L 4 KA 51/06

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 171/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 51/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Streitwert wird auf 5.644,74 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nrn. 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus für das Quartal II/05 hat.

Die als Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in A-Stadt seit 1983 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin beantragte am 9. September 2005, Leistungen nach Nrn. 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus weiterhin abrechnen zu dürfen. Sie wies darauf hin, dass sie die entsprechenden Leistungen seit ihrer Niederlassung 1983 lückenlos erbringe und konkretisierte den beantragten Abrechnungszeitraum auf die Zeit ab 1. April 2005. Der Beklagten liege der Nachweis ihrer vierjährigen gynäkologischen Fachausbildung seit 1983 vor. Das Erfordernis eines fristgerechten schriftlichen Antrags stehe nirgendwo geschrieben. Es sei ihr auch nicht mitgeteilt worden.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2005 erteilte die Beklagte der Klägerin zum 1. Juli 2005 die widerrufliche Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach den Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten am 2. November 2005 Widerspruch, soweit die Abrechnungsgenehmigung sich nicht auf das Quartal II/05 erstreckte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, dass keine Mitteilung über ein Antragserfordernis zu vorliege, sei darauf hinzuweisen, dass in Info.doc März 2005, Seite 33, unter der Überschrift "Genehmigungspflichtige Tätigkeiten" am Ende des Artikels der Hinweis ergangen sei, dass ein entsprechender Antrag an die Beklagte erforderlich sei. Ein Antrag könne erst ab dem Quartal gewertet werden, in dem er gestellt worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG gelte im System der vertragsärztlichen Leistungserbringung der Grundsatz, dass eine für bestimmte Leistungen erforderliche Genehmigung vor der Leistungserbringung erteilt sein müsse, und diese weder rückwirkend erteilt werden noch nach Erteilung Rückwirkung für einen vor der Erteilung liegenden Zeitraum entfalten könne. Der Umstand, dass die Klägerin die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung der Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus auch im Quartal II/05 erfüllt habe, könne insoweit zu keiner anderen Entscheidung führen. Der Nachweis einer Leistungserbringung vor dem 31. Dezember 2002 werde nicht von Amts wegen geführt, vielmehr obliege es der Klägerin, durch ihre Antragstellung ihr Begehren auf Abrechnungsgenehmigung geltend zu machen und damit dem Nachweiserfordernis Rechnung zu tragen.

Hiergegen hat die Klägerin am 17. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben.

Mit Urteil vom 5. Juli 2006 hat das Sozialgericht unter Abänderung des Bescheids vom 26. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2006 die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Genehmigung zur Abrechnung der Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus auch für den Zeitraum vom 4. April 2005 bis 30. Juni 2005 zu erteilen. In den Entscheidungsgründen führte es aus, dass nach allen Zusätzen zu den Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus sowie in Satz 1 zu Nr. 4 der Präambel in Abschnitt 3.1 EBM 2000 plus die strittigen Leistungen von Vertragsärzten im häuslichen Versorgungsbereich abrechnungsfähig seien, wenn diese eine mindestens einjährige Weiterbildung im Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe nachweisen können, oder wenn entsprechende Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 durchgeführt und abgerechnet wurden. Soweit die entsprechenden Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 durchgeführt und abgerechnet wurden, handle es sich um eine Fortführung der bisher erbrachten Leistungen, da bereits nach altem Recht ein Qualifikationsnachweis erforderlich gewesen sei. Es seien keine neuen Kriterien fachlicher oder sonstiger Art eingeführt worden. Der Nachweis der früheren Abrechnung könne automatisch durch die Abrechnungsunterlagen der Beklagten erbracht werden. Jedenfalls könne den Vorschriften nicht entnommen werden, dass ein Anspruch auf rückwirkende Genehmigung nicht bestehe. Die zu Qualitätsvereinbarungen ergangene Rechtsprechung sei insoweit nicht auf diesen Fall übertragbar.

