Land
Mecklenburg-Vorpommern
Sozialgericht
SG Neubrandenburg (MVP)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Neubrandenburg (MVP)
Aktenzeichen
S 4 KR 31/07
Datum
2. Instanz
LSG Mecklenburg-Vorpommern
Aktenzeichen
L 6 KR 21/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 200 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2007 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin vertragsärztlich verordnete Fahrten mit dem Krankenkraftwagen auch dann zu vergüten, wenn keine vorherige Genehmigung der Beklagten vorliegt.
3. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
4. Die Beklagte hat die vorgerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen, soweit sie nicht auf die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sind.
5. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1200 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Krankentransportleistungen im Sinne von § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Krankentransportunternehmen und ist u. a. gegenüber der Beklagten durch einen Vertrag gemäß § 133 SGB V vom 15.04.2002 zum Transport ihrer Versicherten mittels behördlich zugelassener Krankentransportwagen (KTW s) nach entsprechender vertragsärztlicher Verordnung verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag, Bl. 9-16 der Akten, Bezug genommen.
Die Parteien streiten vorliegend zum einen über die Vergütung der Klägerin für zwei einzelne Krankentransporte (Hin- und Rückfahrt), die sie aufgrund vertragsärztlicher Verordnung des Herrn Dr. med. Flamm für einen Versicherten der Beklagten am 01.02.2007 durchgeführt und ihr unter dem 13.02.2007 über einen Abrechnungsdienst in Rechnung gestellt hat. Ausweislich der Verordnungen, Bl. 6f der Akten, war der Transport von der Wohnung des Versicherten zur Arztpraxis des Vertragsarztes und zurück mittels Krankentransportwagen, ausgerüstet mit einem Tragestuhl und unter Betreuung durch einen Rettungssanitäter, erforderlich.
Die Beklagte hat, ebenfalls über einen Abrechnungsdienst, mit gleichlautenden Schreiben vom 26.02.2007 gegenüber dem Abrechnungsdienst der Klägerin die Begleichung der klägerischen Forderungen mit der Begründung abgelehnt, dass die "Original-Genehmigung des Kostenträgers" der Rechnung nicht beigelegen habe.
Auf ein anwaltliches Mahnschreiben vom 21.03.2007 erwiderte der von der Beklagten beauftragte Abrechnungsdienst mit Schreiben vom 28.03.2007, dass eine Begleichung der streitigen Rechnungen bis zur Vorlage der "einzuholenden" Original-Genehmigungen nicht möglich sei.
Die streitgegenständliche Forderung ist ihrer Höhe nach zwischen den Parteien nicht streitig. Sie richtet sich nach der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe.
Darüber hinaus streiten die Parteien im Rahmen eines Feststellungsantrags auch für anderweitige Abrechnungsfälle in der Vergangenheit und Zukunft um die Frage, ob derartige Krankentransporte zu und von ambulanten Behandlungen als Voraussetzung für den Vergütungsanspruch der Klägerin einer vorherigen Genehmigung der Beklagten bedürfen.
Die Klägerin hat am 05.06.2007 Klage erhoben.
Sie beantragt
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass ohne die gemäß § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V und §§ 6 Abs 3, 8 Abs 1 Satz 2 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten (Krankentransport-Richtlinien) vor Durchführung der Fahrt einzuholende Genehmigung (Vorabgenehmigung) ein Vergütungsanspruch nicht entstehen könne.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte mit ausdrücklichem Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, § 124 Abs 2 SGG.
Die Klage ist im Gleichordnungsverhältnis hinsichtlich des Zahlungsantrags als reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl. nur BSG vom 24.7.2003, B 3 KR 28/02 R). Der daneben gestellte Feststellungsantrag ist bei fortbestehendem Geschäftsverhältnis der Parteien und zu erwartenden weiteren Abrechnungsfällen mit gleichem Streitgegenstand ebenfalls zulässig, § 55 Abs 1 SGG.
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 133 Abs. 1 S. 1 SGB V in Verbindung mit dem Vertrag zwischen den Parteien vom 15.04.2002. Die der Höhe nach nicht streitigen und vom Kläger für jede Fahrt im einzelnen dargelegten Zahlungsforderungen sind mit den zugunsten des Versicherten der Beklagten aufgrund vertragsärztlicher Verordnung erbrachten Transportleistungen entstanden, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedurft hätte. Einwendungen der Beklagten stehen nicht entgegen. Insbesondere bedarf es für die Entstehung des Vergütungsanspruchs der Klägerin keiner Genehmigung der Beklagten.
Im Verhältnis der Krankenkasse zum nichtärztlichen Leistungserbringer kann die Krankenkasse die fehlende medizinische Notwendigkeit der erbrachten Leistung nicht einwenden, wenn eine ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnung der konkreten Leistung gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V vorliegt. Die vertragsärztliche Verordnung, die der Vertragsarzt im Verhältnis zum nichtärztlichen Leistungserbringer für diesen verbindlich als Vertreter der Krankenkasse trifft, kann und darf vom Leistungserbringer nicht hinsichtlich ihrer inhaltlichen Richtigkeit überprüft werden. Die insoweit die gesetzlichen Vorgaben erläuternden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten (Krankentransport-Richtlinien) in der Fassung vom 22. Januar 2004 (BAnz. Nr. 18 vom 28. Januar 2004) bestimmen in § 2 (Verordnung):
(1) Für die Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung hat der Vertragsarzt - die Notwendigkeit der Beförderung nach § 3 zu prüfen und - das erforderliche Transportmittel nach Maßgabe der §§ 4 bis 7 auszuwählen.
Ausnahmen von der Verbindlichkeit der vertragsärztlichen Verordnung gelten nur dann, wenn das Gesetz über die vertragsärztliche Verordnung hinaus, wie etwa für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in § 40 Abs. 3 SGB V, eine eigene Entscheidung der Krankenkasse als konstitutiv für den Leistungsanspruch des Versicherten voraussetzt. Einer derartigen Entscheidung der Beklagten bedarf es für Krankentransporte im Sinne von § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V indes nicht.
Hält eine Krankenkasse eine ordnungsgemäß vertragsärztlich verordnete, von nichtärztlichen Leistungserbringern zu erbringende Leistung entgegen der vertragsärztlichen Entscheidung für nicht notwendig oder unwirtschaftlich, ist sie auf die Möglichkeiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung des § 106 Abs. 2 SGB V zu verweisen. Sie kann jedoch etwaige Regressmöglichkeiten gegenüber dem Vertragsarzt im Verhältnis zum nichtärztlichen Leistungserbringer nicht einwenden. Auch die Argumentation der Beklagten, die mit der gesetzlichen Neuregelung beabsichtigte Kosteneinsparung könnte ohne das Erfordernis der Genehmigung durch eine Verlagerung der Taxi- und Mietwagenfahrten hin zu den (noch kostenträchtigeren) Krankentransporten konterkariert werden, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Hier wird offenbar den eigenen Vertragsärzten ein völlig unwirtschaftliches Verordnungsverhalten unterstellt, welchem aber nicht auf dem dafür vorgesehenen (Regress-)Weg, sondern durch ein verwaltungstechnisch gar nicht handhabbares Genehmigungsverfahren begegnet werden soll. Derartige Erwägungen haben jedoch im Gesetz keinen Niederschlag gefunden.
