Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 AS 1341/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 247/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Einstellung der Vollstreckung aus einem Rückforderungsbescheid der Antragsgegnerin.
Die am 1957 geborene Antragstellerin bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen gab die Antragstellerin an, dass keine Änderungen eingetreten seien. Mit Bewilligungsbescheid vom 11. November 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006. Die monatliche Bewilligung erfolgte für Dezember 2005 in Höhe von 649,58 EUR, für Januar bis März 2006 in Höhe von 635,98 EUR sowie für April bis Mai 2006 in Höhe von 628,29 EUR. Es ist streitig zwischen den Beteiligten, ab wann die Antragstellerin der Antragsgegnerin gemeldet hat, dass Herr B. S. ab 1. Januar 2006 als Partner mit der Antragstellerin zusammenlebt. Am 20. Februar 2006 ging ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin ein, worin die geänderten persönlichen Verhältnisse aufgeführt waqren. Darin gab die Antragstellerin an, mit Herrn S. seit dem 1. Januar 2006 in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Ferner wurden seine Einkommensverhältnisse mitgeteilt. Herr S. bezieht eine Unfall-Teilrente in Höhe von 362,47 EUR monatlich, vom 3. Januar bis 28. Januar 2006 war er als Inventurhelfer beschäftigt und erzielte 626,75 EUR brutto bzw. 497,51 EUR netto, Auszahlung am 21. des Folgemonats.
Mit Bescheid vom 20. April 2006 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen teilweise für Januar 2006 in Höhe von 33,14 EUR und für Februar 2006 in Höhe von 635,98 EUR auf. Durch die Anrechnung des Einkommens von Herrn S. ergebe sich eine Überzahlung. Die Antragstellerin habe wissen müssen, dass der Anspruch teilweise weggefallen sei. Abweichend von der Erstattungsregelung seien 56 % der erbrachten Leistungen für Unterkunft, mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Danach errechne sich ein Freibetrag von 127,83 EUR. Zu erstatten seien daher insgesamt noch 541,29 EUR.
Die Antragstellerin erhob gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch. In der Folgezeit vereinbarte sie mit der Antragsgegnerin eine Rückzahlung in Raten von 30 EUR monatlich.
Am 11. Dezember 2006 stellte die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 20. April 2006 und erklärte, keine Raten mehr zu zahlen. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft hätten am 1. Januar 2006 noch nicht vorgelegen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher gewesen sei, ob die Beziehung überhaupt längere Zeit möglich sei. Mit Bescheid vom 27. Februar 2007 wies die Antragsgegnerin diesen Antrag zurück. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und gab zur Begründung an, die Antragstellerin habe selbst angegeben, mit Herrn S. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 11. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben (S 8 AS 1342/07). Am 16. Juli 2007 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 20. April 2006 müsse vorläufig eingestellt werden. So habe die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung aus diesem Bescheid angedroht. Zum Beleg hat sie eine Mitteilung des Hauptzollamtes M. vom 4. Juli 2007 beigefügt. Dieses Schreiben ist mit "Vollstreckungsankündigung" überschrieben und enthält die Mitteilung, dass gegen die Antragstellerin wegen der angegebenen Geldforderungen die Vollstreckung durchzuführen sei. Weiter hat die Antragstellerin vorgetragen, sie habe am 2. Januar 2006 bei der Antragsgegnerin angerufen und mitgeteilt, dass Herr S. ab dem 1. Januar 2006 bei ihr wohne. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie nicht gewusst, ob das Zusammenleben mit Herrn S. von Dauer sein würde. Die Antragsgegnerin hat darauf verwiesen, dass nach ihren Unterlagen die Antragstellerin nicht bei ihr vorgesprochen habe.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2007 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung bestehe nicht. Ein Anspruch könne nicht auf die Vorschrift über die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes gestützt werden. Eine unmittelbare Einwirkung auf die Vollziehung könne durch die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens nicht erreicht werden, weil der Hilfebedürftige es sonst stets in der Hand hätte, die Vollstreckung zu verhindern. Soweit die Antragstellerin die Aufhebung und Rücknahme des Bescheides vom 20. April 2006 begehre, habe sie einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Sofern vollstreckbares Einkommen vorhanden wäre, wäre dies bei Erfolg in der Hauptsache zurückzugewähren, so dass eine nicht zu rechtfertigende Härte nicht glaubhaft gemacht sei.