Gegen das ihr am 17. Juli 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31. Juli 2006 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat sie vorgetragen, dass sich das Sozialgericht nicht damit auseinandergesetzt habe, ob die Klägerin überhaupt beschwert sei. Die Beklagte habe nicht lediglich für die Zukunft eine Genehmigung erteilt, sondern diese auf den Antragseingang zurückwirken lassen. Die Genehmigung sei zum 1. Juli 2005 und somit unter Bezug auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Quartal III/05 erteilt worden. Eine darüber hinausgehende Möglichkeit, die Genehmigung für die Vergangenheit zu erteilen, verbiete sich vor dem Hintergrund der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Die Honorarabrechnung des Quartals II/05, für das rückwirkend eine Genehmigung beantragt worden sei, sei bereits abgeschlossen gewesen. Die Beklagte würde mit Nachzahlungsansprüchen belastet, wenn sie Abrechnungsgenehmigungen unter Rückwirkung erteilte. Dies wäre nicht vereinbar mit dem Rechtssicherheitsbedürfnis aller an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, da mangels vorhandener Rückstellungen die aufzuwendenden Beträge nur der Gesamtvergütung für das laufende Abrechnungsquartal entnommen werden könnten. Dies würde dem Grundsatz zuwiderlaufen, dass alle Vertragsärzte und die die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen einen Rechtsanspruch darauf hätten, dass die für ein bestimmtes Quartal geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierung der in dem betreffenden Quartal erbrachten Leistungen verwendet werde. Es sei somit nicht sachgerecht, durch einen Vorwegabzug von Gesamtvergütungsanteilen Einfluss auf den Auszahlungspunktwert zu nehmen. Die zur Thematik der Rückabwicklung von Honorarbescheiden ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse in ihren Grundsätzen auf diesen Fall übertragen werden, da sich die Auswirkungen der rückwirkenden Abrechnungsgenehmigung gleich darstellten. Die Rückwirkung verbiete sich aus einem weiteren Gesichtspunkt heraus. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Ausschluss der Rückwirkung bei Genehmigungen nach Qualitätsvereinbarungen müsse entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auf den vorliegenden Fall Anwendung finden. Es gelte im System der vertragsärztlichen Leistungserbringung seit jeher der Grundsatz, dass eine für bestimmte spezialisierte Leistungen erforderliche Genehmigung vor der Leistungserbringung erteilt sein müsse und weder rückwirkend erteilt werden noch nach ihrer Erteilung Rückwirkung für einen vor der Erteilung liegenden Zeitpunkt entfalten könne (BSG vom 28. Januar 1998, Az. B 6 KA 93/96). Die Zweckmäßigkeit der Übertragung der BSG-Rechtsprechung ergebe sich vor dem Hintergrund, dass sowohl die Genehmigung nach Qualitätsvereinbarungen wie auch die Genehmigung nach EBM an die gleichen Voraussetzungen anknüpften. Bei den Qualitätsrichtlinien könne lediglich noch das Erfordernis einer besonderen Praxisausstattung hinzutreten. Allein dies rechtfertige keine Ungleichbehandlung im Hinblick auf den Ausschluss der Rückwirkung der Genehmigung. Die Parallelen lägen im Anknüpfungspunkt für die Genehmigungserteilung in der Form der fachlichen Qualifikation einerseits und der Nachweispflicht andererseits. Die Genehmigungsvoraussetzungen für die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung im vorliegenden Falle würden an die persönlich-fachliche Befähigung anknüpfen. Hinsichtlich der Genehmigungen, deren Erteilung eine Qualitätsvereinbarung zugrunde liege, werde ebenfalls an die persönlich-fachliche Qualifikation des Antragstellers angeknüpft. Darüber hinaus werde sowohl in den Qualitätsvereinbarungen als auch in den Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus der Nachweis der fachlichen Befähigung gefordert. Die Genehmigung könne nur erteilt werden, wenn der Antragsteller entweder Unterlagen über die Weiterbildung zur Verfügung stelle oder die Beklagte durch den Antrag dazu veranlasst werde, zu überprüfen, ob die maßgeblichen Ziffern bereits vor dem 31. Dezember 2002 erbracht wurden. Der mögliche Rückgriff auf Abrechnungsvorgänge durch die Beklagte helfe der Klägerin nicht über das Fehlen des Antrags hinweg. Andernfalls würde ein Antrag auf Abrechnungsgenehmigung als von all den Ärzten als gestellt gewertet werden müssen, die die betreffenden Ziffern in der Vergangenheit bereits vereinzelt zur Abrechnung gebracht haben und zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Abrechnung beantragen, da auf jede