Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 P 1438/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2632/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Pflegegeld nach Pflegestufe I im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 zusteht.
Der am 1935 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Bei ihm besteht seinen Angaben zufolge ein Grad der Behinderung (GdB) von 100. Er wohnt im betreuten Wohnen in B. W ... Die Evangelische Sozialstation B. R. - B. W. erbringt beim Kläger seit August 2004 ärztlich verordnete medizinische Behandlungspflege. Am 21. September 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Er machte Hilfebedarf bei der Körperpflege (Waschen und Duschen), bei der Ernährung (mundgerechte Zubereitung) und bei der Mobilität (Ankleiden, Auskleiden) geltend, ferner Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Dabei gab der Kläger auch an, er würde mehr Hilfe benötigen, jedoch sei dies aus finanziellen Gründen nicht zu realisieren. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 27. Oktober 2005, wobei der Kläger am 24. Oktober 2005 in seiner häuslichen Umgebung untersucht worden war. Die Gutachterin nannte als pflegebegründende Diagnosen Adipositas per magna, Diabetes mellitus mit Spätfolgen und Polyarthrose. Sie bewertete den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege pro Tag mit 35 Minuten, nämlich bei der Körperpflege (Ganzkörperwäsche, Teilwäsche Unterkörper, Teilwäsche Hände-Gesicht, und Rasieren) 19 Minuten und bei der Mobilität (Ankleiden gesamt, Ankleiden Ober-/Unterkörper, Entkleiden gesamt, Entkleiden Ober-/Unterkörper, Stehen/Transfer) 16 Minuten. Mit Bescheid vom 03. November 2005 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Pflegeversicherung ab, da die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne bis mittags überhaupt nicht aus dem Bett kommen; anschließend benötige er für die notwendigen Verrichtungen, wie die Einnahme der Medikamente, das Einnehmen der Mahlzeit, den Gang zur Toilette, bis etwa zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr. Er müsse auch verschieden starke Schmerzmittel einnehmen, die ärztlich verordnet seien. Die meiste Zeit des Tages könne er sich vor Schmerzen kaum rühren und sei in fast allen Dingen des täglichen Lebens hilflos. Dazu erhob die Beklagte eine weitere MDK-Stellungnahme nach Aktenlage (A. D.) vom 29. Dezember 2005, in der bestätigt wurde, der Hilfebedarf sei beim Kläger fiktiv ausreichend ermittelt worden; die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für erhebliche Pflegebedürftigkeit lägen nicht vor. Mit Schreiben vom 19. Januar 2006 bestätigte die Beklagte ihre Ablehnung. Nachdem der Kläger erklärt hatte, den Widerspruch nicht zurücknehmen zu wollen, wurde sein Widerspruch mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 24. März 2006 zurückgewiesen. Das Richten und Einnehmen der Medikamente gehöre nicht zu den grundpflegerischen Verrichtungen, sondern werde der medizinischen Behandlungspflege zugeordnet. Beim Hausbesuch habe der Kläger selbstständig seine Mahlzeiten zu sich nehmen können und der Umgang mit Besteck zum Zerkleinern der Nahrung sei ohne fremde Hilfe möglich gewesen. Innerhalb der Wohnung sei der Kläger ausreichend mobil und könne zu den einzelnen Verrichtungen mit Hilfe der Unterarmgehstütze selbst gehen.