Erst recht bedurfte es entgegen der Auffassung der Beklagten einer derartigen Entscheidung nicht bereits vor der Leistungserbringung, also im Sinne einer Vorabgenehmigung. Ein derartiges Erfordernis ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus einer (wirksamen) untergesetzlichen Norm.
Die maßgeblichen Bestimmungen des SGB V sehen eine derartige, für den Vergütungsanspruch des Leistungserbringers notwendige Bedingung nicht vor.
§ 60 SGB V (Fahrkosten), hat seit dem 01.01.2004 folgenden Wortlaut:
(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat.
(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages 1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus, 2. bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist, 3. bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport), 4. bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung. Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein. (3) Als Fahrkosten werden anerkannt 1. bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen, 2. bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag, 3. bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag, 4. bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären. (4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt. (5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Fahr- und andere Reisekosten nach § 53 Abs. 1 bis 3 des Neunten Buches übernommen.
Nach dem Gesetzeswortlaut stellt zwar die Erstreckung des Erfordernisses der vorherigen Genehmigung in Abs 1 Satz 3 auf jegliche Fahrt zu einer ambulanten Behandlung eine mögliche Auslegung dar. Sie stünde jedoch in Widerspruch sowohl zur Systematik der Gesamtnorm (hierzu unter a) als auch zur Entstehungsgeschichte (b) und zum Zweck (c) der Vorschrift.
§ 60 SGB V regelt zwei grundlegend verschiedene Fälle der Kostenübernahme für Fahrkosten; zum einen in Abs 1 Satz 1 i.V.m. den Katalogfällen des Abs 2, zum anderen in Abs 1 Satz 3 i.V.m. den Richtlinien des GBA. Hierbei unterscheidet die Norm bereits hinsichtlich der gesetzlichen Regelungsdichte eindeutig zwischen den beiden vorgenannten Fällen. Hinsichtlich der Katalogfälle des Abs 2 trifft das Gesetz selbst bereits eine abschließende und detaillierte Regelung derjenigen Fahrten, für die die Krankenkasse die entstehenden Kosten stets übernimmt. Sowohl der einleitende Abs 1 Satz 1 als auch der dort in Bezug genommene Abs 2 ordnet die Kostenübernahme verbindlich an, ohne dass es der näheren Ausgestaltung durch untergesetzliche Normen bedürfte ("Die Krankenkasse übernimmt ..."). Welche Voraussetzungen hierfür im einzelnen vorliegen müssen, regelt das Gesetz in jeder der vier Ziffern des Abs 2 Satz 1 in Verbindung mit den bereits in Abs 1 Satz 1 vorausgesetzten zwingenden medizinischen Gründen selbst und abschließend. Hierbei betreffen die Ziffern 2. bis 4. ausschließlich Fahrten zu ambulanten Behandlungen.
Dagegen stellt Abs 1 Satz 3 eine über die Katalogfälle des Abs 2 Satz 1 hinausgehende Öffnungsklausel für solche Fälle dar, die vom Gesetz selbst grundsätzlich von der Kostenübernahme ausgeschlossen werden und lediglich im Wege einer vom GBA in Form von Richtlinien vorzunehmenden Konkretisierung ("in besonderen Ausnahmefällen") entgegen dem Regelfall zu einem "Kostenübernahmeanspruch" des Versicherten führen sollen.
Wollte man die Vorschrift des Abs 1 Satz 3 auch auf die Katalogfälle des Abs 2 beziehen, käme etwa eine Kostenübernahme für Fälle des Abs 2 Satz 1 Nr 2 niemals in Betracht, da der Charakter einer Rettungsfahrt einer Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse per se entgegensteht. Auch die Fälle des Abs 2 Satz 1 Nr 4 würden regelmäßig keinen Anspruch des Versicherten begründen können. Zwar wäre hier die Einholung der Genehmigung der Kasse vor Fahrtantritt denkbar; jedoch wird etwa in der Mehrzahl der stationsersetzenden ambulanten Operationen nicht zugleich ein besonderer Ausnahmefall im Sinne von Abs 1 Satz 3 i.V.m. mit den Richtlinien vorliegen, da die Möglichkeit der ambulanten Durchführung einer Operation bei solchen Patienten oftmals entfällt, die die Voraussetzungen von § 8 Abs 2 bzw. 3 der Krankentransport-Richtlinien erfüllen und bei denen vielfach ein stark eingeschränkter Allgemeinzustand vorliegen wird, vgl. Anlage 2 zum Vertrag nach § 115b Abs 1 SGB V und den Katalog der sogenannten G-AEP Kriterien zu § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz.
Mithin bezieht sich § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V ausschließlich auf solche Fahrten, die nicht bereits von einem der privilegierten Katalogtatbestände des Abs 2 Satz 1 erfasst werden. Die von der Beklagten ausdrücklich formulierte gegenteilige Auffassung in dem Sinne, § 60 Abs 1 Satz 3 SGB VI, stelle einen auch auf die Katalogfälle des Abs 2 a.a.O. anwendbaren "Obersatz" dar, da ein abweichender Anwendungsbereich des Satzes 3 im Verhältnis zu Satz 1 und 2 des Abs 1 der Vorschrift nicht denkbar sei, führt zu dem absurden Ergebnis, dass für ein und den selben Sachverhalt jeweils entgegengesetzte Gesetzesbefehle Anwendung fänden, wie das Beispiel der Rettungsfahrt ohne Notwendigkeit der stationären Aufnahme des Versicherten deutlich macht. Aus dem "Obersatz" ergäbe sich das Erfordernis der Vorabgenehmigung, während die Nr 2 des Katalogs die Kostenübernahme anordnet. Hier neigt die Beklagte offenbar dazu, dem Katalogfall Vorrang einzuräumen, während es bei den vorliegend streitigen Krankentransporten der "Obersatz" sein soll, der die "Oberhand" gewinnt. Wieso die gesetzliche Regelung nach Auffassung der Beklagten "nur diesen Schluss" zuläßt, erschließt sich der Kammer nicht. Wäre § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V als eigener Absatz (etwa 1a) verabschiedet worden, hätte die Beklagte vermutlich der bereits zuvor von der Kammer (Urteil vom 30.11.2006, S 4 KR 25/06 - juris) vertretenen Auffassung folgen können. Dass aber die Gesetzesauslegung von der handwerklich fraglichen Qualität des Aufbaus der Vorschrift entscheidend abhängen soll, erscheint der Kammer nicht sachgerecht.
Die hier vertretene systematische Auslegung wird ausdrücklich auch in KassKomm-Höfler, § 60 SGB V, Rdz 19, und in Krauskopf-Baier, a.a.O., Rdz 19, vertreten, ohne dass eine weitere Begründung für erforderlich gehalten wird, ebenso offenbar Hauck-Gerlach, a.a.O., Rdz 24 a. Eine gegenteilige Auffassung lässt sich der Literatur nicht entnehmen. Selbst KassKomm-Hess, § 73 SGB V, Rdz 22, der auf die bei der Verordnung zu beachtenden Richtlinien des GBA verweist, trifft hinsichtlich des Genehmigungserfordernisses bei Krankentransporten i.S.v. § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V keine Aussage.
