Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 3 EG 20/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 440/08 EG ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 4 III BEEG, Aufenthaltsbestimmungsrecht
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeführerin sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Antragstellerin auf Elterngeld nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) für den 13. und 14. Lebensmonats ihres am 2007 geborenen Sohnes E. C ...
Die am 1981 geborene Antragstellerin ist deutsche Staatsbürgerin. Sie lebt in H. /S. und steht dort in einem Arbeitsverhältnis als Angestellte bei der Stadtverwaltung und befindet sich derzeit in der Elternzeit. Das Personensorgerecht für ihren Sohn hat die Antragstellerin gemeinsam mit dem Vater des Kindes inne.
Am 4. Dezember 2007 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Elterngeld für die Dauer von 14 Monaten. Dabei gab sie an: Sie beanspruche das Elterngeld für den gesamten Zeitraum für sich alleine. Sie nehme Elternzeit vom 20. November 2007 bis zum 20. Januar 2009. Der Antrag war von der Antragstellerin und dem getrennt von ihr in B. lebenden Vater des Kindes unterschrieben. Beigefügt war eine vom Vater des Kindes am 9. Oktober 2007 unterschriebene Erklärung, wonach dieser der Antragstellerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn übertrug.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin Elterngeld für die Zeit vom 20 November 2007 bis zum 19. November 2008 (also für zwölf Monate) in Höhe von 880,86 EUR monatlich. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 4. Januar 2008 Widerspruch, mit dem sie sich gegen die Begrenzung des Bewilligungszeitraums auf zwölf Monate und auch gegen die festgesetzte Leistungshöhe wandte. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2008 als unbegründet zurück. Zur Anspruchsdauer führte der Antragsgegner aus: Die Voraussetzungen für die Gewährung des Elterngeldes auch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes lägen nicht vor, weil die Antragstellerin mit dem Vater des Kindes die Personensorge für das Kind gemeinsam ausübe und ihr bisher das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht durch das Familiengericht übertragen worden sei. Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht Halle (SG). Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 3 EG 13/08 geführt.
Die Antragstellerin hat am 10. September 2008 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG mit dem Antrag gestellt, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Elterngeld auch für die Zeit vom 20. November 2008 bis zum 19. Januar 2009 zu zahlen. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie wolle ab dem 1. Dezember 2008 wieder (in eingeschränktem Umfang) ihre Erwerbstätigkeit aufnehmen. Die für die Arbeitgeberin wichtige Mitteilung, in welchem zeitlichen Umfang dies erfolgt, hänge davon ab, ob sie auch für den Zeitraum vom 20. November 2008 bis zum 19. Januar 2009 Elterngeld erhalte. Der Anspruch stehe ihr für 14 Monate zu, denn sie lebe ohne den anderen Elternteil mit dem Kind in ihrer Wohnung.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23. September 2008 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Der Antragstellerin stehe für den 13. und den 14. Lebensmonats des Kindes keine Elterngeld zu, weil sie weder das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn habe noch ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch das Familiengericht ggf. in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren übertragen worden sei. Die formlose Erklärung des Vaters des Kindes reiche für eine solche Übertragung nicht aus.
Gegen den ihr am 29. September 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 9. Oktober 2008 Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie übe das Personensorgerecht für ihren Sohn mit dem Vater des Kindes gemeinsam aus, weil bei ihr ein erhöhtes Infarkt- und Thromboserisiko vorliege. Im Falle ihres "Ausfallens" solle es dem Vater ermöglicht werden, die Betreuung des Kindes problemlos durchzuführen. Schon zum Zeitpunkt der Geburt habe Einigkeit mit dem Kindesvater bestanden, dass sie alleine das Aufenthaltsbestimmungsrecht innehaben solle. Es sei davon auszugehen, dass eine familiengerichtliche Entscheidung auch im Eilverfahren nicht getroffen werden könne, ohne dass zum Wohle des Kindes weitere Nachforschungen erfolgten. In ihrem Fall lägen besondere Umstände vor, um auf die Einleitung familiengerichtlicher Schritte zu verzichten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 23. September 2008 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr vorläufig Elterngeld nach dem BEEG auch für den 13. und 14. Lebensmonats ihres am 2007 geborenen Sohnes E. C. zu leisten.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint: Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorlägen. Spätestens im Widerspuchsverfahren sei die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Familiengericht erforderlich sei. Hierum habe sie sich jedoch zu keinem Zeitpunkt bemüht.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Ausschluss der Beschwerde nach § 172 SGG greift nicht ein, denn aufgrund der Höhe der beantragten Leistung (Elterngeld für zwei Monate zumindest in der Höhe der bisherigen Bewilligung von monatlich 880,86 EUR) wird der sich aus § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ergebende Beschwerdewert von mindestens 750,00 EUR erreicht.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist auf den Erlass einer Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG auszulegen und als solches zulässig. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier des Klageverfahrens) abwarten müsste und deswegen wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Antrag.