einzelne Abrechnung von Seiten der Beklagten Zugriff genommen werden könnte. Das Genehmigungserfordernis liefe leer. Ein Antrag sei erforderlich gewesen, weil die unter Geltung des EBM 1996 gegebene Abrechnungsbefugnis nicht automatisch fortgeschrieben worden sei. Das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen sei auch nicht anlässlich der Einführung des EBM 2000 plus von Amts wegen überprüft worden. Vielmehr habe die Einführung des EBM 2000 plus eine geänderte Verwaltungspraxis gebracht, die die Notwendigkeit einer Antragstellung zur Folge hatte. Darauf seien die Ärzte durch entsprechende Veröffentlichungen in der Info.doc Ausgabe März 2005 Seiten 13, 14 und 33 hingewiesen worden. Diesem Antragserfordernis sei die Klägerin jedoch nicht für das Quartal nachgekommen, für das sie nun mehr rückwirkend die Abrechnungsgenehmigung begehre, nämlich II/05. Nur wenn der Antrag bis zum 30. Juni 2005 gestellt sei, sei eine Abrechnung der Ziffern im II. Quartal 2005 möglich.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. Juli 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin weist darauf hin, dass die Abrechnung für das Quartal II/05 im September 2005 noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Bescheide über die Honorierung im Quartal II/05 seien erst rund ein Jahr später ergangen. In der Zwischenzeit seien Abschlagszahlungen vorgenommen worden, die zudem noch ergänzt worden seien. Bis August 2006 habe kein Mitglied der Beklagten einen Überblick darüber gehabt, wie sich der Honoraranspruch im Einzelnen errechne. Der Antrag der Klägerin beruhe auf einem Hinweis der Abrechnungsstelle der Beklagten. Gerade weil die Abrechnung noch nicht abgeschlossen gewesen sei, habe die Abrechnungsstelle die Klägerin auf die Antragstellung hingewiesen und in Bezug auf das Quartal II/05 angemahnt. Das Rechtssicherheitsbedürfnis aller an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte sei durch die Antragstellung im September 2005 in keiner Weise berührt worden. Die Beklagte habe keine einzige Rückstellung auflösen müssen, sondern habe in der Zeit von September 2005 bis August 2006 die Honorarabrechnung aller ihrer Mitglieder für das Quartal II/05 gestaltet. Die Anwendung der Rechtsprechung des BSG zur Thematik der Rückabwicklung von Honorarbescheiden sei im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um eine Genehmigung nach Qualitätsvereinbarungen, sondern um einen Bestandsschutz hinsichtlich der Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen. Dieser sei nicht dem Nachweis irgendeiner Qualifikation sondern allein der Tatsache geschuldet, dass die Klägerin diese Leistungen in den Vorquartalen in einem bestimmten Umfang abgerechnet habe. Die Grundlagen für den Nachweis würden sich zu 100% aus den Unterlagen der Beklagten selbst ergeben. Die Entscheidung des BSG vom 28. Januar 1998 zum Az.: B 6 KA 93/96 betreffe einen völlig anders gelagerten Fall, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei. Schon der Wortlaut der in Rede stehenden Ziffern 01730, 01821 usw. zeige, dass der jeweilige Antragsteller gegebenenfalls eine einjährige Weiterbildung nachweisen müsse. Die Abrechnung entsprechender Leistungen müsse er nicht nachweisen, sondern dieser Nachweis ergebe sich unmittelbar aus den Computerunterlagen der Beklagten selbst. Die Einschränkung der Abrechenbarkeit stelle eine Begrenzung der Berufsfreiheit dar. Dies sei nur zulässig, wenn die Einschränkung Gegenstand eines Gesetzes sei. Auch wenn man den EBM 2000 plus als eine Regelung ansehe, die aufgrund eines solchen Gesetzes verfassungskonform ist, sei es der Beklagten nicht gestattet, diese Regelungen ihrerseits nochmals zu Lasten der Berufsträger einzuschränken. Sachliche Gründe hierfür gebe es nicht. Weder die Qualifikation noch die Patienteninteressen könnten solche Gründe sein, da der EBM 2000 plus die Abrechnungsbefugnis ausschließlich daran knüpfe, dass der betroffene Vertragsarzt in der Vergangenheit in einem bestimmten Umfang die Leistungen erbracht habe. Auf die Richtlinien der KBV zur Qualitätssicherung bzw. zur Ultraschallvereinbarung komme es somit gar nicht an. Die ergänzende Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes enthalte gerade nicht eine zwingende Vorgabe der Art, dass der Antrag bis zum 30. Juni 2005 gestellt werden müsse, um eine Abrechnung der Ziffern im Quartal II/05 zu ermöglichen. Die Klägerin habe den Antrag bereits im September 2005 gestellt, als die Abrechnung für das Quartal II/05 in keiner Weise abgeschlossen gewesen sei. Im dritten Quartal 2005 habe die Abrechnungsstelle der Beklagten sämtliche Ärzte, bei denen es auf eine Befugnis ankomme, wie sie hier in Rede stehe, unterrichtet. Wer trotz einer solchen Unterrichtung keine Erklärung des Inhalts abgebe, dass er diese Leistungen weiter erbringen wolle, möge die Abrechnungsbefugnis verlieren. Dies rechtfertige aber nicht eine Verwaltungspraxis, wie sie die Beklagte im vorliegenden Fall praktiziert habe.