Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 603/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 182/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.04.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des Wegeunfalls des Klägers am 10.06.2004.
Der 1955 geborene Kläger ist selbständiger Gerüstbauer. Auf der Fahrt zu einer Baustelle stürzte er mit dem Motorrad und brach sich das linke Radiusköpfchen.
Die Beklagte zog den Durchgangsarztbericht des Dr. H. vom 10.06.2004 (Radiusköpfchen-Mehrfragment-Fraktur links), die Nachschauberichte des Dr. H. (vom 01.09.2004, 06.10.2004, 03.11.2004, 01.12.2004, 08.12.2004, 12.01.2005, 23.03.2005, 30.03.2005, 24.04.2005 und 27.07.2005) sowie einen Computertomographie-Befund des Dr. S. vom 12.01.2005 bei. Im ersten Rentengutachten des Dr. H./Dr. D. vom 01.03.2005 wurde die MdE 0 bis 10 v.H. bewertet. Nach Beiziehung eines weiteren Berichtes des Prof. Dr. B./Dr. S. vom 13.04.2005 und der Vorlage eines Attests des Dr. H./Dr. R. vom 12.05.2005 sowie des H-Arztberichtes des Dr. S. vom 19.10.2005 holte die Beklagte ein weiteres Rentengutachten des Dr. K. vom 24.01.2006/13.03.2006 ein, der die MdE in Übereinstimmung mit der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. P. vom 09.02.2006 auf 10 v.H. einschätzte. Mit Bescheid vom 19.04.2006 erkannte die Beklagte als Folge des Unfalles einen Speichenköpfchentrümmerbruch links an, lehnte jedoch die Gewährung einer Verletztenrente ab, da eine MdE von wenigstens 20 v.H. nicht erreicht werde. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2006 zurück.
Hiergegen legte der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) ein und beantragte, den Bescheid vom 19.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von mindestens 20 v.H. festzustellen und ihm in dieser Höhe Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. L. vom 02.01.2007. Dieser stellte beim Kläger eine leichtgradige Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks ohne sensomotorisches Defizit fest. Die MdE betrage 10 v.H. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2007 ab und nahm zur Begründung Bezug auf das Sachverständigengutachten des Dr. L ...
Hiergegen legte der Kläger Berufung ein. Er machte eine besondere Härte geltend, weil der Beruf als Gerüstbauer nicht mehr ausgeübt werden könne. Die MdE betrage deshalb mindestens 20 v.H.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. K. vom 31.12.2007. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass nach der gemessenen Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks keine MdE in Höhe von 20 v.H. gerechtfertigt sei. Die MdE betrage lediglich 10 v.H.
Die Beklagte wies im Schreiben vom 15.02.2008 darauf hin, dass bezüglich eines weiteren Arbeitsunfalls vom 15.07.1999 (Riss beider Achillessehnen) eine Klage am SG B-Stadt anhängig sei, die verwaltungsinterne Prüfung habe ergeben, dass eine MdE von 10 v.H. nicht erreicht werden. Deshalb werde eine Stützrenten-Gewährung abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.04.2007 sowie des Bescheides vom 19.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2006 zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H.
Die Entschädigung einer Gesundheitsstörung durch die Zahlung einer Verletztenrente
(§ 56 SGB VII) setzt voraus, dass sie Folge eines Versicherungsfalles, hier des Arbeitsunfalls vom 10.6.2004, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Dies ist bezüglich des Speichenköpfchentrümmerbruchs links unstreitig.
Außerdem muss die Minderung der Erwerbsfähigkeit grundsätzlich wenigstens 20 v.H. erreichen.
Die Bemessung des Grades der MdE, also die auf Grund des § 56 Abs.2 SGB VII durch Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfanges der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs.1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben den Feststellungen der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (BSGE SozR 3-2200 § 581, Nr.8 m.w.N.). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von der Wissenschaft herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall verbindlich sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE mit zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (BSG SozR 2200 § 581 Nr.23 und 27; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr.9). Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert als tatsächliche Feststellung stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs.1 Satz 1 SGG. In der gesetzlichen Unfallversicherung haben sich im Laufe der Zeit bei einer Vielzahl von Unfallfolgen oder Berufskrankheiten für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die in Form von sog. Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst sind und als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelfall dienen. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte stellen allgemeine Erfahrungssätze dar und bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr.8 m.w.N.). Bezüglich der Erkrankungen eines Ellenbogengelenks liegen ebenfalls MdE-Erfahrungswerte vor.
Zur Überzeugung des Senates steht aufgrund der Beweiserhebung fest, dass beim Kläger durch die Radiusköpfchen-Mehrfragment-Fraktur links keine funktionellen Ausfälle verursacht werden, die eine MdE von 20 v.H. rechtfertigen würden. Nach den im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren beider Instanzen festgestellten Bewegungseinschränkungen des linken Ellenbogengelenkes ist eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. nicht gerechtfertigt.
Dr. L. hat bei seiner Untersuchung des linken Ellenbogengelenks eine Streckung/ Beugung von 0 Grad-5 Grad-40 Grad sowie ein Drehen auswärts/einwärts von 80 Grad-0 Grad-70 Grad festgestellt. Dr. K. hat bei der Streckung/Beugung in etwa die Werte gemessen, die Dr. L. feststellte. Das Strecken/Beugen war mit einer Beweglichkeit von 0 Grad-5 Grad-135 Grad möglich, das Drehen auswärts/einwärts bis zu 90 Grad-0 Grad-90 Grad. Bezüglich der Beweglichkeit des linken Handgelenks konnte
Dr. K. keine Reduzierung feststellen. Diese Messwerte erlauben bei einer Einschätzung anhand der für Ellenbogen- und Handgelenke bestehenden Erfahrungsgrundsätze lediglich eine Bewertung der MdE mit 10 v.H. Der Senat hat keine Gründe, an dieser Einschätzung zu zweifeln. In allen Untersuchungen - sowohl im Verwaltungs- als auch im Gerichtsverfahren - erzielte der Kläger Bewegungsausmaße, die einer höheren Bewertung der MdE entgegenstehen.
Die vom Kläger geltend gemachte besondere berufliche Betroffenheit gemäß § 56 Abs.2 Satz 3 SGB VII liegt zur Überzeugung des Senates nicht vor. Wie das Sozialgericht München insoweit zutreffend ausgeführt hat, verfügt der Kläger weder über besondere Fachkenntnisse oder Fertigkeiten im Sinne von § 56 Abs.2 Satz 3 SGB VII noch hat er durch seine berufliche Tätigkeit eine besonders herausragende Stellung im Erwerbsleben erlangt. Es genügt nicht, dass der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 Anm. 12.3 m.w.N.). Damit kann der Kläger keine besondere berufliche Betroffenheit geltend machen, zumal er den ausgeübten Beruf des Gerüstbauers nicht in einer Ausbildung erlernt hat. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers wird mit § 56 Abs.2 Satz 3 kein Berufsschutz vergleichbar dem in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt. Lediglich in besonderen Härtefällen kann ausnahmsweise unter Abweichung vom Prinzip der abstrakten Schadensberechnung abweichend eine Erhöhung der MdE in Betracht kommen.
Soziale Härten können durch § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII nicht kompensiert werden.
Im Ergebnis hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Inwieweit ein Stützrententatbestand vorliegt, ist im noch anhängigen Verfahren vor dem Sozialgericht München hinsichtlich des Unfalles vom 15.07.1999 zu klären. Würde der Senat auch über diesen Unfall entscheiden, verlöre der Kläger eine Instanz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund des Wegeunfalls des Klägers am 10.06.2004.
Der 1955 geborene Kläger ist selbständiger Gerüstbauer. Auf der Fahrt zu einer Baustelle stürzte er mit dem Motorrad und brach sich das linke Radiusköpfchen.
Die Beklagte zog den Durchgangsarztbericht des Dr. H. vom 10.06.2004 (Radiusköpfchen-Mehrfragment-Fraktur links), die Nachschauberichte des Dr. H. (vom 01.09.2004, 06.10.2004, 03.11.2004, 01.12.2004, 08.12.2004, 12.01.2005, 23.03.2005, 30.03.2005, 24.04.2005 und 27.07.2005) sowie einen Computertomographie-Befund des Dr. S. vom 12.01.2005 bei. Im ersten Rentengutachten des Dr. H./Dr. D. vom 01.03.2005 wurde die MdE 0 bis 10 v.H. bewertet. Nach Beiziehung eines weiteren Berichtes des Prof. Dr. B./Dr. S. vom 13.04.2005 und der Vorlage eines Attests des Dr. H./Dr. R. vom 12.05.2005 sowie des H-Arztberichtes des Dr. S. vom 19.10.2005 holte die Beklagte ein weiteres Rentengutachten des Dr. K. vom 24.01.2006/13.03.2006 ein, der die MdE in Übereinstimmung mit der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. P. vom 09.02.2006 auf 10 v.H. einschätzte. Mit Bescheid vom 19.04.2006 erkannte die Beklagte als Folge des Unfalles einen Speichenköpfchentrümmerbruch links an, lehnte jedoch die Gewährung einer Verletztenrente ab, da eine MdE von wenigstens 20 v.H. nicht erreicht werde. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2006 zurück.
Hiergegen legte der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) ein und beantragte, den Bescheid vom 19.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von mindestens 20 v.H. festzustellen und ihm in dieser Höhe Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. L. vom 02.01.2007. Dieser stellte beim Kläger eine leichtgradige Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks ohne sensomotorisches Defizit fest. Die MdE betrage 10 v.H. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2007 ab und nahm zur Begründung Bezug auf das Sachverständigengutachten des Dr. L ...
Hiergegen legte der Kläger Berufung ein. Er machte eine besondere Härte geltend, weil der Beruf als Gerüstbauer nicht mehr ausgeübt werden könne. Die MdE betrage deshalb mindestens 20 v.H.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. K. vom 31.12.2007. Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass nach der gemessenen Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks keine MdE in Höhe von 20 v.H. gerechtfertigt sei. Die MdE betrage lediglich 10 v.H.
Die Beklagte wies im Schreiben vom 15.02.2008 darauf hin, dass bezüglich eines weiteren Arbeitsunfalls vom 15.07.1999 (Riss beider Achillessehnen) eine Klage am SG B-Stadt anhängig sei, die verwaltungsinterne Prüfung habe ergeben, dass eine MdE von 10 v.H. nicht erreicht werden. Deshalb werde eine Stützrenten-Gewährung abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 04.04.2007 sowie des Bescheides vom 19.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2006 zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogene Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H.
Die Entschädigung einer Gesundheitsstörung durch die Zahlung einer Verletztenrente
(§ 56 SGB VII) setzt voraus, dass sie Folge eines Versicherungsfalles, hier des Arbeitsunfalls vom 10.6.2004, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Dies ist bezüglich des Speichenköpfchentrümmerbruchs links unstreitig.
Außerdem muss die Minderung der Erwerbsfähigkeit grundsätzlich wenigstens 20 v.H. erreichen.
Die Bemessung des Grades der MdE, also die auf Grund des § 56 Abs.2 SGB VII durch Schätzung vorzunehmende Festlegung des konkreten Umfanges der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs.1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben den Feststellungen der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (BSGE SozR 3-2200 § 581, Nr.8 m.w.N.). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von der Wissenschaft herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall verbindlich sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE mit zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen Wandel unterliegen (BSG SozR 2200 § 581 Nr.23 und 27; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr.9). Die Feststellung der Höhe der MdE erfordert als tatsächliche Feststellung stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs.1 Satz 1 SGG. In der gesetzlichen Unfallversicherung haben sich im Laufe der Zeit bei einer Vielzahl von Unfallfolgen oder Berufskrankheiten für die Schätzung der MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die in Form von sog. Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst sind und als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelfall dienen. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte stellen allgemeine Erfahrungssätze dar und bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr.8 m.w.N.). Bezüglich der Erkrankungen eines Ellenbogengelenks liegen ebenfalls MdE-Erfahrungswerte vor.
Zur Überzeugung des Senates steht aufgrund der Beweiserhebung fest, dass beim Kläger durch die Radiusköpfchen-Mehrfragment-Fraktur links keine funktionellen Ausfälle verursacht werden, die eine MdE von 20 v.H. rechtfertigen würden. Nach den im Verwaltungsverfahren und im Gerichtsverfahren beider Instanzen festgestellten Bewegungseinschränkungen des linken Ellenbogengelenkes ist eine Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. nicht gerechtfertigt.
Dr. L. hat bei seiner Untersuchung des linken Ellenbogengelenks eine Streckung/ Beugung von 0 Grad-5 Grad-40 Grad sowie ein Drehen auswärts/einwärts von 80 Grad-0 Grad-70 Grad festgestellt. Dr. K. hat bei der Streckung/Beugung in etwa die Werte gemessen, die Dr. L. feststellte. Das Strecken/Beugen war mit einer Beweglichkeit von 0 Grad-5 Grad-135 Grad möglich, das Drehen auswärts/einwärts bis zu 90 Grad-0 Grad-90 Grad. Bezüglich der Beweglichkeit des linken Handgelenks konnte
Dr. K. keine Reduzierung feststellen. Diese Messwerte erlauben bei einer Einschätzung anhand der für Ellenbogen- und Handgelenke bestehenden Erfahrungsgrundsätze lediglich eine Bewertung der MdE mit 10 v.H. Der Senat hat keine Gründe, an dieser Einschätzung zu zweifeln. In allen Untersuchungen - sowohl im Verwaltungs- als auch im Gerichtsverfahren - erzielte der Kläger Bewegungsausmaße, die einer höheren Bewertung der MdE entgegenstehen.
Die vom Kläger geltend gemachte besondere berufliche Betroffenheit gemäß § 56 Abs.2 Satz 3 SGB VII liegt zur Überzeugung des Senates nicht vor. Wie das Sozialgericht München insoweit zutreffend ausgeführt hat, verfügt der Kläger weder über besondere Fachkenntnisse oder Fertigkeiten im Sinne von § 56 Abs.2 Satz 3 SGB VII noch hat er durch seine berufliche Tätigkeit eine besonders herausragende Stellung im Erwerbsleben erlangt. Es genügt nicht, dass der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 Anm. 12.3 m.w.N.). Damit kann der Kläger keine besondere berufliche Betroffenheit geltend machen, zumal er den ausgeübten Beruf des Gerüstbauers nicht in einer Ausbildung erlernt hat. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers wird mit § 56 Abs.2 Satz 3 kein Berufsschutz vergleichbar dem in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt. Lediglich in besonderen Härtefällen kann ausnahmsweise unter Abweichung vom Prinzip der abstrakten Schadensberechnung abweichend eine Erhöhung der MdE in Betracht kommen.
Soziale Härten können durch § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII nicht kompensiert werden.
Im Ergebnis hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Inwieweit ein Stützrententatbestand vorliegt, ist im noch anhängigen Verfahren vor dem Sozialgericht München hinsichtlich des Unfalles vom 15.07.1999 zu klären. Würde der Senat auch über diesen Unfall entscheiden, verlöre der Kläger eine Instanz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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