Einen Anordnungsgrund hat die Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht. Sie ist darauf angewiesen, eine schnelle Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch zu bekommen, um den Umfang der teilweisen Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit bestimmen zu können und so ihren Vorstellungen entsprechend die für den Familienunterhalt notwendige Erwerbstätigkeit und die Erziehung des Kindes miteinander in Einklang bringen zu können.
Es fehlt aber an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für einen Bezug des Elterngeldes auch für den 13. und 14. Lebensmonats ihres Sohnes. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonat des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil aber höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Hier zeigt sich der Wille des Gesetzgebers, Anreize dafür zu schaffen, dass auch der andere Elternteil zumindest für die zwei Monate eine Elternzeit in Anspruch nimmt. Von dieser Regelung sind deshalb nur enge Ausnahmen zugelassen.
Abweichend von § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil nach Satz 3 der Vorschrift für 14 Monate Elterngeld beziehen, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann; für die Feststellung der Unmöglichkeit der Betreuung bleiben wirtschaftliche Gründe und Gründe einer Verhinderung wegen anderweitiger Tätigkeiten außer Betracht. Elterngeld für 14 Monate steht einem Elternteil nach Satz 4 der Regelung auch zu, wenn 1. ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist, 2. eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und 3. der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.
In Betracht kommt hier allein die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nach Satz 4 der Vorschrift, wobei die dort genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Dabei mangelt es an der in Ziffer 1 genannten Voraussetzung des alleinigen Zustehens der elterlichen Sorge oder zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil des elterlichen Sorgerechts. Eine Übertragung auf einen Elternteil alleine ist bei getrennt lebenden Eltern, die das Sorgerecht gemeinsam ausüben, nach § 1671 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur durch das Familiengericht möglich, wobei einem Antrag stattzugeben ist, wenn der andere Elternteil zustimmt. Eine unmittelbare Übertragung allein durch die Zustimmung des anderen Elternteils ohne gerichtliche Regelung ist nicht wirksam. Die Übertragung durch das Familiengericht kann auch vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung erfolgen. An diese Regelung im BGB knüpft § 4 Abs. 3 Satz 4 Ziffer 1 BEEG erkennbar an (vgl. Hambüchen in Hambüchen Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand 4/07, § 4 BEEG Rdnr. 11).
Eine Härtefallregelung, dass Elterngeld in besonderen Fällten auch ohne eine Erfüllung dieser Voraussetzung für 14 Monate gewährt werden kann, sieht das BEEG nicht vor. Die Regelung im § 4 Abs. 3 und 4 BEEG wird zwar durchaus berechtigt deshalb kritisiert, weil Eltern alleine aus finanziellen Gründen gezwungen sein könnten, eine gerichtlichen Entscheidung zur Übertragung des Sorgerechts (bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts) zu erwirken, und damit Bemühungen zerstört würden, Eltern vom Wert der gemeinsamen elterlichen Sorge zu überzeugen (C. Müller-Magdeburg in FuR 2008, 416 ff, zitiert nach der Kurzzusammenfassung in juris). Diese Kritik zielt aber vorrangig auf eine Änderung der bestehenden Gesetzeslage ab. Unter Beachtung des geltenden Rechts ist nach dem Wortlaut der Regelung keine andere Auslegung möglich, als die gerichtliche Übertragung des Sorgerechts oder des Teilrechts zu Aufenthaltsbestimmung zu fordern.
