Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 KR 412/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 247/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Mitgliedschaft des Klägers in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten streitig.
Der 1951 geborene Kläger war von 1972 bis 2002 als Bundesbeamter bei der Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten (KVB) versichert. Eine Familienversicherung in den letzten fünf Jahren bestand nicht. Am 23.09.2001 unternahm der Kläger einen Suizidversuch, indem er versuchte, im Anwesen V.straße eine Gasleitung "anzuflexen". Seit 11.03.2002 ist der Kläger wegen der bei ihm vorliegenden schweren Persönlichkeitsstörung im Maßregelvollzug im Nervenkrankenhaus A-Stadt untergebracht und erhält dort freie Heilfürsorge. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts B-Stadt (Az.: 1 Ks 322 Js 20044/01) wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gemäß Rentenbescheid der Bahnversicherungsanstalt vom 08.04.2004 erhielt der Kläger ab 01.02.2004 eine (befristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach dem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung - Versorgungsamt - vom 24.03.2005 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.
Mit Schreiben vom 06.04.2005 beantragte der Kläger die Aufnahme in der freiwilligen Krankenversicherung nach §§ 9 Abs.1 Nr.4, 188 Abs.3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auf Aufforderung der Beklagten vom 20.05.2005, er möge Unterlagen vorlegen, dass er wegen der Behinderung die Voraussetzungen einer freiwilligen Mitgliedschaft (die notwendigen Vorversicherungszeiten) nicht erfüllen könne, verwies der Kläger auf eine ärztliche Bescheinigung der Klinik für forensische Psychiatrie vom 30.05.2005.
Mit Bescheid vom 20.06.2005 lehnte die Beklagte die Aufnahme in die freiwilligen Versicherung ab. Der Kläger sei bis Anfang 2002 als Beamter bei einer privaten Versicherung krankenversichert gewesen. Für Beamte sei die Versicherungspflicht ausgeschlossen. Auch ein Übertritt von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung sei ausgeschlossen (§§ 6 Abs.1 Nr.2, 9 SGB V). Ursächlich für die fehlenden Vorversicherungszeiten für eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sei also sein Status als Beamter und nicht der im März 2005 festgestellte GdB gewesen, weshalb eine freiwillige Mitgliedschaft nicht möglich sei.
Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, die der Beklagten vorliegende ärztliche Bescheinigung vom 13.05.2005 belege eindeutig, dass er auf Grund seiner Behinderung die Vorversicherungszeiten nicht habe erfüllen können. Ursächlich für das Fehlen der genannten Zeiten sei demnach nicht sein früherer Status als Beamter, sondern seine Behinderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 bestätigte die Beklagte ihre Begründung im Ausgangsbescheid.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die Argumentation der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Ursache für das Geschehen am 23.09.2001 und das daraufhin erfolgte Urteil des LG B-Stadt vom 20.11.2002 mit Unterbringung in der Klinik sei unstreitig sein Krankheitsbild. Ohne das Krankheitsbild wäre davon auszugehen, dass er weiterhin als Bundesbahnbeamter tätig wäre. Dem Gutachten des Sachverständigen G., eingeholt im Strafverfahren, sei im Übrigen zu entnehmen, dass das Geschehen vom 23.09.2001 lediglich und leider ein Resultat seines Krankheitsbildes gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass es nur eine Frage der Zeit und eine Frage der Umstände gewesen sei, bis sich sein angestautes Potenzial entladen und ebenfalls dazu geführt hätte, dass er seinen Status als Beamter mit einer entsprechenden Krankenfürsorge verloren hätte.
Mit Urteil vom 30.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass der Kläger die Vorversicherungszeit nicht habe erfüllen können. Vielmehr seien die Beteiligten nur gegensätzlicher Auffassung darüber, ob die Krankheit des Klägers ursächlich dafür war, dass er die Vorversicherungszeit nicht habe erfüllen können. Im Ergebnis liege es aber nicht an der beim Kläger vorliegenden Behinderung, dass er die Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe, sondern vielmehr an seinem vorangegangenen Status als Beamter.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen.
Im Termin der mündlichen Verhandlung erläuterte der Vertreter der Beklagten seine Nachforschungen über eine zwischenzeitlich angenommene Mitgliedschaft bei der AOK Baden-Württemberg. Dort sei irrtümlich davon ausgegangen worden, dass die klägerischen Angaben über ein neu eingegangenes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zutreffend gewesen wären. Nachdem aber keine Arbeitgebermeldung erfolgt sei, habe man aufgeklärt, dass tatsächlich die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer nicht vorlagen und habe deshalb die Versicherung storniert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2006 sowie den Bescheid vom 20.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2005 aufzuheben und festzustellen, dass er auf seine Beitrittsanzeige vom 06.04.2005 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG). Die Berufung hat aber keinen Erfolg, da das SG zu Recht mit Urteil vom 30.05.2006 die Klage als unbegründet zurückgewiesen hat.
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2005, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, beim Kläger auf Grund der Beitrittserklärung vom 06.04.2005 eine Mitgliedschaft in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu begründen.
Zulässig verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs.1 i.V.m. § 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Der Kläger ist auf Grund seiner Beitrittserklärung vom 06.04.2005 nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung geworden, weshalb er auch die Durchführung dieser Versicherung durch die Beklagte nicht beanspruchen kann.
Nach § 9 Abs.1 Nr.4 SGB V, der die freiwillige Versicherung regelt, können der Versicherung beitreten schwerbehinderte Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), wenn sie, ein Elternteil, ihr Ehegatte oder ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren, es sei denn, sie konnten wegen ihrer Behinderung diese Voraussetzung nicht erfüllen; die Satzung kann das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen.
§ 9 Abs.1 Nr.4 SGB V lässt somit den freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu. Dadurch wird Personengruppen die GKV eröffnet, bei denen ähnlich wie bei versicherungspflichtigen Personen ein begrenztes Schutzbedürfnis bestehen kann, wobei dies nur bei wenigen Gruppen als gegeben angesehen wird und selbst bei ihnen nicht so ausgeprägt ist, dass der Gesetzgeber auch sie der Versicherungspflicht unterworfen hätte.
Die Regelung des § 9 Abs.1 Nr.4 SGB V beruht auf einem Ausgleich divergierender Ziele. Einerseits soll Schwerbehinderten der Beitritt eröffnet werden, weil manche von ihnen kaum für finanziell tragbaren Versicherungsschutz sorgen können, insbesondere nicht durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wenn sie eine solche wegen ihrer Behinderung nicht finden. Der GKV und ihren Mitgliedern soll andererseits nicht ohne weiteres die Versicherung aller Schwerbehinderten übertragen und damit die private Krankenversicherung (PKV) entsprechend entlastet werden. Daher wird eine gewisse Beziehung des Schwerbehinderten, eines Elternteils oder des Ehegatten zur GKV in Form einer Vorversicherungszeit verlangt.
§ 9 Abs.1 Nr.4 SGB V ist zu entnehmen, dass die Feststellung der Schwerbehinderung durch die zuständige Behörde Voraussetzung für den Beitritt ist und dass die Feststellung Tatbestandswirkung für die Krankenkasse hat, weil es ansonsten keinen Sinn machen würde, dass die Beitrittsfrist nach § 9 Abs.2 Nr.4 SGB V daran anknüpft.
Voraussetzung für den Beitritt ist grundsätzlich eine Vorversicherungszeit von drei Jahren in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt. Fehlt die Vorversicherungszeit, so sind die schwerbehinderten Menschen dennoch beitragsberechtigt, wenn sie wegen ihrer Behinderung die Vorversicherungszeit nicht erfüllen konnten. Es kommt dabei nur darauf an, ob der behinderte Mensch innerhalb der letzten fünf Jahre die Voraussetzungen nicht erfüllen konnte.
Zwar liegt beim Kläger gemäß Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt vom 24.03.2005 eine Schwerbehinderung vor. Die Beitrittsanzeige vom 06.04.2005 erfolgte gemäß § 9 Abs.2 Nr.4 SGB V auch rechtzeitig. Sie war auch wirksam, da der Kläger weder entmündigt ist noch unter Betreuung steht. Insbesondere wurde er auch als "schuldfähiger" Täter strafrechtlich verurteilt. Die in der Satzung vorgesehene Altersgrenze hatte er noch nicht überschritten.
