L 6 U 89/04

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 29/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 89/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Mai 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ¼ ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob ein Meniskusriss am linken Kniegelenk der Klägerin Folge eines Arbeitsunfalls vom 28. Mai 1999 ist.

Die 1948 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt als Sekretärin in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt. Nach ihrer Unfallschilderung vom 17. September 1999 sei sie am 28. Mai 1999 gegen 10.30 Uhr mit Akten auf dem Arm über einen Stuhl gestolpert, der gerade teilmontiert gewesen sei und noch keine Lehne gehabt habe. Sie sei dabei auf einen von fünf Füßen des Stuhls getreten und mit dem linken Bein umgeknickt. Es habe im Knie geknackt und sie habe starke Schmerzen gehabt. Bis Dienstschluss um 14.00 Uhr habe sie dann nur am Schreibtisch gesessen und sei anschließend mit ihrem Ehemann mit dem Auto nach Hause gefahren. Am 29. Mai 1999, einem Samstag, hätten sich die Schmerzen verstärkt. Erstmals sei eine Schwellung am linken Knie innen aufgetreten. Sie habe das Kniegelenk noch unter Schmerzen bewegen können. Sichtbare Verletzungszeichen am Knie habe sie nicht festgestellt. Bis Sonntag habe sie das Knie gekühlt. Vor dem Unfall habe sie keine Knieschäden gehabt.

Am Montag, den 31. Mai 1999 begab sich die Klägerin in die Behandlung durch die Fachärztin für Orthopädie und Sportmedizin Dr. N ... Diese erklärte in ihrem Bericht vom 31. August 1999, im Röntgenbefund hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Fraktur oder eine Bandlockerung ergeben. Zunächst sei eine konservative Behandlung erfolgt. Wegen zunehmender Schmerzen folgte vom 22. bis 25. Juni 1999 eine stationäre Behandlung im Klinikum D. Ch. -E. in Q. (im Folgenden: K. Q. ). In dem Bericht hierüber vom 13. Juli 1999 ist ausgeführt, beim Bagatelltrauma im Mai 1999 habe die Klägerin ein Knacken im linken Kniegelenk gespürt. Ambulante physiotherapeutische Maßnahmen seien ohne Erfolg geblieben. Klinisch habe der Verdacht auf eine mediale Meniskusläsion (medial = nach der Körpermitte zu gelegen) bestanden, so dass am 23. Juni 1999 eine Arthroskopie durchgeführt worden sei. Es habe sich dabei ein Längsriss des medialen Meniskus gezeigt, der daraufhin geglättet worden sei. Ein Knorpelulcus am Femurcondylus (Geschwür am Knorpel im Bereich des Oberschenkelgelenkkopfes) sei ebenfalls geglättet worden. Am lateralen (seitlichen) Gelenk sei eine tibiale Chondromalazie II. Grades (entzündliche Erkrankung des Knorpelgewebes) festgestellt worden. Im später von der Klägerin eingereichten Operationsbericht über die Arthroskopie, erstellt durch den Operateur Dipl.-Med. G. , ist eine Chondromalazie des lateralen Tibiaplateaus im Stadium I, Übergang Stadium II beschrieben. Der postoperative Verlauf sei komplikationslos gewesen. Eine histologische Untersuchung wurde nicht durchgeführt. Unter dem 13. August 1999 erstellte der Chefarzt der Traumatologischen Abteilung des Kl. Q. Dr. M. den Durchgangsarztbericht. Darin erklärte er, Hergang und Befund sprächen nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls.

Der beratende Arzt der Beklagten, Dr. H. führte in seiner Stellungnahme vom 2. Februar 2000 aus, korrespondierend zu dem lädierten Innenmeniskus bestehe ein Knorpelschaden am medialen Femurcondylus. Es handele sich um eine Schadensanlage, die bei jeder alltäglichen Verrichtung klinisch hätte manifest werden können.

Mit Bescheid vom 22. November 2000 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 28. Mai 1999 ab, weil ein Versicherungsfall nicht vorliege. Der beschriebene Geschehensablauf sei nicht so unphysiologisch und intensiv gewesen, dass er die festgestellten Gesundheitsstörungen habe verursachen können. Dem geschilderten Ereignis komme nur der Wert einer Schadensanlage zu. Dagegen erhob die Klägerin am 8. Dezember 2000 Widerspruch: Ihre Beschwerden seien einzig und allein auf den bekannten Unfall zurückzuführen. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2001 mit der Begründung zurück, wegen der bei der Klägerin bestehenden Schadensanlage sei das Ereignis vom 28. Mai 1999 lediglich als Gelegenheitsursache zu qualifizieren.