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Vortrag der Klägerin, dass die Abrechnung für das Quartal II/05 zum Zeitpunkt der Antragstellung und Entscheidung über die Genehmigung noch nicht abgeschlossen gewesen sei, vom Beklagtenvertreter nicht bestritten.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Juli 2006 ist rechtlich nicht zu bestanden. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Februar 2006 ist rechtswidrig, soweit die beantragte Genehmigung zur Abrechnung der Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus für den Zeitraum vom 4. April 2005 bis 30. Juni 2005 versagt wurde. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Abrechnung der Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus auch für das Quartal II/05.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt eine Beschwer der Klägerin vor, nachdem diese ihren Antrag vom 9. September 2005 mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 dahingehend konkretisiert hatte, dass ausdrücklich eine Abrechnung der o. g. Ziffern für die Zeit ab 1. April 2005 begehrt wurde und nicht erst ab dem Quartal III/05, in dem der Antrag gestellt wurde.

Nach Nr. 4 der Präambel in Abschnitt 3.1 EBM 2000 plus sind Leistungen nach den Nrn. 01730, 01821, 01822, 01828 von Vertragsärzten im häuslichen Versorgungsbereich berechnungsfähig, wenn sie eine mindestens einjährige Weiterbildung im Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe nachweisen können oder wenn entsprechende Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 durchgeführt und abgerechnet wurden. Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin erfüllt. Zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass für die zweite Alternative kein gesonderter Nachweis erforderlich ist. Vielmehr stellt die vorgenannte Alternative lediglich darauf ab, dass entsprechende Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 tatsächlich durchgeführt und abgerechnet wurden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Zusätzen zu Nrn. 01730, 01821, 01822 und 01828. Diese lauten: Fachärzte für Allgemeinmedizin können die Leistung nach der Nr. 01730/ 01821/ 01822/ 01828 abrechnen, wenn sie nachweisen, dass sie diese Leistung bereits vor dem 31.12.2002 abgerechnet haben oder über eine mindestens einjährige gynäkologische Weiterbildung verfügen. Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass bereits nach altem Recht ein Qualifikationsnachweis erforderlich war und keine neuen Kriterien fachlicher oder sonstiger Art eingeführt wurden. Die Tatsache und damit auch der Nachweis der Durchführung der entsprechenden Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 ergibt sich aus den Abrechnungsunterlagen der Beklagten. Dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte nicht bereits von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, die vorhandenen Abrechnungsunterlagen der Klägerin zu überprüfen. Selbst wenn man von einem Antragserfordernis ausginge, kann den maßgeblichen Bestimmungen nicht das Erfordernis einer Antragstellung innerhalb des streitgegenständlichen Quartals entnommen werden. Eine derartige Antragsfrist - spätestens zum Quartalsende des streitgegenständlichen Quartals - ist nicht normiert. Folgerichtig wurde in dem von der Beklagten zitierten Info.doc März 2005, Seite 33 darauf hingewiesen, dass mit Einführung des neuen EBM 2000 plus nicht erneut ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müsse, sondern erteilte Genehmigungen grundsätzlich, vorbehaltlich nachfolgender Ausführungen, übertragen würden. Dabei wurde ausdrücklich auf die für Ärzte für Allgemeinmedizin bestehende Möglichkeit, ausgewählte gynäkologische Leistungen nach den Nrn. 1730, 018121, 01822 bzw. 01828 auch nach dem 1. April 2005 abzurechnen, hingewiesen, falls die entsprechenden Leistungen bereits zum 31. Dezember 2002 zur Abrechnung gekommen sind und/ oder eine mindestens 1-jährige gynäkologische Weiterbildung nachgewiesen ist. Eine zeitliche Vorgabe hinsichtlich des im letzten Absatz als notwendig angesehenen Antrags findet sich dort nicht und wäre rechtlich auch nicht begründbar.

Die Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Ausschluss der Rückwirkung bei Genehmigungen nach Qualitätsvereinbarungen führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Beklagte hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Bundessozialgericht im Urteil vom 28. Januar 1998, Az.: B 6 KA 93/96 R, ausgeführt hat, dass in dem System der vertragsärztlichen Leistungserbringung seit jeher der Grundsatz gilt, dass eine für bestimmte spezialisierte Leistungen erforderliche Genehmigung vor der Leistungserbringung erteilt sein muss und weder rückwirkend erteilt werden noch nach ihrer Erteilung Rückwirkungen für einen vor der Erteilung liegenden Zeitpunkt entfalten kann. Die entschiedene Fallgestaltung ist jedoch nicht mit der vorliegenden vergleichbar. Das BSG hat im Urteil vom 28. Januar 1998 entschieden, dass ein Vertragsarzt ärztliche Leistungen, deren Abrechenbarkeit den Nachweis einer besonderen Qualifikation erfordert, im Falle seiner Vertretung nur abrechnen kann, wenn auch der Vertreter die erforderliche Qualifikation nachgewiesen hat. Die Abrechnungsberechtigung für genehmigungsbedürftige Leistungen hängt von der jeweils leistungsbezogenen nachgewiesenen Qualifikation des Vertreters ab. Im entschiedenen Fall war zum Zeitpunkt der Erbringung der Leistungen die spezielle Qualifikation des Vertreters nicht nachgewiesen. Im Falle der Klägerin war jedoch die erforderliche Qualifikation bereits vor Erbringung der strittigen Leistungen nachgewiesen und ergab sich aus den Abrechnungsunterlagen der Beklagten. Zudem stellt die zweite Alternative in Nr. 4 der Präambel in Abschnitt 3.1 EBM 2000 plus lediglich auf die Durchführung und Abrechnung der entsprechenden Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 ab, deren Nachweis sich aus den Abrechnungsunterlagen der Beklagten ergibt, das Erfordernis eines erneuten Qualifikationsnachweises ist darin nicht geregelt. Entsprechendes ergibt sich aus den Zusätzen zu den Ziffern 01730, 01821, 01822 und 01828 EBM 2000 plus. Daher kann der vorgenannten Rechtsprechung keine Begründung dafür entnommen werden, das Quartal II/05 von der erteilten Genehmigung auszunehmen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht die zur Thematik der Rückabwicklung von Honorarbescheiden ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in ihren Grundsätzen auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hatte u. a. zum Gegenstand, ob die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) von ihrem in § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X eingeräumten Ermessen rechtmäßig Gebrauch macht, soweit sie die Belastung der Gesamtvergütung mit Nachzahlungen für die Vergangenheit so gering wie möglich hält und deshalb regelmäßig bestandskräftige Honorarbescheide nicht für die Vergangenheit zurücknimmt. Im Einzelnen hat das BSG hierzu ausgeführt, die der KÄV durch § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X eingeräumte Möglichkeit, bestandskräftige, zwischenzeitlich als rechtswidrig erkannte nicht begünstigende Bescheide für die Vergangenheit zurückzunehmen, habe nicht zur Folge, dass sie damit für den Regelfall gehalten werde, sich dieses Instruments zu Gunsten der betroffenen Leistungserbringer zu bedienen. Vielmehr eröffne diese Vorschrift der KÄV überhaupt erst die Befugnis, von dem § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V zu Grunde liegenden Gebot abzuweichen, die von den Krankenkassen für ein Quartal geleistete Gesamtvergütung an die in diesem Quartal an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten zu verteilen, und Gesamtvergütungsbestandteile solchen Leistungserbringern zu Gute zu bringen, die in der Vergangenheit auf der Grundlage bestandskräftiger Honorarbescheide