Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
25
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 25 (18) VS 192/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 VS 58/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 29.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2007 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Witwenrente nach § 80 SVG in Verbindung mit dem BVG ab dem 28.05.2001 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden dem Beklagten zu 90 % auferlegt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Witwenrente nach § 80 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) hat.
Die Klägerin ist Witwe des Herrn X. C., geboren am 00.00.00 und verstorben am 00.00.00. Der Ehemann der Klägerin verstarb an einem Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer.
Herr X. C. war 1. Flugzeugmechanikermeister an den Flugfahrzeugen F 84 und F 104 (Starfighter) und zwar während seiner Dienstzeit vom 00.00.00 bis zum Dienstende am 00.00.00. 1981 wurde die Krebserkrankung bei dem Kläger diagnostiziert. 1993 ist er nach einer langen Leidensgeschichte mit diversen Krankenhausaufenthalten und 18 Operationen als 56 jähriger verstorben.
Am 08.05.2001 beantragte die Klägerin Witwenrente nach § 38 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit § 80 SVG. Sie wies in ihrem Antrag darauf hin, dass ihr Mann als 1. Wart- und später auch als Flight Chief an der F-104 G über 9 Jahre in unmittelbarer Nähe der zum Start bereitstehenden und vom Flug zurückgekehrten Starfighter den entsprechenden Radargeräten dieser Flugzeuge ohne Strahlenschutz ausgesetzt war.
Mit Bescheid vom 29.09.2005 wurde der Antrag abgelehnt. Es wurde ausgeführt, dass nach den Kriterien des Berichts vom 02.08.2003 der vom Bundesministerium für Verteidigung eingesetzten Radarkommission die Expositionswerte in 3 Phasen einzuteilen seien. Hierbei sei davon auszugehen, dass in Phase 1 (bis 1975) alle qualifizierenden Tätigkeiten als Techniker, Mechaniker oder Unterstützungspersonal an Radargeräten hohe Strahlenexpositionen zur Folge hatten. Dabei seien die Tätigkeiten der Bediener nur dann qualifizierend, wenn diese die Radartechnik nicht nur gelegentlich direkt an geöffneten und in Betrieb befindlichen Radargeräten unterstützt hätten. Als weitere Grundvoraussetzung für eine Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsstörung als Wehrdienstbeschädigungsfolge werde neben dem pathologisch-histologischen Nachweis eines malignen Tumors auch eine bestimmte Latenzzeit gefordert. Der Ehemann der Klägerin sei während seiner Dienstzeit nicht als Radarmechaniker-/techniker oder entsprechendes Hilfspersonal eingesetzt. Er habe somit keine der vorgegebenen qualifizierenden Tätigkeiten ausgeübt. Als Flugzeugmechaniker hatte er keine Tätigkeiten im Cockpit auszuführen. Er habe somit keiner radioaktiven Strahlung aus radiumhaltiger Leuchtfarbe exponiert gewesen sein können. Bereits 1966 sei die Umstellung von Radium und Promitium auf Tritium für radioaktive Leuchtfarbe angeordnet worden, so dass ein Kontakt des Ehemannes der Klägerin mit RA 226- haltiger Leuchtfarbe als wenig wahrscheinlich anzusehen sei. Ginge man davon aus, dass die Geräte, an denen er seinen Dienst verrichtete, mit RA 226- haltiger Leuchtfarbe versehen seien, lasse sich ein Zusammenhang seiner bösartigen Gesundheitsstörung mit der für möglich erachteten externen Strahlenexposition durch RA 226- haltige Leuchtfarbe nicht herleiten. Nach den derzeitigen Erkenntnissen seien die Imissionen der Leuchtfarbe so gering, dass bei einer externen Bestrahlung keine hohen Belastungswerte erreicht werden konnten. Die Festlegung der Personendosis gemäß § 35 Röntgenverordnung, bei der die Entfernung des bei dem Ehemann betroffenen Körperteils (Kiefer) berücksichtigt wurde, habe diese Einschätzung bestätigt. Danach betrage die Organdosis für die externe Strahlenexposition bei dem Ehemann der Klägerin 36 Milliseewert (mSv). Damit sei die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung solider maligner Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolge maßgeblichen Organdosis in Höhe von 100 mSv nicht erreicht.
Hiergegen richtet sich der am 24.10.2005 erhobene Widerspruch. Darin wird die Witwenrente rückwirkend ab Januar 1994 beantragt. In der Widerspruchsbegründung wird darauf hingewiesen, dass ein Flugzeugmechaniker die gleichen Belastungswerte wie ein Instrumenten- bzw. Navigationstechniker habe. Auch habe der Beklagte die Personendosis unzutreffend berechnet. Tatsächlich sei der Kläger in 23 Dienstjahren an der F 104 einer Gesamtbelastung von 276 mSv ausgesetzt gewesen zuzüglich 23 mSv für die interne Exposition. Zudem sei zu beachten, dass Hände und Oberkörper des Klägers als Mechaniker wesentlich näher an Strahlenquellen herankämen als bei einem Piloten, der die Baugruppen mit radioaktiven Bedien- und Anzeigeelementen nicht berühre und daran arbeite. Hinzukomme, dass auch ein sogenannter Ölstandsmesser, das Gerät nur NOQUIS, ein radioaktives Medium Krypton KR-85 mit einer hohen Strahlungsintensität enthalten habe. Der Ehemann der Klägerin sei einer erheblichen Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Da die Klägerin den Antrag auf Hinterbliebenenversorgung unverschuldet im Sinne der §§ 60, 61 BVG nicht gestellt habe, stehe ihr die Hinterbliebenenversorgung bereits seit Januar 1994 zu.