Dagegen hat die Klägerin am 22. Februar 2001 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Ergänzend und vertiefend hat sie vorgetragen, nach der Arthroskopie seien in kurzen Abständen immer wieder hochgradig entzündliche Schwellungen im linken Kniegelenk mit Reizergüssen aufgetreten, so dass mehrfach Punktionen des Kniegelenkes notwendig gewesen seien (am 16. und 30. Juli, 7. September und 18. November 1999). Sie leide nach wie vor unter ständigen Schmerzen im linken Kniegelenk. Aufgrund der dauernden Schwellung des linken Kniegelenks sei der Ober- und Unterschenkel links umfangreicher als rechts, was insbesondere nicht nur unschön aussehe, sondern allgemein auch das Tragen von Hosen oder kürzeren Röcken problematisch mache. Weiterhin bereite ihr das Treppensteigen große Schmerzen. Beim Gehen auf unebenen Wegen und Plätzen, die in ihrem Wohn- und Arbeitsort vielfach vorhanden seien, sei sie sehr unsicher und wackelig. Fahrradfahren sei ihr nicht möglich, da sie ihr Knie nicht ständig ohne Schmerzen beugen und strecken könne. Ähnlich verhalte es sich beim Autofahren, denn sie könne ihr Knie nicht längere Zeit in Beugehaltung halten und überdies die Kupplung nicht schmerzfrei durchtreten. Die andauernden Kniegelenksschmerzen hätten auch Auswirkungen auf ihre Lendenwirbelsäule, die in Folge des nicht abstellbaren Nachziehens des linken Beines in Schiefstellung gerate. Dies führe zu Folgeschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich und mache weitere orthopädische und physiotherapeutische Behandlungen notwendig. Es sei schließlich darauf hinzuweisen, dass ihre behandelnde Ärztin Dr. N. in ihrem Gutachten für ihre private Unfallversicherung von einer Invalidität von einem Zwölftel – bemessen nach der Gliedertaxe – ausgehe. Ihre private Unfallversicherung habe den Vorfall vom 28. Mai 1999 als für die Verletzungen ursächliches Ereignis eingestuft und die sich auf Grund des festgestellten Invaliditätsgrades ergebende Versicherungssumme ausgezahlt.

Ihr Unfall sei weder nur bei Gelegenheit der versicherten Tätigkeit eingetreten noch fehle es an der notwendigen Kausalität zwischen Unfall und Körperschaden. Nach der Rechtsprechung bestehe ein Versicherungsschutz auch bei Gefahren des täglichen Lebens, wie z.B. beim Ausrutschen auf glattem Fußboden. Der hier geschilderte Unfallhergang, das Wegrutschen auf dem Rollfuß eines Bürostuhls, sei insofern vergleichbar. Es stelle keineswegs eine nur zufällig mit der versicherten Tätigkeit zusammentreffende allgemein wirkende Gefahr dar, was sich insbesondere auch aus dem Umstand ergebe, dass sie in Verrichtung ihrer Tätigkeit beim Tragen eines Stapels von Akten ausgerutscht sei. Das Wegrutschen sei ursächlich für das Wegknicken mit dem linken Fuß gewesen. Infolge dessen sei sie linksseitig umgeknickt und es habe im Kniebereich geknackt. Dieses Knacken habe nach Aussage ihrer behandelnden Ärztin einen Meniskusriss sowie einen Knorpelschaden am linken Oberschenkelgelenkknochen zur Folge gehabt. Hervorzuheben sei, dass sie bis zum Unfallereignis weder körperliche Verletzungen noch anderweitige Beschwerden im linken Kniebereich gehabt habe. Somit sei das Geschehen am 28. Mai 1999 als alleinige Ursache für die entstandenen Körperschäden anzusehen. Inwieweit sie sich bei dem Sturz das Bein verdreht habe, könne sie schon auf Grund des Ablaufes in Sekundenbruchteilen nicht genau sagen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der betroffene Kniebereich seit dem Vorfall praktisch durchgängig entzündet sei und diese Entzündungen, deren Abklingen nicht zu erwarten sei, voraussichtlich zu Folgeschäden führen würden. Die Klägerin hat eine Bescheinigung von Dr. N. vom 27. August 2001 beigefügt. Darin ist ausgeführt, dass sie sich wegen einer Meniskopathie des linken Kniegelenkes bei Zustand nach Verdrehtrauma erstmalig am 31. Mai 1999 vorgestellt habe. Sie habe sich bereits seit 1995 wiederholt in ihrer Behandlung befunden, jedoch wegen anderer Erkrankungen. Eine Behandlung des Kniegelenkes sei erstmalig im Mai 1999 erfolgt. Die Klägerin sei vom 14. Juni bis 31. Juli 1999 arbeitsunfähig gewesen. Die Klägerin hat schließlich den bereits erwähnten Operationsbericht vom 23. Juni 1999 übermittelt.

