich sei (vgl. hierzu BSG Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 56/06 R in SozR 4-4300 § 37b Nr. 5). Dass dem Kläger aber eine entsprechende Belehrung zugegangen ist und dass dementsprechend aufgrund einer mangelnden Kenntnisnahme von einer fahrlässigen Unkenntnis auszugehen wäre, ist vorliegend zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Denn eine Mehrfertigung des in Frage stehenden Aufhebungsbescheides vom 14.07.2003 hat die Beklagte gerade nicht zu ihren Akten genommen. Dem Senat liegt insofern nur die vom Kläger vorgelegte Kopie der Vorderseite des entsprechenden Bescheides vor. Ob und in welcher Form die Beklagte den Kläger auf eine frühzeitige Arbeitsuchendmeldung hingewiesen hat, ergibt sich daher aus den vorliegenden Akten nicht. Die Beklagte stützt ihre Begründung für eine zumindest fahrlässige Unkenntnis auf von ihr vorgelegte Musterbescheide, deren Vorder- und Rückseiten aber offensichtlich erst beim Druck in der Zentrale in Nürnberg zusammengeführt werden. Einen Nachweis dafür, dass die Kombination der Vorder- und Rückseite auch im konkreten Fall so gewählt wurde, wie von ihr behauptetet, kann auch den von ihr vorgelegten Dienstanweisungen nicht entnommen werden. Weder kann daraus geschlossen werden, dass der/die Sachbearbeiter/in keine Einflussmöglichkeiten auf die entsprechende Kombination hat, noch kann ausgeschlossen werden, dass menschliches oder technisches Versagen zu einer im konkreten Fall anderen Verbindung geführt hat. Damit ist der konkrete Inhalt des Aufhebungsbescheides nicht erwiesen. Die sich bereits aus der Natur der Sache ergebenden Zweifel an der Verbindung der Vorderseite BA II DV 28 Overlay 700085 - 018/2003 mit der von der Beklagten behaupteten Rückseite Overlay 700903 - 001/2003 werden noch dadurch bestärkt, dass die Beklagte selbst zunächst eine andere Kombination eines Aufhebungsbescheides vorgelegt hat. Denn zur Begründung ihres Antrages auf Fortsetzung des vor dem SG ruhenden Verfahrens am 28.09.2005 hat die Beklagte die Kombination "BA II DV 29 Overlay 700091 - 013/2003 mit der von ihr zur Begründung herangezogenen Rückseite vorgelegt. Ob und in welcher Form ein Hinweis auf der Rückseite des am 14.07.2003 erteilten Aufhebungsbescheides enthalten gewesen ist, konnte daher nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden. Insoweit kann auch nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass der Kläger von einer entsprechenden Belehrung hätte Kenntnis nehmen können. Ist ein solcher Nachweis aber nicht zu führen, kann dem Kläger eine zumindest fahrlässige Verletzung seiner Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung nicht unterstellt werden. Die Beweislast hierfür trägt die Beklagte. Gemindert wird nicht das Stammrecht auf Gewährung von Arbeitslosengeld sondern lediglich der Zahlungsanspruch (vgl. BSG Urteil vom 20.10.2005 - B 7a Al 50/05 R in SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Die Beklagte erhebt mit der Behauptung, der Kläger habe sich vorwerfbar zu spät gemeldet und der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei deshalb zu mindern eine rechtsvernichtende Einwendung, für deren Vorliegen sie nach den allgemeinen Grundsätzen beweispflichtig ist. Bestehende Zweifel an einem Verschulden gehen daher zu ihren Lasten. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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