L 2 B 168/08 SB RH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 39 RH 532/07 SB
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 168/08 SB RH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 28. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Ordnungsgeldbeschlusses des Sozialgerichts München vom 28.01.2008.

Das Zentrum Bayern, Familie und Soziales (ZBFS) hatte vom Beschwerdeführer in einem Schwerbehindertenverfahren am 10.08.2007 einen Befundbericht erbeten und das Sozialgericht im Wege der Rechtshilfe gebeten, den Beschwerdeführer als Zeugen einzuvernehmen, nachdem dieser trotz Mahnungen vom 14.09.2007 und 15.10.2007 der Aufforderung nicht nachgekommen war.

Am 04.12.2007 wies das Sozialgericht den Beschwerdeführer darauf hin, falls der Befundbericht nicht unverzüglich dem Sozialgericht – nicht dem ZBFS – übersandt werde, werde eine Ladung zur Einvernahme als Zeugen folgen. Falls er der Vorladung nicht Folge leiste, müsse er mit der Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen.

Am 15.01.2008 lud das Sozialgericht den Beschwerdeführer zur Einvernehme auf Montag, den 28.01.2008. Der Ladung war der Hinweis angefügt, dass bei rechtzeitigem Eingang des Befundberichts bis spätestens 25.01.2008 die Ladung gegenstandslos sei. Nochmals wurde auf die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens hingewiesen. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer am 16.01.2008 unter seiner Adresse in A-Stadt, A-Straße mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Laut Aktennotiz der Geschäftsstellenangestellten M. vom 23.01.2002 hatte der Beschwerdeführer am Vortag angerufen und erklärt, er habe den Befundbericht dem Sozialgericht bereits per Fax übermittelt.

Im Termin am 28.01.2008 erschien der Beschwerdeführer nicht. Der Vorsitzende der 39. Kammer legte dem Beschwerdeführer 500 EUR Ordnungsgeld wegen entschuldigten Fernbleibens und 100 EUR Kosten auf. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 01.02.2008 zugestellt. Eine nochmalige Ladung auf den 03.03.2008 wurde ebenfalls mit Postzustellungsurkunde am 19.02.2008 zugestellt.

Am 26.02.2008 ging beim Sozialgericht der Befundbericht mit Datum vom 24.02.2008 ein.

Gegen den Ordnungsgeldbeschluss legte der Beschwerdeführer mit beim Bayer. Landessozialgericht am 26.02.2008 eingegangenem Schreiben Beschwerde ein. Er habe zwar die Ladung zum Termin am 28.01.2008 erhalten, habe aber in einem Telefonat am 22.01.2008 der Geschäftsstellenmitarbeiterin M. versichert, der Befundbericht sei bereits im Dezember 2007 per Fax an das Sozialgericht übermittelt worden. Daraufhin sei die Ladung fallen gelassen worden. Allerdings sei dann im Schreiben des Sozialgerichts vom 23.01.2008 die Ladung wieder aufrecht erhalten worden, mit dem Zusatz, dass dies gelte, wenn der Befundbericht nicht bis spätestens 28.01.2008 um 7.00 Uhr beim Sozialgericht eingegangen sei. Wegen verschiedener Schwierigkeiten in Verbindung mit dem Umzug in seine neuen Praxisräume in A-Stadt sei er vom Bauträger in der Zeit vom 22.01. bis 30.01.2008 am Betreten seiner neuen Praxisräume gehindert worden. Er habe das Schreiben des Sozialgerichts vom 23.01.2008 erst am 30.01.2008 lesen können und sei dem Termin ferngeblieben.

Auf Anfrage des Senats teilte das ZBFS am 03.04.2008 mit, der Befundbericht vom 24.02.2008 sei erst am 29.02.2008 dort eingegangen. Der Senat bat den Beschwerdeführer durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung oder des Fax-Sendeprotokolls glaubhaft zu machen, dass er den Befundbericht bereits im Dezember 2007 per Fax an das Sozialgericht übersandt hatte. Der Beschwerdeführer legte hierzu eine eigene eidesstattliche Versicherung vor und wiederholte am 05.06.2008 nochmals, dass er den Befundbericht bereits 2007 an das ZBFS und an das Sozialgericht per Fax übersandt habe und am 22.01.2008 mit Frau M. telefoniert habe. Er legte das Schreiben des Sozialgerichts vom 23.01.2008 vor.

Das Sozialgericht München legte die Fax-Empfangsprotokolle aus der Zeit vom 30.11.2007 bis 03.01.2008 vor. Eine Fax-Sendung von der Faxnummer des Beschwerdeführers ist darin nicht enthalten.

Der Beschwerdeführer legte eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin J. W. vor. Diese versicherte darin am 13.06.2008, sie habe in der Zeit vom 22.01. bis 30.01.2008 die neuen Praxisräume des Beschwerdeführers nicht betreten können. Die erste Sprechstunde habe am Freitag, den 01.02.2008 stattgefunden.

Der Kläger beantragt weiterhin den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts München vom 28.01.2008 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 173 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber unbegründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts München vom 28.01.2008 ist rechtmäßig und ist nicht aufzuheben.

Nach § 118 Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs.1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs.1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Für die Höhe des Ordnungsgeldes setzt Art.6 Abs.1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) einen Rahmen zwischen 5,00 EUR und 1.000,00 EUR fest.

Voraussetzung für das Auferlegen eines Ordnungsgeldes ist demnach, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen seines Nichterscheinens hingewiesen worden war. Dies trifft hier zu. Die Ladung zum Termin am 28.01.2008 wurde ihm mit Postzustellungsurkunde vom 16.01.2008 zugestellt. Der Zugang und dieses Zugangsdatum wird auch nicht bestritten. Aus der Ladungsverfügung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer auf die Folgen einer Säumnis, nämlich das Auferlegen eines Ordnungsgeldes bis 1.000 EUR, hingewiesen wurde. Sein Vorbringen zur Begründung seiner Beschwerde stellt weder eine rechtzeitige Entschuldigung noch eine nachträgliche genügende Entschuldigung gemäß § 381 Abs.1 ZPO dar. In Betracht kommt beim gegebenen Sachverhalt lediglich eine nachträgliche Entschuldigung. Die Aufhebung eines Ordnungsgeldbeschlusses auf eine nachträgliche Entschuldigung eines Zeugen bzw. eines sachverständigen Zeugen setzt voraus, dass dieser Tatsachen vorträgt und glaubhaft macht, aus denen sich ergibt, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung und dem Nichterscheinen kein Verschulden trifft. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar könnte das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich darauf verlassen, dass der Termin vom 28.01.2008 aufgehoben sei aufgrund seines Telefonats mit der Geschäftsstellenangestellten M. am 22.01.2008 und er habe das anders lautende Schreiben des Sozialgerichts vom 23.01.2008 nicht vor dem Termin erhalten, als nachträgliche Entschuldigung gelten. Jedoch steht dem die Tatsache entgegen, dass vor dem 28.01.2008 beim Sozialgericht der streitige Befundbericht nicht eingegangen war und vor allem nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, bereits im Dezember 2007 per Fax. Von dieser Tatsache ist der Senat aufgrund der vom Sozialgericht vorgelegten Empfangsprotokolle und der Auskunft des ZBFS überzeugt. Dass am 22.01.2008, dem Telefonat zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sozialgericht, der Befundbericht noch nicht eingegangen war, war dem Beschwerdeführer auch zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt worden. Er hätte sich vergewissern müssen, ob von seinem Fax ein entsprechendes Schreiben mit dem Befundbericht an das Sozialgericht München gesandt worden war. Diese Sorgfalt war dem Beschwerdeführer zumutbar und zwar schon vor dem 22.01.2008 und auch unmittelbar danach. Denn es war bereits in der Ladung vom 15.01.2008, die der Beschwerdeführer unstreitig erhalten hatte, darauf hingewiesen worden, dass der Termin nur dann aufgehoben würde, wenn der Befundbericht bis zum 25.01.2008 eingegangen sei. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass die mit dem Umzug in seine neuen Praxisräume verbundenen Schwierigkeiten zu einer gewissen organisatorischen Belastung geführt hatten, jedoch rechtfertigt dies allein nicht, eine genügende Entschuldigung für sein Fernbleiben anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als er zwei Mahnschreiben des ZBFS, ein Aufforderungsschreiben des Sozialgerichts vom 04.12.2007 und die Ladung vom 15.01.2008 erhalten hatte. Hinzu kommt, dass der letztendlich vorgelegte Befundbericht das Datum vom 24.02.2008 trägt. Bei diesem Verlauf hätte erwartet werden können, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Sozialgericht in Verbindung gesetzt hätte, sobald ihm das Schreiben vom 23.01.2008 zugänglich geworden war. Nach seinen eigenen Angaben war dies der 30.01.2008. Am 01.02.2008 war ihm darüber hinaus der Ordnungsgeldbeschluss und am 19.02.2008 die Ladung zum Folgetermin für den 04.03.2008 zugestellt worden. Aus den Gesamtumständen ergibt sich kein Anhalt dafür, dass der Beschwerdeführer mit der Aufhebung des Termins vom 28.01.2008 rechnen durfte. Insgesamt stellt sein Verhalten keine hinreichende nachträgliche Entschuldigung für sein Fernbleiben dar. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses gemäß § 381 Abs.1 ZPO sind nicht erfüllt.

Auch die Tatsache, dass der Befundbericht am 26.02.2008 übersandt wurde, rechtfertigt nicht die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses. Zwar kann von der Auferlegung von Ordnungsgeld abgesehen werden, wenn die auf diese Weise erzwungene Maßnahme keine Bedeutung für den Prozess hat, jedoch in der Regel nur dann, wenn
ohne die mit Ordnungsgeld erzwungene Maßnahme der Rechtsstreit entschieden werden konnte, bzw. hier das Rechtshilfeersuchen erledigt wurde. Dies trifft hier nicht zu. Ein ausnahmsweises Absehen von Ordnungsgeld kommt daher nicht in Betracht. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts vom 28.01.2008 erweist sich als rechtmäßig.

Dies gilt auch für die Höhe des Ordnungsgeldes, gegen die der Beschwerdeführer keine detaillierten Einwände erhoben hat und die den mittleren Bereich des von Art.6 Abs.1 EGStGB vorgegebenen Rahmen mit 500,00 EUR nicht übersteigt. Innerhalb des Rahmens von 5,00 EUR und 1.000,00 EUR bestimmt das Gericht die Höhe des Ordnungsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen. Bewegt sich dieses im mittleren Bereich des Rahmens, ist eine eingehende Begründung der Ermessensentscheidung nicht erforderlich (Meyer-Ladewig, Kellerer, Leitherer, Komm., SGG, 8. Aufl., § 111 Anm. 6b). Bei der beruflichen Stellung des Klägers als niedergelassener Arzt sind keine Gründe erkennbar, die das Ordnungsgeld unangemessen erscheinen ließen.

Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Beschluss des Sozialgerichts vom 28.01.2008 rechtmäßig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf analoger Anwendung des § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach sind demjenigen, der unterliegt bzw. der ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat, die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. § 197 a SGG findet hier Anwendung, weil der Beschwerdeführer nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Danach sind nur Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenen-Leistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger von Gerichtskosten befreit, wenn sie als Kläger oder Beklagte in einem Rechtsstreit vor den Sozilagerichten beteiligt sind. Der Beschwerdeführer ist als Zeuge nicht diesem Personenkreis zuzuordnen (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 176 Anm.5). Ihm waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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