Die gesonderte Stellung der privilegierten Katalogfälle des § 60 Abs. 2 S. 1 SGB V wird auch bei einer Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Norm deutlich. Die Regelung der Kostenübernahme sah bereits vor der Änderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, grundsätzlich den Ausschluss der Kostenübernahme vor, wenn die jeweilig Fahrt nicht von einem der (weitgehend identischen) Katalogfälle erfasst wurde. Mit der Formulierung "im übrigen" in § 60 Abs 2 Satz 2 SGB V a. F. erfasste das Gesetz seinerzeit - gesetzestechnisch eindeutig - all diejenigen Fahrten, die nicht im Sinne des abschließenden Kataloges (§ 60 Abs 1 Satz 1 a.F.) privilegiert waren, und sah insofern lediglich eine Kostenübernahme in Fällen der Unzumutbarkeit (vollständige oder teilweise Befreiung i.S.v. §§ 61, 62 a.F.) vor.
Die Trennlinie zwischen regelmäßig gegebener Kostenübernahme und regelmäßig ausgeschlossener Kostenübernahme verlief mithin bereits seinerzeit nicht deckungsgleich mit dem Ziel der Fahrt (Behandlung ambulant oder stationär), sondern allein danach, ob ein Katalogfall vorlag oder nicht. Ausdrücklich hieß es bereits in der Gesetzesbegründung bei der erstmaligen, weitgehenden Begrenzung der Fahrkostenübernahme durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988, BGBl. I, S.2477, im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 24.11.1988, BT-Drucks. 11/3480, S. 56 (zum seinerzeitigen § 68 SGB V):
Auch bei "Krankentransporten" sollen die Fahrkosten ( ...) unabhängig davon übernommen werden, ob Versicherte ambulant oder stationär behandelt werden müssen.
Mit den Änderungen des § 60 SGB V durch das GMG wurden dann auch derartige Kosten grundsätzlich dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zugewiesen, die bislang wegen Unzumutbarkeit von den Kassen übernommen wurden, ohne dass am Verhältnis der Katalogfälle zu den übrigen Fahrten eine grundlegende Änderung vorgenommen worden wäre. Dass die jetzige Fassung des § 60 SGB V redaktionell missglückt ist, so auch Höfler, a.a.o., Rdz. 16 a, und zu Fehlinterpretationen Anlass gibt, ändert letztlich nichts an dem überkommenen Verhältnis der Katalogfälle zu den "übrigen".
Diese Auffassung wird durch die Materialien eindeutig unterstützt. So heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.09.2003 (BT-Drucks. 15/1525, S. 77):
Fahrkosten für Taxi- und Mietwagenfahrten werden in der ambulanten Versorgung grundsätzlich nicht mehr erstattet. Ausnahmen gelten nur nach Genehmigung durch die Krankenkassen.
Auch der Gesetzgeber beabsichtigte danach, die Kostenübernahme ausschließlich für solche Fahrten weiter einzuschränken, die nicht vom Katalog der privilegierten Fahrten erfasst werden, insbesondere nämlich Kosten für Taxi- und Mietwagenfahrten. Hiernach lässt sich zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses der Ausschluss der Kostenübernahme auf die regelmäßig niedrigeren Kosten bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel übertragen, nicht jedoch auf die regelmäßig wesentlich höheren Kosten für den im Katalog aufgeführten Transport mittels KTW.
Diese Auslegung gebietet auch der Zweck des Regel-Ausnahmeverhältnisses des § 60 SGB V. Während in den Katalogfällen des § 60 Abs 2 Satz 1 SGB V die Kostenübernahme zumeist (Nrn 2 und 3, Verlegungsfahrten im Sinne von Nr 1) wegen der regelmäßig mit derartigen Fahrten verbundenen erbeblichen Höhe der Fahrkosten und dem daher schützenswerten Risiko der Versicherten angeordnet wird, werden die Kosten für andere Fahrten (mit privatem Pkw, öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxi und Mietwagen) grundsätzlich der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet, was angesichts der zumeist deutlich geringeren Kosten mit dem Solidarprinzip vereinbarbar erscheint. Für § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V gilt der besondere Zweck, ambulante Behandlungen als Alternative zu stationären attraktiver zu gestalten und so zur Kostendämpfung im Gesundheitssystem beizutragen. Die Kostenübernahme für Fahrten im Sinne von Nr 1, die keine Verlegungsfahrten sind, mag seinen Grund in der Annahme haben, dass hier oftmals längere Wegstrecken mit dementsprechend höheren Kosten zurückzulegen sind, ohne dass dieser Katalogtatbestand zwingend geboten erscheint.
Der demnach festzustellende Hauptzweck der Privilegierung der Katalogfahrten, die Höhe der regelmäßig durch die Fahrt zu erwartenden Kosten, ist aber in erster Linie von der Art des Beförderungsmittels abhängig. Bereits die einfache Fahrt mittels KTW verursacht bei Anwendbarkeit der hier maßgeblichen vertraglichen Regelung Kosten in Höhe von mindestens 100 EUR, so dass ohne Kostenübernahme durch die Krankenkasse dem Versicherten für einen einzigen Behandlungstermin Kosten von 200 EUR entstünden. Für Rettungsfahrten (auch ohne nachfolgende stationäre Aufnahme) fallen noch weitaus höhere Kosten an. Für eine Auslegung des Gesetzes derart, dass auch bei solchen, extrem kostenaufwändigen Fahrten, die Kostenübernahme durch die Krankenkasse von den engen Voraussetzungen des § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V i.V.m. den Krankentransport-Richtlinien abhängig sein soll, liegt keinerlei Anhaltspunkt vor. Auch der spezielle Zweck des § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V würde durch die von der Beklagten und vom GBA vertretene Auffassung konterkariert. Da auch von dieser Norm erfasste Fahrten zu ambulanten Behandlungen führen, müssten für eine Kostenübernahme konsequenterweise nicht nur die Vorabgenehmigung der Krankenkasse, sondern auch die weiteren Voraussetzungen des Abs 1 Satz 3 i.V.m den Richtlinien (hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum) verlangt werden, womit die Entscheidung der Versicherten für eine ambulante statt stationäre Behandlung zuungunsten der kostengünstigeren ambulanten Behandlung beeinflusst würde.
Schließlich ist in keiner Weise ersichtlich, wie die von der Beklagten verlangte Vorabgenehmigung rein technisch überhaupt ein sinnvolles Kontrollinstrument darstellen soll. Die Krankenkassen verfügen selbst über keinerlei medizinischen Sachverstand. Auch liegen ihnen regelmäßig bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen keine näheren Informationen zum Gesundheitszustand ihrer Versicherten vor. Ohne vorherige Einschaltung des MDK wäre die Krankenkasse mithin nicht in der Lage, eine sachgemäße Entscheidung über einen Genehmigungsantrag zu treffen, was aber mit einem so erheblichen Zeitverlust einherginge, dass jedenfalls dringende Fälle nicht mehr zu Lasten der Krankenversicherung transportiert werden könnten. Dies gilt erst recht für Fahrten, die ab Freitag nachmittags erforderlich werden, da dann für mehrere Tage eine Entscheidung der Kasse nicht herbeigeführt werden könnte.
Das Erfordernis der Vorabgenehmigung der Krankenkasse ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus den Krankentransport-Richtlinien.
Zwar ist in § 6 Abs 3 der Richtlinie auch für Krankentransporte zur ambulanten Behandlung die vorherige Genehmigung der Krankenkasse vorgesehen. § 6 hat folgenden Wortlaut:
§ 6 Krankentransporte (1) Ein Krankentransport kann verordnet werden, wenn der Versicherte während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens (KTW) bedarf oder deren Erforderlichkeit aufgrund seines Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch qualifiziertes nicht-ärztliches Personal gewährleistet. Die medizinisch-technische Einrichtung ist auf die Beförderung von Nicht-Notfallpatienten ausgelegt. (2) Der Krankentransport soll auch dann verordnet werden, wenn dadurch die Übertragung schwerer, ansteckender Krankheiten der Versicherten vermieden werden kann. (3) Krankentransporte zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Dies gilt nicht für Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V oder zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V.
Wollte man die in § 6 Abs 3 Satz 1 der Richtlinie geforderte Vorabgenehmigung im Sinne einer notwendigen Bedingung für die Kostenübernahme verstehen, fehlte es hierfür an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Der GBA kann die gesetzlich statuierte Kostenübernahmepflicht der Kassen für Krankentransporte nicht durch Richtlinie einschränken.
Die Regelungskompetenz des GBA richtet sich vorliegend zum einen nach § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V. Wie oben gezeigt, gilt diese Vorschrift jedoch nur für die Konkretisierung der besonderen Ausnahmefälle im Rahmen der "übrigen", nicht von den Katalogfällen des Abs 2 Satz 1 erfassten Tatbestände. Hierzu verhält sich insbesondere § 8 der Richtlinien. Eine weitergehende Kompetenz, insbesondere im Sinne einer Ermächtigung für eine nähere, über die abschließende gesetzliche Regelung hinausgehende Einschränkung auch der Katalogfälle, enthält die Norm nicht.
Zum anderen weist § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB V dem GBA die Aufgabe zu, Richtlinien über die Verordnung von Krankentransporten zu beschließen. Hiervon hat der GBA bereits vor dem Jahr 2004 mit den Krankentransport-Richtlinien in den seinerzeit geltenden Fassungen Gebrauch gemacht, indem er Näheres zu Form, Inhalt und Zeitpunkt der vertragsärztlichen Verordnung geregelt hat. Auch für die weiteren Ausführungsbestimmungen bezüglich Auswahl des notwendigen Transportmittels und Bestimmung der medizinischen Voraussetzungen für bestimmte Transportmittel liegt mit der allgemeinen Regelung in § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vor. Nach dieser Vorschrift dienen die Richtlinien des GBA der Sicherung der ärztlichen Versorgung und beinhalten Regelungen über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen einschließlich Arzneimitteln oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie wenn insbesondere ein Arzneimittel unzweckmäßig oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Ebenso wie in den §§ 135, 136 a, 136 b SGB V wird dem GBA mithin die Beurteilung und nähere Konkretisierung der Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten aus medizinischer Sicht zugewiesen, für welche der GBA auch über den entsprechenden Sachverstand verfügt.
Hingegen lässt sich das über das Gesetz hinausgehende prozedurale Erfordernis einer Vorabgenehmigung von Krankentransporten durch die Krankenkasse keineswegs dem Bereich der medizinischen Konkretisierung zuordnen. Dementsprechend geht der GBA auch selbst - irrig - davon aus, mit § 6 Abs 3 Satz 1 seiner Richtlinien lediglich die gesetzliche Regelung zu wiederholen, wofür es in der Tat keiner Ermächtigung bedürfte. Hier ließe sich dann allerdings fragen, woher die Richtlinienkompetenz rührt, die - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des GBA - aus dem Gesetzeswortlaut folgende Notwendigkeit der Vorabgenehmigung von Fahrten zu stationsersetzenden Behandlungen mit § 6 Abs 3 Satz 2 der Richtlinien für entbehrlich zu erklären.
§ 6 Abs 3 Satz 1 der Krankentransport-Richtlinien entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage und ist damit nicht geeignet, die vertraglichen Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte einzuschränken. Gegenteiliges ergibt sich nicht etwa aus § 91 Abs 9 SGB V. Zwar hat der Gesetzgeber mit dieser umstrittenen Norm (vgl. etwa Schimmelpfeng-Schütte, NZS 2006, 567-572) angeordnet, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses ( ...) für die Versicherten, die Krankenkassen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Dies gilt aber allenfalls dann, wenn der jeweilige (Richtlinien-)Beschluss selbst mit höherrangigem Recht, insbesondere also mit den Vorschriften des SGB V, vereinbar ist. Das ist aber vorliegend nicht der Fall.
Den ausgeurteilten Zinsanspruch kann die Klägerin als privatrechtlich organisierter Leistungserbringer unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen, vgl. BSG, B 3 KR 7/06 R, vom 03.08.2006. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs 2 BGB, da ein Verbraucher im Vertragsverhältnis der Parteien nicht beteiligt ist. Für den Verzinsungsbeginn gilt § 286 Abs 2 Nr 3 BGB. Die Beklagte ist spätestens mit ihren ausdrücklichen Weigerungen, die aufgelaufenen Rechnungen der Klägerin zu begleichen, in der jeweiligen Forderungshöhe in Verzug geraten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Da die Beklagte auch weiterhin, mithin für alle (noch) nicht rechtshängigen Fälle von Krankentransporten zu und von ambulanten Behandlungen, entgegen der oben dargestellten Rechtslage eine vorherige Genehmigung als Voraussetzung für die Abrechenbarkeit des Transports ansieht, ist auch der dahingehende Feststellungsantrag der Klägerin begründet.
Die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, auch diejenigen vorgerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen, die nicht auf die außergerichtlichen Kosten des Klägers im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sind, war antragsgemäß auszusprechen, da vorliegend dem gerichtlichen Verfahren kein Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist - ein Verwaltungsakt lag nicht vor - weshalb die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers von der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erfasst wird, die Anrechnungsvorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes jedoch im Gegensatz zur außer Kraft getretenen BRAGO nur eine teilweise Anrechung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens vorsieht, Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG.
Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.
Die Statthaftigkeit der Berufung folgt aus § 143 SGG.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin vertragsärztlich verordnete Fahrten mit dem Krankenkraftwagen auch dann zu vergüten, wenn keine vorherige Genehmigung der Beklagten vorliegt.
3. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
4. Die Beklagte hat die vorgerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen, soweit sie nicht auf die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sind.
5. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1200 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Krankentransportleistungen im Sinne von § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Krankentransportunternehmen und ist u. a. gegenüber der Beklagten durch einen Vertrag gemäß § 133 SGB V vom 15.04.2002 zum Transport ihrer Versicherten mittels behördlich zugelassener Krankentransportwagen (KTW s) nach entsprechender vertragsärztlicher Verordnung verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag, Bl. 9-16 der Akten, Bezug genommen.
