L 7 SO 55/08 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 60 SO 71/08 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 SO 55/08 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die 1923 geborene Antragstellerin ist u.a. wegen einer Demenzerkrankung pflegebedürftig. Sie wird von ihrem Sohn als gerichtlich bestelltem Betreuer vertreten. Die Pflege der in Pflegestufe II eingestuften Antragstellerin wird durchgeführt von der ambulanten Krankenpflege I. M. (M.). Nach den Abrechnungen der Krankenpflegerin verblieben nach Abzug des Anteils der Pflegekasse (921 EUR) für die Antragstellerin ein zu zahlender Betrag in Höhe von 1.137,06 EUR (November 2007), von 1.538,22 EUR (Dezember 2007) und von 1.441,83 EUR (Januar 2008).

Am 7. Dezember 2007 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Nach einem Vermerk des Sozialdienstes vom 11. Dezember 2007 hatte sich die Schwiegertochter der Antragstellerin Mitte November 2007 an den Sozialdienst gewandt, weil das Vermögen der Antragstellerin bald aufgebraucht wäre. Ein Bestattungsvorsorgevertrag sei im November 2007 eingerichtet worden. Es habe sich schließlich herausgestellt, dass nach Einrichtung des Bestattungsvorsorgevertrages die Finanzierung des Pflegedienstes für November 2007 nicht mehr möglich sei.

Durch Bescheid vom 12. Februar 2008 lehnte die Antragsgegnerin den "Antrag vom 19.11.2007" ab. Die Antragstellerin habe bei ihrer Antragstellung zwei Sparbücher vorgelegt mit einem Gesamtguthaben am 7. November 2007 von 10.640,58 EUR und am 19. November 2007 habe sie einen Beratungstermin beim Sozialdienst gehabt. Am 23. November 2007 habe sie 8.000 EUR vom Sparbuch abgehoben, so dass bei der Antragsaufnahme am 7. Dezember 2007 nur noch 2.640,58 EUR auf den Sparbüchern gewesen seien. Am 23. November 2007 habe sie einen Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen, als schon bekannt gewesen sei, dass Leistungen der Sozialhilfe beantragt werden müssten. Der Einsatz des Vermögens stelle auch keine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 des 12. Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) dar und es bestehe ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Abheben der Gelder vom eindeutig nicht als Schonvermögen anzusehenden Sparbuch und Einzahlung in den Bestattungsvorsorgevertrag. Sobald das Vermögen aufgebraucht sei, könnten - frühestens ab April 2008 - erneut Leistungen beantragt werden. Über den gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 29. Februar 2008 eingelegten Widerspruch ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

Am 29. Februar 2008 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin Hilfe für Verpflegung und Pflegegeld vorläufig ungekürzt in Höhe von 1.400,00 EUR monatlich zu gewähren. Ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin hat das SG die Antragsgegnerin durch Beschluss vom 4. März 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 29. Februar 2008 bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Februar 2008 bei der Berechnung der Leistungen zur Hilfe zur Pflege das Guthaben der Antragstellerin in Höhe von 8.000,00 EUR aufgrund des Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrages Nr. xxx nicht als Vermögen anzurechnen und eventuelle Leistungen als Darlehen zu gewähren. Die Vollziehung dieser einstweiligen Anordnung hat das SG davon abhängig gemacht, dass die Antragstellerin das genannte Guthaben sicherheitshalber an die Antragsgegnerin abtritt.

Zur Begründung hat es § 26 SGB XII zitiert und dazu ausgeführt, es könne unentschieden bleiben, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift erfüllt seien; jedenfalls sei auch die Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66 SGB XII) zum Lebensunterhalt unerlässlich. Durch Nr. 1 des Tenors sei die Antragsgegnerin nicht gehindert, andere Voraussetzungen für die Gewährung ihrer Leistungen zu prüfen (z. B. Pflegebedürftigkeit, erforderlicher Pflegeumfang) bei deren Nichtvorliegen die Hilfe abzulehnen; sie sei nur gehindert, ihre Leistungsablehnung auf die Vermögensanrechnung zu stützen. Das Interesse der Antragsgegnerin an der Sicherung ihres eventuellen Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens oder ihres eventuellen Anspruchs auf Erstattung von zu Unrecht erbrachter Hilfe zur Pflege werde durch Nr. 2 des Tenors gewährleistet.

