Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 73/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 445/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 10.04.2008 (Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe) aufgehoben.
II. Der Antragstellerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt K. S., B-Stadt, beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig war im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II – Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab Februar 2008.
.
Die Antragstellerin (Ast) bezog zuletzt Alg II in Höhe von 685,57 EUR. Mit Bescheid vom 24.01.2008 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) auf den Fortzahlungsantrag der Ast hin Alg II für Januar 2008 in Höhe von 2,08 EUR und für Februar bis Juni 2008 in Höhe von 98,87 EUR monatlich. Die Ag ging dabei von der Erzielung von Einkommen durch die Ast aus. Dagegen legte die Ast Widerspruch ein. Das Einkommen sei einer dritten Person zuzurechnen. Über den Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden worden.
Bereits am 22.01.2008 hat die Ast beim Sozialgericht Würzburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, ihr vorläufig von Februar 2008 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens Alg II in Höhe von mindestens 685,57 EUR monatlich zu zahlen. Am 18.02.2008 hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren begehrt und mitgeteilt, dass sie seit 13.02.2008 als kaufmännische Angestellte tätig sei und ab März 2008 einen
Nettolohn in Höhe von 1.512,96 EUR erhalte. Alg II werde daher zur Überbrückung – gegebenenfalls darlehensweise – begehrt. Am 19.03.2008 hat die Ast die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen übersandt.
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG abgelehnt (weiterer Beschluss vom 10.04.2008). Zum Zeitpunkt der Entscheidung sei hinsichtlich der Leistung für die Vergangenheit ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Hinsichtlich Leistungen ab April 2008 sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, die Ast sei wegen ihres Einkommens nicht bedürftig.
Mit weiterem Beschluss vom 10.04.2008 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH (19.03.2008) habe Bedürftigkeit nicht mehr vorgelegen. Es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das Einkommen hieraus genüge, um den Bedarf zu decken. Im Übrigen habe die Ag während des Antragsverfahrens 300,00 EUR an die Ast am 18.02.2008 ausgezahlt, was zur vorläufigen Bedarfsdeckung für Februar ausreichend gewesen sei. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung habe somit keine hinreichende Erfolgaussicht.
Gegen beide Beschlüsse hat die Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, aber die Beschwerde gegen die Nichtgewährung einstweiligen Rechtsschutzes zwischenzeitlich zurückgenommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und auch begründet. Der Beschluss des SG bezüglich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist aufzuheben. Der Ast ist Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen.
Nach § 73a SGG i.V.m. § 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es genügt für die Annahme einer hinreichenden Erfolgaussicht eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl., § 73a Rdnr.7). Der Erfolg braucht nicht mit Sicherheit feststehen.
Eine solche hinreichende (Teil-)Erfolgsaussicht besteht vorliegend.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind dabei die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Philippi in Zöller, ZPO, 26.Aufl., § 119 Rdnr.44 m.w.N.). In Fällen verfahrensordnungswidriger Verzögerungen der Entscheidung über den Antrag in erster Instanz muss maßgebender Zeitpunkt allerdings der Zeitpunkt sein, in dem ordnungsgemäß über den Antrag hätte entschieden werden können (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28.Aufll. 2007 Rdnr.10).
Vorliegend war eine Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH frühestens mit Eingang des Fragebogens zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen am 19.03.2008 möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin bereits ihr Februar-Gehalt in Höhe von 600,85 EUR netto erhalten, denn sie hat diese Gehaltsabrechnung mit dem Fragebogen vorgelegt. Zudem hat die Ag für Februar 2008 noch 300,00 EUR an die Ast am 18.02.2008 ausgezahlt. Nachdem die Ast jedoch bis Dezember 2007 685,57 EUR Alg II erhalten hat und für Februar und März 2008 kein Zufluss weiteren Einkommens erkennbar ist, ist nicht auszuschließen, dass die Ast zumindest bis zur Auszahlung des Gehaltes für März 2008 (wohl im April 2008) Anspruch auf aufstockende Leistungen für März 2008 hätte haben können. Das Nettogehalt für Februar – ausgezahlt im März 2008 - übersteigt den Bedarf von 685,57 EUR nach Abzug der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge nicht. Für März 2008 hat daher im Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH noch ein Anordnungsanspruch ebenso bestanden wie ein Anordnungsgrund, denn die Ast befand sich im März 2008 noch in einer Notlage. Sie hatte weniger Nettoeinkommen zur Verfügung als ihr vorher Alg II, das der Existenzsicherung dient, gezahlt worden ist. Somit war zumindest für März 2008 eine teilweise hinreichende Erfolgsaussicht gegeben. Bei einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH zu diesem Zeitpunkt hat die hinreichende (Teil-)Erfolgaussicht damit bestanden.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Bewilligung von PKH liegen nach den vorgelegten Unterlagen vor.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Der Antragstellerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt K. S., B-Stadt, beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig war im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II – Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab Februar 2008.
.
Die Antragstellerin (Ast) bezog zuletzt Alg II in Höhe von 685,57 EUR. Mit Bescheid vom 24.01.2008 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) auf den Fortzahlungsantrag der Ast hin Alg II für Januar 2008 in Höhe von 2,08 EUR und für Februar bis Juni 2008 in Höhe von 98,87 EUR monatlich. Die Ag ging dabei von der Erzielung von Einkommen durch die Ast aus. Dagegen legte die Ast Widerspruch ein. Das Einkommen sei einer dritten Person zuzurechnen. Über den Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden worden.
Bereits am 22.01.2008 hat die Ast beim Sozialgericht Würzburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, ihr vorläufig von Februar 2008 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens Alg II in Höhe von mindestens 685,57 EUR monatlich zu zahlen. Am 18.02.2008 hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren begehrt und mitgeteilt, dass sie seit 13.02.2008 als kaufmännische Angestellte tätig sei und ab März 2008 einen
Nettolohn in Höhe von 1.512,96 EUR erhalte. Alg II werde daher zur Überbrückung – gegebenenfalls darlehensweise – begehrt. Am 19.03.2008 hat die Ast die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen übersandt.
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG abgelehnt (weiterer Beschluss vom 10.04.2008). Zum Zeitpunkt der Entscheidung sei hinsichtlich der Leistung für die Vergangenheit ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Hinsichtlich Leistungen ab April 2008 sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, die Ast sei wegen ihres Einkommens nicht bedürftig.
Mit weiterem Beschluss vom 10.04.2008 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH (19.03.2008) habe Bedürftigkeit nicht mehr vorgelegen. Es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das Einkommen hieraus genüge, um den Bedarf zu decken. Im Übrigen habe die Ag während des Antragsverfahrens 300,00 EUR an die Ast am 18.02.2008 ausgezahlt, was zur vorläufigen Bedarfsdeckung für Februar ausreichend gewesen sei. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung habe somit keine hinreichende Erfolgaussicht.
Gegen beide Beschlüsse hat die Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, aber die Beschwerde gegen die Nichtgewährung einstweiligen Rechtsschutzes zwischenzeitlich zurückgenommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und auch begründet. Der Beschluss des SG bezüglich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist aufzuheben. Der Ast ist Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen.
Nach § 73a SGG i.V.m. § 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es genügt für die Annahme einer hinreichenden Erfolgaussicht eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl., § 73a Rdnr.7). Der Erfolg braucht nicht mit Sicherheit feststehen.
Eine solche hinreichende (Teil-)Erfolgsaussicht besteht vorliegend.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind dabei die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Philippi in Zöller, ZPO, 26.Aufl., § 119 Rdnr.44 m.w.N.). In Fällen verfahrensordnungswidriger Verzögerungen der Entscheidung über den Antrag in erster Instanz muss maßgebender Zeitpunkt allerdings der Zeitpunkt sein, in dem ordnungsgemäß über den Antrag hätte entschieden werden können (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28.Aufll. 2007 Rdnr.10).
Vorliegend war eine Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH frühestens mit Eingang des Fragebogens zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen am 19.03.2008 möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin bereits ihr Februar-Gehalt in Höhe von 600,85 EUR netto erhalten, denn sie hat diese Gehaltsabrechnung mit dem Fragebogen vorgelegt. Zudem hat die Ag für Februar 2008 noch 300,00 EUR an die Ast am 18.02.2008 ausgezahlt. Nachdem die Ast jedoch bis Dezember 2007 685,57 EUR Alg II erhalten hat und für Februar und März 2008 kein Zufluss weiteren Einkommens erkennbar ist, ist nicht auszuschließen, dass die Ast zumindest bis zur Auszahlung des Gehaltes für März 2008 (wohl im April 2008) Anspruch auf aufstockende Leistungen für März 2008 hätte haben können. Das Nettogehalt für Februar – ausgezahlt im März 2008 - übersteigt den Bedarf von 685,57 EUR nach Abzug der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge nicht. Für März 2008 hat daher im Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH noch ein Anordnungsanspruch ebenso bestanden wie ein Anordnungsgrund, denn die Ast befand sich im März 2008 noch in einer Notlage. Sie hatte weniger Nettoeinkommen zur Verfügung als ihr vorher Alg II, das der Existenzsicherung dient, gezahlt worden ist. Somit war zumindest für März 2008 eine teilweise hinreichende Erfolgsaussicht gegeben. Bei einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH zu diesem Zeitpunkt hat die hinreichende (Teil-)Erfolgaussicht damit bestanden.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Bewilligung von PKH liegen nach den vorgelegten Unterlagen vor.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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