Die Parteien streiten vorliegend zum einen über die Vergütung der Klägerin für zwei einzelne Krankentransporte (Hin- und Rückfahrt), die sie aufgrund vertragsärztlicher Verordnung des Herrn Dr. med. Flamm für einen Versicherten der Beklagten am 01.02.2007 durchgeführt und ihr unter dem 13.02.2007 über einen Abrechnungsdienst in Rechnung gestellt hat. Ausweislich der Verordnungen, Bl. 6f der Akten, war der Transport von der Wohnung des Versicherten zur Arztpraxis des Vertragsarztes und zurück mittels Krankentransportwagen, ausgerüstet mit einem Tragestuhl und unter Betreuung durch einen Rettungssanitäter, erforderlich.
Die Beklagte hat, ebenfalls über einen Abrechnungsdienst, mit gleichlautenden Schreiben vom 26.02.2007 gegenüber dem Abrechnungsdienst der Klägerin die Begleichung der klägerischen Forderungen mit der Begründung abgelehnt, dass die "Original-Genehmigung des Kostenträgers" der Rechnung nicht beigelegen habe.
Auf ein anwaltliches Mahnschreiben vom 21.03.2007 erwiderte der von der Beklagten beauftragte Abrechnungsdienst mit Schreiben vom 28.03.2007, dass eine Begleichung der streitigen Rechnungen bis zur Vorlage der "einzuholenden" Original-Genehmigungen nicht möglich sei.
Die streitgegenständliche Forderung ist ihrer Höhe nach zwischen den Parteien nicht streitig. Sie richtet sich nach der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe.
Darüber hinaus streiten die Parteien im Rahmen eines Feststellungsantrags auch für anderweitige Abrechnungsfälle in der Vergangenheit und Zukunft um die Frage, ob derartige Krankentransporte zu und von ambulanten Behandlungen als Voraussetzung für den Vergütungsanspruch der Klägerin einer vorherigen Genehmigung der Beklagten bedürfen.
Die Klägerin hat am 05.06.2007 Klage erhoben.
Sie beantragt
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass ohne die gemäß § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V und §§ 6 Abs 3, 8 Abs 1 Satz 2 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten (Krankentransport-Richtlinien) vor Durchführung der Fahrt einzuholende Genehmigung (Vorabgenehmigung) ein Vergütungsanspruch nicht entstehen könne.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte mit ausdrücklichem Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, § 124 Abs 2 SGG.
Die Klage ist im Gleichordnungsverhältnis hinsichtlich des Zahlungsantrags als reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl. nur BSG vom 24.7.2003, B 3 KR 28/02 R). Der daneben gestellte Feststellungsantrag ist bei fortbestehendem Geschäftsverhältnis der Parteien und zu erwartenden weiteren Abrechnungsfällen mit gleichem Streitgegenstand ebenfalls zulässig, § 55 Abs 1 SGG.
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 133 Abs. 1 S. 1 SGB V in Verbindung mit dem Vertrag zwischen den Parteien vom 15.04.2002. Die der Höhe nach nicht streitigen und vom Kläger für jede Fahrt im einzelnen dargelegten Zahlungsforderungen sind mit den zugunsten des Versicherten der Beklagten aufgrund vertragsärztlicher Verordnung erbrachten Transportleistungen entstanden, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedurft hätte. Einwendungen der Beklagten stehen nicht entgegen. Insbesondere bedarf es für die Entstehung des Vergütungsanspruchs der Klägerin keiner Genehmigung der Beklagten.
Im Verhältnis der Krankenkasse zum nichtärztlichen Leistungserbringer kann die Krankenkasse die fehlende medizinische Notwendigkeit der erbrachten Leistung nicht einwenden, wenn eine ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnung der konkreten Leistung gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V vorliegt. Die vertragsärztliche Verordnung, die der Vertragsarzt im Verhältnis zum nichtärztlichen Leistungserbringer für diesen verbindlich als Vertreter der Krankenkasse trifft, kann und darf vom Leistungserbringer nicht hinsichtlich ihrer inhaltlichen Richtigkeit überprüft werden. Die insoweit die gesetzlichen Vorgaben erläuternden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten (Krankentransport-Richtlinien) in der Fassung vom 22. Januar 2004 (BAnz. Nr. 18 vom 28. Januar 2004) bestimmen in § 2 (Verordnung):
(1) Für die Verordnung einer Krankenbeförderungsleistung hat der Vertragsarzt - die Notwendigkeit der Beförderung nach § 3 zu prüfen und - das erforderliche Transportmittel nach Maßgabe der §§ 4 bis 7 auszuwählen.
Ausnahmen von der Verbindlichkeit der vertragsärztlichen Verordnung gelten nur dann, wenn das Gesetz über die vertragsärztliche Verordnung hinaus, wie etwa für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in § 40 Abs. 3 SGB V, eine eigene Entscheidung der Krankenkasse als konstitutiv für den Leistungsanspruch des Versicherten voraussetzt. Einer derartigen Entscheidung der Beklagten bedarf es für Krankentransporte im Sinne von § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V indes nicht.
Hält eine Krankenkasse eine ordnungsgemäß vertragsärztlich verordnete, von nichtärztlichen Leistungserbringern zu erbringende Leistung entgegen der vertragsärztlichen Entscheidung für nicht notwendig oder unwirtschaftlich, ist sie auf die Möglichkeiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung des § 106 Abs. 2 SGB V zu verweisen. Sie kann jedoch etwaige Regressmöglichkeiten gegenüber dem Vertragsarzt im Verhältnis zum nichtärztlichen Leistungserbringer nicht einwenden. Auch die Argumentation der Beklagten, die mit der gesetzlichen Neuregelung beabsichtigte Kosteneinsparung könnte ohne das Erfordernis der Genehmigung durch eine Verlagerung der Taxi- und Mietwagenfahrten hin zu den (noch kostenträchtigeren) Krankentransporten konterkariert werden, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Hier wird offenbar den eigenen Vertragsärzten ein völlig unwirtschaftliches Verordnungsverhalten unterstellt, welchem aber nicht auf dem dafür vorgesehenen (Regress-)Weg, sondern durch ein verwaltungstechnisch gar nicht handhabbares Genehmigungsverfahren begegnet werden soll. Derartige Erwägungen haben jedoch im Gesetz keinen Niederschlag gefunden.
Erst recht bedurfte es entgegen der Auffassung der Beklagten einer derartigen Entscheidung nicht bereits vor der Leistungserbringung, also im Sinne einer Vorabgenehmigung. Ein derartiges Erfordernis ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus einer (wirksamen) untergesetzlichen Norm.
Die maßgeblichen Bestimmungen des SGB V sehen eine derartige, für den Vergütungsanspruch des Leistungserbringers notwendige Bedingung nicht vor.
§ 60 SGB V (Fahrkosten), hat seit dem 01.01.2004 folgenden Wortlaut:
(1) Die Krankenkasse übernimmt nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 festgelegt hat.
