L 1 KR 215/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 2080/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 215/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten einer stationären Rehabilitationsmaßnahme für die bei den Beteiligten versicherte SB (nachfolgend Versicherte).

Diese beantragte am 20. September 2003 bei der Landesversicherungsanstalt Schwaben eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Sie war zu diesem Zeitpunkt Hausfrau. Ihre Ärzte (Fachärzte für Allgemeinmedizin) gaben zum Antrag an, sie leide an Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) sowie psycho-vegetativer Erschöpfung. Sie leide konkret an intermittierendem Juckreiz, Brennen über den Handgelenken, Knien, Ellenbogen bei Schuppenflechte. Zusätzlich leide sie seit zwei Jahren wiederholt an Schmerzen und Schwellungen beider oberer Sprunggelenke und im Mittelfußbereich. Sie sei niedergeschlagen und depressiv. Sie werde mit Medikamenten therapiert. Es werde eine spezielle Psoriasistherapie angeregt, z. B. in der Reha-Klinik S in B. Beigefügt war auch ein Attest des Dermatologen R vom 27. Juni 2003, wonach bei der Versicherten seit 1997 eine Schuppenflechte bekannt sei. Er habe bei ihr bis zum Jahr 2000 mehrmals eine Balneo-Fototherapie mit gutem Erfolg durchgeführt. Seither habe sie sich nicht mehr bei ihm vorgestellt.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 leitete die LVA Schwaben den Antrag an die Klägerin weiter, da ihre Zuständigkeit nicht gegeben sei, weil der letzte Beitrag vor Antragstellung nicht zu einer Landesversicherungsanstalt entrichtet worden sei. Sie teilte die Weiterleitung auch der Beklagten mit. Die Klägerin gab dem Antrag - bei ihr eingegangen am 8. Oktober 2003 - statt und bewilligte der Versicherten eine stationäre vierwöchige Kur 4 in ihrer Reha-Klinik B. Sie war der Auffassung, als zweitangegangener Träger auch bei Nichtvorliegen der persönlichen Voraussetzungen des § 10 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) Leistungen zur Teilhabe erbringen zu müssen, weil weiterer Reha-Bedarf vorliege. Mit Schreiben vom 5. November 2003 meldete die Klägerin ihren Erstattungsanspruch bei der Beklagten an. Diese veranlasste die Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens durch den MDK in Bayern. Dessen Gutachter Dr. H gelangte im sozialmedizinischen Gutachten vom 2. Dezember 2003 zu dem Ergebnis, dass bei der Versicherten eine stationäre Reha-Maßnahme medizinisch nicht notwendig sei. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten am Wohnort seien noch nicht ausgeschöpft. Abgesehen von einer lokalen Salbbehandlung sowie symptomatischer Therapie mit NSAR bei rezidivierenden Gelenkbeschwerden seien weiterführende therapeutische Interventionen sowie konsequente fachdermatologische Mitbehandlung nicht erkennbar. Bei fortschreitendem Beschwerdebild trotz Ausschöpfung der beschriebenen wohnortnahen Behandlungsmöglichkeiten käme eine ambulante Maßnahme nach § 23 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V), ggf. auch als Kompaktkur in Betracht.

Die Beklagte lehnte daraufhin einen Erstattungsanspruch ab und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 mit.

Die Kur wurde vom 5. Januar 2004 bis zum 2. Februar 2004 stationär durchgeführt. Im Entlassungsbericht der Klägerin sind als Rehabilitationsdiagnosen Psoriasis vulgaris sowie Adipositas Grad I angegeben. Die Psoriasis wurde medikamentös behandelt (Dithranol-Minutentherapie). Zusätzlich erhielt die Versicherte UVA-Teilbestrahlungen und Meerwasserwannenbäder. Ferner nahm sie an einer Psoriasis-Schulung, einer Raucherberatung, am Walking und an Wirbelsäulengymnastik teil. Ferner erhielt sie Schulungen in Entspannungstraining und Reduktionskost. Außerdem bekam sie Reduktionskost von 1000 Kalorien täglich. Die Versicherte sei bei Aufnahme, während des Heilverfahren und bei Entlassung arbeitsfähig gewesen und in ihrer zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit als Kauffrau im Einzelhandel sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr täglich leistungsfähig.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 1. Juli 2004 auf, gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) analog die entstandenen Pflege- und Reisekosten in Höhe von insgesamt 3.658,84 EUR zu überweisen. Der beratungsärztliche Dienst habe einen weiteren Rehabilitationsbedarf im Sinne des SGB V festgestellt.