Das Sozialgericht hat im Rahmen der Beweisaufnahme ein orthopädisch-rheumatologisches Gutachten durch den Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. O. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 17. Juli 2003 ausgeführt, es spreche alles dafür, dass die derzeitige Bewegungsstörung, die Schmerzen im Kniegelenk, die Belastungsminderung sowie höchstwahrscheinlich auch eine mittelfristig notwendige Kniegelenksprothese als Folgen des Unfalls festzustellen seien. Anhand der Röntgenuntersuchung, des Operationsberichtes sowie der Akteninhalte bezüglich der Vorerkrankungen und vorheriger ärztlicher Konsultationen gebe es keinen Hinweis, dass hier bereits vorbestehend eine nennenswerte Verschleißerkrankung des Kniegelenks bestanden habe. Auch eine rheumatische Krankheit oder eine Stoffwechselstörung habe er ausschließen können. Für eine unfallbedingte Ursache der jetzigen Kniegelenksbeschwerden spreche, dass sich zum Unfallzeitpunkt radiologisch noch keine Verschleißerkrankung gezeigt habe. Außerdem sei im Operationsbericht eine Verschleißerkrankung im Sinne einer Chondromalazie lediglich im äußeren Gelenkspalt beschrieben. Die jetzt nach dem Unfall aufgetretene sekundäre Verschleißerkrankung als Komplikation nach Meniskusoperation betreffe den inneren Gelenkspalt. Hier habe der Operateur lediglich ein oberflächliches Knorpelulcus beschrieben, was für eine Verletzung typisch wäre. Die von der Klägerin angegebene Unfallsituation sei durchaus geeignet, eine Meniskusruptur zu verursachen. Vor dem Unfall sei sie nicht wegen Kniegelenksbeschwerden in ärztlicher Behandlung gewesen. Derzeit bestehe ein unfallbedingter Dauerschaden mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. August 2003 hat Dr. O. ausgeführt, er glaube nicht, dass jemand im Nachhinein sagen könne, ob bei dem in Rede stehenden Ereignis das Knie verdreht sei oder nicht. Die Klägerin habe direkt ein Knacken verspürt. Somit sei insgesamt doch von einem erheblichen Unfallmechanismus auszugehen, so dass durchaus ein Drehsturz vorliegen könne. Zu der Frage eines evtl. Vorschadens hat er erklärt, bei der Klägerin habe eine Chondromalazie II. Grades vorgelegen. Dies sei eine leichte Kniegelenksabnutzung, die dem Alter entspreche. Diese sei jedoch nicht an der Stelle des Kniegelenkes gefunden worden, an der jetzt die Beschwerden und die Arthrose vorhanden seien. Das Knorpelulcus, welches unfallbedingt sei, sei an der Knieinnenseite.