(2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages 1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus, 2. bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist, 3. bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport), 4. bei Fahrten von Versicherten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer Behandlung nach § 115a oder § 115b, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung (§ 39) vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht ausführbar ist, wie bei einer stationären Krankenhausbehandlung. Soweit Fahrten nach Satz 1 von Rettungsdiensten durchgeführt werden, zieht die Krankenkasse die Zuzahlung in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt von dem Versicherten ein. (3) Als Fahrkosten werden anerkannt 1. bei Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels der Fahrpreis unter Ausschöpfen von Fahrpreisermäßigungen, 2. bei Benutzung eines Taxis oder Mietwagens, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag, 3. bei Benutzung eines Krankenkraftwagens oder Rettungsfahrzeugs, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel, ein Taxi oder ein Mietwagen nicht benutzt werden kann, der nach § 133 berechnungsfähige Betrag, 4. bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer den jeweils auf Grund des Bundesreisekostengesetzes festgesetzten Höchstbetrag für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme des nach Nummer 1 bis 3 erforderlichen Transportmittels entstanden wären. (4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen. § 18 bleibt unberührt. (5) Im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden Fahr- und andere Reisekosten nach § 53 Abs. 1 bis 3 des Neunten Buches übernommen.
Nach dem Gesetzeswortlaut stellt zwar die Erstreckung des Erfordernisses der vorherigen Genehmigung in Abs 1 Satz 3 auf jegliche Fahrt zu einer ambulanten Behandlung eine mögliche Auslegung dar. Sie stünde jedoch in Widerspruch sowohl zur Systematik der Gesamtnorm (hierzu unter a) als auch zur Entstehungsgeschichte (b) und zum Zweck (c) der Vorschrift.
§ 60 SGB V regelt zwei grundlegend verschiedene Fälle der Kostenübernahme für Fahrkosten; zum einen in Abs 1 Satz 1 i.V.m. den Katalogfällen des Abs 2, zum anderen in Abs 1 Satz 3 i.V.m. den Richtlinien des GBA. Hierbei unterscheidet die Norm bereits hinsichtlich der gesetzlichen Regelungsdichte eindeutig zwischen den beiden vorgenannten Fällen. Hinsichtlich der Katalogfälle des Abs 2 trifft das Gesetz selbst bereits eine abschließende und detaillierte Regelung derjenigen Fahrten, für die die Krankenkasse die entstehenden Kosten stets übernimmt. Sowohl der einleitende Abs 1 Satz 1 als auch der dort in Bezug genommene Abs 2 ordnet die Kostenübernahme verbindlich an, ohne dass es der näheren Ausgestaltung durch untergesetzliche Normen bedürfte ("Die Krankenkasse übernimmt ..."). Welche Voraussetzungen hierfür im einzelnen vorliegen müssen, regelt das Gesetz in jeder der vier Ziffern des Abs 2 Satz 1 in Verbindung mit den bereits in Abs 1 Satz 1 vorausgesetzten zwingenden medizinischen Gründen selbst und abschließend. Hierbei betreffen die Ziffern 2. bis 4. ausschließlich Fahrten zu ambulanten Behandlungen.
Dagegen stellt Abs 1 Satz 3 eine über die Katalogfälle des Abs 2 Satz 1 hinausgehende Öffnungsklausel für solche Fälle dar, die vom Gesetz selbst grundsätzlich von der Kostenübernahme ausgeschlossen werden und lediglich im Wege einer vom GBA in Form von Richtlinien vorzunehmenden Konkretisierung ("in besonderen Ausnahmefällen") entgegen dem Regelfall zu einem "Kostenübernahmeanspruch" des Versicherten führen sollen.
Wollte man die Vorschrift des Abs 1 Satz 3 auch auf die Katalogfälle des Abs 2 beziehen, käme etwa eine Kostenübernahme für Fälle des Abs 2 Satz 1 Nr 2 niemals in Betracht, da der Charakter einer Rettungsfahrt einer Vorabgenehmigung durch die Krankenkasse per se entgegensteht. Auch die Fälle des Abs 2 Satz 1 Nr 4 würden regelmäßig keinen Anspruch des Versicherten begründen können. Zwar wäre hier die Einholung der Genehmigung der Kasse vor Fahrtantritt denkbar; jedoch wird etwa in der Mehrzahl der stationsersetzenden ambulanten Operationen nicht zugleich ein besonderer Ausnahmefall im Sinne von Abs 1 Satz 3 i.V.m. mit den Richtlinien vorliegen, da die Möglichkeit der ambulanten Durchführung einer Operation bei solchen Patienten oftmals entfällt, die die Voraussetzungen von § 8 Abs 2 bzw. 3 der Krankentransport-Richtlinien erfüllen und bei denen vielfach ein stark eingeschränkter Allgemeinzustand vorliegen wird, vgl. Anlage 2 zum Vertrag nach § 115b Abs 1 SGB V und den Katalog der sogenannten G-AEP Kriterien zu § 17c Krankenhausfinanzierungsgesetz.
Mithin bezieht sich § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V ausschließlich auf solche Fahrten, die nicht bereits von einem der privilegierten Katalogtatbestände des Abs 2 Satz 1 erfasst werden. Die von der Beklagten ausdrücklich formulierte gegenteilige Auffassung in dem Sinne, § 60 Abs 1 Satz 3 SGB VI, stelle einen auch auf die Katalogfälle des Abs 2 a.a.O. anwendbaren "Obersatz" dar, da ein abweichender Anwendungsbereich des Satzes 3 im Verhältnis zu Satz 1 und 2 des Abs 1 der Vorschrift nicht denkbar sei, führt zu dem absurden Ergebnis, dass für ein und den selben Sachverhalt jeweils entgegengesetzte Gesetzesbefehle Anwendung fänden, wie das Beispiel der Rettungsfahrt ohne Notwendigkeit der stationären Aufnahme des Versicherten deutlich macht. Aus dem "Obersatz" ergäbe sich das Erfordernis der Vorabgenehmigung, während die Nr 2 des Katalogs die Kostenübernahme anordnet. Hier neigt die Beklagte offenbar dazu, dem Katalogfall Vorrang einzuräumen, während es bei den vorliegend streitigen Krankentransporten der "Obersatz" sein soll, der die "Oberhand" gewinnt. Wieso die gesetzliche Regelung nach Auffassung der Beklagten "nur diesen Schluss" zuläßt, erschließt sich der Kammer nicht. Wäre § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V als eigener Absatz (etwa 1a) verabschiedet worden, hätte die Beklagte vermutlich der bereits zuvor von der Kammer (Urteil vom 30.11.2006, S 4 KR 25/06 - juris) vertretenen Auffassung folgen können. Dass aber die Gesetzesauslegung von der handwerklich fraglichen Qualität des Aufbaus der Vorschrift entscheidend abhängen soll, erscheint der Kammer nicht sachgerecht.
