L 6 R 839/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1548/05 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 839/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 06.10.2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1951 geborene Klägerin ist serbische Staatsbürgerin und lebt in Serbien-Montenegro. Sie war in Deutschland von April 1970 bis Dezember 1980 als ungelernte Montagearbeiterin beschäftigt. In anderen Ländern hat sie keine Zeiten in der Rentenversicherung.

Auf einen ersten Rentenantrag gewährte ihr die Beklagte Rente für die Zeit vom 06.01.1979 bis 31.12.1980 und lehnte den anschließenden Weitergewährungsantrag ab.

Ein weiterer Rentenantrag vom 11.07.1984 war erfolglos (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.07.1990; Beschluss des Bundessozialgerichts vom 15.01.1991).

Am 16.06.1995 stellte die Klägerin einen erneuten Rentenantrag, der mit einer Rücknahme des Rechtsmittels im Berufungsverfahren am 03.02.2000 endete, nachdem auch die dortige medizinische Beweiserhebung ein vollschichtiges Einsatzvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergeben hatte.

Mit Schreiben vom 18.02.2000 an den Bevollmächtigten der Klägerin wies die Beklagte auf die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung hin und gestattete der Klägerin die Nachzahlung freiwilliger Beiträge zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für alle seit 1984 nicht belegten Zeiten, für die Zeiten vor 01.01.1995 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Freiwillige Beiträge könnten grundsätzlich nur bis zum 31.03. des Jahres, das dem Jahr folge, für das sie gelten sollten, gezahlt werden. Freiwillige Beiträge für Zeiten ab 01.01.1995 könne die Klägerin noch bis zum Ablauf von drei Monaten nach Abschluss des Berufungsverfahrens (= Tag der Berufungsrücknahme) fristgerecht nachzahlen. Nach Hinweisen zur möglichen Höhe der freiwilligen Beiträge und auf das Erfordernis der Lückenlosigkeit für die Zeit ab 1984 und die Zukunft, führte die Beklagte aus, falls die Klägerin von der Möglichkeit der freiwilligen Beiträge Gebrauch machen wolle, solle sie sich mit der Beklagten innerhalb von vier Wochen in Verbindung setzen. Die Beklagte werde ihr dann konkret mitteilen, für welche Zeiten und in welcher Höhe freiwillige Beiträge zu zahlen seien. Es folgte ein Hinweis auf das Erlöschen des Versicherungsschutzes, wenn das Recht auf Zahlung nicht innerhalb der Frist geltend gemacht werde und die Beiträge nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Aufforderung tatsächlich gezahlt werden. Die Klägerin hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.

Am 28.01.2003 beantragte sie bei der Beklagten mit Hinweis auf eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eine Wiederaufnahme des Rentenverfahrens.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25.04.2005 ab, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nicht mehr erfülle, und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2005 als unbegründet zurück, weil die Klägerin nach den ärztlichen Feststellungen noch wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne.

Der Beklagten hatten die gutachterlichen Feststellungen der Invalidenkommission B. vom 07.10.2004 und weitere Berichte vorgelegen. Die Kommission war nach Feststellung eines Bronchialasthmas, eines Bluthochdrucks und neurasthenisch-depressiver Beschwerden zu dem Ergebnis gekommen, seit dem 15.07.2003 liege ein vollständiger Verlust der Erwerbsfähigkeit vor (Tätigkeiten von nur noch unter drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt). Im Vergleich zu früher habe sich der Gesundheitszustand verschlechtert. Der Ärztliche Dienst der Beklagten kam im April 2004 nach Auswertung aller Unterlagen zu dem Ergebnis, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geltend gemacht und hierzu Berichte aus dem Jahre 2006 vorgelegt. Die Beklagte und das Sozialgericht haben gegenüber der Klägerin geäußert, dass der Leistungsfall bis spätestens März 2000 hätte eintreten müssen.

Nach einer entsprechenden Ankündigung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.10.2006 als unbegründet abgewiesen. Im März 2000 sei der Leistungsfall noch nicht eingetreten, weil die gutachterlichen Feststellungen in dem im Jahre 2000 beendeten Berufungsverfahren ergeben hätten, dass die Klägerin noch vollschichtig habe erwerbstätig sein können. Die Klägerin habe ihren Rentenantrag 2003 damit begründet, dass eine Verschlechterung eingetreten sei, was der heimische Versicherungsträger be-stätigt habe. Darauf komme es jedoch nicht mehr an. Die Klägerin sei im März 2000 jedenfalls noch in der Lage gewesen, wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Hiergegen hat die Klägerin mit Hinweis auf ihre aktuelle Gesundheitssituation Berufung eingelegt, eine Untersuchung in Deutschland beantragt und wiederum teils schon bekannte Unterlagen aus dem Jahre 2006 vorgelegt.