In der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht Magdeburg am 27. Mai 2004 hat die Klägerin den Unfallhergang wie folgt geschildert: Sie habe vier Aktenordner getragen. Aufgrund dieser Ordner habe sie einen vor ihr stehenden Bürostuhl, dessen Lehne noch nicht montiert gewesen sei, nicht gesehen. Dieser Stuhl sei mit fünf Füßen auf Rollen versehen gewesen. Im Gehen in Richtung dieses Stuhls sei sie bei einem Schritt mit dem linken Bein nach vorn auf eine Kante eines Stuhlbeines getreten. Daraufhin sei der Stuhl weggerutscht. Ihr linker Fuß habe sich dadurch von ihrem Körper wegbewegt. Es sei ein längerer Schritt zustande gekommen als geplant. Ein Spagat sei es allerdings nicht gewesen. Während des Vorgangs, noch bevor sie zu Fall gekommen sei, habe sie ein lautes, knackendes Geräusch aus dem Knie gehört. In der Verhandlung hat die Beklagte schließlich anerkannt, dass die Klägerin am 28. Mai 1999 einen Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Distorsion (Verdrehung, Verstauchung, Zerrung) des linken Kniegelenkes erlitten hat. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Anerkennung eines Längsrisses am medialen Meniskus des linken Knies als Unfallfolge zu entschädigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten, die sich ausschließlich auf die medizinische Lehrmeinung stütze, sei es hinreichend wahrscheinlich, dass der Arbeitsunfall den Längsriss am medialen Meniskus bei der Klägerin rechtlich wesentlich verursacht habe. Insoweit folge die Kammer der gutachtlichen Einschätzung von Dr. O ... Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass der Klägerin auf Grund des Überraschungsmomentes und des schnellen Ablaufes des Ereignisses nicht abverlangt werden könne, die Bewegung ihres linken Beines im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall ganz genau zu schildern. Als Indiz für eine nicht unbedeutende Schwere der Verdrehung sei anzusehen, dass die Klägerin aus dem Gehen heraus das linke Bein im Schritt nach vorn mit ihrem Körpergewicht und vier Aktenordnern belastet habe, als dieses durch den rollenden Stuhl überraschend weggezogen worden sei. Ob es dabei zu einem Drehsturz gekommen sei oder nicht, könne dahin stehen, denn nach der von der Beklagten zitierten allgemeinen medizinischen Lehrmeinung könne auch ein Verwindungstrauma mit passiver Rotation des gebeugten Kniegelenkes oder eine plötzliche passive Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels für einen Meniskusriss ursächlich sein. Wenn auch der Vollbeweis, dass tatsächlich ein Arbeitsunfall mit relevantem Verwindungstrauma am linken Kniegelenk stattgefunden habe, nicht geführt werden könne, so sei ein geeigneter Unfallmechanismus doch zumindest nicht auszuschließen. Bei Fehlen jeden Hinweises auf eine Vorschädigung des medialen Meniskus links und in Anbetracht der unfallnahen medizinischen Befunde am linken Kniegelenk spreche jedenfalls so viel für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Meniskusschädigung, dass dieser hinreichend wahrscheinlich sei.

Gegen das am 18. Juni 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. Juli 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das Sozialgericht habe selbst eingeräumt, dass der Vollbeweis im Hinblick auf ein relevantes Verwindungstrauma am linken Kniegelenk nicht geführt werden könne. Damit habe es die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätslehre missachtet. Die Klägerin habe einen Hergang geschildert, der nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung nicht geeignet sei, einen isolierten Meniskusschaden zu verursachen. Die Frage nach vorbestehenden degenerativen Veränderungen müsse angesichts eines fehlenden histologischen Befundes objektiv beweislos bleiben. Es könne jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass keine degenerativen Veränderungen vorgelegen hätten.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Mai 2004 zurückzuweisen. Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und hat ergänzend ausgeführt, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Magdeburg anerkannt, dass sie eine Distorsion (Verdrehung) des linken Kniegelenkes beim Arbeitsunfall erlitten habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten bezeichne der Begriff "Distorsion" in der medizinischen Literatur (Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 22. Aufl., S. 540) eine Zerrung, Verstauchung bzw. Überdehnung, die durch Drehbewegung ausgelöst werde. Eine solche Verletzung durch Drehbewegung habe die Beklagte anerkannt. Für eine weitere Diskussion über die Frage, ob es zu einem Drehsturz gekommen sei, bestehe daher kein Raum. Zur Frage des Vorschadens (degenerative Veränderung am linken Meniskus) sei die Beklagte beweispflichtig. Auch die Tatsache, dass bei ihr nach dem Unfall Punktionen am linken Knie durchgeführt worden seien, stelle weder einen Anhaltspunkt für den behaupteten Vorschaden dar noch ergebe sich hieraus eine Beweislastumkehr. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren u. a. zwei Berichte des Facharztes für Nuklearmedizin Dr. R. vom 13. Dezember und 20. Dezember 1999 übersandt. Dr. R. hat darin mitgeteilt, szintigraphisch habe sich kein Nachweis einer spezifischen granulozytär (durch Blutzellen) vermittelten Gonarthritis links finden lassen.