Die hier vertretene systematische Auslegung wird ausdrücklich auch in KassKomm-Höfler, § 60 SGB V, Rdz 19, und in Krauskopf-Baier, a.a.O., Rdz 19, vertreten, ohne dass eine weitere Begründung für erforderlich gehalten wird, ebenso offenbar Hauck-Gerlach, a.a.O., Rdz 24 a. Eine gegenteilige Auffassung lässt sich der Literatur nicht entnehmen. Selbst KassKomm-Hess, § 73 SGB V, Rdz 22, der auf die bei der Verordnung zu beachtenden Richtlinien des GBA verweist, trifft hinsichtlich des Genehmigungserfordernisses bei Krankentransporten i.S.v. § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V keine Aussage.
Die gesonderte Stellung der privilegierten Katalogfälle des § 60 Abs. 2 S. 1 SGB V wird auch bei einer Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Norm deutlich. Die Regelung der Kostenübernahme sah bereits vor der Änderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, grundsätzlich den Ausschluss der Kostenübernahme vor, wenn die jeweilig Fahrt nicht von einem der (weitgehend identischen) Katalogfälle erfasst wurde. Mit der Formulierung "im übrigen" in § 60 Abs 2 Satz 2 SGB V a. F. erfasste das Gesetz seinerzeit - gesetzestechnisch eindeutig - all diejenigen Fahrten, die nicht im Sinne des abschließenden Kataloges (§ 60 Abs 1 Satz 1 a.F.) privilegiert waren, und sah insofern lediglich eine Kostenübernahme in Fällen der Unzumutbarkeit (vollständige oder teilweise Befreiung i.S.v. §§ 61, 62 a.F.) vor.
Die Trennlinie zwischen regelmäßig gegebener Kostenübernahme und regelmäßig ausgeschlossener Kostenübernahme verlief mithin bereits seinerzeit nicht deckungsgleich mit dem Ziel der Fahrt (Behandlung ambulant oder stationär), sondern allein danach, ob ein Katalogfall vorlag oder nicht. Ausdrücklich hieß es bereits in der Gesetzesbegründung bei der erstmaligen, weitgehenden Begrenzung der Fahrkostenübernahme durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20.12.1988, BGBl. I, S.2477, im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 24.11.1988, BT-Drucks. 11/3480, S. 56 (zum seinerzeitigen § 68 SGB V):
Auch bei "Krankentransporten" sollen die Fahrkosten ( ...) unabhängig davon übernommen werden, ob Versicherte ambulant oder stationär behandelt werden müssen.
Mit den Änderungen des § 60 SGB V durch das GMG wurden dann auch derartige Kosten grundsätzlich dem Bereich der allgemeinen Lebensführung zugewiesen, die bislang wegen Unzumutbarkeit von den Kassen übernommen wurden, ohne dass am Verhältnis der Katalogfälle zu den übrigen Fahrten eine grundlegende Änderung vorgenommen worden wäre. Dass die jetzige Fassung des § 60 SGB V redaktionell missglückt ist, so auch Höfler, a.a.o., Rdz. 16 a, und zu Fehlinterpretationen Anlass gibt, ändert letztlich nichts an dem überkommenen Verhältnis der Katalogfälle zu den "übrigen".
Diese Auffassung wird durch die Materialien eindeutig unterstützt. So heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.09.2003 (BT-Drucks. 15/1525, S. 77):
Fahrkosten für Taxi- und Mietwagenfahrten werden in der ambulanten Versorgung grundsätzlich nicht mehr erstattet. Ausnahmen gelten nur nach Genehmigung durch die Krankenkassen.
Auch der Gesetzgeber beabsichtigte danach, die Kostenübernahme ausschließlich für solche Fahrten weiter einzuschränken, die nicht vom Katalog der privilegierten Fahrten erfasst werden, insbesondere nämlich Kosten für Taxi- und Mietwagenfahrten. Hiernach lässt sich zwar im Wege eines Erst-Recht-Schlusses der Ausschluss der Kostenübernahme auf die regelmäßig niedrigeren Kosten bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel übertragen, nicht jedoch auf die regelmäßig wesentlich höheren Kosten für den im Katalog aufgeführten Transport mittels KTW.
Diese Auslegung gebietet auch der Zweck des Regel-Ausnahmeverhältnisses des § 60 SGB V. Während in den Katalogfällen des § 60 Abs 2 Satz 1 SGB V die Kostenübernahme zumeist (Nrn 2 und 3, Verlegungsfahrten im Sinne von Nr 1) wegen der regelmäßig mit derartigen Fahrten verbundenen erbeblichen Höhe der Fahrkosten und dem daher schützenswerten Risiko der Versicherten angeordnet wird, werden die Kosten für andere Fahrten (mit privatem Pkw, öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxi und Mietwagen) grundsätzlich der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet, was angesichts der zumeist deutlich geringeren Kosten mit dem Solidarprinzip vereinbarbar erscheint. Für § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V gilt der besondere Zweck, ambulante Behandlungen als Alternative zu stationären attraktiver zu gestalten und so zur Kostendämpfung im Gesundheitssystem beizutragen. Die Kostenübernahme für Fahrten im Sinne von Nr 1, die keine Verlegungsfahrten sind, mag seinen Grund in der Annahme haben, dass hier oftmals längere Wegstrecken mit dementsprechend höheren Kosten zurückzulegen sind, ohne dass dieser Katalogtatbestand zwingend geboten erscheint.
Der demnach festzustellende Hauptzweck der Privilegierung der Katalogfahrten, die Höhe der regelmäßig durch die Fahrt zu erwartenden Kosten, ist aber in erster Linie von der Art des Beförderungsmittels abhängig. Bereits die einfache Fahrt mittels KTW verursacht bei Anwendbarkeit der hier maßgeblichen vertraglichen Regelung Kosten in Höhe von mindestens 100 EUR, so dass ohne Kostenübernahme durch die Krankenkasse dem Versicherten für einen einzigen Behandlungstermin Kosten von 200 EUR entstünden. Für Rettungsfahrten (auch ohne nachfolgende stationäre Aufnahme) fallen noch weitaus höhere Kosten an. Für eine Auslegung des Gesetzes derart, dass auch bei solchen, extrem kostenaufwändigen Fahrten, die Kostenübernahme durch die Krankenkasse von den engen Voraussetzungen des § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V i.V.m. den Krankentransport-Richtlinien abhängig sein soll, liegt keinerlei Anhaltspunkt vor. Auch der spezielle Zweck des § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V würde durch die von der Beklagten und vom GBA vertretene Auffassung konterkariert. Da auch von dieser Norm erfasste Fahrten zu ambulanten Behandlungen führen, müssten für eine Kostenübernahme konsequenterweise nicht nur die Vorabgenehmigung der Krankenkasse, sondern auch die weiteren Voraussetzungen des Abs 1 Satz 3 i.V.m den Richtlinien (hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum) verlangt werden, womit die Entscheidung der Versicherten für eine ambulante statt stationäre Behandlung zuungunsten der kostengünstigeren ambulanten Behandlung beeinflusst würde.