Zu diesem Widerspruch erstellte Herr S. von der Beigeladenen am 26.07.2007 einen Aktenvermerk. Darin führte er aus, dass ein 1. Flugzeugmechaniker bzw. Flugzeugmechanikermeister nicht genauso viel Zeit im Cockpit der Flugzeuge zugebracht habe wie ein Navigations- und Instrumentenmechaniker. Von einer radiologisch relevanten Aufenthaltszeit des Ehemannes der Klägerin in Flugzeugkanzeln könne nicht ausgegangen werden. Später seien ein Stundensatz von 400 Stunden pro Jahr sowohl für die Navigations- und Instrumentenmechaniker als auch für die Flugwerkmechaniker im Cockpit festgelegt worden. Dieser Stundensatz für die Flugwerkmechaniker sei verwaltungsseitig auch für die Flugzeugmechaniker(meister) übernommen worden. Der Flugzeugmechanikermeister hatte keine Reparaturen an Navigations-, Regel-, Anzeige- und Bedieninstrumenten im Cockpit auszuführen, sondern er hatte sie lediglich zu Funktionsprüfungen anderer Komponenten des Waffensystems zu nutzen. Dabei habe er selbstverständlich die gleiche Position im Cockpit wie der Pilot eingenommen, da alle Bedienknöpfe, Schalter, Griffe und Pedale so angeordnet seien, dass sie sich im optimalen Abstand zum Piloten befunden hätten. Aus diesem Grund sei der Vortrag nicht plausibel, dass sich der Kopf des Flugzeugmechanikers viel näher an den Amaturen mit den Leuchtfarbenmakierungen befunden habe als der des Piloten. Auch der Gesamtexpositionszeitraum sei in der Personendosisfestlegung vom 16.08.2005 mit 22,1 richtig bewertet worden, da die Verbindungen des Herrn X. C. auf vor dem Beginn seiner Ausbildung als Flugzeugmechaniker und die Verwendung als Flugzeugmechaniker am Waffensystems Tornado keinen Kontakt zu RA-226-haltigen Leuchtfarben mit sich gebracht hätten. Das Ölstandsmesssystem NOQUIS sei nur von 1969 bis 1972 benutzt worden. Es sei zu vermuten, dass nur der Triebwerksmechaniker an dem Gerät gearbeitet habe. Eine versehentliche Tätigkeit an der radioaktiven Quelle sei bei einem Strahlungswarnzeichen von 15 cm Durchmesser kaum anzunehmen. Daher sei für den Kläger eine Strahlenexposition diesbezüglich nicht zu unterstellen. Doch selbst wenn man eine solche Exposition annehme wäre dadurch die Organdosis des Unterkiefers nicht soweit erhöht, dass der Schwellenwert von 100 mSv erreicht oder gar überschritten würde. Bei Beachtung der angesprochenen Auflagen zum weisungsgemäßen Umgang mit den Sonden des NOQUIS wären die maximal zulässigen Dosiswerte gemäß der damals gültigen Strahlenschutzverordnung nicht überschritten worden. Da das Aktivitätsinventar der Sonde des NOQUIS höchstens 600 Millicurie (mCi) betragen habe, ergäbe sich bei einer Arbeitszeit an der Sonde von 10 Minuten pro Woche und 50 Arbeitswochen pro Jahr eine Organdosis für den Kopf von lediglich 0,742 mSv bei unterstellten 4 Jahren an NOQUIS ergäben sich somit maximal 3.048 mSv. Selbst wenn man von der unrealistisch hohen Arbeitsstundenzahl von 1 1/2 Stunden pro Woche ausginge ergäbe das eine maximale jährliche Dosis von 6,68 mSv am Kopf, bei unterstellten 4 Jahren am NOQUIS wären das insgesamt 26,72 mSv. Unter den Zurechnungen der 36 mSv aus externer Strahlung RA 26-haltiger Leuchtfarbe und 23 mSV aus dem Gamma-Strahlungsanteil inkooperierter Leuchtfarbe RA 226 als Aktivator wären mit den 85,72 mSv der Schwellenwert der Radarkommission für solide maligne Tumore von 100 mSv noch immer nicht erreicht.
Unter Bezugnahme hierauf wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2007 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 05.11.2007 erhobene Klage.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Tod des Ehemannes der Klägerin als Folge einer Wehrdienstbeschädigung nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 01.01.1994 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene hat sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen.
Das Gericht hat Herrn E. H. als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Richtiger Beklagte ist der Landschaftsverband Rheinland.
Das Land Nordrhein-Westfalen ist im Bereich der Soldatenversorgung nach dem SVG durch das 2. Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 durch einen Beteiligtenwechsel aus dem Verfahren ausgeschieden und durch den Landschaftsverband Rheinland ersetzt worden. Die Landschaftsverbände sind ab dem 01.01.2008 zuständige Behörden zur Wahrnehmung der vormals den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben der Soldatenversorgung geworden und nach materiellem Recht auch zur Gewährung oder Verweigerung der von der Klägerin begehrten Leistungen berechtigt (vgl. auch LSG Urteil vom 11.03.2008 L 6 (10) VS 29/07).
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz beschwert, denn die Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 38 BVG i.V.m. § 80 SVG. Gemäß § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Entsprechend erhalten die Hinterbliebenen eines Wehrdienstbeschädigten auf Antrag Versorgung.
Eine gesundheitliche Schädigung ist nach § 81 SVG dann eine Wehrdienstbeschädigung, wenn sie durch eine Wehrdienstverrichtung, durch ein während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung und einem schädigenden Tatbestand im Sinne des § 81 SVG reicht die Wahrscheinlichkeit der Kausalität gemäß § 81 Abs. 6 SVG aus.
Das Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer des Ehemannes der Klägerin ist eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG. Herr X. C. ist im Jahre 1993 an diesem Karzinom, an dem er im Jahre 1981 erkrankte, verstorben. Die Gesundheitsschädigungen des Herrn X. C. sind Wehrdienstbeschädigungen, weil diese durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG während seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr hervorgerufen wurden. Hierbei wurde Herr X. C. als Flugzeugmechaniker und Flugzeugmechanikermeister und Flight Chief nach Überzeugung der Kammer durch 3 verschiedene Strahlenbelastungen geschädigt.