Gegen diesen ihr am 2. August 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 3. August 2007 Beschwerde eingelegt. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass der Bescheid vom 20. April 2007 im Hauptsacheverfahren aufgehoben werde. Eine Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Entscheidung bestehe, da die Antragsgegnerin bereits Vollstreckungsmaßnahmen angedroht habe.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Vollstreckung aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2006 bis zum Erlass einer anderweitigen Entscheidung vorläufig einzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Antragsgegnerin hat telefonisch mitgeteilt, bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine Vollstreckungsmaßnahmen zu unternehmen. Die Antragstellerin erzielte zuletzt im laufenden SGB-II- Bezug ein nicht anrechenbares Einkommen von ca. 100 EUR monatlich.
Für weitere Einzelheiten des Sachvortrages der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch ansonsten zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist als Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig.
Die Statthaftigkeit des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz richtet sich in erster Linie nach dem Begehren der Antragsteller in der Hauptsache, für welches im einstweiligen Rechtsschutz eine vorläufige Regelung getroffen werden soll. An die Fassung fehlerhafter Anträge ist das Gericht dabei nicht gebunden.
Wörtlich beantragte die Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Einstellung der Vollstreckung. Ein solcher Antrag könnte die Durchführung der Vollstreckung betreffen. Die Antragsgegnerin hat für die Vollstreckung ihrer Geldforderung aus dem Bescheid vom 20. April 2006 in Anwendung des § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) gewählt und die Vollstreckung durch das Hauptzollamt M. eingeleitet. Für einen Rechtsbehelf gegen die Vollstreckung des Hauptzollamtes wäre die Antragsgegnerin schon nicht die richtige Beteiligte und die Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht die zuständige Gerichtsbarkeit (ungeachtet der fehlenden Möglichkeit des Rechtsmittelgerichtes die Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen, vgl. § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG). Richtiger Antragsgegner für einen solchen Antrag könnte nur die für die Vollstreckungshandlungen zuständige Vollstreckungsbehörde (nach § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VwVG) sein. Der Vollstreckungsschutz richtet sich dabei gem. § 5 Abs. 1 VwVG nach der Abgabenordnung (AO). Nach der AO können dabei nur Einwendungen gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme, ihre Anordnung und Aufrechterhaltung sowie gegen die Art. und Weise der Durchführung erhoben werden, auch die Einwendung, dass die Einleitung der Vollstreckungsmaßnahme rechtsmissbräuchlich sei (vgl. Klein-Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 256 Rn. 3). Für die dort aufgeführten Rechtsbehelfe nach der AO wären die Finanzgerichte zuständig (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung FGO). Bisher sind konkrete Vollstreckungsmaßnahmen nicht angedroht oder durchgeführt worden, Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen sind daher noch nicht erfolgversprechend. Bei sachgerechter Auslegung ihres Antrages geht es der Antragstellerin nicht um die Geltendmachung von Vollstreckungsschutz oder von Rechtsbehelfen gegen die Art und Weise der Vollstreckung, sondern sie will die Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides in Zweifel ziehen und wünscht eine vorläufige Regelung, um nicht bis zur Klärung dieser Rechtsfrage einer Durchsetzung der Forderung ausgesetzt zu sein. Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind gem. § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Eine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist bei Gründen, die nach der Entscheidung über den Vollstreckungstitel entstanden sind, im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung nicht eröffnet, da es sich um einen Rechtsbehelf aus der Vollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO, nicht aber der Verwaltungsvollstreckung handelt (vgl. LSG Berlin, Beschl. v. 17. März 2003 – L 14 B 81/02 – juris). Nur außerhalb des Vollstreckungsverfahrens liegende Rechtsbehelfe sind eröffnet. Insofern bietet der Rechtsschutz im Vollstreckungsverfahren keine Rechtsschutzmöglichkeit für das Begehren der Antragstellerin.
Besteht aber keine Rechtsschutzmöglichkeit im Vollstreckungsschutz sich gegen eine möglicherweise rechtswidrige, aber bestandskräftige Forderung zu wehren bis eine Entscheidung im Überprüfungsverfahren erfolgreich ist, bleibt ein Rechtsschutzinteresse für einen einstweiligen Rechtsschutz außerhalb des Vollstreckungsrechts. Eine Rechtsschutzmöglichkeit muss sich am Begehren in der Hauptsache orientieren und der Sicherung eines möglichen Erfolges durch vorläufige Maßnahmen orientieren. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin in der Hauptsache die Rücknahme des Rückforderungsbescheides vom 20. April 2006, mit dem Ziel, die gezahlten Leistungen vorläufig behalten zu können. Einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG scheidet für dieses Begehren im konkreten Fall aus. Die Antragstellerin hat den Rückforderungsbescheid nicht mit einem Widerspruch fristgerecht angegriffen, so dass dieser gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist.
Statthafte Antragsart für das Begehren der Antragstellerin ist deshalb der Antrag gemäß § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund), an dessen Vorliegen wegen § 77 SGG hohe Anforderungen zu stellen sind.
Anordnungsanspruch kann hier nur der Anspruch auf Rücknahme des Rückforderungsbescheides sein und damit mittelbar das Ziel, den ursprünglichen Leistungsanspruch wieder aufleben zu lassen, um zu erreichen, dass die Antragstellerin die ihr gezahlte Leistung vorläufig behalten kann. Dabei ist die Aufhebung eines Verwaltungsaktes durch einstweilige Anordnung trotz § 938 Abs. 1 Zivilprozessordnung wegen der gestaltenden Wirkung einer Aufhebungsentscheidung und der damit verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind dann als Vorfragen zu berücksichtigen, wobei summarisch zu prüfen ist, ob überwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass mit einer Aufhebung des Rückforderungsbescheides zu rechnen ist.
Der Senat stimmt der Auffassung LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 6. Sep-tember 2007 - L 7 AS 472/07 ER - in juris, Rn. 18) zu, wonach in Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt worden ist, besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen sind (vgl. auch die Entscheidung des Senates vom 24. Januar 2008 – L 2 B 96/07 AS ER). Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Solche besonderen Umstände, bei denen ausnahmsweise ein Anordnungsgrund auch für eine vorläufige Anordnung bei einem Antrag nach § 44 SGB X in Betracht kommt, liegen hier nicht vor. Die Rückforderung gefährdet nicht die soziale und wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin. Es liegt kein Fall vor, bei dem über den ohnehin gegebenen Vollstreckungsschutz noch ein besonderer Schutz vor einer Durchsetzung der Forderung, die mit einem Überprüfungsantrag angegriffen worden ist, gewährt werden muss. Die Vollstreckung würde selbst dann nicht zu untragbaren Folgen führen, wenn sie später rückgängig zu machen wäre.
Die Vollstreckung der gesamten Forderung kann auch durch Maßnahmen wie eine Ratenzahlungsvereinbarung abgemildert werden. Die Antragstellerin hatte mit der Antragsgegnerin bereits eine Ratenzahlungsvereinbarung über Raten in Höhe von 30 EUR getroffen, welche vermutlich erneuert werden könnte. Diese Ratenhöhe würde die Antragstellerin schon deshalb nicht übermäßig belasten, da sie noch über ein eigenes anrechnungsfreies Einkommen verfügt. Bei der besonders einschneidenden Maßnahme wie einer Aufrechnung bis zu einem Betrag von 30 % der Regelleistung nach § 43 SGB II gibt es eigenständige Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine solche Ermessensentscheidung der Behörde. Hinzu kommt, dass vorliegend eine solche Maßnahme weder angekündigt ist noch dürfte sie von den Tatbestandsvoraussetzungen her möglich sein. So bezieht sich der Vorwurf der Antragsgegnerin an die Antragstellerin auf ein pflichtwidriges Unterlassen der Angabe der veränderten Lebensverhältnisse. In § 43 SGB II ist eine Aufrechnung aber nur möglich, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzliche oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat, der Fall Unterlassung dürfte damit nicht erfasst sein (vgl. Conradis in LPK-SGB II § 43 Rn. 9).
Liegt schon ein Anordnungsgrund nicht vor, bedarf es keiner Erörterung mehr, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Verwaltungsentscheidung vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt in analoger Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Exner
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Einstellung der Vollstreckung aus einem Rückforderungsbescheid der Antragsgegnerin.
Die am 1957 geborene Antragstellerin bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen gab die Antragstellerin an, dass keine Änderungen eingetreten seien. Mit Bewilligungsbescheid vom 11. November 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006. Die monatliche Bewilligung erfolgte für Dezember 2005 in Höhe von 649,58 EUR, für Januar bis März 2006 in Höhe von 635,98 EUR sowie für April bis Mai 2006 in Höhe von 628,29 EUR. Es ist streitig zwischen den Beteiligten, ab wann die Antragstellerin der Antragsgegnerin gemeldet hat, dass Herr B. S. ab 1. Januar 2006 als Partner mit der Antragstellerin zusammenlebt. Am 20. Februar 2006 ging ein Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin ein, worin die geänderten persönlichen Verhältnisse aufgeführt waqren. Darin gab die Antragstellerin an, mit Herrn S. seit dem 1. Januar 2006 in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Ferner wurden seine Einkommensverhältnisse mitgeteilt. Herr S. bezieht eine Unfall-Teilrente in Höhe von 362,47 EUR monatlich, vom 3. Januar bis 28. Januar 2006 war er als Inventurhelfer beschäftigt und erzielte 626,75 EUR brutto bzw. 497,51 EUR netto, Auszahlung am 21. des Folgemonats.
Mit Bescheid vom 20. April 2006 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen teilweise für Januar 2006 in Höhe von 33,14 EUR und für Februar 2006 in Höhe von 635,98 EUR auf. Durch die Anrechnung des Einkommens von Herrn S. ergebe sich eine Überzahlung. Die Antragstellerin habe wissen müssen, dass der Anspruch teilweise weggefallen sei. Abweichend von der Erstattungsregelung seien 56 % der erbrachten Leistungen für Unterkunft, mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Danach errechne sich ein Freibetrag von 127,83 EUR. Zu erstatten seien daher insgesamt noch 541,29 EUR.
Die Antragstellerin erhob gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch. In der Folgezeit vereinbarte sie mit der Antragsgegnerin eine Rückzahlung in Raten von 30 EUR monatlich.
Am 11. Dezember 2006 stellte die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 20. April 2006 und erklärte, keine Raten mehr zu zahlen. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft hätten am 1. Januar 2006 noch nicht vorgelegen, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher gewesen sei, ob die Beziehung überhaupt längere Zeit möglich sei. Mit Bescheid vom 27. Februar 2007 wies die Antragsgegnerin diesen Antrag zurück. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und gab zur Begründung an, die Antragstellerin habe selbst angegeben, mit Herrn S. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 11. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben (S 8 AS 1342/07). Am 16. Juli 2007 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 20. April 2006 müsse vorläufig eingestellt werden. So habe die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung aus diesem Bescheid angedroht. Zum Beleg hat sie eine Mitteilung des Hauptzollamtes M. vom 4. Juli 2007 beigefügt. Dieses Schreiben ist mit "Vollstreckungsankündigung" überschrieben und enthält die Mitteilung, dass gegen die Antragstellerin wegen der angegebenen Geldforderungen die Vollstreckung durchzuführen sei. Weiter hat die Antragstellerin vorgetragen, sie habe am 2. Januar 2006 bei der Antragsgegnerin angerufen und mitgeteilt, dass Herr S. ab dem 1. Januar 2006 bei ihr wohne. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie nicht gewusst, ob das Zusammenleben mit Herrn S. von Dauer sein würde. Die Antragsgegnerin hat darauf verwiesen, dass nach ihren Unterlagen die Antragstellerin nicht bei ihr vorgesprochen habe.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2007 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung bestehe nicht. Ein Anspruch könne nicht auf die Vorschrift über die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes gestützt werden. Eine unmittelbare Einwirkung auf die Vollziehung könne durch die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens nicht erreicht werden, weil der Hilfebedürftige es sonst stets in der Hand hätte, die Vollstreckung zu verhindern. Soweit die Antragstellerin die Aufhebung und Rücknahme des Bescheides vom 20. April 2006 begehre, habe sie einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Sofern vollstreckbares Einkommen vorhanden wäre, wäre dies bei Erfolg in der Hauptsache zurückzugewähren, so dass eine nicht zu rechtfertigende Härte nicht glaubhaft gemacht sei.
Gegen diesen ihr am 2. August 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 3. August 2007 Beschwerde eingelegt. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass der Bescheid vom 20. April 2007 im Hauptsacheverfahren aufgehoben werde. Eine Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Entscheidung bestehe, da die Antragsgegnerin bereits Vollstreckungsmaßnahmen angedroht habe.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 31. Juli 2007 aufzuheben und die Vollstreckung aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2006 bis zum Erlass einer anderweitigen Entscheidung vorläufig einzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Antragsgegnerin hat telefonisch mitgeteilt, bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine Vollstreckungsmaßnahmen zu unternehmen. Die Antragstellerin erzielte zuletzt im laufenden SGB-II- Bezug ein nicht anrechenbares Einkommen von ca. 100 EUR monatlich.
Für weitere Einzelheiten des Sachvortrages der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch ansonsten zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ist als Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zulässig.
Die Statthaftigkeit des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz richtet sich in erster Linie nach dem Begehren der Antragsteller in der Hauptsache, für welches im einstweiligen Rechtsschutz eine vorläufige Regelung getroffen werden soll. An die Fassung fehlerhafter Anträge ist das Gericht dabei nicht gebunden.
Wörtlich beantragte die Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die Einstellung der Vollstreckung. Ein solcher Antrag könnte die Durchführung der Vollstreckung betreffen. Die Antragsgegnerin hat für die Vollstreckung ihrer Geldforderung aus dem Bescheid vom 20. April 2006 in Anwendung des § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) gewählt und die Vollstreckung durch das Hauptzollamt M. eingeleitet. Für einen Rechtsbehelf gegen die Vollstreckung des Hauptzollamtes wäre die Antragsgegnerin schon nicht die richtige Beteiligte und die Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht die zuständige Gerichtsbarkeit (ungeachtet der fehlenden Möglichkeit des Rechtsmittelgerichtes die Zulässigkeit des Rechtsweges zu prüfen, vgl. § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG). Richtiger Antragsgegner für einen solchen Antrag könnte nur die für die Vollstreckungshandlungen zuständige Vollstreckungsbehörde (nach § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes - VwVG) sein. Der Vollstreckungsschutz richtet sich dabei gem. § 5 Abs. 1 VwVG nach der Abgabenordnung (AO). Nach der AO können dabei nur Einwendungen gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme, ihre Anordnung und Aufrechterhaltung sowie gegen die Art. und Weise der Durchführung erhoben werden, auch die Einwendung, dass die Einleitung der Vollstreckungsmaßnahme rechtsmissbräuchlich sei (vgl. Klein-Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 256 Rn. 3). Für die dort aufgeführten Rechtsbehelfe nach der AO wären die Finanzgerichte zuständig (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung FGO). Bisher sind konkrete Vollstreckungsmaßnahmen nicht angedroht oder durchgeführt worden, Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen sind daher noch nicht erfolgversprechend. Bei sachgerechter Auslegung ihres Antrages geht es der Antragstellerin nicht um die Geltendmachung von Vollstreckungsschutz oder von Rechtsbehelfen gegen die Art und Weise der Vollstreckung, sondern sie will die Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheides in Zweifel ziehen und wünscht eine vorläufige Regelung, um nicht bis zur Klärung dieser Rechtsfrage einer Durchsetzung der Forderung ausgesetzt zu sein. Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind gem. § 256 AO außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Eine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist bei Gründen, die nach der Entscheidung über den Vollstreckungstitel entstanden sind, im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung nicht eröffnet, da es sich um einen Rechtsbehelf aus der Vollstreckung in entsprechender Anwendung der ZPO, nicht aber der Verwaltungsvollstreckung handelt (vgl. LSG Berlin, Beschl. v. 17. März 2003 – L 14 B 81/02 – juris). Nur außerhalb des Vollstreckungsverfahrens liegende Rechtsbehelfe sind eröffnet. Insofern bietet der Rechtsschutz im Vollstreckungsverfahren keine Rechtsschutzmöglichkeit für das Begehren der Antragstellerin.
Besteht aber keine Rechtsschutzmöglichkeit im Vollstreckungsschutz sich gegen eine möglicherweise rechtswidrige, aber bestandskräftige Forderung zu wehren bis eine Entscheidung im Überprüfungsverfahren erfolgreich ist, bleibt ein Rechtsschutzinteresse für einen einstweiligen Rechtsschutz außerhalb des Vollstreckungsrechts. Eine Rechtsschutzmöglichkeit muss sich am Begehren in der Hauptsache orientieren und der Sicherung eines möglichen Erfolges durch vorläufige Maßnahmen orientieren. Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin in der Hauptsache die Rücknahme des Rückforderungsbescheides vom 20. April 2006, mit dem Ziel, die gezahlten Leistungen vorläufig behalten zu können. Einstweiliger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG scheidet für dieses Begehren im konkreten Fall aus. Die Antragstellerin hat den Rückforderungsbescheid nicht mit einem Widerspruch fristgerecht angegriffen, so dass dieser gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist.
Statthafte Antragsart für das Begehren der Antragstellerin ist deshalb der Antrag gemäß § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund), an dessen Vorliegen wegen § 77 SGG hohe Anforderungen zu stellen sind.
Anordnungsanspruch kann hier nur der Anspruch auf Rücknahme des Rückforderungsbescheides sein und damit mittelbar das Ziel, den ursprünglichen Leistungsanspruch wieder aufleben zu lassen, um zu erreichen, dass die Antragstellerin die ihr gezahlte Leistung vorläufig behalten kann. Dabei ist die Aufhebung eines Verwaltungsaktes durch einstweilige Anordnung trotz § 938 Abs. 1 Zivilprozessordnung wegen der gestaltenden Wirkung einer Aufhebungsentscheidung und der damit verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X sind dann als Vorfragen zu berücksichtigen, wobei summarisch zu prüfen ist, ob überwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass mit einer Aufhebung des Rückforderungsbescheides zu rechnen ist.
Der Senat stimmt der Auffassung LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 6. Sep-tember 2007 - L 7 AS 472/07 ER - in juris, Rn. 18) zu, wonach in Fällen, in denen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X gestellt worden ist, besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen sind (vgl. auch die Entscheidung des Senates vom 24. Januar 2008 – L 2 B 96/07 AS ER). Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren abzuwarten. Solche besonderen Umstände, bei denen ausnahmsweise ein Anordnungsgrund auch für eine vorläufige Anordnung bei einem Antrag nach § 44 SGB X in Betracht kommt, liegen hier nicht vor. Die Rückforderung gefährdet nicht die soziale und wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin. Es liegt kein Fall vor, bei dem über den ohnehin gegebenen Vollstreckungsschutz noch ein besonderer Schutz vor einer Durchsetzung der Forderung, die mit einem Überprüfungsantrag angegriffen worden ist, gewährt werden muss. Die Vollstreckung würde selbst dann nicht zu untragbaren Folgen führen, wenn sie später rückgängig zu machen wäre.
Die Vollstreckung der gesamten Forderung kann auch durch Maßnahmen wie eine Ratenzahlungsvereinbarung abgemildert werden. Die Antragstellerin hatte mit der Antragsgegnerin bereits eine Ratenzahlungsvereinbarung über Raten in Höhe von 30 EUR getroffen, welche vermutlich erneuert werden könnte. Diese Ratenhöhe würde die Antragstellerin schon deshalb nicht übermäßig belasten, da sie noch über ein eigenes anrechnungsfreies Einkommen verfügt. Bei der besonders einschneidenden Maßnahme wie einer Aufrechnung bis zu einem Betrag von 30 % der Regelleistung nach § 43 SGB II gibt es eigenständige Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine solche Ermessensentscheidung der Behörde. Hinzu kommt, dass vorliegend eine solche Maßnahme weder angekündigt ist noch dürfte sie von den Tatbestandsvoraussetzungen her möglich sein. So bezieht sich der Vorwurf der Antragsgegnerin an die Antragstellerin auf ein pflichtwidriges Unterlassen der Angabe der veränderten Lebensverhältnisse. In § 43 SGB II ist eine Aufrechnung aber nur möglich, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzliche oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat, der Fall Unterlassung dürfte damit nicht erfasst sein (vgl. Conradis in LPK-SGB II § 43 Rn. 9).
Liegt schon ein Anordnungsgrund nicht vor, bedarf es keiner Erörterung mehr, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Verwaltungsentscheidung vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt in analoger Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Exner
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