L 3 U 105/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 129/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 105/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts R. vom 14.02.2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger aufgrund des Arbeitsunfalls vom 30.08.2000 Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS) erlitt und dafür zu entschädigen ist.

Der 1982 geborene Kläger war als Zweiradmechaniker tätig, als am 30.08.2000 ein Motorrad von der ca. 1,3 m hohen Hebebühne stürzte und auf den Kläger fiel. Dabei erlitt der Kläger Kontusionen des Ellenbogens rechts, des Knies rechts sowie des Hüftgelenks rechts (D-Arztbericht Prof. Dr. N. vom 05.09.2000).

Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Bayern vom 17.07.2003 ein und zog Befundberichte des Dr. R., Allgemeinarzt (vom 03.09.2003), Dr. S., Orthopäde (vom 01.09.2003), Dr. D., Allgemeinarzt (vom 15.09.2003) sowie Dr. M., Allgemeinarzt, (vom 13.05.2004) bei. Mit Bescheid vom 15.10.2003 lehnte sie eine Entschädigung ab, da keinerlei Verletzungen im Bereich der HWS/LWS festgestellt werden konnten. Den Widerspruch des Klägers vom 10.05.2004 wies die Beklagte nach Einholung weiterer Unterlagen vom Rentenversicherungsträger, der LVA Niederbayern-Oberpfalz, und Einholung einer Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. H. mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2005 zurück.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht R. (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 15.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Beschwerden im Bereich der LWS als Folge des Unfalles vom 30.08.2000 anzuerkennen. Zur Begründung hat er dargelegt, dass er vor dem Unfall nie Beschwerden im Bereich der LWS gehabt habe. Außerdem legte er ein Attest des Dr. G., Universitätsklinikum R., vom 08.04.2003 vor.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. B. vom 18.07.2005. Dieser hat bei der Auswertung der Röntgenaufnahmen der HWS vom 26.06.2001 sowie der BWS und der LWS vom 19.07.2001 keine knöchernen Verletzungen feststellen können, bei der Röntgenaufnahme der LWS vom 10.10.2002 eine ältere kleine Absprengung an der Bodenplatte des 4. Lendenwirbelkörpers (LWK). Auf der bei der Begutachtung angefertigten Röntgenaufnahme der LWS hat er die Absprengung an LWK 4 nicht mehr nachvollziehen können. Prof.
Dr. B. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die kleine knöcherne Absprengung am 4. LWK nicht mit der notwendigen Sicherheit auf das angeschuldigte Unfallereignis vom 30.08.2000 zurückgeführt werden könne. Eine Prellung der LWK durch das Unfallereignis hätte akute Beschwerden zum Unfallzeitpunkt hervorgerufen, die im Durchgangsarztbericht nicht beschrieben seien. Die durch den Unfall verursachten Erkrankungen seien ausgeheilt, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) liege nicht vor.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2006 abgewiesen. Nachgewiesen sei lediglich eine Kontusion des Ellenbogens rechts, eine Kontusion des Kniegelenks rechts sowie eine Kontusion des Hüftgelenks rechts. Diese Erkrankungen seien längst abgeheilt. Eine schwere Prellung der LWS mit knöchernen Absprengungen am 4. LWK hätte akut Beschwerden hervorrufen müssen und sei nicht nachgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und ausgeführt, eine fünfgliedrige LWS mit Absprengung der ventralen Bodenplatte LWK 4 sei nicht geringfügig. Der Senat hat nach Beiziehung der einschlägigen Röntgenaufnahmen Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. G. vom 27.02.2007. Dieser ist unter Auswertung der Röntgenaufnahmen zu dem Ergebnis gekommen, dass auf der Röntgenaufnahme vom 10.10.2002 tatsächlich eine Absprengung des 4. LWK nachgewiesen sei. Derartige Verletzungen seien jedoch nach vier bis sechs Monaten ausgeheilt. Die Verletzung könne also nicht unfallbedingt sein, da sie sonst am 10.10.2002 röntgenologisch nicht mehr nachweisbar gewesen wäre. Dies zeige auch der Umstand, dass die am 10.10.2002 nachgewiesene Absprengung auf der Computertomographie vom 31.07.2003 nicht mehr nachweisbar war, also ausgeheilt. Im Übrigen liege eine Kernspintomographie der LWS vom 28.05.2002 vor, die keinen Hinweis für ein Trauma im Bereich der Lendenwirbelsäule ergeben habe. Die Untersuchung des Klägers habe auch keine Schmerzverstärkung im Bereich des 4. LWK ergeben. Durch den Arbeitsunfall seien lediglich Prellungen im Bereich der rechten Körperhälfte verursacht worden. Diese seien innerhalb von acht Wochen ausgeheilt. Eine MdE habe zu keiner Zeit bestanden.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts R. vom 14.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule als Folge des Unfalls vom 30.08.2000 anzuerken- nen und zu berenten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 15.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2005 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass als Unfallfolge eine Verletzung der Lendenwirbelsäule festgestellt und Verletztenrente gezahlt wird.

Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung setzt voraus, dass sie Folge eines Versicherungsfalles, hier also des Arbeitsunfalls vom 30.08.2000 ist (§§ 7, 8 SGB VII). Der Arbeitsunfall muss wesentlich an der Entstehung der Gesundheitsstörung mitgewirkt haben. Davon ist auszugehen, wenn er neben anderen Bedingungen bei wertender Betrachtung diejenige ist, die wegen ihrer besonderen qualitativen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (Theorie der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSGE 63, 277). Die anspruchsbegründenden Tatsachen, d.h. neben dem Arbeitsunfall auch die Gesundheitsstörung, muss mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein (Vollbeweis). Ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch darf keinen Zweifel mehr haben (BSGE 7, 103, 106).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger beim Arbeitsunfall lediglich Prellungen der rechten Körperhälfte erlitt, nämlich eine Kontusion des Ellenbogens rechts, eine Kontusion des Knies rechts und eine Kontusion des Hüftgelenks rechts.

Die vom Kläger begehrte Anerkennung seiner Beschwerden an der LWS ist nicht möglich, da eine entsprechende Verletzung nicht nachgewiesen ist. Der Senat folgt insoweit dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. G ... Die Auswertung der Röntgenaufnahmen hat ergeben, dass in einem mit dem Unfall in Verbindung zu bringenden Zeitraum keine knöcherne Verletzung nachgewiesen ist. Zwar wurde am Unfalltag eine gezielte Untersuchung der LWS nicht durchgeführt, die übrigen Röntgenaufnahmen des Ellenbogen, der Hüfte und des Kniegelenks rechts zeigten jeweils einen unauffälligen Befund. Zum Unfallzeitpunkt wurde vom Kläger kein Schmerz an der Lendenwirbelsäule beklagt, äußere, objektivierbare Verletzungen in diesem Bereich sind nicht nachgewiesen. Die dem Sachverständigen Prof. Dr. B. vorliegenden Röntgenaufnahmen der LWS vom 19.07.2001 zeigten keinen sicheren Hinweis für eine knöcherne Verletzung, die Kernspintomographie der LWS vom 28.05.2002 ergab ebenfalls keinen Hinweis auf ein Trauma im Bereich der Lendenwirbelsäule. Diese zeitnah zum Unfall erhobenen Befunde sind also nicht geeignet, eine LWS-Verletzung durch den Unfall nachzuweisen. Lediglich die Röntgenaufnahme vom 10.10.2002, die im Zusammenhang mit einer inneren Erkrankung des Klägers angefertigt wurde, zeigt eine Absprengung der ventralen Bodenplatte am LWK 4, die jedoch - wie sich aus den am Untersuchungstag, dem 13.02.2007, gefertigten Röntgenaufnahmen sowie der Computertomographie vom 31.07.2003 des Uniklinikums R. ergibt, vollständig ausgeheilt ist. Aufgrund dieser röntgenologischen Befunde bleiben beim Senat massive Zweifel, dass bei dem Arbeitsunfall am 30.08.2003 die Lendenwirbelsäule beeinträchtigt wurde. Die Gesundheitsstörung ist also nicht nachgewiesen, die Berufung war deshalb erfolglos.

Im Übrigen wäre, selbst wenn man eine Verletzung der LWS als nachgewiesen ansähe, ein eine MdE begründender Gesundheitszustand nicht erreicht, da keine bleibenden Folgen dieser Verletzung mehr vorliegen, wie die aktuellen Röntgenaufnahmen vom Februar 2007 zeigen.

Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist mit der Rücknahme des Antrags vom 15.10.2007 am 29.4.2008 verbraucht (vgl. M/L, § 109 Rn 10b).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
Saved