Die erste und nach Überzeugung der Kammer sogar erheblichste Strahlenbelastung ging von dem Radargerät Typ NASARR aus. Dieses Vorwärtssichtradar wurde in allen Versionen des in der Bundeswehr eingesetzten Luftfahrzeug Musters F-104 G (Starfighter) eingebaut. Das NASARR war ein Allwetter- /Zielsuch- und Entfernungsmessradar und wurde unter anderem für Zielsuche, Erfassung und Verfolgung bei allen Sichtbedingungen, Darstellung und Vorhaltewerten für die Zielerfassung, Errechnung des Abfeuerungspunktes für eine einmal gewählte Waffe, Darstellung als Navigationshilfe, Darstellung als Blindbombenwurfhilfe sowie Einsatz auf Flugziele aus niedrigen Höhen eingesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 17.01.2002 (Bl. 265 der WDB-Akte) verwiesen. Störstrahler im NASARR sind das Magnetron, das Thyratron und das Scope des Radarsichtgeräts. Magnetron und Thyratron sind im Radarsender eingebaut, der sich unmittelbar hinter der Radarantenne befindet und mit dieser durch ein Hohlleitersystem verbunden ist. Das Magnetron befindet sich in Flugrichtung gesehen an der rechten oberen Seite des Radarsenders. Das Thyratron ist im Inneren des Sendergehäuses untergebracht. Der Einbauort des Magnetrons befndet sich in Oberkörper/Kopfhöhe. Die Aquivalent-Ortsdosisleistung ergibt sich aus der Tabelle 2 des Berichts der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar (Bl. 669 der WDB-Akte). Danach hat das Magnetron 5 cm oberhalb des Mikrowellenausganges eine maximale Ortsdosisleistung von 0,3 mSv pro Stunde und 5 cm seitlich vom Magnetrons immerhin noch 0,09 mSv. Die Ortsdosisleistung liegt bei 0,1 mSv pro Stunde bei 5 cm Abstand vom Thyratron. An der Oberfläche des Sendergehäuses immerhin noch 0,03 mSv/h. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die in Tabelle 2 des Berichts der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar genannten Werte noch um einiges höher sind, wenn eine Beschädigung an dem Hohlleiter vorlag, der das Magtnetron ummantelt. Die austretende Röntgenstörstrahlung geht dann bis zu 1,5 Meter weit. Beschädigungen an dem Hohlleiter traten sehr häufig auf und waren die drei bis vier häufigsten Fehlerfaktoren. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass Herr X. C. diesen Strahlungen in erheblicher Weise ausgesetzt war. Dies kam dadurch zustande, dass er als 1. Flugzeugmechaniker und Flight Chief die Aufgabe hatte, bei allen startenden und landenden Starfightern die Vor- bzw. Nachkontrolle durchzuführen. Der Zeuge H. hat ausgeführt, dass das Radarsystem mindestens 15 Minuten vor dem Start bereits eingeschaltet werden musste, damit es die richtige Temperatur hatte, um im Flugeinsatz bereit zu sein. Kurz vor dem Start war es aber gerade Aufgabe des Flightchiefs, um das Flugzeug herumzugehen und insbesondere die Anstellwinkelgeber (spezielle Klappen), die bei der Landung Luft aus dem Triebwerk über den hinteren Teil des Flügels leitetet, zu betätigen. Die Anstellwinkelgeber befanden sich in unmittelbarer Nähe zu Nase des Starfighters und damit zu dem Radargerät. Allein durch diese Tätigkeit musste der Flight Chief sich mit seinem Kopf in unmittelbarer Nähe zu den entsprechenden Radargeräten begeben und war damit nach Überzeugung der Kammer und auch nach den Darstellungen des Sachverständigen H. eindeutig der Röntgenstörstrahlung ausgesetzt. Bei der Landung war es wiederum die Aufgabe des First Flight Chiefs, das Flugzeug oftmals noch bei eingeschaltetem Radargerät genau auf eventuelle Beschädigungen durchzusehen. Auch hierzu hat er sich wiederum in unmittelbarer Nähe und damit in Kopfhöhe in der Nähe des Radargerätes mit den Röntgenstörstrahlungen am Flugzeug aufgehalten. Wie der Zeuge H. überzeugend dargelegt hat, hat der Kläger während seiner unstreitig vorliegenden 22 Dienstjahre mindestens 5 bis 6 Starfighter bei Starts und Landungen täglich betreut und damit in einem ganz erheblichen Umfang Röntgenstörstrahlungen gerade im Kopfbereich abbekommen. Die Röntgenstörstrahlung durch diese Tätigkeit ist alleine schon geeignet, die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung solider maligner Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolgen maßgebliche Organdosis in Höhe von 100 mSv zu erreichen.
Hinzukommt bei dem Kläger eine Strahlenbelastung durch das Gerät NOQUIS. Es handelt sich dabei um einen Ölstandsmesser aus der F-104 G welcher sehr störanfällig war und an welchem auch der Kläger gearbeitet hat. Diese Anlage hatte eine radioaktives Medium Krypton KR-85 mit einer Strahlungsintensität von 600 000 Millicurie. Entgegen den Darstellungen in dem Vermerk des Herrn S. vom 26.07.2007 hat die Beweisaufnahme ergeben, dass das Ölstandsmesssystem NOQUIS nicht nur in wenigen Flugzeugen der Bundeswehr und nicht nur für längstens 4 Jahre von 1969 bis 1972 genutzt wurde. Der Zeuge konnte Übersetzungen aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums und entsprechende Auftragsanforderungen vorlegen, wonach sich ergibt, dass das Ölstandsmesssystem NOQUIS bereits von 1966 bis 1973 genutzt wurde. Der Zeuge konnte auch selbst bestätigen, dass dieses Messsystem nicht nur an wenigen Starfightern, sondern an allen Trainerversionen, von denen es etwa 20 in der Einheit des Klägers gab, eingebaut war. Der Zeuge hat darüberhinaus nachvollziehbar und überzeugend bestätigt, dass auch der Kläger als First Flight Chief und Flugzeugmechaniker selbst und unmittelbar und in der Regel mit einem zweiten Mechaniker an diesem sehr störanfälligen Gerät gearbeitet hatte, da es gerade Aufgabe eines Flugzeugmechanikers war, das Flugzeug insgesamt mit allen seinen Geräten instandzuhalten. Hierbei ist zu beachten, dass der Kläger sich nicht nur bei der Arbeit am Ölstandsmesser, sondern auch dann in unmittelbarer Nähe des Ölstandsmessers aufgehalten hat, wenn er vor dem Start oder nach der Landung das Flugzeug auf eventuelle Beschädigungen oder Funktionsfehler durchschauen musste. Hierzu war erforderlich, dass er das Flugzeug aus nächster Nähe beäugt. Auch bei dieser Tätigkeit war es nicht möglich den vorgeschriebenen Abstand von mindestens 1 m zu dem Ölstandsmesser einzuhalten. Dies galt unabhängig davon, dass eventuell sich auch ein Strahlungswarnzeichen von 15 cm an der radioaktiven Quelle befand. Der Zeuge H. hat überzeugend dargelegt, dass es für den Flugzeugmechaniker gerade nicht möglich war, ein Teil des Flugzeuges bei der Funktionsprüfung und dem Gesamtcheck außer Acht zu lassen. Da Herr S. in seinem Vermerk vom 26.07.2007 bei unterstellten 4 Jahren am NOQUIS und einer Arbeitsstundenzahl von 1,5 Stunden pro Woche, die vor dem Hintergrund der häufigen Arbeiten an dem Gerät und darüberhinaus dem regelmäßigen beäugen des Flugzeuges durch den First Flight Chief nicht unrealistisch sind, bereits 26,27 mSv errechnet, ergeben sich bei einem Zeitraum von 8 Jahren (von 1966 bis 1973) damit bereits 53,44 mSv.
Darüberhinaus ist für die Kammer auch eine Belastung des Klägers durch eine Bestrahlung von Körperorganen durch Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Organismus durch die Leuchtfarbe nachvollziehbar.
Auch hierbei folgt die Kammer den Ausführungen des Zeugen H., wonach davon ausgegangen werden muss, dass sich ein Flugzeugmechaniker etwa 400 Stunden pro Jahr im Cockpit eines Flugzeuges aufhalten muss. Der Zeuge H. hat überzeugend dargelegt, dass sich der Kläger mindestens soviele Stunden wie ein Navigations- und Instrumentenmechaniker, wenn nicht sogar noch mehr Stunden im Cockpit der Starfighter aufgehalten hat. Dies geschah gerade vor dem Hintergrund, dass er als First Flight Chief die Funktionsfähigkeit des Flugzeuges testen musste und hierzu diverse Funktionsprüfungen durchzuführen hatte. Gerade bei dieser Tätigkeit hat er auch intensiv die Anzeige- und Bedienelemente berührt und daran gearbeitet. Dies ergibt in Übereinstimmung mit dem Vermerk des Herrn S. vom 26.07.2007 36 mSv aus externer Strahlung RA- 226 haltiger Leuchtfarbe und 23 mSv aus dem Gammastrahlungsanteil inkooperierter Leuchtfarbe mit Radium-226 als Aktivator.
Insgesamt ist somit festzustellen, dass durch die Leuchtfarbenstrahlenbelastung und die Belastung aus unterstellten 8 Jahren Arbeit am NOQUIS bereits der Schwellenwert der Radarkommission für solide maligne Tumore von 100 mSv überschritten wird. Hinzu kommt jedoch noch eine weitere ganz erhebliche Überschreitung dieses Schwellenwertes durch die Arbeit in unmittelbarer Nähe des NASARR- bzw. des Magnetrons bzw. des Thyratrons mit einer Ortsdosisleistung von 0,09 bzw. 0,3 mSv pro Stunde durch die diversen Kontrollgänge des Klägers. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich in den 22 Dienstjahren eine ganz erhebliche Zahl an Stunden errechnet, während derer der Kläger mit seinem Kopf in unmittelbarer Nähe dieser Störstrahler gewesen ist.
Soweit dem Bericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 17.01.2002 (Bl. 665 ff. der WDB Akte Band IV) zu entnehmen ist, dass der Flugzeugmechanikermeister nicht mit einer Tätigkeit des NASARR in Verbindung gestanden hat und für diese Gruppe grundsätzlich keine Exposition durch Röntgenstörstrahlung zu berücksichtigen sei, steht dem dies nicht entgegen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend die Tätigkeit des Herrn X. C. als First Flight Chief und nicht als lediglich normaler Flugzeugmechanikermeister zu berücksichtigen war. Hinsichtlich der Tätigkeit des Herrn C. im speziellen und für die Tätigkeit eines First Flight Chiefs hat die Zeugenaussage des Zeugen H. eindeutig ergeben, dass dieser sehr wohl einer Exposition durch Röntgenstörstrahlung ausgesetzt war.
Durch diese schädigenden Ereignisse ist die Gesundheitsschädigung des Herrn C., insbesondere das Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer wahrscheinlich verursacht worden. Die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung von malignen Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolgen maßgebliche Organdosis ist erreicht. Die Hinterbliebenenversorgung ist ab Mai 2001 zu gewähren. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG beginnt die Beschädigtenversorgung mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Der Antrag auf Beschädigungsversorgung wurde erst im Mai 2001 gestellt. Eine Auszahlung der Hinterbliebenenrente bereits ab 1994 ist nicht zu gewähren. Zwar ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3 in den Fällen, in denen der Beschädigte ohne sein Verschulden eine Antragstellung verhindert, eine Versorgung bereits um den Zeitraum der Verhinderung zu leisten. Eine Verhinderung liegt allerdings nur vor bei Umständen, die von dem Beteiligten unbeeinflussbar waren (z. B. Naturkatastrophen, Streik, unabwendbare Zustände). Eine Verhinderung liegt nicht vor, wenn der Antrag aus dem freien Willen des Antragstellers unterbleibt, z. B. weil ein Antrag für aussichtslos gehalten wird. Irrtum, Zweifel oder Ungewissheit über die Erfolgsaussichten eines Antrages stellen keine Verhinderung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG dar (vgl. Roer/Strässer Bundesversorgungsgesetz § 60 Anm. 4). Etwaige Verhinderungsgründe, warum die Klägerin den Antrag auf Hinterbliebenenrente nicht früher gestellt hat, sind nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass vor der Zeit von Mai 2001 noch eine erhebliche Ungewissheit über die Bewertung und Einordnung der sogenannten Radarfälle bestand hätte die Klägerin dennoch nicht daran gehindert, bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Antrag zu stellen. Insoweit war die Klage, soweit sie bereits auf einen Anspruch ab 1994 gerichtet war, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Witwenrente nach § 80 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) hat.
Die Klägerin ist Witwe des Herrn X. C., geboren am 00.00.00 und verstorben am 00.00.00. Der Ehemann der Klägerin verstarb an einem Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer.
Herr X. C. war 1. Flugzeugmechanikermeister an den Flugfahrzeugen F 84 und F 104 (Starfighter) und zwar während seiner Dienstzeit vom 00.00.00 bis zum Dienstende am 00.00.00. 1981 wurde die Krebserkrankung bei dem Kläger diagnostiziert. 1993 ist er nach einer langen Leidensgeschichte mit diversen Krankenhausaufenthalten und 18 Operationen als 56 jähriger verstorben.
Am 08.05.2001 beantragte die Klägerin Witwenrente nach § 38 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit § 80 SVG. Sie wies in ihrem Antrag darauf hin, dass ihr Mann als 1. Wart- und später auch als Flight Chief an der F-104 G über 9 Jahre in unmittelbarer Nähe der zum Start bereitstehenden und vom Flug zurückgekehrten Starfighter den entsprechenden Radargeräten dieser Flugzeuge ohne Strahlenschutz ausgesetzt war.
Mit Bescheid vom 29.09.2005 wurde der Antrag abgelehnt. Es wurde ausgeführt, dass nach den Kriterien des Berichts vom 02.08.2003 der vom Bundesministerium für Verteidigung eingesetzten Radarkommission die Expositionswerte in 3 Phasen einzuteilen seien. Hierbei sei davon auszugehen, dass in Phase 1 (bis 1975) alle qualifizierenden Tätigkeiten als Techniker, Mechaniker oder Unterstützungspersonal an Radargeräten hohe Strahlenexpositionen zur Folge hatten. Dabei seien die Tätigkeiten der Bediener nur dann qualifizierend, wenn diese die Radartechnik nicht nur gelegentlich direkt an geöffneten und in Betrieb befindlichen Radargeräten unterstützt hätten. Als weitere Grundvoraussetzung für eine Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsstörung als Wehrdienstbeschädigungsfolge werde neben dem pathologisch-histologischen Nachweis eines malignen Tumors auch eine bestimmte Latenzzeit gefordert. Der Ehemann der Klägerin sei während seiner Dienstzeit nicht als Radarmechaniker-/techniker oder entsprechendes Hilfspersonal eingesetzt. Er habe somit keine der vorgegebenen qualifizierenden Tätigkeiten ausgeübt. Als Flugzeugmechaniker hatte er keine Tätigkeiten im Cockpit auszuführen. Er habe somit keiner radioaktiven Strahlung aus radiumhaltiger Leuchtfarbe exponiert gewesen sein können. Bereits 1966 sei die Umstellung von Radium und Promitium auf Tritium für radioaktive Leuchtfarbe angeordnet worden, so dass ein Kontakt des Ehemannes der Klägerin mit RA 226- haltiger Leuchtfarbe als wenig wahrscheinlich anzusehen sei. Ginge man davon aus, dass die Geräte, an denen er seinen Dienst verrichtete, mit RA 226- haltiger Leuchtfarbe versehen seien, lasse sich ein Zusammenhang seiner bösartigen Gesundheitsstörung mit der für möglich erachteten externen Strahlenexposition durch RA 226- haltige Leuchtfarbe nicht herleiten. Nach den derzeitigen Erkenntnissen seien die Imissionen der Leuchtfarbe so gering, dass bei einer externen Bestrahlung keine hohen Belastungswerte erreicht werden konnten. Die Festlegung der Personendosis gemäß § 35 Röntgenverordnung, bei der die Entfernung des bei dem Ehemann betroffenen Körperteils (Kiefer) berücksichtigt wurde, habe diese Einschätzung bestätigt. Danach betrage die Organdosis für die externe Strahlenexposition bei dem Ehemann der Klägerin 36 Milliseewert (mSv). Damit sei die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung solider maligner Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolge maßgeblichen Organdosis in Höhe von 100 mSv nicht erreicht.
Hiergegen richtet sich der am 24.10.2005 erhobene Widerspruch. Darin wird die Witwenrente rückwirkend ab Januar 1994 beantragt. In der Widerspruchsbegründung wird darauf hingewiesen, dass ein Flugzeugmechaniker die gleichen Belastungswerte wie ein Instrumenten- bzw. Navigationstechniker habe. Auch habe der Beklagte die Personendosis unzutreffend berechnet. Tatsächlich sei der Kläger in 23 Dienstjahren an der F 104 einer Gesamtbelastung von 276 mSv ausgesetzt gewesen zuzüglich 23 mSv für die interne Exposition. Zudem sei zu beachten, dass Hände und Oberkörper des Klägers als Mechaniker wesentlich näher an Strahlenquellen herankämen als bei einem Piloten, der die Baugruppen mit radioaktiven Bedien- und Anzeigeelementen nicht berühre und daran arbeite. Hinzukomme, dass auch ein sogenannter Ölstandsmesser, das Gerät nur NOQUIS, ein radioaktives Medium Krypton KR-85 mit einer hohen Strahlungsintensität enthalten habe. Der Ehemann der Klägerin sei einer erheblichen Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Da die Klägerin den Antrag auf Hinterbliebenenversorgung unverschuldet im Sinne der §§ 60, 61 BVG nicht gestellt habe, stehe ihr die Hinterbliebenenversorgung bereits seit Januar 1994 zu.
Zu diesem Widerspruch erstellte Herr S. von der Beigeladenen am 26.07.2007 einen Aktenvermerk. Darin führte er aus, dass ein 1. Flugzeugmechaniker bzw. Flugzeugmechanikermeister nicht genauso viel Zeit im Cockpit der Flugzeuge zugebracht habe wie ein Navigations- und Instrumentenmechaniker. Von einer radiologisch relevanten Aufenthaltszeit des Ehemannes der Klägerin in Flugzeugkanzeln könne nicht ausgegangen werden. Später seien ein Stundensatz von 400 Stunden pro Jahr sowohl für die Navigations- und Instrumentenmechaniker als auch für die Flugwerkmechaniker im Cockpit festgelegt worden. Dieser Stundensatz für die Flugwerkmechaniker sei verwaltungsseitig auch für die Flugzeugmechaniker(meister) übernommen worden. Der Flugzeugmechanikermeister hatte keine Reparaturen an Navigations-, Regel-, Anzeige- und Bedieninstrumenten im Cockpit auszuführen, sondern er hatte sie lediglich zu Funktionsprüfungen anderer Komponenten des Waffensystems zu nutzen. Dabei habe er selbstverständlich die gleiche Position im Cockpit wie der Pilot eingenommen, da alle Bedienknöpfe, Schalter, Griffe und Pedale so angeordnet seien, dass sie sich im optimalen Abstand zum Piloten befunden hätten. Aus diesem Grund sei der Vortrag nicht plausibel, dass sich der Kopf des Flugzeugmechanikers viel näher an den Amaturen mit den Leuchtfarbenmakierungen befunden habe als der des Piloten. Auch der Gesamtexpositionszeitraum sei in der Personendosisfestlegung vom 16.08.2005 mit 22,1 richtig bewertet worden, da die Verbindungen des Herrn X. C. auf vor dem Beginn seiner Ausbildung als Flugzeugmechaniker und die Verwendung als Flugzeugmechaniker am Waffensystems Tornado keinen Kontakt zu RA-226-haltigen Leuchtfarben mit sich gebracht hätten. Das Ölstandsmesssystem NOQUIS sei nur von 1969 bis 1972 benutzt worden. Es sei zu vermuten, dass nur der Triebwerksmechaniker an dem Gerät gearbeitet habe. Eine versehentliche Tätigkeit an der radioaktiven Quelle sei bei einem Strahlungswarnzeichen von 15 cm Durchmesser kaum anzunehmen. Daher sei für den Kläger eine Strahlenexposition diesbezüglich nicht zu unterstellen. Doch selbst wenn man eine solche Exposition annehme wäre dadurch die Organdosis des Unterkiefers nicht soweit erhöht, dass der Schwellenwert von 100 mSv erreicht oder gar überschritten würde. Bei Beachtung der angesprochenen Auflagen zum weisungsgemäßen Umgang mit den Sonden des NOQUIS wären die maximal zulässigen Dosiswerte gemäß der damals gültigen Strahlenschutzverordnung nicht überschritten worden. Da das Aktivitätsinventar der Sonde des NOQUIS höchstens 600 Millicurie (mCi) betragen habe, ergäbe sich bei einer Arbeitszeit an der Sonde von 10 Minuten pro Woche und 50 Arbeitswochen pro Jahr eine Organdosis für den Kopf von lediglich 0,742 mSv bei unterstellten 4 Jahren an NOQUIS ergäben sich somit maximal 3.048 mSv. Selbst wenn man von der unrealistisch hohen Arbeitsstundenzahl von 1 1/2 Stunden pro Woche ausginge ergäbe das eine maximale jährliche Dosis von 6,68 mSv am Kopf, bei unterstellten 4 Jahren am NOQUIS wären das insgesamt 26,72 mSv. Unter den Zurechnungen der 36 mSv aus externer Strahlung RA 26-haltiger Leuchtfarbe und 23 mSV aus dem Gamma-Strahlungsanteil inkooperierter Leuchtfarbe RA 226 als Aktivator wären mit den 85,72 mSv der Schwellenwert der Radarkommission für solide maligne Tumore von 100 mSv noch immer nicht erreicht.
Unter Bezugnahme hierauf wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2007 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 05.11.2007 erhobene Klage.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.09.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Tod des Ehemannes der Klägerin als Folge einer Wehrdienstbeschädigung nach § 80 Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz ab dem 01.01.1994 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene hat sich dem Antrag des Beklagten angeschlossen.
Das Gericht hat Herrn E. H. als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Unterlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Richtiger Beklagte ist der Landschaftsverband Rheinland.
Das Land Nordrhein-Westfalen ist im Bereich der Soldatenversorgung nach dem SVG durch das 2. Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 durch einen Beteiligtenwechsel aus dem Verfahren ausgeschieden und durch den Landschaftsverband Rheinland ersetzt worden. Die Landschaftsverbände sind ab dem 01.01.2008 zuständige Behörden zur Wahrnehmung der vormals den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben der Soldatenversorgung geworden und nach materiellem Recht auch zur Gewährung oder Verweigerung der von der Klägerin begehrten Leistungen berechtigt (vgl. auch LSG Urteil vom 11.03.2008 L 6 (10) VS 29/07).
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz beschwert, denn die Bescheide sind rechtswidrig. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 38 BVG i.V.m. § 80 SVG. Gemäß § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Entsprechend erhalten die Hinterbliebenen eines Wehrdienstbeschädigten auf Antrag Versorgung.
Eine gesundheitliche Schädigung ist nach § 81 SVG dann eine Wehrdienstbeschädigung, wenn sie durch eine Wehrdienstverrichtung, durch ein während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung und einem schädigenden Tatbestand im Sinne des § 81 SVG reicht die Wahrscheinlichkeit der Kausalität gemäß § 81 Abs. 6 SVG aus.
Das Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer des Ehemannes der Klägerin ist eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG. Herr X. C. ist im Jahre 1993 an diesem Karzinom, an dem er im Jahre 1981 erkrankte, verstorben. Die Gesundheitsschädigungen des Herrn X. C. sind Wehrdienstbeschädigungen, weil diese durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG während seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr hervorgerufen wurden. Hierbei wurde Herr X. C. als Flugzeugmechaniker und Flugzeugmechanikermeister und Flight Chief nach Überzeugung der Kammer durch 3 verschiedene Strahlenbelastungen geschädigt.