Sie begehrt in der Sache die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Verurteilung der Beklagten zur Gewährung der beantragten Rente.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akten der Beklagten sowie die Akten aus den vorangegangenen soziagerichtlichen Verfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin war im März 2000 noch nicht in einem für einen Rentenanspruch ausreichenden Maße erwerbsgemindert. Bei einer später eingetretenen Erwerbsminderung fehlen der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch.

Der Anspruch der Klägerin ist bei einem Rentenantrag vom 28.01.2003 nach den seit 01.01.2001 geltenden Vorschriften zu beurteilen (§ 300 Abs.1 und 2 SGB VI). Dies gilt auch für die Verhältnisse in dem Zeitpunkt, zu dem noch Versicherungsschutz bestand.

Eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI setzt voraus, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen. Dieses zum 01.01.1984 eingeführte Erfordernis hatte die Klägerin bereits mit Abschluss des im Jahre 1984 eingeleiteten Rentenverfahrens nicht mehr erfüllt.

Zu Gunsten der Klägerin wirkte jedoch, dass sie nach § 241 SGB VI bis März 2000 die Möglichkeit hatte, rückwirkend für die Zeit bis 01.01.1984 mit der Zahlung freiwilliger Beiträge ihre Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbsminderung aufrechtzuerhalten. Dabei hätte sie nach § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI bis zu diesem Zeitpunkt Versicherungsschutz auch ohne die Zahlung der freiwilligen Beiträgen genossen. Da sich die Klägerin nicht wenigstens zur Zahlung der freiwilligen Beiträge bereit erklärt hat, ist der Versicherungsschutz mit Ablauf des März 2000 erloschen. Darauf, wie lange sie freiwillige Beiträge nach §§ 197, 198 SGB VI für die Zeit ab 01.01.1995 hätte zahlen können, kommt es nicht mehr an, weil damit der Versicherungsschutz nach § 241 SGB VI nicht mehr hätte begründet werden können.

Gegen die Beratung der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 18.02.2000 und die Zulassung zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge ist rechtlich nichts einzuwenden. Die Belehrung der Beklagten zur Aufrechterhaltung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen war richtig und auf die persönlichen Verhältnisse der Klägerin abgestellt, insbesondere war sie mit Rücksicht auf die von der Klägerin möglicherweise nicht zu erwartende finanzielle Leistungsfähigkeit günstiger als die bloße Nennung des nachzuzahlenden Gesamtbetrages an freiwilligen Beiträgen und deren sofortige Anforderung.

Für die Beurteilung der Erwerbsminderung der Klägerin war allein § 43 SGB VI anzuwenden, weil die Klägerin sich als zuletzt versicherungspflichtig in einem ungelernten Beschäftigungsverhältnis Tätige auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen muss und der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI einen qualitativen Wert des zuvor ausgeübten Berufes voraussetzt, der einen Abstieg auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als nicht mehr zumutbar erscheinen lässt.

Bis März 2000 war die Klägerin noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich zunächst aus den Feststellungen des Ärztlichen Dienstes der Beklagten, wonach die Klägerin im April 2004 noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten konnte. Dieses Ergebnis widerspricht zwar den gutachterlichen Feststellungen der Invalidenkommission B. vom 07.10.2004. Diese Feststellungen enthalten jedoch keine nachvollziehbare Begründung, die über die Feststellung eines Bronchialasthmas, eines Bluthochdrucks und neurasthenisch-depressiver Beschwerden hinausgehen. Dass die Klägerin damit jedenfalls im März 2000 noch zu einer wenigstens 6-stündigen Erwerbstätigkeit in der Lage war, wird bestätigt durch die gutachterlichen Feststellungen in dem sozialgerichtlichen Verfahren, das mit der Berufungsrücknahme am 03.02.2000 geendet hatte. Darin war der Klägerin noch ein achtstündiges Einsatzvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt attestiert worden. Eine weitere Bestätigung dieses Ergebnisses ist darin zu sehen, dass die Invalidenkommission ihrerseits von einer Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse ausgeht und die Klägerin selbst ihren Rentenantrag und die anschließenden Rechtsmittel trotz Hinweises auf das Ende des Versicherungsschutzes im März 2000 stets nur mit einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse begründet hat.

Von einer erneuten gutachterlichen Untersuchung der Klägerin waren über ihre Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor April 2000 keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten.

Nachdem die Klägerin im März 2000 noch nicht in rentenberechtigendem Ausmaße erwerbsgemindert war, war die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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