L 25 B 1735/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 19319/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 1735/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juli 2008 geändert und der Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin zurückgewiesen, soweit der Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet worden ist, der Antragstellerin vorläufig einen Betrag von weiteren 161,44 EUR und für August bis November 2008 mehr als 301,73 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Antragsgegner erstattet der Antragstellerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz.

Gründe:

1. Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

2. Die gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthafte sowie gemäß § 173 SGG
frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juli 2008 ist begründet und der angefochtene Beschluss zu ändern, soweit das Sozialgericht den Antragsgegner einstweilen verpflichtet hat, der Antragstellerin für Juni und Juli 2008 (über die bereits mit Bescheid vom 26. Juni 2008 bewilligt gewesenen 347,00 EUR beziehungsweise 351,00 EUR monatlich hinaus) insgesamt weitere 161,44 EUR und für August bis November jeweils mehr als die ihr – als Mitglied einer aus ihr und J F bestehenden Bedarfsgemeinschaft - vom Antragsgegner mit Bescheid vom 8. August 2008 bewilligten 301,73 EUR monatlich zu zahlen. Insofern hat es die Antragstellerin nicht vermocht, den für den Erlass einer einstweiligen An-ordnung unerlässlichen Anordnungsgrund mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache hohen Wahrscheinlichkeit gemäß §§ 86b Abs. 2 SGG, 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft zu machen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Antragstellerin gegenwärtig in einer existenziellen Notlage befindet. Auch wenn der Antragsgegner derzeit annimmt, dass die Antragstellerin mit Herrn F, bei welchem sie wohnt, eine Bedarfsgemeinschaft bildet und ihr dementsprechend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lediglich unter Berücksichtigung einer Regelleistung in Höhe von nur 90 % des Eckregelsatzes, der Hälfte der Wohnungsmiete und des halben bereinigten Arbeitslosengeldeinkommens Herrn Fs gewährt, ist es der Antragstellerin in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte zuzumuten, den Ausgang des Widerspruchs- und gegebenenfalls anschließenden Klageverfahrens abzuwarten. Denn nach dem bisherigen Sachstand geht der Senat davon aus, dass Herr Fder Antragstellerin jedenfalls bis zu einer
(bestandskräftigen) Sachentscheidung tatsächlich hilft, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies hat er gegenüber dem Antragsgegner in einem bei seinen Leistungsakten befindlichen Schreiben vom 16. Juni 2008 zum Ausdruck gebracht, wonach er sie "vorübergehend unterstütze". Zudem verfügen die Antragstellerin und Herr F nach dem zuvor Gesagten derzeit tatsächlich über die nötigen finanziellen Mittel, um die Zeit bis zum Ausgang des Widerspruchs- und gegebenenfalls anschließenden Klageverfahrens zu überbrücken. Auch ist nichts für eine gegenwärtige existenzielle Notlage glaubhaft gemacht, soweit die Antragstellerin lediglich pauschal auf einen "Mehrbedarf für Gehörlose von 125 EUR" verweist, statt zu erläutern, inwiefern und in welcher Höhe ihre Behinderung tatsächlich Mehrkosten mit sich bringt, die ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung unzumutbar erscheinen lassen.

Vor diesem Hintergrund kommt es für vorliegendes Eilrechtsschutzverfahren nicht darauf an, ob die Antragstellerin und Herr F eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 lit. b des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) bilden und ob der Antragsgegner hiervon ausgehend der Antragstellerin zu Recht insbesondere nicht die volle Regelleistung ohne Anrechnung des Einkommens Herrn Fs gewährt.

3. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, soweit das Sozialgericht den Antragsgegner für August bis November 2008 einstweilen zur Zahlung von bis zu 301,73 EUR monatlich verpflichtet hat. Es fehlt dem Antragsgegner insofern am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens, nachdem er mit Bescheid vom 8. August 2008 der Antragstellerin für den vorgenannten Zeitraum vorbehaltlos Leistungen zur Sicherung des Le-bensunterhalts in Höhe von 301,73 EUR (Regelleistungen in Höhe von 170,20 EUR sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 131,53 EUR) monatlich gewährt hatte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Eilrechtsschutzverfahrens in der Sache selbst.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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