Nachdem die Beklagte nicht zahlte, hat die Klägerin am 12. Januar 2005 Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25. Februar 2005 an das Sozialgericht Berlin (SG) verwiesen hat.

Die Klägerin hat zur Begründung vorgebracht, sie sei zweitangegangener und unzuständiger Rehabilitationsträger gewesen. Die Versicherte habe die Voraussetzungen des § 11 SGB VI nicht erfüllt, da sie weder in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen sei, noch zu befürchten gewesen sei, dass eine solche Minderung bei ihr in absehbarer Zeit eintreten werde. Die Beklagte hat vorgebracht, die Klägerin sei nicht zweit-, sondern erstangegangener Rehabilitationsträger, weil es sich bei der Landesversicherungsanstalt Schwaben und der Klägerin um einen Rehabilitationsträger im Sinne des § 14 SGB IX handele.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen. Die Klägerin könne weder aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX noch aus § 105 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) Erstattung verlangen. Ein Anspruch nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX scheide aus, weil die Klägerin nicht zweit-, sondern erstangegangener Rehabilitationsträger sei. Die Übersendung des Antrages von der Landesversicherungsanstalt Schwaben an die Klägerin sei keine Weiterleitung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX.

Ein Anspruch aus § 105 Abs. 1 SGB X scheide aus, weil die Vorschrift nach § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX nicht anzuwenden sei. Die Klägerin habe es als erstangegangener Träger versäumt, den Antrag innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX weiterzuleiten. Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGB IX hätten die Beteiligten bislang nicht getroffen. § 3 Abs. 4 der auf der Grundlage von § 13 Abs. 1, 2 Nr. 3 SGB IX vereinbarten "gemeinsamen Empfehlung über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens" regele lediglich, dass innerhalb eines Sozialleistungsbereiches eine Weiterleitung durch gesonderte Absprachen ermöglicht werden könne. § 5 Abs. 1 der Empfehlung regele einen Erstattungsanspruch nur für den Fall, dass eine Rehabilitationsträger aufgrund eines an ihn "weitergeleiteten" Antrages Leistungen zur Teilhabe erbracht habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die zugelassene Berufung der Klägerin vom 28. Februar 2007. Auch die Weiterleitung von einem Rentenversicherungsträger zum anderen sei eine im Sinne des § 14 Satz 1 SGB IX. Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der vom 5. Januar 2004 bis 2. Februar 2004 durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Höhe 3.658,84 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Rechtsauffassung des SG für zutreffend. Beide Beteiligten haben sich mit einer schriftlichen Entscheidung einverstanden erklärt. Auf die eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge der Klägerin und der Beklagten lagen zur Beratung vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Der Senat folgt zwar der Auffassung der Klägerin, dass auch eine Weiterleitung von einem Rentenversicherungsträger zum anderen eine solche nach § 14 Abs. 1 SGB IX ist (vgl. Urteil vom heutigen Tage im Rechtsstreit zwischen den Beteiligten L 1 KR 111/07).

Ein Erstattungsanspruch aus § 105 SGB X scheidet jedoch aus. Der Umfang richtet sich gemäß § 105 Abs. 2 SGB X "nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften". Der letztendlich verpflichtete Leistungsträger muss dem unzuständigen Leistungsträger nicht mehr erstatten, als er selbst bei sofortiger zutreffender Feststellung des Anspruches an den Leistungsberechtigten hätte leisten müssen. Die Beklagte ist als gesetzliche Krankenkasse zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nur verpflichtet, wenn bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 11 Abs. 2 SGB V). Zu stationärer medizinischer Rehabilitation ist sie noch weitergehend nur verpflichtet, wenn ambulante Rehabilitationsleistungen nicht ausreichen (§ 40 Abs. 2 SGB V). Hier steht zu zur Überzeugung des Senats auch ohne weitere Aufklärung bzw. Beweiserhebung fest, dass eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich gewesen ist. Die medikamentöse Behandlung, die Bestrahlung und auch die Bäder hätten ohne weiteres ambulant erfolgen können, wie dies auch der Gutachter des MDK sachverständig widerspruchsfrei und überzeugend ausgeführt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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