Der Senat hat die Behandlungskarte des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. W. sowie den Entlassungsbericht über eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation in der T. fachklinik in B. /H. vom 29. September bis 20. Oktober 2004 beigezogen. In dem Entlassungsbericht ist erwähnt, im Mai 1999 sei es zu einem Unfall mit Verletzung des Innenmeniskus des linken Kniegelenkes gekommen. Seitdem habe keine wirkliche Beschwerdefreiheit mehr bestanden. Die belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenkes hätten zugenommen, so dass am 17. September 2004 schließlich eine Implantation einer zementfreien Knie-Totalendoprothese links in der orthopädischen Universitätsklinik in Magdeburg erfolgt sei. Der postoperative Verlauf habe sich komplikationslos mit primärer Wundheilung und zeitgerechter Entfernung des Nahtmaterials gestaltet. Die Klägerin sei dann zur stationären Anschlussheilbehandlung in die Teufelsbadfachklinik gekommen.

Mit Schreiben vom 14. August 2005 und 14. Oktober 2005 hat Dr. N. mitgeteilt, die Klägerin habe bei ihrer Erstvorstellung Ende Mai 1999 über Schmerzen im linken Kniegelenk geklagt, aber einen Arbeitsunfall oder ein anderes Trauma nicht erwähnt. Deshalb sei keine Überweisung zum Durchgangsarzt erfolgt. Hierzu hat die Klägerin erklärt, es sei für sie nicht nachvollziehbar, warum Dr. N. behaupte, sie habe keine Angaben über einen Arbeitsunfall gemacht. Sie sei sich vollkommen sicher, den Sachverhalt, nämlich den Sturz während der Arbeit, gegenüber Dr. N. geschildert zu haben. Dr. N. habe im Übrigen auch im Hinblick auf ihre private Unfallversicherung ausdrücklich angegeben, dass sie bei der Erstvorstellung am 31. Mai 1999 über ein Verdrehungstrauma des linken Kniegelenkes berichtet habe. Warum Dr. N. gegenüber der privaten Unfallversicherung angegeben habe, dass es sich um einen Unfall beim Treppensteigen gehandelt habe, sei für sie ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Der Senat hat schließlich ein Gutachten durch Prof. Dr. Sch. , Arzt für Orthpädie/Unfallchirurgie und Chefarzt der Klinik für Erkrankungen des Bewegungsapparates der Pf. St. in M. veranlasst. Prof. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten vom 5. Dezember 2006 nach Untersuchung am 20. November 2006 erklärt, auf Grund des makroskopischen – also ohne optische Hilfsmittel erstellten – Befundes des Meniskusrisses sei kein verwertbarer Hinweis auf eine unfallbedingte oder spontane Entstehung zu finden. Auf jeden Fall sei das Unfallereignis nicht geeignet gewesen, eine ernste Begleitverletzung am Kapsel-Bandapparat auszulösen. Man müsse davon ausgehen, dass sich die beiden Menisken im Kniegelenk bei den physiologischen Bewegungen in erheblichem Ausmaß verformen und verschieben. Als Ursache für eine seltene isolierte Meniskusverletzung werde der so genannte Drehsturz bei Fixierung eines Knochenteils angesehen. Dabei handele es sich entweder um eine sehr plötzliche oder sehr wuchtige Drehbewegung des Körpers bei festgestellten Unterschenkeln, wobei das gebeugte Kniegelenk passiv oder reflektorisch muskulär gestreckt werde. Der gleiche Mechanismus sei im umgekehrten Fall bei einer gewaltsamen Drehung des Unterschenkels bei fixiertem Oberschenkel gegeben. Ein wesentliches Merkmal für eine isolierte Meniskusverletzung sei somit in jedem Fall die Fixierung des Unter- oder Oberschenkels. Die Befragung der Klägerin habe nicht ergeben, dass eine solche Fixierung vorgelegen habe. Die Argumentation von Dr. O. sei deshalb nicht schlüssig, denn er gehe nicht darauf ein, ob eine derartige Fixierung bestanden habe. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass der Riss eines Meniskus in der Regel deutliche Schmerzen verursache, die die alsbaldige Arbeitsniederlegung und den Arztbesuch zur Folge hätten. Nach alledem sei es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das von der Klägerin geschilderte Ereignis den Befund verursacht habe, der sich bei der Arthroskopie am 23. Juni 1999 gezeigt habe. Auf Nachfrage des Senats, die aufgrund der Kritik der Klägerin am Gutachten erfolgt ist, hat Prof. Dr. Sch. mit Schreiben vom 27. Februar 2007 an seiner Einschätzung festgehalten. Er hat erklärt, alle aktenkundigen medizinischen Unterlagen berücksichtigt zu haben.