Am 13. April 2006 erhob der Kläger deswegen Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte geltend, bei ihm lägen die Voraussetzungen der Pflegestufe I vor. Für die Ganzkörperwäsche belaufe sich der Pflegeaufwand auf täglich 20 Minuten. Für die nötige Hilfe beim Kämmen sei ein Zeitbedarf von mindestens einer Minute anzusetzen. Für die Körperpflege ergebe sich damit ein Zeitbedarf von mindestens 27 Minuten pro Tag. Im Bereich der Mobilität bestehe wegen der bei ihm vorliegenden erheblichen körperlichen Bewegungseinschränkung für das Ankleiden ein Zeitbedarf von zehn Minuten und für das Entkleiden von acht Minuten. Insoweit ergebe sich ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 48 Minuten pro Tag. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass bei ihm ein GdB von 100 vorliege, worauf die Sachverständige Dr. R. nicht eingegangen sei. Die Sachverständige K. habe bei ihm einen Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei der Grundpflege mit 68 Minuten pro Tag festgestellt. Das SG beauftragte die Sachverständige S. K. (examinierte Altenpflegerin, zertifizierte Qualitätsmanagerin, Pflegeberaterin für Einrichtungen, Patienten und Pflegende) mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Sachverständige erstattete ihr Gutachten nach einer Untersuchung des Klägers in seiner häuslichen Umgebung am 05. September 2006 und gab am 12. Januar 2007 eine ergänzende Stellungnahme ab. Die Sachverständige stellte bei der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 68 Minuten fest, nämlich 46 Minuten bei der Körperpflege, sechs Minuten bei der Ernährung und 16 Minuten bei der Mobilität. Im Bereich der Körperpflege bestehe Hilfebedarf beim Duschen und Waschen, bei der Zahn- und Mundpflege, beim Kämmen sowie bei der Nassrasur. Eine besonders sorgfältige Post-Exkretionshygiene sei notwendig. Im Bereich der Ernährung sei viermal beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung Hilfebedarf erforderlich. Wegen Fähigkeitsstörungen in der körperlichen Beweglichkeit, in der Geschicklichkeit und wegen situationsbedingten Fähigkeitsstörungen seien im Bereich der Mobilität umfangreiche Hilfeleistungen notwendig. Die Beklagte erhob Einwendungen gegen dieses Sachverständigengutachten mit ergänzender Stellungnahme durch Vorlage von MDK-Stellungnahmen (C. K.) vom 06. November 2006 und 20. Februar 2007. Der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage 24 Minuten (Körperpflege 15 Minuten und Mobilität neun Minuten). Das SG erhob dann eine schriftliche Auskunft als sachverständige Zeugin der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren S.-M. vom 18. März 2007, zog von der Evangelischen Sozialstation B. R. - B. W. die Pflegedokumentation bei und beauftragte die Sachverständige Dr. R. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens; dieses wurde, nachdem die Sachverständige den Kläger am 28. September 2007 in seiner häuslichen Umgebung untersucht hatte, am 29. September 2007 erstattete. Darin führte die Sachverständige aus, der Kläger führe gegenwärtig noch alle einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege eigenständig durch. Dies erfolge allerdings aufgrund seines Schmerzsyndroms und aufgrund seiner psychischen Situation unter großen motivationalen und aus seiner Perspektive heraus auch unter erheblichen körperlichen Anstrengungen. Vor diesem Hintergrund habe sie im Rahmen der Körperpflege einen Hilfebedarf von täglich zehn Minuten sowie bei der Mobilität (An- und Auskleiden) einen solchen Hilfebedarf von acht Minuten aufgezeigt. Dieser wäre im Sinne der Entlastung des Klägers und auch im Sinne einer regelmäßigen Körperpflege notwendig. Allerdings bleibe der zeitliche Hilfebedarf - bei derzeit bestehenden Ressourcen des Klägers, die ihm ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben in seinem häuslichen Umfeld ermöglichten - gegenwärtig unterhalb des Umfangs der Pflegestufe I. Sie verwies auch auf die Dokumentation der Sozialstation, wonach diese sechsmal in der Woche komme und für die ärztlich verordneten Tätigkeiten der Behandlungspflege höchstens zehn bis 15 Minuten benötige. Dies sei auch bei ihrer Untersuchung, als dieser ambulante Pflegedienst anwesend gewesen sei, so geschehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Der Hilfebedarf beim Kläger erreiche nicht den Umfang der Pflegestufe I. Es stütze sich hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. R ... Die Ausführungen im Gutachten der Sachverständigen K. vom 05. September 2006 könnten nicht überzeugen. Dieses Gutachten weise an mehreren Stellen Diskrepanzen auf. Es treffe nicht zu, dass die Mitarbeiter der Sozialstation ein bis zwei Stunden täglich siebenmal pro Woche zum Kläger kommen würden. Auch führten die Pflegekräfte der Sozialstation nur Maßnahmen der Behandlungspflege durch. Widersprüchlich seien ferner die Ausführungen zum vermeintlichen erheblichen Hilfebedarf im Bereich der Mobilität. Auch der beschriebene Hilfebedarf im Bereich der Ernährung widerspreche jeglicher vorheriger Anamnese.