zu niedrige Vergütungen erhalten haben. Ohne Berücksichtigung der in § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X eröffneten Möglichkeit ergäbe sich die Frage, ob eine KÄV überhaupt berechtigt wäre, zu Lasten der Gesamtvergütung für ein bestimmtes Quartal Nachvergütungen an Ärzte und Psychotherapeuten vorzunehmen, die zum Teil nicht mehr vertragsärztlich tätig sind, soweit dazu keine Rechtspflicht besteht. Jeder Vorwegabzug von Gesamtvergütungsanteilen vermindere in mehr oder weniger großem Ausmaß den Auszahlungspunktwert, der der Honorierung der im laufenden Quartal erbrachten vertragsärztlichen Leistungen zu Grunde liege. Grundsätzlich hätten sowohl die Vertragsärzte als auch die die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen einen Rechtsanspruch darauf, dass die für ein bestimmtes Quartal geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierung der in diesem Quartal erbrachten Leistungen verwendet wird (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, Az.: B 6 KA 21/04 R mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im Falle der Klägerin geht es jedoch gerade nicht um die Verteilung der für ein Quartal geleisteten Gesamtvergütung an Leistungserbringer, die in der Vergangenheit auf der Grundlage bestandskräftiger Honorarbescheide niedrigere Vergütungen erhalten haben. Zum Zeitpunkt der Antragstellung und Entscheidung der Beklagten war für den streitgegenständlichen Zeitraum von April bis Juli 2005 (zweites Quartal 2005) noch kein bestandskräftiger Honorarbescheid ergangen. Vielmehr war die Honorarverteilung für das Quartal II/2005 noch nicht abgeschlossen, bestandskräftige Bescheide für diesen Zeitraum lagen nicht vor, wie seitens der Klägerin zutreffend vorgetragen wurde und durch den Beklagten nicht mehr bestritten wird. Im Übrigen ergehen Honorarbescheide im Vertragsarztrecht zunächst - ungeachtet ihres Charakters als Verwaltungsakte im Sinne des § 31 SGB X - unter dem Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen (vgl. Urteile des BSG vom 12. Dezember 2001, Az.: B 6 KA 3/01 R und vom 31. Oktober 2001, Az.: B KA 16/00 R). Honorarbescheide können daher zunächst ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen sind innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Ergehen des Quartalabrechnungsbescheids zulässig. Gründe für eine Übertragung der Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Honorarbescheiden ergeben sich daher nicht.

Auch der Beschluss des BSG vom 8. September 2004 Az.: B 6 KA 32/04 B zum Bereich Qualitätssicherung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Danach führt der ausdrückliche Widerruf der Gewährleistung durch den Hersteller für ein Gerät zur Durchführung kernspintomographischer Untersuchungen zum Erlöschen der Genehmigung, nach dem Widerruf muss der Nachweis der apparativen Anforderungen neu geführt werden. Die erneute Benutzung des Geräts kann nach der Rechtsprechung des BSG nach dem Sinn und Zweck der Qualitätssicherung erst ab dem Zeitpunkt gestattet sein, ab dem die Erfüllung der apparativen Anforderungen durch Vorlage einer neuen Herstellergewährleistung nachgewiesen ist. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die Rechtsprechung zum Nachweis der Erfüllung von apparativen Anforderungen bei zwischenzeitlichem Widerruf der Herstellergewährleistung im vorliegenden Fall einschlägig sein sollte, zumal es in den hier maßgeblichen Regelungen des EBM 2000 plus um die Wahrung von Besitzständen bzw. um durchgängig vorliegende zusätzliche fachliche Qualifikationen geht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die endgültige Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlagen.
Rechtskraft
Aus
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