Schließlich ist in keiner Weise ersichtlich, wie die von der Beklagten verlangte Vorabgenehmigung rein technisch überhaupt ein sinnvolles Kontrollinstrument darstellen soll. Die Krankenkassen verfügen selbst über keinerlei medizinischen Sachverstand. Auch liegen ihnen regelmäßig bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen keine näheren Informationen zum Gesundheitszustand ihrer Versicherten vor. Ohne vorherige Einschaltung des MDK wäre die Krankenkasse mithin nicht in der Lage, eine sachgemäße Entscheidung über einen Genehmigungsantrag zu treffen, was aber mit einem so erheblichen Zeitverlust einherginge, dass jedenfalls dringende Fälle nicht mehr zu Lasten der Krankenversicherung transportiert werden könnten. Dies gilt erst recht für Fahrten, die ab Freitag nachmittags erforderlich werden, da dann für mehrere Tage eine Entscheidung der Kasse nicht herbeigeführt werden könnte.
Das Erfordernis der Vorabgenehmigung der Krankenkasse ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus den Krankentransport-Richtlinien.
Zwar ist in § 6 Abs 3 der Richtlinie auch für Krankentransporte zur ambulanten Behandlung die vorherige Genehmigung der Krankenkasse vorgesehen. § 6 hat folgenden Wortlaut:
§ 6 Krankentransporte (1) Ein Krankentransport kann verordnet werden, wenn der Versicherte während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens (KTW) bedarf oder deren Erforderlichkeit aufgrund seines Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch qualifiziertes nicht-ärztliches Personal gewährleistet. Die medizinisch-technische Einrichtung ist auf die Beförderung von Nicht-Notfallpatienten ausgelegt. (2) Der Krankentransport soll auch dann verordnet werden, wenn dadurch die Übertragung schwerer, ansteckender Krankheiten der Versicherten vermieden werden kann. (3) Krankentransporte zur ambulanten Behandlung bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. Dies gilt nicht für Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung gemäß § 115 a SGB V oder zu einer ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V.
Wollte man die in § 6 Abs 3 Satz 1 der Richtlinie geforderte Vorabgenehmigung im Sinne einer notwendigen Bedingung für die Kostenübernahme verstehen, fehlte es hierfür an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Der GBA kann die gesetzlich statuierte Kostenübernahmepflicht der Kassen für Krankentransporte nicht durch Richtlinie einschränken.
Die Regelungskompetenz des GBA richtet sich vorliegend zum einen nach § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V. Wie oben gezeigt, gilt diese Vorschrift jedoch nur für die Konkretisierung der besonderen Ausnahmefälle im Rahmen der "übrigen", nicht von den Katalogfällen des Abs 2 Satz 1 erfassten Tatbestände. Hierzu verhält sich insbesondere § 8 der Richtlinien. Eine weitergehende Kompetenz, insbesondere im Sinne einer Ermächtigung für eine nähere, über die abschließende gesetzliche Regelung hinausgehende Einschränkung auch der Katalogfälle, enthält die Norm nicht.
Zum anderen weist § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB V dem GBA die Aufgabe zu, Richtlinien über die Verordnung von Krankentransporten zu beschließen. Hiervon hat der GBA bereits vor dem Jahr 2004 mit den Krankentransport-Richtlinien in den seinerzeit geltenden Fassungen Gebrauch gemacht, indem er Näheres zu Form, Inhalt und Zeitpunkt der vertragsärztlichen Verordnung geregelt hat. Auch für die weiteren Ausführungsbestimmungen bezüglich Auswahl des notwendigen Transportmittels und Bestimmung der medizinischen Voraussetzungen für bestimmte Transportmittel liegt mit der allgemeinen Regelung in § 92 Abs 1 Satz 1 SGB V eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage vor. Nach dieser Vorschrift dienen die Richtlinien des GBA der Sicherung der ärztlichen Versorgung und beinhalten Regelungen über eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen einschließlich Arzneimitteln oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie wenn insbesondere ein Arzneimittel unzweckmäßig oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Ebenso wie in den §§ 135, 136 a, 136 b SGB V wird dem GBA mithin die Beurteilung und nähere Konkretisierung der Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten aus medizinischer Sicht zugewiesen, für welche der GBA auch über den entsprechenden Sachverstand verfügt.
Hingegen lässt sich das über das Gesetz hinausgehende prozedurale Erfordernis einer Vorabgenehmigung von Krankentransporten durch die Krankenkasse keineswegs dem Bereich der medizinischen Konkretisierung zuordnen. Dementsprechend geht der GBA auch selbst - irrig - davon aus, mit § 6 Abs 3 Satz 1 seiner Richtlinien lediglich die gesetzliche Regelung zu wiederholen, wofür es in der Tat keiner Ermächtigung bedürfte. Hier ließe sich dann allerdings fragen, woher die Richtlinienkompetenz rührt, die - unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des GBA - aus dem Gesetzeswortlaut folgende Notwendigkeit der Vorabgenehmigung von Fahrten zu stationsersetzenden Behandlungen mit § 6 Abs 3 Satz 2 der Richtlinien für entbehrlich zu erklären.
§ 6 Abs 3 Satz 1 der Krankentransport-Richtlinien entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage und ist damit nicht geeignet, die vertraglichen Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte einzuschränken. Gegenteiliges ergibt sich nicht etwa aus § 91 Abs 9 SGB V. Zwar hat der Gesetzgeber mit dieser umstrittenen Norm (vgl. etwa Schimmelpfeng-Schütte, NZS 2006, 567-572) angeordnet, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses ( ...) für die Versicherten, die Krankenkassen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Dies gilt aber allenfalls dann, wenn der jeweilige (Richtlinien-)Beschluss selbst mit höherrangigem Recht, insbesondere also mit den Vorschriften des SGB V, vereinbar ist. Das ist aber vorliegend nicht der Fall.
Den ausgeurteilten Zinsanspruch kann die Klägerin als privatrechtlich organisierter Leistungserbringer unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen, vgl. BSG, B 3 KR 7/06 R, vom 03.08.2006. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs 2 BGB, da ein Verbraucher im Vertragsverhältnis der Parteien nicht beteiligt ist. Für den Verzinsungsbeginn gilt § 286 Abs 2 Nr 3 BGB. Die Beklagte ist spätestens mit ihren ausdrücklichen Weigerungen, die aufgelaufenen Rechnungen der Klägerin zu begleichen, in der jeweiligen Forderungshöhe in Verzug geraten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Da die Beklagte auch weiterhin, mithin für alle (noch) nicht rechtshängigen Fälle von Krankentransporten zu und von ambulanten Behandlungen, entgegen der oben dargestellten Rechtslage eine vorherige Genehmigung als Voraussetzung für die Abrechenbarkeit des Transports ansieht, ist auch der dahingehende Feststellungsantrag der Klägerin begründet.
Die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, auch diejenigen vorgerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen, die nicht auf die außergerichtlichen Kosten des Klägers im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sind, war antragsgemäß auszusprechen, da vorliegend dem gerichtlichen Verfahren kein Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist - ein Verwaltungsakt lag nicht vor - weshalb die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers von der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erfasst wird, die Anrechnungsvorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes jedoch im Gegensatz zur außer Kraft getretenen BRAGO nur eine teilweise Anrechung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens vorsieht, Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG.
Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.
Die Statthaftigkeit der Berufung folgt aus § 143 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
MVP
Saved