Gegen den Gerichtsbescheid, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. Mai 2008 zugestellt wurde, hat der Kläger am 03. Juni 2008 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Dem Sachverständigengutachten der Dr. R. könne nicht gefolgt werden, da diese nicht gewürdigt habe, dass bei ihm ein GdB von 100 bestehe. Die Art und Weise der durch das SG durchgeführten Ermittlungen sei nicht nachvollziehbar. Das Gutachten der Sachverständigen Dr. R. stehe auch nicht im Einklang mit der schriftlichen Zeugenaussage der Ärztin S.-M., die ausgeführt habe, dass er (der Kläger) bei den Erledigungen des täglichen Lebens stark behindert sei, dass er nur unter Schmerzen und auf kurzen Strecken in der Wohnung gehen könne, dass sich sein tägliches Leben deswegen nur im Haus abspiele und er für auswärtige Erledigungen auf die Hilfe Außenstehender angewiesen sei. Auch könne aus dem Umfang der Leistungen der Sozialstation kein Rückschluss auf den Umfang des Hilfebedarfs gezogen werden. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass der Pflegedienst nur ärztlich verordnete Tätigkeiten und keine Leistungen im Bereich der Grundpflege durchführe. Letztere hätte er mangels Leistungsbereitschaft der Beklagten selbst zu zahlen und dazu sei er nicht in der Lage. Tatsächlich liege bei ihm eine Unterversorgung im Bereich der Grundpflege vor. Im Hinblick auf die abweichenden Gutachten sei ein weiteres Sachverständigengutachten zu erheben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006 zu verurteilen, ihm vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum 31. Juli 2008 habe ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung nicht bestanden, weil die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien.
Aufgrund eines neuen Antrags vom 06. August 2008 hat die Beklagte eine erneute Begutachtung des Klägers durch den MDK durchführen lassen und dem Kläger mit Bescheid vom 25. September 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. August 2008 bewilligt. Dazu hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom August 2008, das MDK-Gutachten der Pflegefachkraft G. vom 16. September 2008, in dem als pflegebegründende Diagnosen eine Verschlechterung des Allgemeinzustands mit körperlicher Schwäche, eine Gebrechlichkeit mit Erschöpfungszuständen und Rollstuhlpflichtigkeit, eine Darmteilinkontinenz und eine Blasenteilinkontinenz bei Prostatahyperplasie sowie ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 60 Minuten festgestellt wurde, und den Bewilligungsbescheid vom 25. September 2008 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist im Hinblick auf den streitigen Zahlungsanspruch für die Zeit vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide sind, soweit sie den hier nur noch streitbefangenen Zeitraum bis zum 31. Juli 2008 betreffen, nachdem die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25. September 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. August 2008 bewilligt hat, ohne dass dieser Bescheid hier zu überprüfen wäre, rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 01. Oktober 2005 noch ab einem späteren Zeitpunkt bis zum 31. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe (§ 36 SGB XI) ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist, wer einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Ferner setzt der Anspruch auf Pflegegeld voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Die Pflege ist sichergestellt, wenn die erforderliche Pflege nach menschlicher Voraussicht nach Art und Umfang auch tatsächlich erbracht wird. Zwar hindert § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI einerseits nicht, dass der Pflegebedürftige, der über familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe verfügt, mit dem Pflegegeld zur Sicherstellung der erforderlichen Grundpflege auch professionelle Hilfe einkauft. Andererseits ist der Pflegebedürftige auch nicht verpflichtet, das Pflegegeld an die Pflegeperson weiterzugeben. Sofern allerdings der Pflegebedürftige die erforderliche Grundpflege noch selbst ausführt, kann für einen fiktiven Hilfebedarf nach der Zweckbestimmung des Gesetzes Pflegegeld nicht beansprucht werden.
Der Senat lässt dahingestellt, ob beim Kläger in der streitigen Zeit, die hier in der Vergangenheit liegt, ein täglicher Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 18 Minuten (Sachverständigengutachten der Dr. R.), von 35 Minuten (MDK-Gutachten der Pflegefachkraft E.) oder von 68 Minuten (Sachverständigengutachten mit ergänzender Stellungnahme der Frau K.) bestanden hat. Selbst wenn der Senat für die streitige Zeit annehmen würde, dass ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich 68 Minuten bestanden hätte, kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger in diesem Umfang tatsächlich seine Grundpflege im häuslichem Bereich durch dritte Personen sichergestellt hatte. Aus den beigezogenen Unterlagen der Evangelischen Sozialstation ergibt sich, worauf auch die Sachverständige Dr. R. zu Recht hingewiesen hat, dass die Mitarbeiter der Sozialstation lediglich täglich zehn bis 15 Minuten der Grundpflege nicht zuzurechnende ärztliche Behandlungspflege durchgeführt haben. Der Kläger hat auch selbst nicht geltend gemacht, dass von ihm familiäre oder nachbarschaftliche oder professionelle Hilfe für die Grundpflege, für die er Geldmittel aufgewendet hätte, in Anspruch genommen worden ist. Damit hatte der Kläger erforderliche Grundpflege in der Vergangenheit jedenfalls nicht in geeigneter Weise selbst sichergestellt, weshalb ihm für die zurückliegende Zeit Pflegegeld nicht zusteht. Darauf, dass der Kläger auch bei der Untersuchung durch die Pflegefachkraft G. am 12. September 2008 die Namen von Pflegepersonen nicht angegeben, sich aber dahin geäußert hat, über die Einschaltung eines ambulanten Pflegedienstes zur täglichen Grundpflege nachzudenken, kommt es nicht an, nachdem die Beklagte dem Kläger ab 01. August 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I bewilligt hat.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Pflegegeld nach Pflegestufe I im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 zusteht.
Der am 1935 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Bei ihm besteht seinen Angaben zufolge ein Grad der Behinderung (GdB) von 100. Er wohnt im betreuten Wohnen in B. W ... Die Evangelische Sozialstation B. R. - B. W. erbringt beim Kläger seit August 2004 ärztlich verordnete medizinische Behandlungspflege. Am 21. September 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten Geldleistungen aus der Pflegeversicherung. Er machte Hilfebedarf bei der Körperpflege (Waschen und Duschen), bei der Ernährung (mundgerechte Zubereitung) und bei der Mobilität (Ankleiden, Auskleiden) geltend, ferner Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Dabei gab der Kläger auch an, er würde mehr Hilfe benötigen, jedoch sei dies aus finanziellen Gründen nicht zu realisieren. Die Beklagte erhob das Gutachten der Pflegefachkraft E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 27. Oktober 2005, wobei der Kläger am 24. Oktober 2005 in seiner häuslichen Umgebung untersucht worden war. Die Gutachterin nannte als pflegebegründende Diagnosen Adipositas per magna, Diabetes mellitus mit Spätfolgen und Polyarthrose. Sie bewertete den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege pro Tag mit 35 Minuten, nämlich bei der Körperpflege (Ganzkörperwäsche, Teilwäsche Unterkörper, Teilwäsche Hände-Gesicht, und Rasieren) 19 Minuten und bei der Mobilität (Ankleiden gesamt, Ankleiden Ober-/Unterkörper, Entkleiden gesamt, Entkleiden Ober-/Unterkörper, Stehen/Transfer) 16 Minuten. Mit Bescheid vom 03. November 2005 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Pflegeversicherung ab, da die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne bis mittags überhaupt nicht aus dem Bett kommen; anschließend benötige er für die notwendigen Verrichtungen, wie die Einnahme der Medikamente, das Einnehmen der Mahlzeit, den Gang zur Toilette, bis etwa zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr. Er müsse auch verschieden starke Schmerzmittel einnehmen, die ärztlich verordnet seien. Die meiste Zeit des Tages könne er sich vor Schmerzen kaum rühren und sei in fast allen Dingen des täglichen Lebens hilflos. Dazu erhob die Beklagte eine weitere MDK-Stellungnahme nach Aktenlage (A. D.) vom 29. Dezember 2005, in der bestätigt wurde, der Hilfebedarf sei beim Kläger fiktiv ausreichend ermittelt worden; die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für erhebliche Pflegebedürftigkeit lägen nicht vor. Mit Schreiben vom 19. Januar 2006 bestätigte die Beklagte ihre Ablehnung. Nachdem der Kläger erklärt hatte, den Widerspruch nicht zurücknehmen zu wollen, wurde sein Widerspruch mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsstelle vom 24. März 2006 zurückgewiesen. Das Richten und Einnehmen der Medikamente gehöre nicht zu den grundpflegerischen Verrichtungen, sondern werde der medizinischen Behandlungspflege zugeordnet. Beim Hausbesuch habe der Kläger selbstständig seine Mahlzeiten zu sich nehmen können und der Umgang mit Besteck zum Zerkleinern der Nahrung sei ohne fremde Hilfe möglich gewesen. Innerhalb der Wohnung sei der Kläger ausreichend mobil und könne zu den einzelnen Verrichtungen mit Hilfe der Unterarmgehstütze selbst gehen.
Am 13. April 2006 erhob der Kläger deswegen Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte geltend, bei ihm lägen die Voraussetzungen der Pflegestufe I vor. Für die Ganzkörperwäsche belaufe sich der Pflegeaufwand auf täglich 20 Minuten. Für die nötige Hilfe beim Kämmen sei ein Zeitbedarf von mindestens einer Minute anzusetzen. Für die Körperpflege ergebe sich damit ein Zeitbedarf von mindestens 27 Minuten pro Tag. Im Bereich der Mobilität bestehe wegen der bei ihm vorliegenden erheblichen körperlichen Bewegungseinschränkung für das Ankleiden ein Zeitbedarf von zehn Minuten und für das Entkleiden von acht Minuten. Insoweit ergebe sich ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von mindestens 48 Minuten pro Tag. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass bei ihm ein GdB von 100 vorliege, worauf die Sachverständige Dr. R. nicht eingegangen sei. Die Sachverständige K. habe bei ihm einen Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei der Grundpflege mit 68 Minuten pro Tag festgestellt. Das SG beauftragte die Sachverständige S. K. (examinierte Altenpflegerin, zertifizierte Qualitätsmanagerin, Pflegeberaterin für Einrichtungen, Patienten und Pflegende) mit der Erstattung eines Gutachtens. Die Sachverständige erstattete ihr Gutachten nach einer Untersuchung des Klägers in seiner häuslichen Umgebung am 05. September 2006 und gab am 12. Januar 2007 eine ergänzende Stellungnahme ab. Die Sachverständige stellte bei der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 68 Minuten fest, nämlich 46 Minuten bei der Körperpflege, sechs Minuten bei der Ernährung und 16 Minuten bei der Mobilität. Im Bereich der Körperpflege bestehe Hilfebedarf beim Duschen und Waschen, bei der Zahn- und Mundpflege, beim Kämmen sowie bei der Nassrasur. Eine besonders sorgfältige Post-Exkretionshygiene sei notwendig. Im Bereich der Ernährung sei viermal beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung Hilfebedarf erforderlich. Wegen Fähigkeitsstörungen in der körperlichen Beweglichkeit, in der Geschicklichkeit und wegen situationsbedingten Fähigkeitsstörungen seien im Bereich der Mobilität umfangreiche Hilfeleistungen notwendig. Die Beklagte erhob Einwendungen gegen dieses Sachverständigengutachten mit ergänzender Stellungnahme durch Vorlage von MDK-Stellungnahmen (C. K.) vom 06. November 2006 und 20. Februar 2007. Der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage 24 Minuten (Körperpflege 15 Minuten und Mobilität neun Minuten). Das SG erhob dann eine schriftliche Auskunft als sachverständige Zeugin der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren S.-M. vom 18. März 2007, zog von der Evangelischen Sozialstation B. R. - B. W. die Pflegedokumentation bei und beauftragte die Sachverständige Dr. R. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens; dieses wurde, nachdem die Sachverständige den Kläger am 28. September 2007 in seiner häuslichen Umgebung untersucht hatte, am 29. September 2007 erstattete. Darin führte die Sachverständige aus, der Kläger führe gegenwärtig noch alle einstufungsrelevanten Verrichtungen der Grundpflege eigenständig durch. Dies erfolge allerdings aufgrund seines Schmerzsyndroms und aufgrund seiner psychischen Situation unter großen motivationalen und aus seiner Perspektive heraus auch unter erheblichen körperlichen Anstrengungen. Vor diesem Hintergrund habe sie im Rahmen der Körperpflege einen Hilfebedarf von täglich zehn Minuten sowie bei der Mobilität (An- und Auskleiden) einen solchen Hilfebedarf von acht Minuten aufgezeigt. Dieser wäre im Sinne der Entlastung des Klägers und auch im Sinne einer regelmäßigen Körperpflege notwendig. Allerdings bleibe der zeitliche Hilfebedarf - bei derzeit bestehenden Ressourcen des Klägers, die ihm ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben in seinem häuslichen Umfeld ermöglichten - gegenwärtig unterhalb des Umfangs der Pflegestufe I. Sie verwies auch auf die Dokumentation der Sozialstation, wonach diese sechsmal in der Woche komme und für die ärztlich verordneten Tätigkeiten der Behandlungspflege höchstens zehn bis 15 Minuten benötige. Dies sei auch bei ihrer Untersuchung, als dieser ambulante Pflegedienst anwesend gewesen sei, so geschehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Der Hilfebedarf beim Kläger erreiche nicht den Umfang der Pflegestufe I. Es stütze sich hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. R ... Die Ausführungen im Gutachten der Sachverständigen K. vom 05. September 2006 könnten nicht überzeugen. Dieses Gutachten weise an mehreren Stellen Diskrepanzen auf. Es treffe nicht zu, dass die Mitarbeiter der Sozialstation ein bis zwei Stunden täglich siebenmal pro Woche zum Kläger kommen würden. Auch führten die Pflegekräfte der Sozialstation nur Maßnahmen der Behandlungspflege durch. Widersprüchlich seien ferner die Ausführungen zum vermeintlichen erheblichen Hilfebedarf im Bereich der Mobilität. Auch der beschriebene Hilfebedarf im Bereich der Ernährung widerspreche jeglicher vorheriger Anamnese.
Gegen den Gerichtsbescheid, der den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. Mai 2008 zugestellt wurde, hat der Kläger am 03. Juni 2008 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Dem Sachverständigengutachten der Dr. R. könne nicht gefolgt werden, da diese nicht gewürdigt habe, dass bei ihm ein GdB von 100 bestehe. Die Art und Weise der durch das SG durchgeführten Ermittlungen sei nicht nachvollziehbar. Das Gutachten der Sachverständigen Dr. R. stehe auch nicht im Einklang mit der schriftlichen Zeugenaussage der Ärztin S.-M., die ausgeführt habe, dass er (der Kläger) bei den Erledigungen des täglichen Lebens stark behindert sei, dass er nur unter Schmerzen und auf kurzen Strecken in der Wohnung gehen könne, dass sich sein tägliches Leben deswegen nur im Haus abspiele und er für auswärtige Erledigungen auf die Hilfe Außenstehender angewiesen sei. Auch könne aus dem Umfang der Leistungen der Sozialstation kein Rückschluss auf den Umfang des Hilfebedarfs gezogen werden. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass der Pflegedienst nur ärztlich verordnete Tätigkeiten und keine Leistungen im Bereich der Grundpflege durchführe. Letztere hätte er mangels Leistungsbereitschaft der Beklagten selbst zu zahlen und dazu sei er nicht in der Lage. Tatsächlich liege bei ihm eine Unterversorgung im Bereich der Grundpflege vor. Im Hinblick auf die abweichenden Gutachten sei ein weiteres Sachverständigengutachten zu erheben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2006 zu verurteilen, ihm vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum 31. Juli 2008 habe ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung nicht bestanden, weil die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien.