Während die Beklagte sich durch Prof. Dr. Sch. in ihrer Auffassung bestätigt sieht, ist die Klägerin mit seinem Gutachten nicht einverstanden. Zunächst sei zu bemängeln, dass Prof. Dr. Sch. nicht in die von ihr zur Untersuchung mitgebrachten Röntgenaufnahmen habe einsehen wollen. Darüber hinaus meint sie, es könne beim Einklemmen des Fußes zwischen den Drehkreuzbeinen des Stuhles verbunden mit dem Gewicht der getragenen Ordner durchaus zu einer Situation gekommen sein, die einer Fixierung entspreche, wobei das seitlich wegdrehende Drehkreuz auch geeignet gewesen sei, die Drehverletzung auszulösen. Letztlich könne sie zwar den genauen Unfallablauf, der sich in Sekundenbruchteilen zugetragen habe und darüber hinaus mittlerweile mehrere Jahre zurück liege, nicht genau wiedergeben. Maßgeblich sei jedoch, dass sie ein ausgesprochen lautes und ungewöhnliches, eher krachendes Knackgeräusch im Kniegelenk bemerkt habe, was eben auf den Meniskusriss hindeute. Selbst wenn unterstellt würde, dass eine Meniskusruptur bei dem Unfall nicht stattgefunden habe, so sei das Unfallereignis jedenfalls für die sich später entwickelnde Gonarthrose ursächlich gewesen. Diese habe letztlich das künstliche Kniegelenk erforderlich gemacht, da der Gelenkspalt infolge der ständigen Entzündung nahezu aufgehoben gewesen sei. Dr. O. habe unwidersprochen ausgeführt, dass es sich bei der Gonarthrose um eine Verschleißerkrankung handele, die eine nicht seltene Begleiterscheinung einer Arthroskopie sei. Damit sei es überwiegend wahrscheinlich, dass der Unfall – unabhängig von der Frage des Meniskusrisses – letztlich zu dem bekannten Krankheitsverlauf und den feststehenden Folgen geführt habe. Eine irgendwie geartete Ersatzursache sei nicht denkbar und erschließe sich aus den Ausführungen beider Gutachter nicht. Bis zu dem umstrittenen Vorfall habe sie keinerlei Kniebeschwerden und keine ungewöhnlichen Abnutzungserscheinungen gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Diese haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin nach dem Arbeitsunfall vom 28. Mai 1999 unter Anerkennung eines Längsrisses am medialen Meniskus des linken Knies als Unfallfolge zu entschädigen.

Eine nachgewiesene Gesundheitsstörung ist Folge eines Arbeitsunfalls, wenn sie durch ihn verursacht worden ist (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII). Zwischen dem Unfallereignis und der als zusätzliche Arbeitsunfallfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung muss – entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden – ein Zusammenhang im Sinne einer haftungsausfüllenden Kausalität bestehen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RBSGE 94, 262 ff.). Hieran fehlt es vorliegend. Die von der Klägerin geltend gemachte Gesundheitsstörung ist nach Überzeugung des Senats deshalb keine zusätzliche Folge des Arbeitsunfalls vom 28. Mai 1999, weil der am 23. Juni 1999 arthroskopisch gesicherte Längsriss des medialen Meniskus im linken Kniegelenk nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen ist.