Die erste und nach Überzeugung der Kammer sogar erheblichste Strahlenbelastung ging von dem Radargerät Typ NASARR aus. Dieses Vorwärtssichtradar wurde in allen Versionen des in der Bundeswehr eingesetzten Luftfahrzeug Musters F-104 G (Starfighter) eingebaut. Das NASARR war ein Allwetter- /Zielsuch- und Entfernungsmessradar und wurde unter anderem für Zielsuche, Erfassung und Verfolgung bei allen Sichtbedingungen, Darstellung und Vorhaltewerten für die Zielerfassung, Errechnung des Abfeuerungspunktes für eine einmal gewählte Waffe, Darstellung als Navigationshilfe, Darstellung als Blindbombenwurfhilfe sowie Einsatz auf Flugziele aus niedrigen Höhen eingesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 17.01.2002 (Bl. 265 der WDB-Akte) verwiesen. Störstrahler im NASARR sind das Magnetron, das Thyratron und das Scope des Radarsichtgeräts. Magnetron und Thyratron sind im Radarsender eingebaut, der sich unmittelbar hinter der Radarantenne befindet und mit dieser durch ein Hohlleitersystem verbunden ist. Das Magnetron befindet sich in Flugrichtung gesehen an der rechten oberen Seite des Radarsenders. Das Thyratron ist im Inneren des Sendergehäuses untergebracht. Der Einbauort des Magnetrons befndet sich in Oberkörper/Kopfhöhe. Die Aquivalent-Ortsdosisleistung ergibt sich aus der Tabelle 2 des Berichts der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar (Bl. 669 der WDB-Akte). Danach hat das Magnetron 5 cm oberhalb des Mikrowellenausganges eine maximale Ortsdosisleistung von 0,3 mSv pro Stunde und 5 cm seitlich vom Magnetrons immerhin noch 0,09 mSv. Die Ortsdosisleistung liegt bei 0,1 mSv pro Stunde bei 5 cm Abstand vom Thyratron. An der Oberfläche des Sendergehäuses immerhin noch 0,03 mSv/h. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die in Tabelle 2 des Berichts der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar genannten Werte noch um einiges höher sind, wenn eine Beschädigung an dem Hohlleiter vorlag, der das Magtnetron ummantelt. Die austretende Röntgenstörstrahlung geht dann bis zu 1,5 Meter weit. Beschädigungen an dem Hohlleiter traten sehr häufig auf und waren die drei bis vier häufigsten Fehlerfaktoren. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass Herr X. C. diesen Strahlungen in erheblicher Weise ausgesetzt war. Dies kam dadurch zustande, dass er als 1. Flugzeugmechaniker und Flight Chief die Aufgabe hatte, bei allen startenden und landenden Starfightern die Vor- bzw. Nachkontrolle durchzuführen. Der Zeuge H. hat ausgeführt, dass das Radarsystem mindestens 15 Minuten vor dem Start bereits eingeschaltet werden musste, damit es die richtige Temperatur hatte, um im Flugeinsatz bereit zu sein. Kurz vor dem Start war es aber gerade Aufgabe des Flightchiefs, um das Flugzeug herumzugehen und insbesondere die Anstellwinkelgeber (spezielle Klappen), die bei der Landung Luft aus dem Triebwerk über den hinteren Teil des Flügels leitetet, zu betätigen. Die Anstellwinkelgeber befanden sich in unmittelbarer Nähe zu Nase des Starfighters und damit zu dem Radargerät. Allein durch diese Tätigkeit musste der Flight Chief sich mit seinem Kopf in unmittelbarer Nähe zu den entsprechenden Radargeräten begeben und war damit nach Überzeugung der Kammer und auch nach den Darstellungen des Sachverständigen H. eindeutig der Röntgenstörstrahlung ausgesetzt. Bei der Landung war es wiederum die Aufgabe des First Flight Chiefs, das Flugzeug oftmals noch bei eingeschaltetem Radargerät genau auf eventuelle Beschädigungen durchzusehen. Auch hierzu hat er sich wiederum in unmittelbarer Nähe und damit in Kopfhöhe in der Nähe des Radargerätes mit den Röntgenstörstrahlungen am Flugzeug aufgehalten. Wie der Zeuge H. überzeugend dargelegt hat, hat der Kläger während seiner unstreitig vorliegenden 22 Dienstjahre mindestens 5 bis 6 Starfighter bei Starts und Landungen täglich betreut und damit in einem ganz erheblichen Umfang Röntgenstörstrahlungen gerade im Kopfbereich abbekommen. Die Röntgenstörstrahlung durch diese Tätigkeit ist alleine schon geeignet, die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung solider maligner Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolgen maßgebliche Organdosis in Höhe von 100 mSv zu erreichen.
Hinzukommt bei dem Kläger eine Strahlenbelastung durch das Gerät NOQUIS. Es handelt sich dabei um einen Ölstandsmesser aus der F-104 G welcher sehr störanfällig war und an welchem auch der Kläger gearbeitet hat. Diese Anlage hatte eine radioaktives Medium Krypton KR-85 mit einer Strahlungsintensität von 600 000 Millicurie. Entgegen den Darstellungen in dem Vermerk des Herrn S. vom 26.07.2007 hat die Beweisaufnahme ergeben, dass das Ölstandsmesssystem NOQUIS nicht nur in wenigen Flugzeugen der Bundeswehr und nicht nur für längstens 4 Jahre von 1969 bis 1972 genutzt wurde. Der Zeuge konnte Übersetzungen aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums und entsprechende Auftragsanforderungen vorlegen, wonach sich ergibt, dass das Ölstandsmesssystem NOQUIS bereits von 1966 bis 1973 genutzt wurde. Der Zeuge konnte auch selbst bestätigen, dass dieses Messsystem nicht nur an wenigen Starfightern, sondern an allen Trainerversionen, von denen es etwa 20 in der Einheit des Klägers gab, eingebaut war. Der Zeuge hat darüberhinaus nachvollziehbar und überzeugend bestätigt, dass auch der Kläger als First Flight Chief und Flugzeugmechaniker selbst und unmittelbar und in der Regel mit einem zweiten Mechaniker an diesem sehr störanfälligen Gerät gearbeitet hatte, da es gerade Aufgabe eines Flugzeugmechanikers war, das Flugzeug insgesamt mit allen seinen Geräten instandzuhalten. Hierbei ist zu beachten, dass der Kläger sich nicht nur bei der Arbeit am Ölstandsmesser, sondern auch dann in unmittelbarer Nähe des Ölstandsmessers aufgehalten hat, wenn er vor dem Start oder nach der Landung das Flugzeug auf eventuelle Beschädigungen oder Funktionsfehler durchschauen musste. Hierzu war erforderlich, dass er das Flugzeug aus nächster Nähe beäugt. Auch bei dieser Tätigkeit war es nicht möglich den vorgeschriebenen Abstand von mindestens 1 m zu dem Ölstandsmesser einzuhalten. Dies galt unabhängig davon, dass eventuell sich auch ein Strahlungswarnzeichen von 15 cm an der radioaktiven Quelle befand. Der Zeuge H. hat überzeugend dargelegt, dass es für den Flugzeugmechaniker gerade nicht möglich war, ein Teil des Flugzeuges bei der Funktionsprüfung und dem Gesamtcheck außer Acht zu lassen. Da Herr S. in seinem Vermerk vom 26.07.2007 bei unterstellten 4 Jahren am NOQUIS und einer Arbeitsstundenzahl von 1,5 Stunden pro Woche, die vor dem Hintergrund der häufigen Arbeiten an dem Gerät und darüberhinaus dem regelmäßigen beäugen des Flugzeuges durch den First Flight Chief nicht unrealistisch sind, bereits 26,27 mSv errechnet, ergeben sich bei einem Zeitraum von 8 Jahren (von 1966 bis 1973) damit bereits 53,44 mSv.
