L 7 SO 1897/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 4020/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1897/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten.

Die am 1959 geborene Klägerin ist die Mutter des am 1987 geborenen Sohnes Frank K., der aus einer nichtehelichen Verbindung stammt, sowie der Tochter Ninette Ki. (geb. 7 1996); die Tochter ging aus der am 27. März 2001 geschiedenen Ehe mit Armin Ki. hervor. Die Klägerin und ihre Kinder bezogen mit Unterbrechungen vom Beklagten ab März 1998 - der seinen verstorbenen Vater beerbende Sohn Frank allerdings nur bis März 2002 - laufende und einmalige Leistungen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes; letztmals erfolgten Bewilligungen für das Jahr 2004 durch den den Bescheid vom 26. Februar 2004 ändernden Bescheid vom 1. März 2004, mit welchem die Hilfe zum Lebensunterhalt für den Monat Januar 2004 auf insgesamt 341,71 Euro sowie ab Februar 2004 auf insgesamt 495,04 Euro festgesetzt worden war; hinzukamen einmalige Beihilfen (Bescheide vom 26. Februar, 1. März, 22. März, 29. März, 30. Juni, 7. September, 12. Oktober und 14. Oktober 2004).

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Armin Ki. am 4. Februar 2005 erfuhr der Beklagte, dass die Klägerin wegen Ehegattenunterhalts von Januar bis November 2004 Lohnpfändungen hatte durchführen lassen; eine entsprechende Aufstellung über gepfändete Beträge in Höhe von insgesamt 3.022,34 Euro erhielt das Sozialamt am 8. März 2005. Mit Schreiben vom 13. Mai 2005 und nochmals mit Schreiben vom 29. Mai 2006 forderte der Beklagte die Klägerin über den die Lohnpfändungen veranlassenden Rechtsanwalt Kur. auf, darzulegen, welche Unterhaltsbeträge dieser im Jahr 2004 zugeflossen seien. Darauf teilte Rechtsanwalt Kur. schließlich mit Schriftsatz vom 9. Juni 2006 mit, der Klägerin seien im Zeitraum vom 14. Juni bis 23. Dezember 2004 insgesamt 1.156,69 Euro ausgezahlt worden; der Restbetrag sei auf offene Gebührenforderungen verbucht worden. Auf die Anfrage des Beklagten (Schreiben vom 12. Oktober 2006), welche Kosten und Gebührenansprüche dem Rechtsanwalt anlässlich der Pfändungen entstanden seien, gab dieser im Schriftsatz vom 16. November 2006 lediglich an, dass er zur Verrechnung offener Gebührenforderungen berechtigt sei; die zugleich angekündigte ergänzende Stellungnahme erfolgte trotz Erinnerung nicht. Der Beklagte errechnete darauf eine Überzahlung von 2.863,57 Euro. Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 22. März 2007) hob der Beklagte durch Bescheid vom 3. Mai 2007 die Bescheide vom 26. Februar und 1. März 2004 über die Gewährung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2004 sowie einmaliger Beihilfen (teilweise) auf und forderte die Erstattung eines Betrags von 2.863,57 Euro. Der ohne Begründung gebliebene Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2007, Rechtsanwalt Kur. mittels Postzustellungsurkunde am 15. September 2007 (Samstag) durch Einlegung in den Briefkasten übermittelt, zurückgewiesen.

Am 17. Oktober 2007 ist beim Sozialgericht Reutlingen (SG) ein von Rechtsanwalt Kur. unterzeichneter Schriftsatz vom 16. Oktober 2007 eingegangen, in welchem eine "namens und in Vollmacht" der Klägerin erhobene Klage gegen den Bescheid vom 3. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2007 formuliert ist. Die Klage ist ohne Anträge und ohne Begründung geblieben. Mit richterlicher Verfügung vom 4. März 2008 (per Fax übermittelt am selben Tage) hat das SG Rechtsanwalt Kur. - nach zuvor dreimaliger vergeblicher Aufforderung zur Vorlage der Klagebegründung sowie zur Einreichung einer Vollmacht - darauf hingewiesen, dass die Klage als unzulässig abzuweisen sein werde, wenn nicht bis zum 19. März 2008 eine Vollmacht zu den Akten gereicht werde; das Gericht beabsichtige dann, den Rechtsstreit nach § 105 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Mit Gerichtsbescheid vom 20. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Gründen hat es unter Verweis auf das Urteil des Senats vom 29. August 2006 - L 7 AY 1799/06 - (juris) ausgeführt, dass die Klage mangels Vorlage einer Vollmacht unzulässig sei. Der Gerichtsbescheid ist noch am selben Tage zur Post aufgegeben worden. Erst am Nachmittag des 20. März 2008 gegen 15.10 Uhr ist ein Fristverlängerungsgesuch des Rechtsanwalts (Schriftsatz vom 19. März 2008) beim SG eingegangen; im Schriftsatz ist davon die Rede, dass die Klägerin sich zwischenzeitlich in anderer Angelegenheit durch einen Rechtsanwalt Bona habe vertreten lassen; es habe noch nicht geklärt werden können, ob dieser die Klägerin auch in diesem Verfahren vertrete.

Gegen den Rechtsanwalt Kur. gegen Empfangsbekenntnis am 27. März 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser namens und in Vollmacht der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. April 2008 (adressiert an "Verwaltungsgericht Baden-Württemberg, Hauffstr. 5, 70190 Stuttgart") Berufung eingelegt; der Schriftsatz ist am 21. April 2008 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangen und am 22. April 2008 an das Landessozialgericht weitergeleitet worden. Dem Schriftsatz beigefügt war eine auf den 20. März 2008 datierte schriftliche Vollmacht der Klägerin; hierbei ist für den in der Vollmacht verwendeten Ortsnamen (P. = früherer Wohnort der Klägerin) sowie die Unterschrift der Klägerin jeweils ein Kugelschreiber mit blauer Mine, für das Datum ein Kugelschreiber mit schwarzer Mine verwendet worden. Nach gerichtlichem Hinweis (Verfügungen vom 24. April und 16. Mai 2008) auf die mitübersandten Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Dezember 2000 - B 6 KA 29/00 R - (SozR 3-1500 § 73 Nr. 9) und des Senats vom 17. April 2008 - L 7 SO 4887/07 - hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2008 vorgetragen, dass diese unmittelbar nach der gerichtlichen Aufforderung gebeten worden sei, eine unterzeichnete Vollmacht einzureichen; nachdem sie jedoch zwischenzeitlich verzogen gewesen sei und erst die neue Adresse habe ausfindig gemacht werden müssen, sei es zu der zeitlichen Verzögerung gekommen. Im Übrigen seien keine Gründe ersichtlich, weshalb nicht in der Berufungsinstanz eine Vollmachtsvorlage die Heilung dieses formalen Mangels bewirken könne. Eine anderweitige gerichtliche Auffassung würde gegen den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit verstoßen. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass der materiellen Gerechtigkeit ein höheres Gewicht beizumessen sei als rein formalen Anforderungen. Eine Berufungsbegründung, zu welcher der Prozessbevollmächtigte bereits mit Verfügung vom 24. April 2008 aufgefordert worden war, hat er - nach mehrmaligen Fristverlängerungsgesuchen - erst auf die gerichtliche Verfügung vom 22. Juli 2008 mit Schriftsatz vom 25. August 2008 vorgelegt; ferner hat er erstmals mit diesem Schriftsatz Sachanträge gestellt. Zur Begründung der Berufung hat er vorgetragen, dass die Beklagtenseite zu Unrecht die "Erstellung" zugesprochen habe, da, wie bereits "im Widerspruchsverfahren" ausgeführt, hier offene Gebührenansprüche verrechnet worden seien. Da der Klägerin diese Beträge nicht zugeflossen seien, hätten diese bei ihrem Einkommen auch nicht berücksichtigt werden können. Soweit von der Beklagtenseite bestritten werde, dass eine entsprechende Verrechnung zulässig sei, werde dem entgegengehalten, dass es sich insoweit um bestehende Verbindlichkeiten handele, sodass es zur Vermeidung einer Insolvenz der Klägerin durchaus zulässig gewesen sei, hier eine entsprechende Verrechnung vorzunehmen. Ergänzend hat er vorgebracht, die Zurückweisung der Vollmacht verstoße auch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. August 2008 beantragt,

"unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Reutlingen vom 30.03.2008, Az: S 2 SO 4020/07 wird der Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 03.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2007 aufgehoben".

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen; der Mangel der Vorlage einer Vollmacht habe nicht nachträglich geheilt werden können.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (2 Bände), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Zwar erachtet der Senat die gemäß § 151 Abs. 1 SGG fristgerecht eingelegte Berufung als zulässig. Die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist in jedem Fall (auch in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444)) überschritten. Darüber hinaus sieht der Senat die auf den 20. März 2008 datierte Vollmachtsurkunde als hinreichende Legitimation des Rechtsanwalts Kur. an, obwohl in der Vollmacht als Ortsname P. eingetragen ist, eine Gemeinde, in welcher die Klägerin jedenfalls seit Ende Februar 2007 nicht mehr wohnhaft gewesen sein dürfte. Mangels ausreichender gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Klägerin zumindest seit 20. März 2008 mit der Prozessführung durch Rechtsanwalt Kur. einverstanden gewesen ist. Deswegen ist die Berufung nicht als unzulässig zu verwerfen; sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen; dabei kann dahingestellt bleiben, ob die erst am 17. Oktober 2007 (Mittwoch) erhobene Klage auch deswegen unzulässig wäre, weil die Klagefrist (§ 87 Abs. 1 und 2 SGG) nicht gewahrt wäre; dies wäre jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Widerspruchsbescheid vom 10. September 2007 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15. September 2007 wirksam zugestellt worden wäre. Die Klage war aber auf jeden Fall aus dem Grund unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bis zur Absendung des Gerichtsbescheids vom 20. März 2008 keine ihn für das vorliegende Gerichtsverfahren legitimierende Vollmacht vorgelegt hat.

Anzuwenden ist hier die Bestimmung des § 73 SGG in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.). Die Neufassung des § 73 SGG durch Art. 12 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) ist erst mit Wirkung vom 1. Juli 2008 in Kraft getreten, sodass es - mangels Übergangsregelung im vorgenannten Gesetz - hinsichtlich des hier zur gerichtlichen Überprüfung stehenden, bereits vor der gesetzlichen Neuregelung erlassenen Gerichtsbescheides des SG vom 20. März 2008 bei der bis zum 30. Juni 2008 maßgeblichen Gesetzesfassung zu verbleiben hat (vgl. zum sog. intertemporalen Prozessrecht Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, vor § 143 Rdnr. 10e m.w.N.); Gründe des Vertrauensschutzes greifen hier in Anbetracht des bereits vor dem 1. Juli 2008 abgeschlossenen Klageverfahrens nicht ein.

Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG a.F. können sich die Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 und 2 SGG a.F. ist die Vollmacht schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung der Entscheidung zu den Akten zu reichen oder - was hier von vornherein ausscheidet - zur Niederschrift des Gerichts zu erklären. Nur bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann die Vollmacht unterstellt werden; letzteres ist hier ersichtlich nicht der Fall. "Akten" im Sinne des § 73 Abs. 2 SGG sind die Gerichtsakten (vgl. BSG SozR 3-1500 § 73 Nrn. 2 und 9; Bundesfinanzhof (BFH) BFHE 164, 210). Einzureichen ist die Vollmacht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung oder, bei Entscheidung durch Gerichtsbescheid oder im schriftlichen Verfahren, bis unmittelbar vor Absendung der Entscheidung (vgl. BSG SozR 3-1500 § 73 Nr. 9; Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 73 Rdnr. 13). Dies ist hier nicht geschehen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat weder mit der Klageschrift noch bis zur Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid vom 20. März 2008 eine schriftliche Vollmacht vorgelegt.

Das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht ist nach dem hier anzuwendenden § 73 Abs. 2 SGG a.F. auch bei einem Rechtsanwalt stets von Amts wegen zu prüfen (vgl. BSG - GemS - SozR 1500 § 73 Nr. 4; BSG SozR 3-1500 § 73 Nrn. 2 und 9; BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 6 KA 27/00 R -; BSG, Beschluss vom 16. Juli 2003 - B 13 RJ 83/02 B - (juris); Senatsurteile vom 29. August 2006 - L 7 AY 1799/06 - und vom 17. April 2008 - L 7 SO 4887/07; zu § 62 der Finanzgerichtsordnung vgl. BFHE 164, 210). Die Einreichung der schriftlichen Vollmacht ist Wirksamkeitsvoraussetzung; die ohne schriftliche Prozessvollmacht erhobene Klage und sonstige Prozesshandlungen sind mithin unzulässig (vgl. BSG SozR 3-1500 § 73 Nr. 9). Allerdings bedarf es, bevor die Klage wegen des Fehlens dieser Prozessvoraussetzung ohne Sachprüfung als unzulässig abgewiesen werden kann, regelmäßig einer richterlichen Aufforderung an den Bevollmächtigten, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage andernfalls als unzulässig abgewiesen werden kann (vgl. BSG - GmS - SozR 1500 § 73 Nr. 4; BSG SozR 1500 § 73 Nr. 5; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr. 2; SozR 3-1500 § 73 Nr. 9). So ist das SG hier zutreffend verfahren. Es hat mithin im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20. März 2008 die Klage durch Prozessurteil zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Der dargestellte Mangel der schriftlichen Bevollmächtigung ist nicht nachträglich geheilt worden, denn die von der Klägerin erteilte, auf den 20. März 2008 datierte Vollmacht ist erst mit der Berufungsschrift und damit nach Abschluss des Verfahrens erster Instanz zu den Gerichtsakten gelangt. Dies war zu spät; damit konnte der Mangel des Klageverfahrens nicht mehr repariert werden (vgl. BSG SozR 3-1500 § 73 Nr. 9; Senatsurteile vom 29. August 2006 und 17. April 2008 a.a.O.). Eine Heilungsmöglichkeit bestand auch nicht ausnahmsweise. Das SG war nach § 105 Abs. 1 SGG berechtigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wobei die Entscheidung, einen Gerichtsbescheid zu erlassen oder mündlich zu verhandeln, bei Vorliegen der Voraussetzungen der Norm - wie hier - grundsätzlich in seinem Ermessen stand (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., 9. Auflage, § 105 Rdnr. 9). Mit der über die beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid ordnungsgemäßen belehrenden Verfügung des Kammervorsitzenden vom 4. März 2008 war der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die Unzulässigkeit der Klage wegen Fehlens der Vollmachtsurkunde sowie ferner darauf hingewiesen worden, dass die Klage bei nicht fristgerechter Einreichung der Vollmacht als unzulässig abzuweisen sein werde, und insoweit eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt worden, wenn die Vollmacht nicht bis zum 19. März 2008 vorgelegt werde. Diese Verfügung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausweislich des Sendeprotokolls vom 4. März 2008 auch erhalten; der Zugang der Verfügung ergibt sich ferner indirekt aus dessen Schriftsatz vom 19. März 2008. Auch mit diesem - am Nachmittag des 20. März 2008 beim SG per Fax sowie im Original am 25. März 2008 eingegangenen - Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin indes keine schriftliche Vollmacht eingereicht, obwohl ihm eine solche Urkunde offenbar schon am 20. März 2008 - also noch vor Zustellung des Gerichtsbescheids am 27. März 2008 - erteilt worden war. Ob dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin schon früher von dieser - möglicherweise blanko - unterzeichnete Vollmachtsformulare vorgelegen hatten (darauf könnte der Ortsname P. in der eingereichten Vollmachtsurkunde hindeuten), kann hier dahinstehen. Jedenfalls könnte die im Schriftsatz vom 19. März 2008 angekündigte Abklärung, ob die Klägerin im Verfahren von Rechtsanwalt Bona vertreten werde, darauf hinweisen, dass vor der Klageerhebung eine entsprechende Absprache zur Einlegung des entsprechenden Rechtsbehelfs nicht bestanden hat, zumal der Prozessbevollmächtigte der Klägerin offenbar erst im Verlauf des Klageverfahrens deren neue Anschrift herausgefunden hatte.

Nach allem konnte die im Berufungsverfahren eingereichte Vollmachtsurkunde der Klägerin das Fehlen der erstinstanzlich zur Gerichtsakte gelangten Vollmacht nicht nachträglich beseitigen; nach Erlass des Gerichtsbescheids vom 20. März 2008 war eine Heilung des Mangels der Einreichung einer Vollmacht, die nach der vorliegend noch zu beachtenden Vorschrift des § 73 SGG a.F. Prozessvoraussetzung des sozialgerichtlichen Verfahrens ist, nicht mehr möglich.

Verfassungsrecht ist nicht verletzt. Weder die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG)) noch das Recht eines Verfahrensbeteiligten auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) schützen einen Prozessbevollmächtigten vor der Verwerfung einer Klage als unzulässig, wenn er sich gegenüber der gerichtlichen Aufforderung zur Vorlage einer Vollmacht passiv verhält; dies hat das BSG in dem den Beteiligten zur Kenntnis gebrachten Urteil vom 13. Dezember 2000 (SozR 3-1500 § 73 Nr. 9) unter eingehender Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG dargetan. Den überzeugenden Ausführungen des BSG schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Aufgrund der Unzulässigkeit der erstinstanzlich erhobenen Klage ist der Senat sonach an einer Sachentscheidung gehindert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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