Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 1063/07 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4606/07 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 08.07.2005 stellte das Landratsamt K. mit Bescheid vom 21.12.2005 den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers mit 30 seit Antragstellung fest. Hiergegen erhob der Kläger am 05.01.2006 Widerspruch, den er am 16.03.2006 damit begründete, die Folgen seines Schlaganfalls seien wesentlich schwerwiegender als vom Beklagten angenommen. Außerdem hätten sich auch seine Wirbelsäulenbeschwerden verschlechtert. Er regte an, Befundscheine von dem behandelnden Neurologen Dr. Sch. und dem behandelnden Orthopäden Dr. B. einzuholen. Am 17.03.2006 richtete das Landratsamt zunächst eine Anfrage an Dr. B ... Sein Antwortschreiben vom 25.03.2006, das am 28.03.2006 bei dem Landratsamt einging, leitete dieses am 18.04.2006 dem Ärztlichen Dienst mit der Bitte um Stellungnahme zu. In ihrer Stellungnahme vom 08.05.2006 empfahl Dr. M., zusätzlich noch von Dr. Sch. einen Befundschein wegen der Folgen des Schlaganfalls einzuholen. Tags darauf wurde dieser angeschrieben. Sein Befundschein ging am 29.05.2006 bei dem Landratsamt ein. Am 28.06.2006 erhob der Kläger Untätigkeitsklage, welche das Sozialgericht Konstanz (SG) dem Landratsamt mit Schreiben vom 07.07.2006 zur Stellungnahme übersandte. Am 06.07.2006 forderte das Landratsamt den Ärztlichen Dienst nochmals zur Stellungnahme auf und teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom selben Tage mit, eine Entscheidung über seinen Widerspruch sei derzeit noch nicht möglich, weil erst jetzt ein Befundbericht des behandelnden Neurologen Dr. Sch. eingegangen sei, der noch versorgungsärztlich überprüft werden müsse. Nachdem Dr. M. am 18.07.2006 ihre weitere Stellungnahme abgegeben hatte, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.12.2005 mit dem Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006 zurück. Der Kläger erklärte daraufhin am 13.04.2007 seine Untätigkeitsklage als in der Hauptsache erledigt und beantragte gleichzeitig, dem Beklagten seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da dieser ohne rechtfertigenden Grund nicht innerhalb der Frist des § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden habe.
Mit Beschluss vom 17.07.2007 - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20.07.2007 - entschied das SG, der Beklagte habe dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Zur Begründung führte es aus, eine unsachgemäße verzögerliche Behandlung der Angelegenheit durch den Beklagten könne das Gericht nicht feststellen. Nach Einlegung des Widerspruchs bzw. nach Vorlage der Widerspruchsbegründung seien alle wechselseitigen Schriftsätze bzw. weitere Maßnahmen innerhalb von Zeiträumen erfolgt, die seitens des Gerichts keinen Grund zur Beanstandung gäben.
Hiergegen hat der Kläger am 20.08.2007 Beschwerde bei dem SG eingelegt, das ihr nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Der Kläger trägt vor, er könne bereits nicht so richtig verstehen, weshalb das SG zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine unsachgemäße Verzögerung nicht festzustellen sei. Wenn am 28.03.2006 beim Landratsamt ein ärztlicher Befundschein eingehe und die Abläufe so schlecht organisiert seien oder so wenig Personal vorhanden sei, dass der versorgungsärztliche Sachverständige erst am 08.05.2006 mit der Auswertung fertig sei, sei dieses nach ständiger Rechtsprechung in die Rubrik Organisationsverschulden einzustufen. Darüber hinaus sei für einen Antragsteller nicht ersichtlich, welche internen Vorgänge in einer Behörde gerade ablaufen - oder nicht. Maßgebend sei der Empfängerhorizont, d.h. die Sicht des Antragstellers. Wenn sich nach dessen Betrachtungsweise "nichts tue", liege Untätigkeit vor. Er sei im Übrigen auch nicht verpflichtet gewesen, laufend bei der Gegenseite anzurufen und die dortigen Mitarbeiter anzuhalten, in der vom Gesetzgeber als ausreichend angesehenen Zeit über seinen Widerspruch zu entscheiden.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2007 aufzuheben und dem Beklagten seine außergerichtlichen Kosten anlässlich der Untätigkeitsklage aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt vor, bereits einen Tag nach Eingang der Widerspruchsbegründung sei weitere Sachverhaltsaufklärung erfolgt. Wenn nach Eingang des Beweisergebnisses am 28.03.2006 die versorgungsärztliche Auswertung am 08.05.2006 vorliege, so sei dies im vertretbaren Rahmen und stelle keine unsachgemäße Verzögerung aus besonderen Gründen dar. Die Arbeitsbelastung der Verwaltung im Hinblick auf die Vielzahl der anhängigen Verfahren dürfte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt sein, ebenso die Tatsache, dass es ihm als Organ der Rechtspflege zuzumuten sei, vor Erhebung der Untätigkeitsklage bei der Behörde wegen der Gründe der Verzögerung, soweit diese ihm nicht bereits bekannt seien, selbst vorstellig zu werden.
II.
Die form- und fristgerecht (§§ 172, 173 Abs. 1 SGG) erhobene Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Es entscheidet nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG durch Beschluss, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird.
Bei einer derartigen Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 193 SGG entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach sachgemäßem Ermessen. Ein vom SG ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat voll überprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist. Bei der Entscheidung sind die Gründe für die Einlegung des Rechtsmittels und insbesondere der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beachtende voraussichtliche Verfahrensausgang zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 193 Rdziff. 13 m.N.).
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG eine sogenannte Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Das gleiche gilt nach § 88 Abs. 2 SGG, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Die am 28.06.2006 erhobene Untätigkeitsklage ist nach dieser Maßgabe als zulässig anzusehen, denn der Beklagte hatte über den Widerspruch vom 05.01.2006 noch nicht entschieden. Ob dem Kläger Kosten nach Erledigung seiner zulässigen Untätigkeitsklage zu erstatten sind, ist danach zu entscheiden, ob der Beklagte zureichenden Grund für seine Untätigkeit hatte und diesen Grund dem Kläger entweder mitgeteilt hatte oder er ihm bekannt war (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer, aaO, § 193 Rdnr. 13c m.N.).
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte noch hinreichende Gründe für seine Untätigkeit. Die in § 88 SGG bestimmten Wartefristen sind nämlich jeweils um Zeiten zu verlängern, die im konkreten Fall zu einer vom Normalfall abweichenden Sachbehandlung geführt haben und einen zureichenden Grund darstellen, noch nicht zu entscheiden. Dies gilt stets für Verzögerungen, die dem Widerspruchsführer oder seinem Prozessbevollmächtigten zuzurechnen sind, aber auch für Verzögerungen, die dadurch entstehen, dass der Beklagte sachgerechte Ermittlungen durchzuführen hat (Beschluss des Senats vom 18.07.2006 - L 6 SB 1938/06 AK-B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 29.11.2004 - L 7 B 21/04 SB und vom 22.05.1995 - L 6 S 10/94).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen am 05.01.2006 eingelegten Widerspruch erst am 16.03.2006 begründet. Folglich ist der Dreimonatszeitraum des § 88 Abs. 2 SGG um zwei Monate und elf Tage zu verlängern. Der Beklagte hat allerdings auch nicht innerhalb der danach maßgeblichen Frist bis 16.06.2006 über den Widerspruch des Klägers entschieden. Richtig ist ferner, dass für den Kläger bis zur Erhebung seiner Untätigkeitsklage am 28.06.2006 nicht ersichtlich war, welche internen Vorgänge gerade bei dem Beklagten bzw. dem Landratsamt abliefen, da ihm bis dahin keine Zwischennachricht zugegangen war. Trotzdem wäre es nach Auffassung des Senats hier unbillig, den Beklagten mit der Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Untätigkeitsklage zu belasten. Da der Kläger selbst die Einholung von Befundberichten von zwei behandelnden Ärzten angeregt hat und seinem Prozessbevollmächtigten bekannt war, dass diese versorgungsärztlich auszuwerten waren, musste er schon aus diesem Grunde mit einer erheblichen Bearbeitungsdauer rechnen. Nach Auffassung des Senats ist ferner bei der Prüfung, ob die Bearbeitungszeit der Verwaltung angemessen war, mitzuberücksichtigen, ob und gegebenenfalls wie schnell der Widerspruchsführer seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Lässt sich dieser zur Begründung seines Widerspruchs zwei Monate und elf Tage Zeit, so kann er nicht damit rechnen, dass die Verwaltung nach jedem Zwischenergebnis sofort den nächsten Ermittlungsschritt in Angriff nimmt oder ihm umgehend eine Zwischennachricht zukommen lässt. Aus diesem Grunde ist es zu entschuldigen, dass der Beklagte nach Eingang des Befundscheins von Dr. Sch. am 29.05.2006 erst am 06.07.2006 die zweite versorgungsärztliche Stellungnahme angefordert und gleichzeitig dem Kläger eine Zwischennachricht gegeben hat. Davon abgesehen hat sich der Beklagte für keinen Zwischenschritt mehr als vier Wochen Zeit genommen und auch die beiden versorgungsärztlichen Stellungnahmen sind in angemessener Frist erstattet worden. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hält der Senat eine Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme nicht für angemessen, zumal es vor dem Hintergrund, dass der Kläger weitere Sachaufklärung sogar selbst angeregt hatte, auch näher gelegen hätte, sich nach der Bearbeitungszeit von knapp 3 ½ Monaten nach dem Stand der Bearbeitung und den Gründen für die eingetretene Verzögerung zu erkundigen, als ohne überhaupt mit der Beklagten in Kontakt zu treten unmittelbar Untätigkeitsklage zu erheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 08.07.2005 stellte das Landratsamt K. mit Bescheid vom 21.12.2005 den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers mit 30 seit Antragstellung fest. Hiergegen erhob der Kläger am 05.01.2006 Widerspruch, den er am 16.03.2006 damit begründete, die Folgen seines Schlaganfalls seien wesentlich schwerwiegender als vom Beklagten angenommen. Außerdem hätten sich auch seine Wirbelsäulenbeschwerden verschlechtert. Er regte an, Befundscheine von dem behandelnden Neurologen Dr. Sch. und dem behandelnden Orthopäden Dr. B. einzuholen. Am 17.03.2006 richtete das Landratsamt zunächst eine Anfrage an Dr. B ... Sein Antwortschreiben vom 25.03.2006, das am 28.03.2006 bei dem Landratsamt einging, leitete dieses am 18.04.2006 dem Ärztlichen Dienst mit der Bitte um Stellungnahme zu. In ihrer Stellungnahme vom 08.05.2006 empfahl Dr. M., zusätzlich noch von Dr. Sch. einen Befundschein wegen der Folgen des Schlaganfalls einzuholen. Tags darauf wurde dieser angeschrieben. Sein Befundschein ging am 29.05.2006 bei dem Landratsamt ein. Am 28.06.2006 erhob der Kläger Untätigkeitsklage, welche das Sozialgericht Konstanz (SG) dem Landratsamt mit Schreiben vom 07.07.2006 zur Stellungnahme übersandte. Am 06.07.2006 forderte das Landratsamt den Ärztlichen Dienst nochmals zur Stellungnahme auf und teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom selben Tage mit, eine Entscheidung über seinen Widerspruch sei derzeit noch nicht möglich, weil erst jetzt ein Befundbericht des behandelnden Neurologen Dr. Sch. eingegangen sei, der noch versorgungsärztlich überprüft werden müsse. Nachdem Dr. M. am 18.07.2006 ihre weitere Stellungnahme abgegeben hatte, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21.12.2005 mit dem Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006 zurück. Der Kläger erklärte daraufhin am 13.04.2007 seine Untätigkeitsklage als in der Hauptsache erledigt und beantragte gleichzeitig, dem Beklagten seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, da dieser ohne rechtfertigenden Grund nicht innerhalb der Frist des § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entschieden habe.
Mit Beschluss vom 17.07.2007 - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 20.07.2007 - entschied das SG, der Beklagte habe dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Zur Begründung führte es aus, eine unsachgemäße verzögerliche Behandlung der Angelegenheit durch den Beklagten könne das Gericht nicht feststellen. Nach Einlegung des Widerspruchs bzw. nach Vorlage der Widerspruchsbegründung seien alle wechselseitigen Schriftsätze bzw. weitere Maßnahmen innerhalb von Zeiträumen erfolgt, die seitens des Gerichts keinen Grund zur Beanstandung gäben.
Hiergegen hat der Kläger am 20.08.2007 Beschwerde bei dem SG eingelegt, das ihr nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Der Kläger trägt vor, er könne bereits nicht so richtig verstehen, weshalb das SG zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine unsachgemäße Verzögerung nicht festzustellen sei. Wenn am 28.03.2006 beim Landratsamt ein ärztlicher Befundschein eingehe und die Abläufe so schlecht organisiert seien oder so wenig Personal vorhanden sei, dass der versorgungsärztliche Sachverständige erst am 08.05.2006 mit der Auswertung fertig sei, sei dieses nach ständiger Rechtsprechung in die Rubrik Organisationsverschulden einzustufen. Darüber hinaus sei für einen Antragsteller nicht ersichtlich, welche internen Vorgänge in einer Behörde gerade ablaufen - oder nicht. Maßgebend sei der Empfängerhorizont, d.h. die Sicht des Antragstellers. Wenn sich nach dessen Betrachtungsweise "nichts tue", liege Untätigkeit vor. Er sei im Übrigen auch nicht verpflichtet gewesen, laufend bei der Gegenseite anzurufen und die dortigen Mitarbeiter anzuhalten, in der vom Gesetzgeber als ausreichend angesehenen Zeit über seinen Widerspruch zu entscheiden.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2007 aufzuheben und dem Beklagten seine außergerichtlichen Kosten anlässlich der Untätigkeitsklage aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt vor, bereits einen Tag nach Eingang der Widerspruchsbegründung sei weitere Sachverhaltsaufklärung erfolgt. Wenn nach Eingang des Beweisergebnisses am 28.03.2006 die versorgungsärztliche Auswertung am 08.05.2006 vorliege, so sei dies im vertretbaren Rahmen und stelle keine unsachgemäße Verzögerung aus besonderen Gründen dar. Die Arbeitsbelastung der Verwaltung im Hinblick auf die Vielzahl der anhängigen Verfahren dürfte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt sein, ebenso die Tatsache, dass es ihm als Organ der Rechtspflege zuzumuten sei, vor Erhebung der Untätigkeitsklage bei der Behörde wegen der Gründe der Verzögerung, soweit diese ihm nicht bereits bekannt seien, selbst vorstellig zu werden.
II.
Die form- und fristgerecht (§§ 172, 173 Abs. 1 SGG) erhobene Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Es entscheidet nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG durch Beschluss, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird.
Bei einer derartigen Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 193 SGG entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach sachgemäßem Ermessen. Ein vom SG ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat voll überprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist. Bei der Entscheidung sind die Gründe für die Einlegung des Rechtsmittels und insbesondere der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beachtende voraussichtliche Verfahrensausgang zu berücksichtigen (BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 10; Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 193 Rdziff. 13 m.N.).
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist nach § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG eine sogenannte Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Das gleiche gilt nach § 88 Abs. 2 SGG, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Die am 28.06.2006 erhobene Untätigkeitsklage ist nach dieser Maßgabe als zulässig anzusehen, denn der Beklagte hatte über den Widerspruch vom 05.01.2006 noch nicht entschieden. Ob dem Kläger Kosten nach Erledigung seiner zulässigen Untätigkeitsklage zu erstatten sind, ist danach zu entscheiden, ob der Beklagte zureichenden Grund für seine Untätigkeit hatte und diesen Grund dem Kläger entweder mitgeteilt hatte oder er ihm bekannt war (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer, aaO, § 193 Rdnr. 13c m.N.).
Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte noch hinreichende Gründe für seine Untätigkeit. Die in § 88 SGG bestimmten Wartefristen sind nämlich jeweils um Zeiten zu verlängern, die im konkreten Fall zu einer vom Normalfall abweichenden Sachbehandlung geführt haben und einen zureichenden Grund darstellen, noch nicht zu entscheiden. Dies gilt stets für Verzögerungen, die dem Widerspruchsführer oder seinem Prozessbevollmächtigten zuzurechnen sind, aber auch für Verzögerungen, die dadurch entstehen, dass der Beklagte sachgerechte Ermittlungen durchzuführen hat (Beschluss des Senats vom 18.07.2006 - L 6 SB 1938/06 AK-B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 29.11.2004 - L 7 B 21/04 SB und vom 22.05.1995 - L 6 S 10/94).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen am 05.01.2006 eingelegten Widerspruch erst am 16.03.2006 begründet. Folglich ist der Dreimonatszeitraum des § 88 Abs. 2 SGG um zwei Monate und elf Tage zu verlängern. Der Beklagte hat allerdings auch nicht innerhalb der danach maßgeblichen Frist bis 16.06.2006 über den Widerspruch des Klägers entschieden. Richtig ist ferner, dass für den Kläger bis zur Erhebung seiner Untätigkeitsklage am 28.06.2006 nicht ersichtlich war, welche internen Vorgänge gerade bei dem Beklagten bzw. dem Landratsamt abliefen, da ihm bis dahin keine Zwischennachricht zugegangen war. Trotzdem wäre es nach Auffassung des Senats hier unbillig, den Beklagten mit der Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Untätigkeitsklage zu belasten. Da der Kläger selbst die Einholung von Befundberichten von zwei behandelnden Ärzten angeregt hat und seinem Prozessbevollmächtigten bekannt war, dass diese versorgungsärztlich auszuwerten waren, musste er schon aus diesem Grunde mit einer erheblichen Bearbeitungsdauer rechnen. Nach Auffassung des Senats ist ferner bei der Prüfung, ob die Bearbeitungszeit der Verwaltung angemessen war, mitzuberücksichtigen, ob und gegebenenfalls wie schnell der Widerspruchsführer seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Lässt sich dieser zur Begründung seines Widerspruchs zwei Monate und elf Tage Zeit, so kann er nicht damit rechnen, dass die Verwaltung nach jedem Zwischenergebnis sofort den nächsten Ermittlungsschritt in Angriff nimmt oder ihm umgehend eine Zwischennachricht zukommen lässt. Aus diesem Grunde ist es zu entschuldigen, dass der Beklagte nach Eingang des Befundscheins von Dr. Sch. am 29.05.2006 erst am 06.07.2006 die zweite versorgungsärztliche Stellungnahme angefordert und gleichzeitig dem Kläger eine Zwischennachricht gegeben hat. Davon abgesehen hat sich der Beklagte für keinen Zwischenschritt mehr als vier Wochen Zeit genommen und auch die beiden versorgungsärztlichen Stellungnahmen sind in angemessener Frist erstattet worden. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hält der Senat eine Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme nicht für angemessen, zumal es vor dem Hintergrund, dass der Kläger weitere Sachaufklärung sogar selbst angeregt hatte, auch näher gelegen hätte, sich nach der Bearbeitungszeit von knapp 3 ½ Monaten nach dem Stand der Bearbeitung und den Gründen für die eingetretene Verzögerung zu erkundigen, als ohne überhaupt mit der Beklagten in Kontakt zu treten unmittelbar Untätigkeitsklage zu erheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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