Für die Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem angeschuldigten Unfall und der geltend gemachten Gesundheitsstörung – und damit für die Feststellung des Meniskusrisses als Arbeitsunfallfolge – reicht im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ein einfacher Zusammenhang nicht aus. Denn die hier geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" setzt voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand Dezember 2007, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15 m.w.Nw.). Das bedeutet, dass ein Gesundheitsschaden einem Versicherungsfall (hier dem Arbeitsunfall) selbst dann nicht rechtlich zugerechnet werden kann, wenn das versicherte Geschehen zwar geeignet war, den Schadenseintritt zu verursachen, und ihn als letzte Bedingung in der Kausalkette gelegentlich der versicherten Tätigkeit bewirkt hat (Adäquanztheorie), es jedoch keine wesentliche Bedeutung hatte (Auslöser bzw. Gelegenheitsursache). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind Art und Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Versicherten nach dem Unfall, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm. Abzustellen ist hierbei auf den Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Sie liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (siehe BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Anknüpfend hieran ist der Senat in Auswertung der ermittelten medizinischen Anknüpfungstatsachen bei der gebotenen wertenden Betrachtung zu der Überzeugung gelangt, dass das versicherte Geschehen vom 28. Mai 1999 nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die rechtlich wesentliche Ursache für den Meniskusriss war. Dieser Schaden kann damit nicht als Arbeitsunfallfolge festgestellt werden. Denn es spricht mehr gegen als für eine solche Kausalität. Der Senat stützt sich bei dieser Bewertung auf das Gesamtergebnis der Beweisaufnahme und hierbei insbesondere auf die Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sch ... Dieser hat – im Gegensatz zu Dr. O. – unter Berücksichtigung des Ereignishergangs, des Schadensbildes sowie der physiologischen Funktion der Menisken und der biomechanisch-anatomischen Abläufe eine in sich schlüssige und nachvollziehbare Begründung seiner Einschätzung gegeben. Er hat auf Nachfrage des Senats erklärt, bei seiner Einschätzung alle aktenkundigen medizinischen Unterlagen berücksichtigt zu haben.

Wegen Fehlens eines geeigneten verletzungsspezifischen Schadensmechanismus ist eine traumatische Verursachung bereits im Sinne der Adäquanztheorie unwahrscheinlich. Nach gesicherten medizinischen Erkenntnissen setzt ein Trauma, das isoliert und ausschließlich einen Meniskus treffen und schädigen kann, einen ganz speziellen Ablauf voraus. Denn traumatische Meniskusschädigungen gehen in der Regel mit knöchernen Veränderungen und Begleitverletzungen des Kapsel-Bandapparates einher. Erst wenn dieser seine Funktion als primärer Gelenkstabilisator – verletzungsbedingt – nicht mehr voll erfüllen und den Roll-Gleit-Vorgang der Oberschenkelrolle auf dem Schienbeinplateau führen kann, insbesondere eine Kreuzbandläsion (Schubladenphänomen) vorliegt, können die Menisken durch ihr Einklemmen in der Gelenkmechanik unter Stress geraten und infolge durchdringender Einwirkungen zerreißen (siehe Ludolph, in: ders./Lehmann/Schürmann, Kursbuch der ärztlichen Begutachtung, Stand Juli 2008, Band 3, Abschn. VI – 1.2.1, S. 3). Notwendige Voraussetzung eines isolierten traumatischen Meniskusschadens ist deshalb, dass ein Geschehen mit Verwindung des gebeugten Kniegelenkes im Sinne eines Drehsturzes abgelaufen ist. Ein solcher Fall kann entweder bei einer passiven Rotation des gebeugten Kniegelenkes oder einer plötzlichen Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels vorliegen. Geeignete Hergange hierfür sind eine fluchtartige Ausweichbewegung unter Drehung des Oberkörpers bei fixiertem Fuß, ein Sturz bei fixiertem Fuß des Standbeins, eine schwungvolle Körperdrehung beim Hängen bleiben des Standbeines (z.B. beim Hochsprung oder Fußball), der Absprung von einem fahrenden Zug oder etwa – beim Streckmechanismus – die Feststellung des Fußes in einer Furche, einem Rost oder zwischen Maschinenteilen mit starker Drehung des Oberkörpers. Für die Fixierung genügt es nicht, dass der Fuß oder Unterschenkel allein durch das Körpergewicht und / oder eine Schuhsohle am Boden haftet. Erforderlich ist vielmehr ein unüberwindliches äußeres Hindernis. Der isolierte Riss wird bei derartigen Abläufen dadurch bewirkt, dass bei gebeugtem Kniegelenk der Unterschenkel wegen seiner Fixierung dem Drehschwung des Körpers nicht folgen kann bzw. der rotierte Unterschenkel bei fixiertem Oberschenkel gewaltsam und übermäßig gedreht / gestreckt wird. Ungeeignete Ereignisse sind dagegen neben einer direkten Krafteinwirkung auf das Knie (z.B. Sturz auf das Knie) insbesondere eine isolierte Streckung des Kniegelenkes mit Krafteinwirkung auf das Kniegelenk in Streckstellung, eine (axiale) Gelenkstauchung (z.B. nach einem Absprung beim Aufkommen auf den Füßen) oder ein Wegrutschen des Fußes mit Krafteinwirkung auf das Kniegelenk ohne gleichzeitiges Verdrehen unter Fixierung des Ober- bzw. Unterschenkels (siehe Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., Abschn. 8.10.5, S. 691-694; Ludolph, a.a.O., S. 9 und 10; jew. m.w.Nw.).