Gegen diesen ihr am 11. März 2008 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 7. April 2008 eingegangenen Beschwerde. Sie rügt als Verfahrensfehler die fehlende Anhörung; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei ihr zusammen mit der Beschlussausfertigung zugegangen. Dies sei nicht rechtens, zumal keine Eilbedürftigkeit bestanden habe, weil die Antragstellerin noch Geld auf dem Konto gehabt habe, welches sie für die Pflege hätte verwenden können. Im Übrigen sei der Bestattungsvorsorgevertrag nach Beantragung der Leistungen auf Sozialhilfe abgeschlossen worden. Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII sei am 19. November 2007 gestellt worden, der Abschluss des Vertrages sei am 8. Januar 2008 erfolgt. Nach der neueren Rechtsprechung werde ein Bestattungsvorsorgevertrag nicht im Rahmen der Härtefallregelung des § 90 SGB XII geschützt, wenn der Bestattungsvorsorgevertrag nach Beantragung von Leistungen auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII abgeschlossen werde. Der Sozialhilfeträger sei nämlich verpflichtet, für eine menschenwürdige Bestattung zu sorgen. Auch sei zu berücksichtigen, ob leistungsfähige Verpflichtete vorhanden seien, die für eine ordnungsgemäße Beerdigung zu sorgen hätten. In diesen Fällen lasse sich eine Härte nicht feststellen, da ohnehin schon aufgrund anderer Vorschriften für eine menschenwürdige Bestattung gesorgt sei. Abgesehen davon sei auch der Betrag von 8.000,00 EUR für eine Bestattung zu hoch. Als angemessen könne nur ein Bestattungsvorsorgevertrag - sofern er langfristig vor dem Eintritt des Sozialhilfefalles abgeschlossen worden sei - angesehen werden, wenn er den vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden Begräbniskosten entspreche oder nur in geringem Maße darüber liege. Als Bestattungskosten würden für eine Feuerbestattung von der Stadt Frankfurt am Main zur Zeit 2.537,89 EUR und für eine Erdbestattung 2.887,89 EUR anerkannt.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2008 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), derzufolge ein Bestattungsvorsorgevertrag nicht leistungsschädlich sei. Auf den Zeitpunkt, wann der Vertrag abgeschlossen worden sei, komme es letztlich nicht an. Wenn die Kosten einer angemessenen Beerdigung und Grabpflege schützenswert seien, dann seien sie dies zu jedem Zeitpunkt, unabhängig von der Frage, wann die Bedürftigkeit eintrete. Die für die Bestattungsvorsorge vorgesehenen Kosten seien auch angemessen. Dabei spiele keine Rolle, ob Angehörige vorhanden seien, welche diese Kosten übernehmen müssten. Auch könne die Antragstellerin nicht auf eine Übernahme der Beerdigungskosten durch die Sozialbehörden verwiesen werden; insoweit sei auf die mittlerweile durch die Entscheidung des BSG bestätigte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen.

Durch Bescheid vom 3. April 2008 hat die Antragsgegnerin Sozialhilfe im Rahmen eines Darlehens nach § 91 SGB XII in Verbindung mit dem Beschluss des SG vom 4. März 2008 bewilligt. Nachdem in Bezug auf den Bestattungsversorgungsvertrag eine Abtretungserklärung erfolgt sei, würden die Kosten des Pflegedienstes gemäß dem Kostenvoranschlag vom 18. Dezember 2007 bis zu einem monatlichen Gesamtaufwand in Höhe von 1.397,88 EUR übernommen. Leistungen für Pflegebedürftigkeit nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) seien auf die Hilfe zur Pflege nach § 66 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 924 EUR angerechnet. Aufgrund des vorhandenen Einkommens sei gemäß § 19 Abs. 5 SGB XII ein Kostenbeitrag in Höhe von monatlich 51,66 EUR berechnet. Die Leistung sei um diesen Betrag gekürzt worden. Der monatliche Kostenbeitrag sei von der Antragstellerin an den Pflegedienst zu leisten. Gegen den Bescheid vom 3. April 2008 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. April 2008 Widerspruch eingelegt; dieser richtet sich gegen die lediglich darlehensweise Gewährung der Leistungen sowie gegen das Verlangen, das Guthaben in Höhe von 8.000,00 EUR aus dem Bestattungsvorsorgevertrag sicherheitshalber abzutreten.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten auf den Inhalt der Akte der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Zwar hat das SG verfahrensfehlerhaft gegen das Gebot auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, als es - ohne weitere Begründung - ohne Anhörung der Antragsgegnerin über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung entschieden hat. Dennoch sieht der Senat von einer - in seinem pflichtgemäßen Ermessen stehenden - Zurückverweisung des Verfahrens an das SG in entsprechender Anwendung des § 159 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des SG ist in der Sache nicht zu beanstanden.

Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach S. 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. etwa Beschluss vom 6. Juli 2006 (L 7 AS 86/06 ER m.w.N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 b, Rdnrn. 27, 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 in: info also 2005, 166 ff.).

Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei ist, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG a.a.O.). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).

Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 42). Deshalb sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zu Tage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Beschluss vom 6. Januar 2006 - L 7 AS 87/05 ER).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann ein Anordnungsanspruch nicht verneint werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. März 2008 - B 8/9b 9/06 R), die allerdings noch nicht im vollen Wortlaut, sondern lediglich als Pressemitteilung vorliegt, kann es sich bei dem Bestattungsvorsorgevertrag um privilegiertes Vermögen handeln, das der Gewährung von Sozialhilfeleistungen nicht entgegensteht. Hierfür ist von Bedeutung, ob der Vertrag kündbar und somit das Vermögen überhaupt verwertbar ist, ob - bei gegebener Kündigungsmöglichkeit - die Kündigung mit einem nicht mehr zumutbaren Wertverlust (im Hinblick auf den Umfang der gegenüber dem Vertragspartner fortbestehenden Zahlungspflicht) verbunden wäre und damit die Verwertung eine Härte darstellen würde. Ohnedies käme eine Verweisung auf die Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages nicht in Betracht, soweit es sich bei diesem um eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall handelt. Dabei ist ohne Bedeutung, wenn ein Vertrag zeitlich so geschlossen worden ist, dass dadurch die Bedürftigkeit erst herbeigeführt wurde. Damit aber ist dem Hauptargument der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe ihre Bedürftigkeit nach Beantragung der Hilfe zur Pflege herbeigeführt, der Boden entzogen.

Vor allem berücksichtigt die Antragsgegnerin jedoch nicht, dass die Antragstellerin vor Beantragung von Leistungen nach dem SGB XII - nach Beratung des Sozialdienstes der Antragsgegnerin - die Bestattungsvorsorge in die Wege geleitet hatte. Das ergibt sich nicht nur aus dem Vermerk des Sozialdienstes vom 11. Dezember 2007, sondern auch daraus, dass die Antragstellerin bei der Antragstellung am 7. Dezember 2007 von der Frau L., die den Antrag entgegengenommen hatte, ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, einen "Nachweis über Bestattungsvorsorge" vorzulegen. Auch wurde die Treuhand-Police zum Bestattungsvorsorgevertrag bereits im Dezember 2007 von der D. Treuhand AG ausgestellt. Darüber hinaus hat in einem weiteren Vermerk vom 14. März 2008 der Sozialdienst der Antragsgegnerin ausführlich dargelegt, dass es sich bezüglich der Bestattungsvorsorge um zahlreiche Missverständnisse gehandelt habe. Der Sozialdienst habe darüber informiert, dass die Beerdigungskosten über eine Bestattungsvorsorge zu regeln seien, damit die Beerdigung nicht von den Erben beglichen werden müsse. Nach den bestehenden Richtlinien könne Vermögen unter einer Härteregelung (§ 90 Abs. 3 SGB XII) fallen, wenn es sich handele um eine "Bestattungsvorsorge, die vor Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit abgeschlossen wurde". Die Bestattungsvorsorge sei aber vor Eintritt der Bedürftigkeit abgeschlossen und überwiesen worden. Es sei nicht korrekt, dass der Antrag am 19. November 2007 bezüglich Kostenübernahme gestellt worden sei; es habe lediglich ein Gespräch stattgefunden, wobei bereits die Bestattungsvorsorge erwähnt worden sei, weil die Kinder der Antragstellerin nicht in der Lage seien, dies zu einem späteren Zeitpunkt zu leisten. Ein Antrag sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Erwägung gezogen worden. Das Ehepaar (gemeint sind der Sohn und die Schwiegertochter der Antragstellerin) habe alle Unterlagen offen gelegt und habe bis dahin den Anschein erweckt, dass das Vermögen der Antragstellerin für die Erben o.ä. erhalten bleiben solle. Es sei - laut eigenen Angaben - nicht über die Höhe einer Bestattungsvorsorge und somit nicht über die Angemessenheit informiert worden. Als es auf die Höhe und somit Unangemessenheit der Summe angesprochen worden sei, hätten sie sich bereit erklärt, die Summe zu verringern, indem einige Leistungen "herausgenommen" werden könnten. Dies hätte die Bestattungsvorsorge um circa die Hälfte verringert. Das sei jedoch "von unserer Seite" nicht akzeptiert worden. Insgesamt habe sich die Familie auf die Unterstützung seitens des Sozialdienstes verlassen und sich korrekt verhalten. Sie habe alle notwendigen Informationen erbracht und offen gelegt und stets zur Bearbeitung des Antrags mitgewirkt.

Ist nach alledem ein Anspruch der Antragsteller auf Hilfe zur Pflege nicht ausgeschlossen, sondern sogar wahrscheinlich, hat der Senat im Wege der Folgeabwägung zu entscheiden. Die Folgenabwägung im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes fällt vorliegend zugunsten der Antragstellerin aus. Dass sie, die nicht mehr über die notwendigsten Mittel zur Deckung ihres Existenzminimums verfügt, sich in einer akuten, gegenwärtigen Notlage befindet, ergibt sich aus den eigenen Unterlagen der Antragsgegnerin. Nach dem genannten Vermerk des Sozialdienstes vom 14. März 2008 beeinträchtigt "die momentane Situation gravierend die Versorgung einer hilflosen, pflegebedürftigen, dementen Person". Eine vorläufige Kostenübernahme der pflegerischen Versorgung sei dringend notwendig, "damit keine lebensbedrohliche Situation entsteht".

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved