L 11 KR 3379/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 849/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3379/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. März 2008 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist nur noch die Übernahme der Kosten einer ausgedehnten Abdominoplastik mit Straffung im Ober- und Unterbauchbereich sowie in der Hüftregion und die Neueinpflanzung des Nabels streitig.

Die am 17. Mai 1978 geborene Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, hatte bei einer Körpergröße von 172 cm ein Körpergewicht von bis zu 136 kg. Im Zusammenhang mit Essstörungen bei Schwangerschaft (Geburten 2002 und 2005) und Ehekonflikten, die letztendlich zur Trennung führten, verlor sie etwa 75 kg an Gewicht. Dadurch kam es zu starker Faltenbildung im Bereich von Bauch, Hüften und Gesäß sowie einer Hypoplasie der Mammae mit Ptose, eine eigentliche Fettschürze hat sich nicht herausgebildet.

Unter Vorlage einer Bescheinigung des plastischen Chirurgen Prof. Dr. K. beantragte die Klägerin am 26. Juli 2006 die Übernahme der Kosten einer Abdominoplastik mit Straffung im Ober- und Unterbereich sowie Hüftregion und Neueinpflanzung des Nabels sowie Rekonstruktion der Mammae mittels größerer Silikonimplantate. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. S.-M. führte aus, das angegebene operative Verfahren solle aus kosmetischer Indikation durchgeführt werden, weswegen keine Kostenzuständigkeit der Krankenkasse bestehe. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. August 2006 die Kostenübernahme mit der Begründung ab, die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen seien nicht so stark ausgeprägt, dass sie als eine Normabweichung mit Krankheitswert bezeichnet werden müssten. Die Indikationen für die gewünschten Eingriffe seien vielmehr überwiegend kosmetisch zu betrachten.

Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs berief sich die Klägerin auf ihre behandelnden Ärzte. Der Psychotherapeut L., der die Klägerin seit 11. Januar 2006 ambulant psychosomatisch-psychotherapeutisch behandelt (seit Februar 2006 tiefenpsychologisch - fundierte Psychotherapie) gab an, er unterstütze den Antrag der Klägerin teilweise. Der Frauenarzt Dr. L. führte aus, dass die mit der Gewichtsabnahme entstandenen massiven Probleme mit dem eigenen Körper dringend chirurgisch korrigiert werden müssten. Dadurch könnten die Ursachen für die erheblichen psychischen Probleme beseitigt werden. Eine Alternative hierfür gebe es nicht. Der Hautarzt Dr. K. führte aus, es sei nicht zu erwarten, das durch weitere Diätmaßnahmen oder äußerliche Behandlungen eine wesentliche Besserung des beeinträchtigenden kosmetischen Ergebnisses zu erreichen sei. Seines Erachtens seien hier lediglich operative Maßnahmen sinnvoll.

Dr. S. vom MDK führte in drei weiteren Gutachten aus, neue wesentliche Gesichtspunkte ergäben sich aus den Arztberichten nicht. Eine Fettschürze oder eine erschlaffte Bauchdecke seien Veränderungen der Körperform, welche isoliert betrachtet in der Regel keine wesentliche Gesundheitsstörung bedeuteten, meist keine Funktionsstörung bedingten und damit nicht als behandlungsbedürftige Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen seien. Es handle sich vielmehr um Schönheitsfehler, welche durch kosmetische Eingriffe angegangen werden könnten. Die Persönlichkeitsstörung sollte weiterhin psychotherapeutisch behandelt werden. Insgesamt gesehen seien die medizinischen Voraussetzungen für die Leistung daher nicht erfüllt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2007 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, ein regelwidriger Körperzustand ohne entstellende Wirkung und ohne wesentliche Funktionseinschränkungen sei auch dann nicht als Krankheit zu werten, wenn dieser eine psychische Belastung für den Betroffenen darstelle, die ihrerseits zu einer behandlungsbedürftigen, psychischen Erkrankung geführt habe. Bei der Klägerin ließe sich eine wesentliche Funktionseinschränkung nicht feststellen. Auch eine entstellende Wirkung liege nicht vor. Denn ein "ideales" Erscheinungsbild des Menschen gebe es nicht, so dass davon abweichende Erscheinungsformen nicht als krankhaft gelten würden. Dies wäre auch menschenverachtend und könne in einer Gesellschaft, die die Menschenwürde als höchstes Gut in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) den allgemeinen Grundrechten voranstelle, nicht akzeptiert werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. März 2007 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorgetragen hat, dass die Chalasis und die Rückbildung der Mammae eindeutigen Krankheitswert hätten, ebenso wie die vorangegangene Adipositas. Deshalb habe sie Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Hautstraffung und den Brustaufbau. Es handle sich keinesfalls um Schönheitsoperationen. Die Hautfaltenbildung habe für sie im täglichen Leben Bedeutung. Ihre 5-jährige Tochter frage sie immer wieder, warum sie nicht mit ihr ins Schwimmbad gehe. Wenn sie eine Radtour machen wolle, könne sie dies nur eingeschränkt. Wegen der nicht straffen Haut komme es zu Sitzproblemen. Zudem müsse sie sehr darauf achten, dass die Haut unter den Falten trocken sei, weil es sonst zu Entzündungen kommen könne. Die Klägerin hat dem SG Fotos sowie das Schreiben ihres Psychotherapeuten an den MDK vorgelegt. Darin führte der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie L. aus, bei der Klägerin komme es im Rahmen der Selbstwertproblematik zu einem depressiven Rückzug und zu soziophoben Reaktionen, wobei es sich nicht um die bei Essstörungen typische intrapsychische Körperbildstörung handle. Vielmehr leide die Klägerin an einer altersuntypischen objektiven "Auffälligkeit", mit der sie sehr schlecht leben lernen könne. Dies betreffe aber die Bauchhaut deutlich mehr als die Haut der Brüste. Deshalb könne es im Sinne eines Kompromisses ausreichend sein, nur die Bauchdeckenstraffung vorzunehmen. Zumindest dafür unterstütze er die Kostenübernahme.