Unter Berücksichtigung dessen ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ein geeigneter Unfallhergang hier ausgeschlossen. Entscheidend ist, dass bei dem umstrittenen Ereignis die im unfallversicherungsrechtlichen Schrifttum geforderte Fixierung entweder des Ober- oder des Unterschenkels fehlt. Der Hergang am 28. Mai 1999 entspricht in keiner denkbaren Variante den zuvor genannten verletzungsspezifischen Schädigungsmechanismen, die unter vollständiger Umgehung sämtlicher benachbarter und vorgelagerter Strukturen ausnahmsweise geeignet sind, ohne makroskopische Begleitverletzungen einen gesunden Innenmeniskus isoliert zu schädigen. Selbst das von der Klägerin zuletzt vorgetragene Einklemmen des Fußes zwischen den Drehkreuzbeinen des Stuhles verbunden mit dem Gewicht der getragenen Ordner bedeutet noch keine Fixierung des Fußes bzw. des Unterschenkels. Das wäre allenfalls dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Stuhl selbst fixiert gewesen wäre, z.B. eingeklemmt zwischen Schrank und Schreibtisch. Das war allerdings nicht der Fall, denn nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht verblieb der Stuhl nicht an seinem Ort, nachdem sie auf das Stuhlbein getreten hatte, sondern rutschte aufgrund der Rollen weg.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht anerkannt hat, sie habe am 28. Mai 1999 einen Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Distorsion des linken Kniegelenkes erlitten. Insbesondere kann sie sich nicht auf die Erläuterung des Begriffs "Distorsion" bei Hacks/Ring/Böhm (Schmerzensgeldbeträge 22. Aufl., S. 540) stützen. Denn die von der Klägerin erwähnte dortige Definition einer Zerrung, Verstauchung bzw. Überdehnung, die durch Drehbewegung ausgelöst werde, beinhaltet gerade nicht den Meniskusriss, der durch Drehbewegung ausgelöst wird. Abgesehen davon hat der Begriff des Drehsturzes – im Gegensatz zur nicht näher bestimmten Drehbewegung – eine spezifische Bedeutung im unfallversicherungsrechtlichen Schrifttum und setzt die bereits beschriebene Biomechanik voraus (sh. oben; Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 691-694; Ludolph, a.a.O., S. 3, 9 und 10; jew. m.w.Nw.).

An dem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass der Nachweis von alternativen Ursachen des Meniskusrisses nicht geführt werden kann. Denn im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gilt keine Beweisregel, wonach beim Fehlen einer Alternativursache das versicherte Geschehen sogleich die wesentliche Ursache ist (siehe nochmals: BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.), noch ein Erfahrungssatz, post hoc, ergo propter hoc (nach dem Unfall, also durch den Unfall). Zur Begründung der unfallversicherungsrechtlichen Kausalität reichen mithin Beschwerden, die nach einem Unfall auftreten und vorher nicht verspürt worden sind, allein nicht aus.

Da nach alledem der Meniskusriss im linken Kniegelenk nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 28. Mai 1999 zurückgeführt werden kann, war auch die Arthroskopie nicht wegen Arbeitsunfallfolgen notwendig. Das bedeutet, dass entgegen der Ansicht der Klägerin etwaige Folgeschäden der Arthroskopie nicht der Beklagten angelastet werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht den Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Distorsion des linken Kniegelenkes anerkannt hat.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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