Unstreitig hat der Kläger aber die erforderliche Vorversicherungszeit von drei Jahren in den letzten fünf Jahren vor der Anzeige seines Beitritts bei der Beklagten nicht erfüllt. Denn der Kläger war bis Anfang 2002 als Beamter in einer privaten Versicherung krankenversichert. Für Beamte ist die Versicherungspflicht jedoch ausgeschlossen. So ist auch ein Übertritt von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen (§ 6 Abs.1 Nr.2 SGB V).
Zutreffend weist das SG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei Beamten der Gesetzgeber bewusst den Zugang zur freiwilligen Versicherung eingeschränkt hat, was schon mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG), in Kraft getreten am 01.01.1989, der Fall war. Demzufolge führt das Gesetz beim Kreis der zum Beitritt in die freiwillige Krankenversicherung Berechtigten die Beamten nicht auf, anders zum Beispiel als diejenigen, die nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB V versicherungsfrei sind (vgl. § 9 Abs.1 Nr.3 SGB V).
Zutreffend ist auch, dass das SG auf das Urteil des BSG vom 10.03.1994 (12 KR 12/93; SozR 3-2500 § 1257 Nr.2 = BSGE 74, 101) hingewiesen hat.
Der Kläger ist auch nicht deshalb beitrittsberechtigt, weil er wegen seiner Behinderung die Vorversicherungszeit nicht erfüllen konnte. Der Argumentation des Klägers, er sei jetzt nicht mehr Beamter und nicht mehr privat krankenversichert, könnte also jetzt einerseits grundsätzlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, sei anderseits aber dazu nur deshalb nicht in der Lage, weil er ja krank bzw. behindert sei, kann - wie auch schon das SG ausgeführt hat - nicht gefolgt werden. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen gemäß § 153 Abs.2 SGG an. Kausal für die Nichterfüllung der Vorversicherungszeit war der Beamtenstatus.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2006 zurückzuweisen.
Auf Grund des Unterliegens des Klägers sind ihm keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
-
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Mitgliedschaft des Klägers in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten streitig.
Der 1951 geborene Kläger war von 1972 bis 2002 als Bundesbeamter bei der Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten (KVB) versichert. Eine Familienversicherung in den letzten fünf Jahren bestand nicht. Am 23.09.2001 unternahm der Kläger einen Suizidversuch, indem er versuchte, im Anwesen V.straße eine Gasleitung "anzuflexen". Seit 11.03.2002 ist der Kläger wegen der bei ihm vorliegenden schweren Persönlichkeitsstörung im Maßregelvollzug im Nervenkrankenhaus A-Stadt untergebracht und erhält dort freie Heilfürsorge. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts B-Stadt (Az.: 1 Ks 322 Js 20044/01) wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gemäß Rentenbescheid der Bahnversicherungsanstalt vom 08.04.2004 erhielt der Kläger ab 01.02.2004 eine (befristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach dem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung - Versorgungsamt - vom 24.03.2005 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt.
Mit Schreiben vom 06.04.2005 beantragte der Kläger die Aufnahme in der freiwilligen Krankenversicherung nach §§ 9 Abs.1 Nr.4, 188 Abs.3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auf Aufforderung der Beklagten vom 20.05.2005, er möge Unterlagen vorlegen, dass er wegen der Behinderung die Voraussetzungen einer freiwilligen Mitgliedschaft (die notwendigen Vorversicherungszeiten) nicht erfüllen könne, verwies der Kläger auf eine ärztliche Bescheinigung der Klinik für forensische Psychiatrie vom 30.05.2005.
Mit Bescheid vom 20.06.2005 lehnte die Beklagte die Aufnahme in die freiwilligen Versicherung ab. Der Kläger sei bis Anfang 2002 als Beamter bei einer privaten Versicherung krankenversichert gewesen. Für Beamte sei die Versicherungspflicht ausgeschlossen. Auch ein Übertritt von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung sei ausgeschlossen (§§ 6 Abs.1 Nr.2, 9 SGB V). Ursächlich für die fehlenden Vorversicherungszeiten für eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sei also sein Status als Beamter und nicht der im März 2005 festgestellte GdB gewesen, weshalb eine freiwillige Mitgliedschaft nicht möglich sei.
Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger insbesondere geltend, die der Beklagten vorliegende ärztliche Bescheinigung vom 13.05.2005 belege eindeutig, dass er auf Grund seiner Behinderung die Vorversicherungszeiten nicht habe erfüllen können. Ursächlich für das Fehlen der genannten Zeiten sei demnach nicht sein früherer Status als Beamter, sondern seine Behinderung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2005 bestätigte die Beklagte ihre Begründung im Ausgangsbescheid.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die Argumentation der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Ursache für das Geschehen am 23.09.2001 und das daraufhin erfolgte Urteil des LG B-Stadt vom 20.11.2002 mit Unterbringung in der Klinik sei unstreitig sein Krankheitsbild. Ohne das Krankheitsbild wäre davon auszugehen, dass er weiterhin als Bundesbahnbeamter tätig wäre. Dem Gutachten des Sachverständigen G., eingeholt im Strafverfahren, sei im Übrigen zu entnehmen, dass das Geschehen vom 23.09.2001 lediglich und leider ein Resultat seines Krankheitsbildes gewesen sei. Es sei davon auszugehen, dass es nur eine Frage der Zeit und eine Frage der Umstände gewesen sei, bis sich sein angestautes Potenzial entladen und ebenfalls dazu geführt hätte, dass er seinen Status als Beamter mit einer entsprechenden Krankenfürsorge verloren hätte.
Mit Urteil vom 30.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass der Kläger die Vorversicherungszeit nicht habe erfüllen können. Vielmehr seien die Beteiligten nur gegensätzlicher Auffassung darüber, ob die Krankheit des Klägers ursächlich dafür war, dass er die Vorversicherungszeit nicht habe erfüllen können. Im Ergebnis liege es aber nicht an der beim Kläger vorliegenden Behinderung, dass er die Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe, sondern vielmehr an seinem vorangegangenen Status als Beamter.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen.
Im Termin der mündlichen Verhandlung erläuterte der Vertreter der Beklagten seine Nachforschungen über eine zwischenzeitlich angenommene Mitgliedschaft bei der AOK Baden-Württemberg. Dort sei irrtümlich davon ausgegangen worden, dass die klägerischen Angaben über ein neu eingegangenes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zutreffend gewesen wären. Nachdem aber keine Arbeitgebermeldung erfolgt sei, habe man aufgeklärt, dass tatsächlich die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht als Arbeitnehmer nicht vorlagen und habe deshalb die Versicherung storniert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2006 sowie den Bescheid vom 20.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2005 aufzuheben und festzustellen, dass er auf seine Beitrittsanzeige vom 06.04.2005 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG). Die Berufung hat aber keinen Erfolg, da das SG zu Recht mit Urteil vom 30.05.2006 die Klage als unbegründet zurückgewiesen hat.
Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2005, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, beim Kläger auf Grund der Beitrittserklärung vom 06.04.2005 eine Mitgliedschaft in der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung zu begründen.
Zulässig verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch (§ 123 SGG) mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs.1 i.V.m. § 55 Abs.1 Nr.1 SGG).
Der Kläger ist auf Grund seiner Beitrittserklärung vom 06.04.2005 nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung geworden, weshalb er auch die Durchführung dieser Versicherung durch die Beklagte nicht beanspruchen kann.
Nach § 9 Abs.1 Nr.4 SGB V, der die freiwillige Versicherung regelt, können der Versicherung beitreten schwerbehinderte Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), wenn sie, ein Elternteil, ihr Ehegatte oder ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren, es sei denn, sie konnten wegen ihrer Behinderung diese Voraussetzung nicht erfüllen; die Satzung kann das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen.
§ 9 Abs.1 Nr.4 SGB V lässt somit den freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu. Dadurch wird Personengruppen die GKV eröffnet, bei denen ähnlich wie bei versicherungspflichtigen Personen ein begrenztes Schutzbedürfnis bestehen kann, wobei dies nur bei wenigen Gruppen als gegeben angesehen wird und selbst bei ihnen nicht so ausgeprägt ist, dass der Gesetzgeber auch sie der Versicherungspflicht unterworfen hätte.
Die Regelung des § 9 Abs.1 Nr.4 SGB V beruht auf einem Ausgleich divergierender Ziele. Einerseits soll Schwerbehinderten der Beitritt eröffnet werden, weil manche von ihnen kaum für finanziell tragbaren Versicherungsschutz sorgen können, insbesondere nicht durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wenn sie eine solche wegen ihrer Behinderung nicht finden. Der GKV und ihren Mitgliedern soll andererseits nicht ohne weiteres die Versicherung aller Schwerbehinderten übertragen und damit die private Krankenversicherung (PKV) entsprechend entlastet werden. Daher wird eine gewisse Beziehung des Schwerbehinderten, eines Elternteils oder des Ehegatten zur GKV in Form einer Vorversicherungszeit verlangt.
§ 9 Abs.1 Nr.4 SGB V ist zu entnehmen, dass die Feststellung der Schwerbehinderung durch die zuständige Behörde Voraussetzung für den Beitritt ist und dass die Feststellung Tatbestandswirkung für die Krankenkasse hat, weil es ansonsten keinen Sinn machen würde, dass die Beitrittsfrist nach § 9 Abs.2 Nr.4 SGB V daran anknüpft.
Voraussetzung für den Beitritt ist grundsätzlich eine Vorversicherungszeit von drei Jahren in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt. Fehlt die Vorversicherungszeit, so sind die schwerbehinderten Menschen dennoch beitragsberechtigt, wenn sie wegen ihrer Behinderung die Vorversicherungszeit nicht erfüllen konnten. Es kommt dabei nur darauf an, ob der behinderte Mensch innerhalb der letzten fünf Jahre die Voraussetzungen nicht erfüllen konnte.
Zwar liegt beim Kläger gemäß Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt vom 24.03.2005 eine Schwerbehinderung vor. Die Beitrittsanzeige vom 06.04.2005 erfolgte gemäß § 9 Abs.2 Nr.4 SGB V auch rechtzeitig. Sie war auch wirksam, da der Kläger weder entmündigt ist noch unter Betreuung steht. Insbesondere wurde er auch als "schuldfähiger" Täter strafrechtlich verurteilt. Die in der Satzung vorgesehene Altersgrenze hatte er noch nicht überschritten.
Unstreitig hat der Kläger aber die erforderliche Vorversicherungszeit von drei Jahren in den letzten fünf Jahren vor der Anzeige seines Beitritts bei der Beklagten nicht erfüllt. Denn der Kläger war bis Anfang 2002 als Beamter in einer privaten Versicherung krankenversichert. Für Beamte ist die Versicherungspflicht jedoch ausgeschlossen. So ist auch ein Übertritt von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen (§ 6 Abs.1 Nr.2 SGB V).
Zutreffend weist das SG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei Beamten der Gesetzgeber bewusst den Zugang zur freiwilligen Versicherung eingeschränkt hat, was schon mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG), in Kraft getreten am 01.01.1989, der Fall war. Demzufolge führt das Gesetz beim Kreis der zum Beitritt in die freiwillige Krankenversicherung Berechtigten die Beamten nicht auf, anders zum Beispiel als diejenigen, die nach § 6 Abs.1 Nr.1 SGB V versicherungsfrei sind (vgl. § 9 Abs.1 Nr.3 SGB V).
Zutreffend ist auch, dass das SG auf das Urteil des BSG vom 10.03.1994 (12 KR 12/93; SozR 3-2500 § 1257 Nr.2 = BSGE 74, 101) hingewiesen hat.
Der Kläger ist auch nicht deshalb beitrittsberechtigt, weil er wegen seiner Behinderung die Vorversicherungszeit nicht erfüllen konnte. Der Argumentation des Klägers, er sei jetzt nicht mehr Beamter und nicht mehr privat krankenversichert, könnte also jetzt einerseits grundsätzlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, sei anderseits aber dazu nur deshalb nicht in der Lage, weil er ja krank bzw. behindert sei, kann - wie auch schon das SG ausgeführt hat - nicht gefolgt werden. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen gemäß § 153 Abs.2 SGG an. Kausal für die Nichterfüllung der Vorversicherungszeit war der Beamtenstatus.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2006 zurückzuweisen.
Auf Grund des Unterliegens des Klägers sind ihm keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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