L 2 SF 132/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 24 P 14/07
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 SF 132/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung des Antragstellers wird auf 1.138,39 Euro festgesetzt. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Antragsteller, Arzt für Psychiatrie, hat mit dem Präsidenten des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg gemäß § 14 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) einen Vergütungsvertrag geschlossen, nachdem er für Gutachten, die für das Landessozialgericht nach körperlicher Untersuchung erstattet worden sind, eine pauschale Vergütung von 770,00 Euro und für solche nach Aktenlage von 600,00 Euro erhält.

Er wurde in dem Rechtstreit L 24 P 14/07 durch Beweisanordnung vom 30. Oktober 2007 beauftragt, nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin ein Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. In dem Begleitschreiben vom 1. November 2007 wird darauf hingewiesen, dass für die Vergütung ein Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro als Vorschuss zur Verfügung stehe. Sollten die Kosten den Vorschuss übersteigen, werde er gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle solle er die Benachrichtigung des Gerichts abwarten, ob das Gutachten zu erstatten sei oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtenauftrages zurückgesandt werden sollten. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung würden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.

Für das von ihm vorgelegte Gutachten vom 7. Februar 2008, dass nach Untersuchung der Klägerin des Heilverfahrens und für Fragung der Eltern in deren Haus erstattet worden war, machte er eine Entschädigung von 1.143,89 Euro geltend, die er wie folgt errechnete:

Faktor EUR Pauschale für Untersuchung 1,0 770,00 EUR Kilometerpauschale hin und zurück (km à 0,30 EUR) 130,0 39,00 EUR Fahrtzeit (2 Stunden Berl.-Karlshorst-)Schwante) 2,0 50,0 100,00 EUR Schreibgebühren (44.517 Anschläge à 0,75 EUR/100)- 45,0 33,75 EUR Kopierkosten (Seiten= Gesamtzeichen /2.700; Seiten à 0,50 EUR 16,7 17,0 8,50 EUR Auslagen (Porto, Telefon usw.) 1,0 10,00 EUR 19 % Umsatzsteuer 182,64 EUR Summe 1.143,89 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftstelle errechnete eine Vergütung in Höhe von 766,00 Euro (Pauschale 600,00 Euro, Ersatz für Schreibauslagen, Porto und Mehrwertsteuer). Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller sei beauftragt worden, ein Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Er könne deshalb auch nur eine dementsprechende Vergütung erhalten. Demgemäß seien auch die Beträge für gefahrene Kilometer und der Zeitaufwand nicht entschädigungsfähig.

Der Antragsteller hat zu seinem Antrag auf richterliche Festsetzung demgegenüber vorgetragen, er habe sein Vorgehen, da nach Durchsicht der ärztlichen Unterlagen eine Gutachtenerstattung nach Aktenlage nicht ausreichend erschien, mit dem Berichterstatter des Hauptverfahrens abgestimmt. Dieser hat in einer dienstlichen Äußerung vom 14. Juli 2008 auf Anfrage des Senats bestätigt, in einem Telefongespräch einer Gutachtenerstattung nach häuslicher Untersuchung der Klägerin zugestimmt und offenbar nur versehentlich vergessen zu haben, einen entsprechenden Vermerk zu machen.

Der Antragsgegner hat beantragt, die Vergütung auf 1.000,00 Euro festzusetzen. Der Antragsteller habe nach der Erklärung des Berichterstatters Anspruch auf eine Vergütung nach körperlicher Untersuchung. Diese sei jedoch auf diese Summe zu begrenzen, weil nur ein Vorschuss in dieser Höhe zur Verfügung gestanden habe. Dies entspreche der ständigen Rechtssprechung des Senats.

Auf den nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässigen Antrag auf gerichtliche Festsetzung, über den der Senat durch Einzelrichter entschieden hat (vgl. § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG), ist die Vergütung des Antragstellers auf 1.138,39 Euro festzusetzen.

Der Antragsteller hat zunächst, wovon die Beteiligten nunmehr übereinstimmend ausgehen, einen Anspruch auf die in der Vereinbarung für Gutachten nach Untersuchung vorgesehene Vergütung. Dies ist durch den Vermerk des Berichterstatters geklärt worden.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Vergütung ohne Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Vorschusses, also auch soweit sie diesen Betrag übersteigt, zu zahlen. Es trifft zu, dass der Senat – auch als Kostensenat des früheren Landessozialgerichts Berlin (vgl. u. a. Beschluss vom 19. April 2005 – L 2 SF 29/04 F –) entsprechend der einhelligen Rechtssprechung der Landessozialgerichte in ständiger Rechtssprechung entschieden hat, dass ein nach § 109 SGG bestellter Sachverständiger, dessen Vergütungsanspruch den hinterlegten Kostenvorschuss erheblich überschreitet und der die ihm erteilten Auflagen hinsichtlich der Kosten des Gutachtens nicht beachtet hat, eine Vergütung über den hinterlegten Kostenvorschuss hinaus nicht beanspruchen kann (vgl. zuletzt Beschluss vom 6. Februar 2008 – L 2 SF 208/07). Bei einem auf § 109 SGG beruhenden Gutachtenauftrag besteht die besondere Verpflichtung des Sachverständigen zur Anzeige einer Überschreitung des Vorschusses gegenüber dem Kläger. Da dieser das Risiko eingeht, die Kosten des von ihm beantragten Gutachtens selbst tragen zu müssen, wird seine Entscheidung, auf der Einholung des Gutachtens zu bestehen oder davon Abstand zu nehmen, in der Regel auch von der Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten abhängig sein. Verletzt der Sachverständige die ihm nach § 407 a Abs. 3 S. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) obliegende Mitteilungspflicht, hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf den, den Vorschuss übersteigenden Teil der Vergütung.

Zu beachten ist aber, dass die Anzeigepflicht nach § 407 a Abs. 3 S. 2 ZPO auf eine "erhebliche" Überschreitung des Vorschusses begrenzt ist. Die Rechtsprechung (vgl. z. B. Senatsurteil – LSG Berlin – vom 6. Dezember 1999 – L 2 SF 1/99 -, Meyer/ Höver/ Bach, ZSEG, 22. Auflage 2002, § 3 Rdnr. 7.2 m. w. N.) hat insoweit eine Überschreitung des Vorschusses von mehr als 10 v. H. als nicht mehr unerheblich angesehen. Im vorliegenden Fall überschreitet die geltend gemachte Vergütung den zur Verfügung stehenden Vorschuss um 14 %, liegt also ca. 4 % über der Grenze. Der Senat hält eine solche Überschreitung für noch nicht so hoch, dass nunmehr von einer "erheblichen Überschreitung" ausgegangen werden muss. Dabei ist auch zu beachten, dass es zu keiner Überschreitung gekommen wäre, wenn nicht nachträglich – also auch nach Festlegung des Vorschusses – die Erforderlichkeit einer Untersuchung der Klägerin festgestellt und genehmigt worden wäre. Daran, dass für diese ein Hausbesuch erforderlich war, bestehen nach dem Inhalt des Gutachtens keine Zweifel, sodass die dadurch entstandenen Aufwendungen auch zu erstatten sind.

Von der Berechnung ist lediglich, worauf der Antragsteller zu Recht hingewiesen hat, hinsichtlich der geltend gemachten Kopierkosten (8,50 Euro) ein Abzug zu machen, weil der Gutachter nur 6 Kopien (von Arztbriefen) beigefügt hatte, die mit 3,00 Euro zu entschädigen sind (§ 7 Abs. 2 JVEG). Das Gutachten selbst war ausdrücklich einfach erbeten worden. Die übrigen für die Aufwendung geltend gemachten Beträge, die auch der Antragsgegner anerkannt hat, entsprechen dem Gesetz und sind deshalb entsprechend zu vergüten.

Der Antragsteller hat damit einen Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von 1.138,39 Euro.

Diese Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei und nicht anfechtbar (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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