Aufgrund eines neuen Antrags vom 06. August 2008 hat die Beklagte eine erneute Begutachtung des Klägers durch den MDK durchführen lassen und dem Kläger mit Bescheid vom 25. September 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. August 2008 bewilligt. Dazu hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom August 2008, das MDK-Gutachten der Pflegefachkraft G. vom 16. September 2008, in dem als pflegebegründende Diagnosen eine Verschlechterung des Allgemeinzustands mit körperlicher Schwäche, eine Gebrechlichkeit mit Erschöpfungszuständen und Rollstuhlpflichtigkeit, eine Darmteilinkontinenz und eine Blasenteilinkontinenz bei Prostatahyperplasie sowie ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 60 Minuten festgestellt wurde, und den Bewilligungsbescheid vom 25. September 2008 vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist im Hinblick auf den streitigen Zahlungsanspruch für die Zeit vom 01. Oktober 2005 bis 31. Juli 2008 statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide sind, soweit sie den hier nur noch streitbefangenen Zeitraum bis zum 31. Juli 2008 betreffen, nachdem die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25. September 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I ab 01. August 2008 bewilligt hat, ohne dass dieser Bescheid hier zu überprüfen wäre, rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 01. Oktober 2005 noch ab einem späteren Zeitpunkt bis zum 31. Juli 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe (§ 36 SGB XI) ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist, wer einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Ferner setzt der Anspruch auf Pflegegeld voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Die Pflege ist sichergestellt, wenn die erforderliche Pflege nach menschlicher Voraussicht nach Art und Umfang auch tatsächlich erbracht wird. Zwar hindert § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI einerseits nicht, dass der Pflegebedürftige, der über familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe verfügt, mit dem Pflegegeld zur Sicherstellung der erforderlichen Grundpflege auch professionelle Hilfe einkauft. Andererseits ist der Pflegebedürftige auch nicht verpflichtet, das Pflegegeld an die Pflegeperson weiterzugeben. Sofern allerdings der Pflegebedürftige die erforderliche Grundpflege noch selbst ausführt, kann für einen fiktiven Hilfebedarf nach der Zweckbestimmung des Gesetzes Pflegegeld nicht beansprucht werden.
Der Senat lässt dahingestellt, ob beim Kläger in der streitigen Zeit, die hier in der Vergangenheit liegt, ein täglicher Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 18 Minuten (Sachverständigengutachten der Dr. R.), von 35 Minuten (MDK-Gutachten der Pflegefachkraft E.) oder von 68 Minuten (Sachverständigengutachten mit ergänzender Stellungnahme der Frau K.) bestanden hat. Selbst wenn der Senat für die streitige Zeit annehmen würde, dass ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich 68 Minuten bestanden hätte, kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger in diesem Umfang tatsächlich seine Grundpflege im häuslichem Bereich durch dritte Personen sichergestellt hatte. Aus den beigezogenen Unterlagen der Evangelischen Sozialstation ergibt sich, worauf auch die Sachverständige Dr. R. zu Recht hingewiesen hat, dass die Mitarbeiter der Sozialstation lediglich täglich zehn bis 15 Minuten der Grundpflege nicht zuzurechnende ärztliche Behandlungspflege durchgeführt haben. Der Kläger hat auch selbst nicht geltend gemacht, dass von ihm familiäre oder nachbarschaftliche oder professionelle Hilfe für die Grundpflege, für die er Geldmittel aufgewendet hätte, in Anspruch genommen worden ist. Damit hatte der Kläger erforderliche Grundpflege in der Vergangenheit jedenfalls nicht in geeigneter Weise selbst sichergestellt, weshalb ihm für die zurückliegende Zeit Pflegegeld nicht zusteht. Darauf, dass der Kläger auch bei der Untersuchung durch die Pflegefachkraft G. am 12. September 2008 die Namen von Pflegepersonen nicht angegeben, sich aber dahin geäußert hat, über die Einschaltung eines ambulanten Pflegedienstes zur täglichen Grundpflege nachzudenken, kommt es nicht an, nachdem die Beklagte dem Kläger ab 01. August 2008 Pflegegeld nach Pflegestufe I bewilligt hat.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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