Mit Urteil vom 20. März 2008, der Beklagten zugestellt am 19. Juni 2008, hat das SG der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Kosten der Abdominoplastik zu übernehmen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klägerin sei durch die Faltenbildung in Körperfunktionen insoweit beeinträchtigt, als diese glaubhaft Sitzbeschwerden verursachten, in geringerem Maße auch dadurch, dass es im Bereich der Hautfalten zu Entzündungen kommen könne, wenn diese Bereiche nicht trocken gehalten würden. Dies alleine würde aber einen mit Risiken verbundenen operativen Eingriff in das ansonsten gesunde Organ (Haut) nicht rechtfertigen. Auch die ärztlich bescheinigte Tatsache, dass sie durch ihr verändertes Äußeres psychisch derart beeinträchtigt sei, dass sie psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen müsse, vermöge den geltend gemachten Anspruch nicht zu begründen. Der Anspruch auf operative Behebung der Faltenbildung ergebe sich jedoch daraus, dass diese entstellend wirke und deshalb behandlungsbedürftig sei. Ein solcher Zustand sei bei der Klägerin nach den vorgelegten Fotos gegeben. Die entstellende Wirkung ergebe sich dabei nicht aus der Faltenbildung als solcher, sondern daraus, dass sie bei einer 30-jährigen Frau mit ansonsten altersentsprechendem Äußeren vorliege. Dieser krankhafte Zustand ließe sich auch nicht mit geringerem Aufwand verbessern. Die Kosten für den Brustaufbau müssten dagegen nicht übernommen werden. In Anbetracht der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust könne keine Entstellung festgestellt werden.

Mit ihrer dagegen am 16. Juli 2008 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, die Einschätzung einer entstellenden Wirkung sei nach den eingereichten Fotokopien nicht nachvollziehbar. Während der Verhandlung habe das Gericht selbst geäußert, dass auf den relativ schlechten Bildern nicht viel zu erkennen sei. Die Klägerin sei zur Verhandlung in normaler Kleidung erschienen und im Vorbeigehen habe keine Bauchfettschürze erkannt werden können. Warum bei einer 30-jährigen Frau die gleichen Bauchfalten wie bei einer älteren Frau entstellend wirken sollten, sei der bisherigen Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Denn das Bauchgewebe könne im Alltag durch Kleidung versteckt werden, unter der die Anomalie nicht sichtbar sei. Auch im Bereich der Schwimmbekleidung stünden entsprechende kaschierende Modelle zur Verfügung. Die geschilderten Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Entzündungen rechtfertigten ebenfalls nicht eine mit Risiken verbundenen operativen Eingriff. Die Klägerin habe auch im Übrigen keine derartigen Beschwerden angegeben. Dem Schreiben des Hautarztes sei keine chronische therapieresistente Entzündung zu entnehmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. März 2008 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat unter Vorlage besserer Fotokopien mitgeteilt, dass die Operation bislang nicht durchgeführt worden sei. Bei Betrachtung der vorgelegten Fotokopien lasse sich, ohne Sachverständiger sein zu müssen, erkennen, dass die gegebenen Falten nicht mehr anders als durch die von Prof. Dr. K. vorgeschlagenen Maßnahmen entfernt werden könnten. Durch Schwimmbekleidung könne dies nicht kaschiert werden. Auch die sonstige Kleidung müsse so gestaltet werden, dass die Anomalien verdeckt würden. Sie könne im jetzigen Zustand keine altersentsprechende modische Kleidung tragen. Die Äußerungen ihrer Tochter, die aufgezeigten Probleme beim Radfahren und zu befürchtenden Entzündungen, wenn die Haut unter den Falten nicht getrocknet sei, liessen keine andere Entscheidung zu.

Der Senat hat sich einen persönlichen Eindruck von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2008 verschafft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die erforderliche Berufungssumme von 750,- EUR durch die entstehenden Kosten der Abdominoplastik überschritten werden.

Die damit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben, weswegen auf die Berufung der Beklagten das Urteil aufzuheben und die Klage auch im Übrigen abzuweisen ist. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat auch keinen Anspruch auf Kostenübernahme der Abdominoplastik.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach kann die Klägerin eine Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 4, SozR 3 - 2200 § 182 Nr. 14 und BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 36/06, Breithaupt 2008, 688).

Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3, SozR 4 - 2500 § 13 Nr. 4 und SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45). Die Klägerin ist weder in ihrer Körperfunktion dadurch beeinträchtigt, dass sie an Chalasis im Ober- und Unterbauch sowie im Bereich beider Hüftregionen leidet, noch wirkt diese anatomische Abweichung entstellend.

Die Funktionsfähigkeit der Haut im Bauch- und Hüftbereich wird durch die Hautfalten nicht beeinträchtigt. Die Klägerin hat auch lediglich Probleme beim Radfahren geschildert, der Gesäßbereich steht aber nicht zur Operation an. Jedenfalls haben diese kein Ausmaß erreicht, die es der Klägerin verwehren würden, Sitzen, Gehen und Stehen auszuführen, wovon sich der Senat auch in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte.

Sofern es zu Entzündungen der Haut unter den Falten kommt, so ist dem Befundbericht des behandelnden Hautarztes zu entnehmen, dass dies für sich betrachtet keinen Krankheitswert hat. Insbesondere wurde auch nicht über eine chronische therapieresistente Entzündung berichtet.

Die Faltenbildung allein bewirkt auch nicht eine äußerliche Entstellung, die den Bedarf nach einer Abdominoplastik begründen könnte (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, SGb 2008, 228). Um nämlich eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass die Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, so dass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 27. Juli 2002, B 3 KR 66/01 R, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45 zur Kahlköpfigkeit bei einer Frau).

Um eine Auffälligkeit solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in seiner solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Das gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass nicht Behinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10. August 1993, 9/9a RVs 7/91, SozR 3 - 3870 § 48 Nr. 2). Beispiele für eine Entstellung sind nach der Rechtsprechung zum Beispiel das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 3103 R, SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3). Dagegen wurde bei Fehlanlage eines Hodens eines männlichen Versicherten eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen (BSG, Urteil vom 09. Juni 1998, B 1 KR 18/96 R, SozR 3 - 2500 § 39 Nr. 5) und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust abgelehnt (BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3). Die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anomalität an einer Entstellung leidet, ist in erster Linie Tatfrage (BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3).

Ausgehend hiervon wirkt die Faltenbildung der Klägerin am Bauch und Hüften nicht entstellend, wobei es insoweit auch nicht auf das Lebensalter der Klägerin ankommt. Sie kann vielmehr im Alltag durch Kleidung kaschiert werden und auch im Schwimmbad unter einem Badeanzug verdeckt werden. Der Senat hat sich hiervon durch den Augenschein der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wie auch die vorgelegten Fotographien überzeugt.

Die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt ebenfalls keinen operativen Eingriff auf Kosten der GKV. Psychische Leiden können einen Anspruch auf eine Operation nicht begründen (BSG SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 3).

Weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen sind Krankenkassen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, 1 BvR 347/98, SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 5 und BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R). So hat das SGB V etwa Lebensmittel grundsätzlich dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zugerechnet, mag hierfür auch den Versicherten krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Das trägt der begrenzten Aufgabenstellung der GKV Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der Krankheitsbekämpfung zu beschränken (SozR 3 - 2500 § 27 Nr. 9). Selbst wenn ein Versicherter hochgradig akute Suizidgefahr geltend macht, kann er regelmäßig lediglich eine spezifische Behandlung etwa mit den Mitteln der Psychiatrie beanspruchen, nicht aber Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (zum Ganzen ausführlich BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen sind Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper (hier der Haut), die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als "Behandlung" im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen. Dies beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen. Denn damit wird nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern es soll nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden (BSG a.a.O.). Die Klägerin muss sich daher in erster Linie psychotherapeutisch behandeln lassen.

Auf die Berufung der Klägerin war deswegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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