Die Kostenentscheidung erfolgt entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Antragstellerin auf Elterngeld nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) für den 13. und 14. Lebensmonats ihres am 2007 geborenen Sohnes E. C ...
Die am 1981 geborene Antragstellerin ist deutsche Staatsbürgerin. Sie lebt in H. /S. und steht dort in einem Arbeitsverhältnis als Angestellte bei der Stadtverwaltung und befindet sich derzeit in der Elternzeit. Das Personensorgerecht für ihren Sohn hat die Antragstellerin gemeinsam mit dem Vater des Kindes inne.
Am 4. Dezember 2007 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Elterngeld für die Dauer von 14 Monaten. Dabei gab sie an: Sie beanspruche das Elterngeld für den gesamten Zeitraum für sich alleine. Sie nehme Elternzeit vom 20. November 2007 bis zum 20. Januar 2009. Der Antrag war von der Antragstellerin und dem getrennt von ihr in B. lebenden Vater des Kindes unterschrieben. Beigefügt war eine vom Vater des Kindes am 9. Oktober 2007 unterschriebene Erklärung, wonach dieser der Antragstellerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn übertrug.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin Elterngeld für die Zeit vom 20 November 2007 bis zum 19. November 2008 (also für zwölf Monate) in Höhe von 880,86 EUR monatlich. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 4. Januar 2008 Widerspruch, mit dem sie sich gegen die Begrenzung des Bewilligungszeitraums auf zwölf Monate und auch gegen die festgesetzte Leistungshöhe wandte. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2008 als unbegründet zurück. Zur Anspruchsdauer führte der Antragsgegner aus: Die Voraussetzungen für die Gewährung des Elterngeldes auch für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes lägen nicht vor, weil die Antragstellerin mit dem Vater des Kindes die Personensorge für das Kind gemeinsam ausübe und ihr bisher das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht durch das Familiengericht übertragen worden sei. Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht Halle (SG). Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 3 EG 13/08 geführt.
Die Antragstellerin hat am 10. September 2008 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG mit dem Antrag gestellt, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Elterngeld auch für die Zeit vom 20. November 2008 bis zum 19. Januar 2009 zu zahlen. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie wolle ab dem 1. Dezember 2008 wieder (in eingeschränktem Umfang) ihre Erwerbstätigkeit aufnehmen. Die für die Arbeitgeberin wichtige Mitteilung, in welchem zeitlichen Umfang dies erfolgt, hänge davon ab, ob sie auch für den Zeitraum vom 20. November 2008 bis zum 19. Januar 2009 Elterngeld erhalte. Der Anspruch stehe ihr für 14 Monate zu, denn sie lebe ohne den anderen Elternteil mit dem Kind in ihrer Wohnung.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23. September 2008 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Der Antragstellerin stehe für den 13. und den 14. Lebensmonats des Kindes keine Elterngeld zu, weil sie weder das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn habe noch ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch das Familiengericht ggf. in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren übertragen worden sei. Die formlose Erklärung des Vaters des Kindes reiche für eine solche Übertragung nicht aus.
Gegen den ihr am 29. September 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 9. Oktober 2008 Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie übe das Personensorgerecht für ihren Sohn mit dem Vater des Kindes gemeinsam aus, weil bei ihr ein erhöhtes Infarkt- und Thromboserisiko vorliege. Im Falle ihres "Ausfallens" solle es dem Vater ermöglicht werden, die Betreuung des Kindes problemlos durchzuführen. Schon zum Zeitpunkt der Geburt habe Einigkeit mit dem Kindesvater bestanden, dass sie alleine das Aufenthaltsbestimmungsrecht innehaben solle. Es sei davon auszugehen, dass eine familiengerichtliche Entscheidung auch im Eilverfahren nicht getroffen werden könne, ohne dass zum Wohle des Kindes weitere Nachforschungen erfolgten. In ihrem Fall lägen besondere Umstände vor, um auf die Einleitung familiengerichtlicher Schritte zu verzichten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 23. September 2008 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr vorläufig Elterngeld nach dem BEEG auch für den 13. und 14. Lebensmonats ihres am 2007 geborenen Sohnes E. C. zu leisten.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint: Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorlägen. Spätestens im Widerspuchsverfahren sei die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, dass eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Familiengericht erforderlich sei. Hierum habe sie sich jedoch zu keinem Zeitpunkt bemüht.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Ausschluss der Beschwerde nach § 172 SGG greift nicht ein, denn aufgrund der Höhe der beantragten Leistung (Elterngeld für zwei Monate zumindest in der Höhe der bisherigen Bewilligung von monatlich 880,86 EUR) wird der sich aus § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ergebende Beschwerdewert von mindestens 750,00 EUR erreicht.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist auf den Erlass einer Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG auszulegen und als solches zulässig. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier des Klageverfahrens) abwarten müsste und deswegen wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Antrag.
Einen Anordnungsgrund hat die Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht. Sie ist darauf angewiesen, eine schnelle Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch zu bekommen, um den Umfang der teilweisen Wiederaufnahme ihrer Erwerbstätigkeit bestimmen zu können und so ihren Vorstellungen entsprechend die für den Familienunterhalt notwendige Erwerbstätigkeit und die Erziehung des Kindes miteinander in Einklang bringen zu können.
Es fehlt aber an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für einen Bezug des Elterngeldes auch für den 13. und 14. Lebensmonats ihres Sohnes. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonat des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil aber höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Hier zeigt sich der Wille des Gesetzgebers, Anreize dafür zu schaffen, dass auch der andere Elternteil zumindest für die zwei Monate eine Elternzeit in Anspruch nimmt. Von dieser Regelung sind deshalb nur enge Ausnahmen zugelassen.
Abweichend von § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil nach Satz 3 der Vorschrift für 14 Monate Elterngeld beziehen, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls im Sinne von § 1666 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann; für die Feststellung der Unmöglichkeit der Betreuung bleiben wirtschaftliche Gründe und Gründe einer Verhinderung wegen anderweitiger Tätigkeiten außer Betracht. Elterngeld für 14 Monate steht einem Elternteil nach Satz 4 der Regelung auch zu, wenn 1. ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist, 2. eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und 3. der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.
In Betracht kommt hier allein die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes nach Satz 4 der Vorschrift, wobei die dort genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Dabei mangelt es an der in Ziffer 1 genannten Voraussetzung des alleinigen Zustehens der elterlichen Sorge oder zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil des elterlichen Sorgerechts. Eine Übertragung auf einen Elternteil alleine ist bei getrennt lebenden Eltern, die das Sorgerecht gemeinsam ausüben, nach § 1671 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur durch das Familiengericht möglich, wobei einem Antrag stattzugeben ist, wenn der andere Elternteil zustimmt. Eine unmittelbare Übertragung allein durch die Zustimmung des anderen Elternteils ohne gerichtliche Regelung ist nicht wirksam. Die Übertragung durch das Familiengericht kann auch vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung erfolgen. An diese Regelung im BGB knüpft § 4 Abs. 3 Satz 4 Ziffer 1 BEEG erkennbar an (vgl. Hambüchen in Hambüchen Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand 4/07, § 4 BEEG Rdnr. 11).
Eine Härtefallregelung, dass Elterngeld in besonderen Fällten auch ohne eine Erfüllung dieser Voraussetzung für 14 Monate gewährt werden kann, sieht das BEEG nicht vor. Die Regelung im § 4 Abs. 3 und 4 BEEG wird zwar durchaus berechtigt deshalb kritisiert, weil Eltern alleine aus finanziellen Gründen gezwungen sein könnten, eine gerichtlichen Entscheidung zur Übertragung des Sorgerechts (bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts) zu erwirken, und damit Bemühungen zerstört würden, Eltern vom Wert der gemeinsamen elterlichen Sorge zu überzeugen (C. Müller-Magdeburg in FuR 2008, 416 ff, zitiert nach der Kurzzusammenfassung in juris). Diese Kritik zielt aber vorrangig auf eine Änderung der bestehenden Gesetzeslage ab. Unter Beachtung des geltenden Rechts ist nach dem Wortlaut der Regelung keine andere Auslegung möglich, als die gerichtliche Übertragung des Sorgerechts oder des Teilrechts zu Aufenthaltsbestimmung zu fordern.
Die Kostenentscheidung erfolgt entsprechend § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved