S 12 KA 381/07

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 381/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 102/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 28/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 121a SGB V setzt voraus, dass eine Möglichkeit zur Erbringung vertragsärztlicher Leistung an dem Ort, an dem die Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erbracht werden soll, bestehen muss. Fehlt eine Zulassung oder Ermächtigung zum Betreiben einer Zweigpraxis, so besteht kein Genehmigungsanspruch.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten zu tragen. Sie hat der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V.

Die 1959 geborene und jetzt 48 jährige Klägerin ist seit 1993 Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und verfügt seit 1997 über die zusätzliche Weiterbildung in der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Seit 1997 ist sie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt, Niedersachsen zugelassen. Im Jahr 1999 wurde ihr von der Ärztekammer Niedersachsen die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V erteilt.

Die Klägerin beantragte unter Datum vom 03.09.2004, bei der Beklagten am 14.09. eingegangen, die Genehmigung zur Durchführung von reproduktionsmedizinischen Leistungen in LJ ... Sie führte aus, durch ihre langjährige umfassende Tätigkeit könne sie ein hochqualifiziertes, gut eingearbeitetes Team anbieten, das auf erfolgreiche Qualitätssicherung, ein umfassendes Spektrum über Diagnostik und Therapien und einen, auf modernsten internationalen Erkenntnisstand basierenden Laborstatus zurückgreifen könne. Im Vordergrund stehe aus ihrer Sicht allerdings, den durch den bislang unerfüllten Kinderwunsch stark belasteten Paaren eine sehr persönliche und individuelle, wenn natürlich auch standardisierte Behandlung anbieten zu können. Die Genehmigung beantragte die Klägerin für eine Zweitpraxis.

Mit Bescheid vom 29.11.2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Durchführung von künstlichen Befruchtungen in LJ. ab, weil die IVF/IT-Kommission nach eingehenden Beratungen dem Antrag nicht habe zustimmen können.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.12.2004, bei der Beklagten eingegangen am 20.12.2004 Widerspruch ein. Sie trug vor, der Bescheid entspreche nicht den Begründungsanforderungen. Die Kommission hätte sich zumindest damit befassen müssen, ob dem Antrag aus Sicherstellungsgründen stattzugeben sei. Sollte Rechtsgrundlage § 121a SGB V der Entscheidung sein, so weise sie darauf hin, bereits über eine entsprechende Genehmigung zu verfügen. Es hätte deshalb nur noch einer Entscheidung darüber bedurft, ob auf der Grundlage der Berufsordnung ein entsprechender Sicherstellungsbedarf gegeben sei oder nicht. Dieser sei zweifellos vorhanden.

Unter Datum vom 12.06.2006 trug sie weiter vor, eine Zuständigkeit der Beklagten sei nur gegeben, wenn man der Auffassung sei, dass für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung, die innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Beklagten durchgeführt werden, eine gesonderte Genehmigung erforderlich sei. Durch eine ausgelagerte Tätigkeit seien keinerlei Beeinträchtigungen in der Versorgung der Patientinnen zu befürchten.

In der Folgezeit ergänzte die Klägerin ihren Antrag und reichte verschiedene Unterlagen ein.

Mit Bescheid vom 22.09.2006 genehmigte die Beklagte der Frau Dr. med. C die Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGB V am Medizinischen Versorgungszentrum für Reproduktionsmedizin am Klinikum LJ ... Mit weiterem Bescheid vom 22.09.2006 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag sei nicht genehmigungsfähig. Eine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen liege nicht vor. Die Klägerin habe zwar in Niedersachsen an den zuständigen Zulassungsausschuss einen Antrag auf Genehmigung einer Zweitpraxis gestellt. Diese sei jedoch abschlägig beschieden worden. Nach ihren eigenen Angaben sei in dieser Sache nunmehr ein Verfahren beim SG Hannover unter dem Aktenzeichen S 4 KA 252/03 anhängig. Der Planungsbereich LJ.-Stadt sei sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch zum jetzigen Zeitpunkt für Frauenärzte als überversorgtes Gebiet ausgewiesen. Die zur Nutzung der Genehmigung notwendige Zulassung könne insoweit nicht erteilt werden. Hinweise auf Übernahme eines Vertragsarztsitzes lägen zudem nicht vor. Soweit der Gesetzgeber eine Änderung beabsichtige, sei das Vertragsarzt-Änderungsgesetz noch nicht verabschiedet worden. Es bestehe im Übrigen kein Bedarf. In LJ. gäbe es bereits eine genehmigte IVF-Einrichtung. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für Frau Dr. C habe seitens der Klägerin kein genehmigungsbedürftiger Antrag vorgelegen. Ferner wies sie darauf hin, dass die lediglich privatärztliche IVF-Behandlung nicht genehmigungsbedürftig sei, sondern lediglich gegenüber der Ärztekammer angezeigt werden müsse.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 24.10.2006 Widerspruch ein. Sie trug vor, der Genehmigungsbescheid für Frau Dr. C liege ihr nicht vor. Sie habe bereits zuvor einen Antrag gestellt gehabt. Es reiche aus, dass sie überhaupt als Vertragsärztin zugelassen sei. Einer Zulassung durch die Kassenärztlichen Vereinigung Hessen bedürfe es nicht.

Mit Bescheid vom 20.12.2006 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 22.09.2006 für Frau Dr. C an.

Unter Datum vom 20.12.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Akteneinsicht.

Die Beklagte verband alle drei Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2007 die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch hinsichtlich der Ablehnung ihres Antrages auf Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V sei zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin verfüge weder über eine Zulassung noch über eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in Hessen. Dies sei aber Voraussetzung, um eine Abrechnungserlaubnis zu erhalten. Dies folge aus dem Wortlaut des § 121a SGB V a.F. Die Zulassung in Niedersachsen reiche nicht aus. Selbst nach Inkrafttreten des Vertragsarztrechts-Änderungsgesetzes werde seitens der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen für die Erteilung einer Ermächtigung für den jeweiligen Zweitstandort eine Bedarfsanalyse vorgenommen. Eine bereits in einem anderen Bundesland erteilte Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung strahle also nicht automatisch auf den in LJ. angestrebten Standort einer Zweitpraxis aus. Aufgrund der gegenwärtigen Überversorgung sei auch davon auszugehen, dass ein ggf. gestellter Ermächtigungsantrag erfolglos bleiben werde. Ein weiterer Bedarf bestehe nicht. Frau Dr. C habe die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen. Auch eine Genehmigung unter Auflagen oder eine bedingte Genehmigung sei nicht in Betracht zu ziehen gewesen. Die Klägerin habe keinen Nachweis für einen Antrag auf Ermächtigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erbracht. Die Sicherstellung der Versorgung in LJ. habe die Klägerin nicht dargelegt. Es sei keine ausreichende Vertreterregelung aufgezeigt worden, wie eine Versorgung der Patienten zu den Zeiten, in denen die Klägerin an ihrem Hauptsitz in A-Stadt tätig sei, sichergestellt werde. Den Nachweis einer leistungsfähigen Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft sei nicht erbracht worden. Das Ziel der geplanten Arbeitsgruppe in der Zweitpraxis in LJ. sei dasselbe wie in der Hauptpraxis in A-Stadt. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei ausgeschlossen, dass eine Leitung der Arbeitsgruppe sowohl in A-Stadt als auch in LJ. leistungsfähig durchgeführt werden könne. Jedenfalls in Urlaubs- oder Krankheitszeiten bestehe keine ausreichende Vertretung.

Den Widerspruch gegen die Genehmigung des MVZ für Reproduktionsmedizin am Klinikum LJ. GmbH wies die Beklagte als unzulässig zurück. Aus der Zusendung eines Informationsschreibens vom 22.09.2006 nebst Rechtsbehelfsbelehrung für die Genehmigung des MVZ ergebe sich nicht automatisch die Zulässigkeit des Widerspruchs. Die Klägerin sei durch den Genehmigungsbescheid des MVZ LJ. nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG analog. § 121a Abs. 1 SGB V a.F. binde die Durchführung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung an die Berechtigung zur Teilnahme an der ambulanten oder stationären Versorgung. Zusätzlich sei eine Genehmigung der zuständigen Behörde erforderlich. Lägen mehrere geeignete Bewerbungen vor, müsse eine Auswahlentscheidung anhand gesundheits- und patientenorientierter Kriterien getroffen werden. Eine solche Situation habe aber gerade nicht vorgelegen. Eine Eignung der Klägerin sei während des Genehmigungsverfahrens nicht nachgewiesen worden. Der Ausschluss eines Anspruchs auf Genehmigung sei mit Artikel 12 GG vereinbar, der sich nur auf eine bestimmte Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beziehe und für diese Leistung anzuerkennende Gründe des Gemeinwohls die Konzentration der Leistungserbringung auf ausgewählte Ärzte und Einrichtungen rechtfertigten. Eine Widerspruchsbefugnis lasse sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.08.2004 ableiten. Darüber hinaus sei auch das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zu verneinen. Ihrem Begehren sei bereits durch den Widerspruch gegen den eigenen Ablehnungsbescheid entsprochen worden. Im Übrigen sei der Widerspruch auch nicht begründet. Selbst bei einer echten Bewerberkonkurrenz wäre die Genehmigung des MVZ LJ. bei gleichzeitiger Ablehnung der Klägerin eine ermessenfehlerfreie Entscheidung gewesen. Der Bedarf sei auch eher rückläufig wegen der geringeren Kostenübernahmen seitens der gesetzlichen Krankenversicherung. Dem Informationsschreiben komme kein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Dem Begehren der Klägerin wäre jedenfalls bereits durch den eingelegten Widerspruch Rechnung getragen.

Hiergegen hat die Klägerin am 02.08.2007 beim Sozialgericht Kassel die Klage erhoben. Das Sozialgericht Kassel hat mit Beschluss vom 16.08.2007, Aktenzeichen S 12 KR 244/07 sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 04.09.2007 das Verfahren bezüglich des Widerspruchs der Klägerin gegen die Genehmigung nach § 121a SGB V für das MVZ für Reproduktionsmedizin am Klinikum LJ. GmbH unter dem neuen Aktenzeichen S 12 KA 386/07 abgetrennt.

Zur Begründung ihrer Klage verweist die Klägerin auf ihren Schriftsatz vom 11.02.2008 im Verfahren mit Az.: S 12 KA 386/07, wonach es ihr bei der Genehmigung nachzulassen bleibe, die weiteren Voraussetzungen innerhalb der nächsten Monate – (ebf. im Rahmen der gemäß § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV vorgesehenen Frist von drei Monaten) – ggf. unter Genehmigungsvorbehalt – darzustellen. Zum Bedarf verweise sie auf die Begründung ihres Widerspruchs zur Ablehnung der Zweigpraxis-Ermächtigung. Die Beklagte könne sich insbesondere nicht darauf beschränken, auf der Grundlage einer erteilten Genehmigung den Bedarf für weitere Genehmigungen abzulehnen. Hierfür sei eine sorgfältige Prüfung erforderlich, die sich nicht auf die Befragung der am Markt bereits vorhandenen Teilnehmer beschränken könne. Sie werde auch nach wie vor von Patienten aus dem Raum LJ. nachgesucht.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten über die Ablehnung des Antrags auf Durchführung von künstlichen Befruchtungen in LJ. vom 29.11.2004 in der Fassung der erneuten Ablehnung vom 22.09.2006 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Genehmigung durch Durchführung künstliche Befruchtungen nach § 121a SGB V zu erteilen,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, ihren Antrag vom 03.09.2004 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, der Antrag sei weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch jetzt genehmigungsreif. Insbesondere fehle es der Klägerin an der Zulassung bzw. Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung im beantragten Bereich. Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben keinen Antrag gestellt und sich schriftsätzlich zum Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte sowie der ebenfalls beigezogenen Gerichtsakte mit Aktenzeichen S 12 KA 386/07 nebst Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in der Besetzung mit zwei Vertretern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entscheiden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten über die Ablehnung des Antrags auf die Durchführung von künstlichen Befruchtungen in LJ. vom 29.11.2004 in der Fassung der erneuten Antragsablehnung vom 22.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2007 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V.

Die Krankenkassen dürfen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) nur erbringen lassen durch 1. Vertragsärzte, 2. zugelassene Medizinische Versorgungszentren, 3. ermächtigte Ärzte, 4. ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen oder 5. zugelassene Krankenhäuser, denen die zuständige Behörde eine Genehmigung nach Abs. 2 zur Durchführung dieser Maßnahme erteilt hat. Die Genehmigung darf den genannten Ärzten oder Einrichtungen nur erteilt werden, wenn sie

1. über die Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) notwendigen diagnostischen oder therapeutischen Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und 2. die Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) bieten (§ 121a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB V).

Ein Anspruch auf Genehmigung besteht nicht (§ 121a Abs. 3 Satz 1 SGB V). Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Ärzten oder Einrichtungen, die sich um die Genehmigung bewerben, entscheidet die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Bewerber nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Ärzte oder welche Einrichtungen den Erfordernissen einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) am besten gerecht werden (§ 127a Abs. 3 Satz 2 SGB V). Die zur Herbeiführung der Genehmigung zuständigen Behörden bestimmen die nach Landesrecht zuständige Stelle (§ 121a Abs. 4 1. Halbsatz SGB V). Nach § 6b Hessisches Heilberufsgesetz (Gesetz über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten vom 07.02.2003, zuletzt geändert am 20.12.2004, GVBl. I, S. 506) ist die Zuständigkeit für die Erteilung von Genehmigungen nach § 121a SGB V auf die hier beklagte Ärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts übertragen worden.

Die Genehmigung nach § 121a wird für einen bestimmten Vertragsarztsitz erteilt. Soweit die Klägerin begehrt, in LJ., im Bezirk der Beklagten und Beigeladenen zu 1) Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durchzuführen, ist Voraussetzung hierfür, dass die Klägerin überhaupt berechtigt ist, in LJ. vertragsärztlich tätig zu sein. Die Klägerin, die keinen Vertragsarztsitz in Hessen hat, kann allenfalls nach § 24 Abs. 3 der Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) in der Fassung des Vertragsarztrechts-Änderungsgesetzes (Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze – VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl. I, S. 3439) tätig werden. Es kann hier dahinstehen, ob die Klägerin einen Anspruch auf Genehmigung einer Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk sie die Tätigkeit aufnehmen will, hier den Beigeladenen zu 2), hat. Maßgeblich ist jedenfalls, dass eine solche Genehmigung zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 121a SGB V vorliegt bzw. dass sich die Anwartschaft auf eine Genehmigung so verdichtet hat, dass der Erteilung der vertragsarztrechtlichen Genehmigung für das Betreiben einer Zweitpraxis nichts mehr im Wege steht.