Darüberhinaus ist für die Kammer auch eine Belastung des Klägers durch eine Bestrahlung von Körperorganen durch Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Organismus durch die Leuchtfarbe nachvollziehbar.
Auch hierbei folgt die Kammer den Ausführungen des Zeugen H., wonach davon ausgegangen werden muss, dass sich ein Flugzeugmechaniker etwa 400 Stunden pro Jahr im Cockpit eines Flugzeuges aufhalten muss. Der Zeuge H. hat überzeugend dargelegt, dass sich der Kläger mindestens soviele Stunden wie ein Navigations- und Instrumentenmechaniker, wenn nicht sogar noch mehr Stunden im Cockpit der Starfighter aufgehalten hat. Dies geschah gerade vor dem Hintergrund, dass er als First Flight Chief die Funktionsfähigkeit des Flugzeuges testen musste und hierzu diverse Funktionsprüfungen durchzuführen hatte. Gerade bei dieser Tätigkeit hat er auch intensiv die Anzeige- und Bedienelemente berührt und daran gearbeitet. Dies ergibt in Übereinstimmung mit dem Vermerk des Herrn S. vom 26.07.2007 36 mSv aus externer Strahlung RA- 226 haltiger Leuchtfarbe und 23 mSv aus dem Gammastrahlungsanteil inkooperierter Leuchtfarbe mit Radium-226 als Aktivator.
Insgesamt ist somit festzustellen, dass durch die Leuchtfarbenstrahlenbelastung und die Belastung aus unterstellten 8 Jahren Arbeit am NOQUIS bereits der Schwellenwert der Radarkommission für solide maligne Tumore von 100 mSv überschritten wird. Hinzu kommt jedoch noch eine weitere ganz erhebliche Überschreitung dieses Schwellenwertes durch die Arbeit in unmittelbarer Nähe des NASARR- bzw. des Magnetrons bzw. des Thyratrons mit einer Ortsdosisleistung von 0,09 bzw. 0,3 mSv pro Stunde durch die diversen Kontrollgänge des Klägers. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich in den 22 Dienstjahren eine ganz erhebliche Zahl an Stunden errechnet, während derer der Kläger mit seinem Kopf in unmittelbarer Nähe dieser Störstrahler gewesen ist.
Soweit dem Bericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar vom 17.01.2002 (Bl. 665 ff. der WDB Akte Band IV) zu entnehmen ist, dass der Flugzeugmechanikermeister nicht mit einer Tätigkeit des NASARR in Verbindung gestanden hat und für diese Gruppe grundsätzlich keine Exposition durch Röntgenstörstrahlung zu berücksichtigen sei, steht dem dies nicht entgegen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend die Tätigkeit des Herrn X. C. als First Flight Chief und nicht als lediglich normaler Flugzeugmechanikermeister zu berücksichtigen war. Hinsichtlich der Tätigkeit des Herrn C. im speziellen und für die Tätigkeit eines First Flight Chiefs hat die Zeugenaussage des Zeugen H. eindeutig ergeben, dass dieser sehr wohl einer Exposition durch Röntgenstörstrahlung ausgesetzt war.
Durch diese schädigenden Ereignisse ist die Gesundheitsschädigung des Herrn C., insbesondere das Plattenepithelkarzinom am Unterkiefer wahrscheinlich verursacht worden. Die nach den Kriterien der Radarkommission für eine Anerkennung von malignen Tumoren als Wehrdienstbeschädigungsfolgen maßgebliche Organdosis ist erreicht. Die Hinterbliebenenversorgung ist ab Mai 2001 zu gewähren. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG beginnt die Beschädigtenversorgung mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Der Antrag auf Beschädigungsversorgung wurde erst im Mai 2001 gestellt. Eine Auszahlung der Hinterbliebenenrente bereits ab 1994 ist nicht zu gewähren. Zwar ist gemäß § 60 Abs. 1 Satz 3 in den Fällen, in denen der Beschädigte ohne sein Verschulden eine Antragstellung verhindert, eine Versorgung bereits um den Zeitraum der Verhinderung zu leisten. Eine Verhinderung liegt allerdings nur vor bei Umständen, die von dem Beteiligten unbeeinflussbar waren (z. B. Naturkatastrophen, Streik, unabwendbare Zustände). Eine Verhinderung liegt nicht vor, wenn der Antrag aus dem freien Willen des Antragstellers unterbleibt, z. B. weil ein Antrag für aussichtslos gehalten wird. Irrtum, Zweifel oder Ungewissheit über die Erfolgsaussichten eines Antrages stellen keine Verhinderung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 3 BVG dar (vgl. Roer/Strässer Bundesversorgungsgesetz § 60 Anm. 4). Etwaige Verhinderungsgründe, warum die Klägerin den Antrag auf Hinterbliebenenrente nicht früher gestellt hat, sind nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass vor der Zeit von Mai 2001 noch eine erhebliche Ungewissheit über die Bewertung und Einordnung der sogenannten Radarfälle bestand hätte die Klägerin dennoch nicht daran gehindert, bereits zu einem früheren Zeitpunkt den Antrag zu stellen. Insoweit war die Klage, soweit sie bereits auf einen Anspruch ab 1994 gerichtet war, abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved