Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 3 R 1122/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1039/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 7. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU), für die Zeit ab 21. März 2005.
Der 1953 geborene Kläger hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war ab Februar 1968 als Hilfsarbeiter, Ziegeleiarbeiter und Kesselschließer und ab Oktober 1981 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt vom 9. Juli 2001 bis zum Eintritt krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit am 15. November 2001 bei dem Transportunternehmer M L in S. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung mit Ablauf des 31. Dezember 2001 (Vergleich bei dem Arbeitsgericht Cottbus – 3 Ca 3643/01 -). Der Kläger bezog vom 27. Dezember 2001 bis 9. April 2003 Krankengeld und vom 14. April 2003 bis 29. Februar 2004 – unterbrochen durch die Gewährung von Übergangsgeld während einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 20. Januar 2004 bis 10. Februar 2004 – Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosenhilfe vom 1. März 2004 bis 31. Dezember 2004. Seit 1. Januar 2005 erhält der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Auf den Versicherungsverlauf vom 28. August 2007 wird im Übrigen Bezug genommen.
Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt auf Grund folgender Leiden: Dünndarmerkrankung, Teilverlust der Leber, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Osteoporose (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung – Versorgungsamt – des Landes Brandenburg vom 9. Dezember 2004).
Im März 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von EM-Rente. Mit Bescheid vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Volle EM, teilweise EM bzw. teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen. Der Kläger sei gesundheitlich und sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Im Klageverfahren unterzog sich der Kläger einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 2. März 2006 bis 23. März 2006 in der F-Klinik B S; auf den Entlassungsbericht vom 3. April 2006 wird Bezug genommen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat eine Arbeitgeberauskunft von M L eingeholt und den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom März 2007 (Untersuchung am 21. Februar 2007) bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Zustand nach erfolgreicher Versorgung eines Dünndarmtumors sowie nach Wedge-Resektion des Magens bei nachgewiesener primärer Magenmetastase, Ausschluss einer neuen Tumorerkrankung seit 2003, Narbenhernie an der rechten Flanke bei Zustand nach operativer Versorgung eines Leberhämangioms, geringfügige Wirbelsäulenfunktionsbehinderungen, Ausschluss degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und der Schultergelenke, geringfügige Blutdruckerhöhung, Übergewicht. Nach der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen konnte der Kläger noch täglich regelmäßig und vollschichtig körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen sowie seiner Vorbildung entsprechende geistige Arbeiten verrichten. Auf die Einwendungen des Klägers gegen dieses Gutachten wird verwiesen (Schriftsatz vom 6. April 2007).
Das SG hat die auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 21. März 2005 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Juni 2007). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller EM, teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Der Kläger könne noch täglich regelmäßig sechs Stunden und mehr körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung der von dem Sachverständigen Dr. B festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen ausüben. Damit sei er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Denn er könne als angelernter Arbeiter im unteren Bereich auf körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, wofür er noch über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen verfüge.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG verfüge er über kein nennenswertes Leistungsvermögen mehr, das ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlauben würde. Nach der Leistungsbeurteilung der Rehabilitationsklinik in B S sei nur noch von einem täglichen Leistungsvermögen von drei Stunden auszugehen. Ihm stehe daher zumindest eine "Teilrente" zu. Der Kläger legt einen MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 5. Juli 2007 (Radiologe Dr. R) vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 7. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 21. März 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Kläger nach wie vor weder für voll noch für teilweise erwerbsgemindert und auch nicht für berufsunfähig.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von dem Orthopäden Dr. B vom 26. Oktober 2007 und von dem Arzt B vom 19. November 2007. Entlassungsberichte des C-T-Klinikums C (stationäre Aufenthalte des Klägers vom 13. bis 14. April 2007 und vom 1. bis 3. August 2007) und des Herzzentrums L (stationärer Aufenthalt des Klägers vom 7. bis 10. Januar 2008) sind beigezogen worden; hierauf wird Bezug genommen. Der Senat hat ferner nochmals eine Auskunft von M L vom 15. Mai 2008 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Der Senat hat den Sozialmediziner Dr. A mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008 folgende zusätzliche Diagnosen mitgeteilt: koronare Eingefäßerkrankung mit tachykarden Herzrhythmusstörungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit Schlafapnoesyndrom. Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von überwiegendem Sitzen und kurzfristigem Gehen und Stehen unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen täglich regelmäßig und vollschichtig ausführen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befund- und Entlassungsberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. B und Dr. A verwiesen.
Die Leistungsakte der Agentur für Arbeit Lübbenau/Lubnjow, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamts Cottbus, die Alg II-Akten des JobCenters Oberspreewald-Lausitz (2 Bände), die Akte des Arbeitsgerichts Cottbus 3 Ca 3643/01, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Der Kläger hat aufgrund seines im März 2005 gestellten Antrags gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.
Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Der Kläger war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 21. März 2005 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und leichte geistige Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem – ihm sozial zumutbaren - allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Klage- und Berufungsverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. B und Dr. A. Diese Ärzte haben dem Kläger übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 21. März 2005. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Entlassungsbericht der F-Klinik B S vom 3. April 2006, in dem dem Kläger nur noch ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei bis unter sechs Stunden bescheinigt worden war. Denn eine derartige quantitative Leistungsminderung lässt sich den während der Rehabilitationsmaßnahme erhobenen Befunden – worauf die gerichtlichen Sachverständigen übereinstimmend hingewiesen haben – nicht nachvollziehbar entnehmen. Zudem wird in demselben Entlassungsbericht bei der sozialmedizinischen Beurteilung eine leidensgerechte Tätigkeit für "zumindest 3 bis 6 Stunden" als zumutbar erachtet. Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Der Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten bis zehn Kilogramm im Wechsel der Haltungsarten ohne längeres Stehen und Gehen verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten unter erschwerten Expositionsbedingungen, häufige Arbeiten in Zwangshaltungen, unter Zeitdruck, in Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen sowie Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris).
Es lagen und liegen zwar bei dem Kläger Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/90 R – veröffentlicht in juris). Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, namentlich der Ausschluss von Arbeiten unter extremen Expositionsbedingungen, auf Leitern und Gerüsten, in häufigen Zwangshaltungen, an laufenden Maschinen und in Nachtschicht zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den spezifischen schweren Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1- 4/95 – GS 2/95 = SozR 3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten des Klägers, die keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungsniveau des Klägers entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Vielmehr sind seine Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit und auch seine Auffassungsgabe zwar geringfügig reduziert, jedoch für einfache geistige Tätigkeiten nicht beeinträchtigt. Insgesamt betreffen die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann der Kläger auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn er war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" des Versicherten. Das ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 1. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 13 RJ 34/03 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 1 mwN). Danach ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf des Kraftfahrers der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Klägerin zuletzt bis zum 14. November 2001 langjährig versicherungspflichtig ausgeübt. Ungeachtet dessen, ob der Kläger diesen seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten konnte und möglicherweise auch nicht mehr verrichten kann, war und ist er jedoch nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 1).
Unter Zugrundelegung dieses Mehrstufenschemas ist der Kläger allenfalls der zweiten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen, wobei lediglich eine Zuordnung zum unteren Bereich dieser großen inhomogenen Gruppe in Betracht kommt. Denn der Kläger hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen und war zuletzt als (einfach) angelernter Kraftfahrer beschäftigt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für diese Tätigkeit eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von wenigstens 12 Kalendermonaten – als Voraussetzung einer Zuordnung der Versicherten zum oberen Bereich der Berufsgruppe der Angelernten (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; BSG, Urteil vom 27. Februar 1997 – 13 RJ 9/96 – veröffentlicht in juris) – erforderlich gewesen wäre, zumal bereits die Zuordnung zum oberen Anlernbereich vorausgesetzt hätte, dass der Kläger über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Berufskraftfahrers nach der Verordnung über die (zweijährige) Ausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26. Oktober 1973 (KraftfAusbVO; BGBl. I S. 1518) verfügt. Dieses war und ist aber nicht der Fall. Es sind nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der Arbeitgeberauskünfte keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und im Übrigen vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, dass der Kläger sämtliche weitere Kriterien erfüllte und erfüllt, die nach der Rechtsprechung des BSG als Regeleigenschaften der Berufskraftfahrertätigkeit im Sinne der KraftfAusbVO anzusehen sind und durch deren Erwerb erst eine Zuordnung zum oberen Anlernbereich ermöglicht würde, namentlich der Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts, Kenntnisse des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte, Kenntnisse über Zollformalitäten und Kenntnisse hinsichtlich der Abwehr von Gefahren gegen wachsende Straßenpiraterie (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 – 5 RJ 8/96 – veröffentlicht in juris; Urteil vom 5. August 2004 – B 13 RJ 7/04 R – veröffentlicht in juris). Auch eine tarifvertragliche Einstufung, aus der sich eine Zuordnung der vom Kläger zuletzt verrichteten Tätigkeit im Transportgewerbe zum oberen Anlernbereich herleiten ließe, existiert nicht. Ein Rückgriff auf tarifvertragliche Regelungen in anderen Branchen, in denen Kraftfahrer beschäftigt werden, bspw. im Baugewerbe, kommt nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 – B 5 RJ 8/96 -). Erst recht scheidet damit auch eine Zuordnung zur Facharbeiterebene von vornherein aus, und zwar ungeachtet dessen, dass durch die zum 1. August 2001 in Kraft getretene Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung (BGBl. I S. 642) die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer drei Jahre dauert und noch weitergehende Kenntnisse und Fertigkeiten als die Ausbildung nach der KraftfAusbVO, z.B. beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung und betriebliche Planung und Logistik, vermittelt. Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –). Das ist hier in jedem Falle die Berufsgruppe der ungelernten Arbeiter. Ein Berufsschutz, der die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert hätte, steht dem Kläger mithin nicht zu. In Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer – wie den Kläger – derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU – wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU), für die Zeit ab 21. März 2005.
Der 1953 geborene Kläger hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war ab Februar 1968 als Hilfsarbeiter, Ziegeleiarbeiter und Kesselschließer und ab Oktober 1981 als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt vom 9. Juli 2001 bis zum Eintritt krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit am 15. November 2001 bei dem Transportunternehmer M L in S. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung mit Ablauf des 31. Dezember 2001 (Vergleich bei dem Arbeitsgericht Cottbus – 3 Ca 3643/01 -). Der Kläger bezog vom 27. Dezember 2001 bis 9. April 2003 Krankengeld und vom 14. April 2003 bis 29. Februar 2004 – unterbrochen durch die Gewährung von Übergangsgeld während einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 20. Januar 2004 bis 10. Februar 2004 – Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosenhilfe vom 1. März 2004 bis 31. Dezember 2004. Seit 1. Januar 2005 erhält der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Auf den Versicherungsverlauf vom 28. August 2007 wird im Übrigen Bezug genommen.
Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt auf Grund folgender Leiden: Dünndarmerkrankung, Teilverlust der Leber, Verwachsungsbeschwerden nach Bauchoperation, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Osteoporose (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung – Versorgungsamt – des Landes Brandenburg vom 9. Dezember 2004).
Im März 2005 beantragte der Kläger die Gewährung von EM-Rente. Mit Bescheid vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Volle EM, teilweise EM bzw. teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen. Der Kläger sei gesundheitlich und sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Im Klageverfahren unterzog sich der Kläger einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 2. März 2006 bis 23. März 2006 in der F-Klinik B S; auf den Entlassungsbericht vom 3. April 2006 wird Bezug genommen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat eine Arbeitgeberauskunft von M L eingeholt und den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom März 2007 (Untersuchung am 21. Februar 2007) bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Zustand nach erfolgreicher Versorgung eines Dünndarmtumors sowie nach Wedge-Resektion des Magens bei nachgewiesener primärer Magenmetastase, Ausschluss einer neuen Tumorerkrankung seit 2003, Narbenhernie an der rechten Flanke bei Zustand nach operativer Versorgung eines Leberhämangioms, geringfügige Wirbelsäulenfunktionsbehinderungen, Ausschluss degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und der Schultergelenke, geringfügige Blutdruckerhöhung, Übergewicht. Nach der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen konnte der Kläger noch täglich regelmäßig und vollschichtig körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen sowie seiner Vorbildung entsprechende geistige Arbeiten verrichten. Auf die Einwendungen des Klägers gegen dieses Gutachten wird verwiesen (Schriftsatz vom 6. April 2007).
Das SG hat die auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 21. März 2005 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Juni 2007). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller EM, teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Der Kläger könne noch täglich regelmäßig sechs Stunden und mehr körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung der von dem Sachverständigen Dr. B festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen ausüben. Damit sei er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Denn er könne als angelernter Arbeiter im unteren Bereich auf körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, wofür er noch über ein mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen verfüge.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG verfüge er über kein nennenswertes Leistungsvermögen mehr, das ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlauben würde. Nach der Leistungsbeurteilung der Rehabilitationsklinik in B S sei nur noch von einem täglichen Leistungsvermögen von drei Stunden auszugehen. Ihm stehe daher zumindest eine "Teilrente" zu. Der Kläger legt einen MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 5. Juli 2007 (Radiologe Dr. R) vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 7. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 21. März 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Kläger nach wie vor weder für voll noch für teilweise erwerbsgemindert und auch nicht für berufsunfähig.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von dem Orthopäden Dr. B vom 26. Oktober 2007 und von dem Arzt B vom 19. November 2007. Entlassungsberichte des C-T-Klinikums C (stationäre Aufenthalte des Klägers vom 13. bis 14. April 2007 und vom 1. bis 3. August 2007) und des Herzzentrums L (stationärer Aufenthalt des Klägers vom 7. bis 10. Januar 2008) sind beigezogen worden; hierauf wird Bezug genommen. Der Senat hat ferner nochmals eine Auskunft von M L vom 15. Mai 2008 eingeholt, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Der Senat hat den Sozialmediziner Dr. A mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 23. Juni 2008 folgende zusätzliche Diagnosen mitgeteilt: koronare Eingefäßerkrankung mit tachykarden Herzrhythmusstörungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung mit Schlafapnoesyndrom. Der Kläger könne noch leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von überwiegendem Sitzen und kurzfristigem Gehen und Stehen unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen täglich regelmäßig und vollschichtig ausführen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befund- und Entlassungsberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. B und Dr. A verwiesen.
Die Leistungsakte der Agentur für Arbeit Lübbenau/Lubnjow, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamts Cottbus, die Alg II-Akten des JobCenters Oberspreewald-Lausitz (2 Bände), die Akte des Arbeitsgerichts Cottbus 3 Ca 3643/01, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Der Kläger hat aufgrund seines im März 2005 gestellten Antrags gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.
Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Der Kläger war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 21. März 2005 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn er verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und leichte geistige Arbeiten, mit dem er regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem – ihm sozial zumutbaren - allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass der Kläger über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Klage- und Berufungsverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. B und Dr. A. Diese Ärzte haben dem Kläger übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 21. März 2005. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Entlassungsbericht der F-Klinik B S vom 3. April 2006, in dem dem Kläger nur noch ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei bis unter sechs Stunden bescheinigt worden war. Denn eine derartige quantitative Leistungsminderung lässt sich den während der Rehabilitationsmaßnahme erhobenen Befunden – worauf die gerichtlichen Sachverständigen übereinstimmend hingewiesen haben – nicht nachvollziehbar entnehmen. Zudem wird in demselben Entlassungsbericht bei der sozialmedizinischen Beurteilung eine leidensgerechte Tätigkeit für "zumindest 3 bis 6 Stunden" als zumutbar erachtet. Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen des Klägers war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Der Kläger kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen seiner Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten bis zehn Kilogramm im Wechsel der Haltungsarten ohne längeres Stehen und Gehen verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten unter erschwerten Expositionsbedingungen, häufige Arbeiten in Zwangshaltungen, unter Zeitdruck, in Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen sowie Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris).
Es lagen und liegen zwar bei dem Kläger Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/90 R – veröffentlicht in juris). Die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen, namentlich der Ausschluss von Arbeiten unter extremen Expositionsbedingungen, auf Leitern und Gerüsten, in häufigen Zwangshaltungen, an laufenden Maschinen und in Nachtschicht zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den spezifischen schweren Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 – GS 1- 4/95 – GS 2/95 = SozR 3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten des Klägers, die keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungsniveau des Klägers entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Vielmehr sind seine Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit und auch seine Auffassungsgabe zwar geringfügig reduziert, jedoch für einfache geistige Tätigkeiten nicht beeinträchtigt. Insgesamt betreffen die bei dem Kläger festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann der Kläger auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn er war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI.
Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" des Versicherten. Das ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 1. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 13 RJ 34/03 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 1 mwN). Danach ist als bisheriger Beruf des Klägers der Beruf des Kraftfahrers der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Klägerin zuletzt bis zum 14. November 2001 langjährig versicherungspflichtig ausgeübt. Ungeachtet dessen, ob der Kläger diesen seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten konnte und möglicherweise auch nicht mehr verrichten kann, war und ist er jedoch nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 1).
Unter Zugrundelegung dieses Mehrstufenschemas ist der Kläger allenfalls der zweiten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen, wobei lediglich eine Zuordnung zum unteren Bereich dieser großen inhomogenen Gruppe in Betracht kommt. Denn der Kläger hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen und war zuletzt als (einfach) angelernter Kraftfahrer beschäftigt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für diese Tätigkeit eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von wenigstens 12 Kalendermonaten – als Voraussetzung einer Zuordnung der Versicherten zum oberen Bereich der Berufsgruppe der Angelernten (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; BSG, Urteil vom 27. Februar 1997 – 13 RJ 9/96 – veröffentlicht in juris) – erforderlich gewesen wäre, zumal bereits die Zuordnung zum oberen Anlernbereich vorausgesetzt hätte, dass der Kläger über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Berufskraftfahrers nach der Verordnung über die (zweijährige) Ausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26. Oktober 1973 (KraftfAusbVO; BGBl. I S. 1518) verfügt. Dieses war und ist aber nicht der Fall. Es sind nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung der Arbeitgeberauskünfte keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und im Übrigen vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, dass der Kläger sämtliche weitere Kriterien erfüllte und erfüllt, die nach der Rechtsprechung des BSG als Regeleigenschaften der Berufskraftfahrertätigkeit im Sinne der KraftfAusbVO anzusehen sind und durch deren Erwerb erst eine Zuordnung zum oberen Anlernbereich ermöglicht würde, namentlich der Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts, Kenntnisse des Rechts für Gefahrguttransporte und Lebensmitteltransporte, Kenntnisse über Zollformalitäten und Kenntnisse hinsichtlich der Abwehr von Gefahren gegen wachsende Straßenpiraterie (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 – 5 RJ 8/96 – veröffentlicht in juris; Urteil vom 5. August 2004 – B 13 RJ 7/04 R – veröffentlicht in juris). Auch eine tarifvertragliche Einstufung, aus der sich eine Zuordnung der vom Kläger zuletzt verrichteten Tätigkeit im Transportgewerbe zum oberen Anlernbereich herleiten ließe, existiert nicht. Ein Rückgriff auf tarifvertragliche Regelungen in anderen Branchen, in denen Kraftfahrer beschäftigt werden, bspw. im Baugewerbe, kommt nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997 – B 5 RJ 8/96 -). Erst recht scheidet damit auch eine Zuordnung zur Facharbeiterebene von vornherein aus, und zwar ungeachtet dessen, dass durch die zum 1. August 2001 in Kraft getretene Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung (BGBl. I S. 642) die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer drei Jahre dauert und noch weitergehende Kenntnisse und Fertigkeiten als die Ausbildung nach der KraftfAusbVO, z.B. beförderungsbezogene Kostenrechnung und Vertragsabwicklung und betriebliche Planung und Logistik, vermittelt. Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R –). Das ist hier in jedem Falle die Berufsgruppe der ungelernten Arbeiter. Ein Berufsschutz, der die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert hätte, steht dem Kläger mithin nicht zu. In Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer – wie den Kläger – derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU – wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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