§ 121a SGB V nennt als Voraussetzung ausdrücklich, dass der betreffende Arzt für den Tätigkeitsort auch eine vertragsärztliche Zulassung bzw. Ermächtigung bzw. Erlaubnis zum Betreiben einer Zweitpraxis haben muss. Nach Auffassung der Kammer setzt § 121a SGB V jedoch von selbst voraus, dass eine solche Möglichkeit zur Erbringung vertragsärztlicher Leistung an dem Ort, an dem die Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erbracht werden soll, bestehen muss. § 121a SGB V betrifft ausschließlich Maßnahmen gesetzlich versicherter Personen. Nach § 121a Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen die Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nur von nach § 95 Abs. 1 SGB V bzw. § 108 SGB V zugelassenen Leistungserbringern erbracht werden. Hierfür reicht aber nicht aus, dass überhaupt eine Zulassung aus dem ambulanten bzw. stationären Bereich tätiger Leistungserbringer vorliegt, sondern die Zulassung muss auch für den Ort, an dem die Maßnahmen zu Herbeiführung einer Schwangerschaft erbracht werden sollen, vorliegen. Ansonsten würde eine Genehmigung nach § 121a SGB V erteilt werden, die aber nach vertragsarztrechtlichen bzw. krankenversicherungsrechtlichen Grundbestimmungen den Leistungserbringern nicht erlauben würden, diese Leistungen auch tatsächlich zu erbringen. Andererseits beinhaltet § 121a SGB V auch nicht die vertragsarztrechtliche bzw. krankenversicherungsrechtliche Zulassung bzw. Erlaubnis, an dem Ort, für den die Genehmigung nach § 121a SGB V erteilt wird, auch diese Leistungen tatsächlich zu erbringen. § 121a SGB V stellt lediglich ergänzende qualitative Voraussetzungen für die Erbringung dieser Maßnahmen auf. Die Einführung der Regelung des § 121a SGB V beabsichtigte die Begrenzung der künstlichen Befruchtung auf Leistungserbringer, welche durch ein besonderes, in der gesetzlichen Krankenversicherung einzigartiges Zulassungsverfahren einer besonderen Kontrolle unterworfen sind. Hintergrund ist die Sicherstellung der Beachtung der Schutzvorschriften des Embryonenschutzgesetzes bei der Durchführung der künstlichen Befruchtung (vgl. Köhler-JM. in juris PK-SGB V, 2008, § 121a, Rdnr. 18). Weder vom Wortlaut, der Systematik noch vom Sinn und Zwecke der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte kann daher entnommen werden, dass die Genehmigung nach § 121a SGB V zugleich die Genehmigung für das Betreiben einer Zweigpraxis enthält.

Die Genehmigung nach § 121a SGB V macht deshalb nur Sinn, wenn zum Genehmigungszeitpunkt auch die vertragsarztrechtliche Ermächtigung bzw. Erlaubnis zum Betreiben einer Zweigpraxis am Ort der Durchführung der Maßnahmen besteht, soweit sich an diesem Ort nicht auch der Praxissitz befindet. Bei der Klägerin war dies weder zum Antrags- noch Genehmigungszeitpunkt der Fall noch ist dies zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Fall. Die Erteilung einer Befugnis zur Erbringung der Leistungen am Standort, für den die Genehmigung erteilt wird, ist vorgreiflich. Handelt es sich um einen Leistungserbringer, der am Ort zugelassen ist oder über eine entsprechende Zweigpraxisgenehmigung verfügt, so kommt es zu keiner Konkurrenz mit einem Verfahren nach § 121a SGB V. Verfügt der Antragsteller aber über keinen Vertragsarztsitz am Standort, an dem die künstlichen Befruchtungen durchgeführt werden sollen, so bedarf er einer Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Ärzte-ZV. Hierüber haben die Zulassungsgremien bzw. die Beigeladene zu 1) zu entscheiden. Ein zwingender Rechtsanspruch auf eine Genehmigung besteht nicht. Die unter Umständen komplexe Überprüfung der Voraussetzungen nach § 121a SGB V, die auch entsprechende Investitionen eines Antragstellers voraussetzt, würde dann ins Leere laufen, soweit eine Zweigpraxisgenehmigung nicht erteilt wird. Ebf. könnte eine längere Blockade des Genehmigungsverfahrens nach § 121a SGB V eintreten, wäre die Beklagte verpflichtet, ein evtl. Rechtsmittelverfahren über eine Zweigpraxisgenehmigung abzuwarten. Mitbewerber mit "Genehmigungsreife" würde ihr Rechtsanspruch versagt werden. Einer Widersprüchlichkeit der Verfahren nach § 121a SGB V und § 24 Ärzte-ZV wird dadurch vermieden, dass eine evtl. Zweigpraxisgenehmigung mit der Nebenbestimmung erteilt wird, die sicherstellt, dass die Zweigpraxisgenehmigung Bedeutung erst nach Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V erhält.

Nach allem ist der angefochtene Bescheid, soweit er Gegenstand dieses Verfahrens wurde, rechtmäßig und war die Klage daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beigeladenen haben keinen Kostenerstattungsanspruch.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2004, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, zitiert nach juris Rdnr. 44). Die Beigeladenen haben keinen Klageabweisungsantrag gestellt und sich zum Verfahren inhaltlich nicht geäußert. Von daher besteht für sie kein Kostenerstattungsanspruch.
Rechtskraft
Aus
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