Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 482/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 U 363/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenteilrente.
Der 1956 geborene Kläger erlitt am 18. September 2003 auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle als Beifahrer einen Verkehrsunfall, bei welchem ein anderer Pkw von links kommend in seinen Wagen fuhr. Im Bericht des am selben Tage aufgesuchten Durchgangsarztes Dr. P sind als Diagnose vermerkt eine Schädelprellung, Kniegelenksprellung links und eine Wirbelsäulen (WS)-Distorsion. Bis zum 20. September 2003 verblieb der Kläger zur Verlaufsbeobachtung im V-K. Der Durchgangsarzt Dr. G stellte mit Nachschaubericht vom 7. Oktober 2003 und mit weiterer Mitteilung vom 20. Oktober 2003 Arbeitsfähigkeit ab dem 19. Oktober 2003 fest; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht zu erwarten. Am 8. Oktober 2003 übersandte die Beklagte dem Kläger einen Wegeunfall-Fragebogen, den letzterer im selben Monat ausgefüllt zurücksandte.
Im März 2005 bat der Kläger unter Bezugnahme auf diese Korrespondenz um Mitteilung zum Sachstand. Auf die Antwort der Beklagten, dass der Unfall als Wegeunfall anerkannt sei, dass Unfallfolgen über den 18. Oktober 2003 jedoch nicht bestanden hätten, übersandte der Kläger eine Aufstellung von Beschwerden, die seiner Ansicht nach durch den Unfall verursacht worden seien. Durch Bescheid vom 8. Juni 2005 erkannte die Beklagte daraufhin erneut den Unfall als Wegeunfall an, lehnte die Gewährung weiterer Leistungen jedoch ab.
Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte die Verkehrsunfallanzeige des Polizeipräsidenten in Berlin nebst schriftlichen Zeugenaussagen der Unfallbeteiligten bei. Der Kläger hatte hier mit Datum vom 27. September 2003 beschrieben, mitbekommen zu haben, wie von links ein Pkw angerast gekommen und sein Kollege deshalb voll auf die Bremse getreten sei. Da habe es dann auch schon geknallt. Der Kläger übersandte ferner u. a. Unterlagen über zwischenzeitlich erfolgte ärztliche Behandlungen, die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 40, die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung und Schriftverkehr mit der Kfz-Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin, die dem Kläger unter Berücksichtigung einer bis 18. Oktober 2003 bestehenden Arbeitsunfähigkeit bei komplikationslosem Heilungsverlauf ein Schmerzensgeld von 1200,- Euro gewährte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe vor dem Aufprall des Fahrzeuges in die linke Wagenseite bemerkt, dass ein Pkw von links die Vorfahrt nahm und der Fahrzeugführer eine Vollbremsung durchführte. Nach den Unterlagen hätten auch lediglich eine Halswirbelsäulenzerrung, eine Knieprellung sowie eine leichte Gehirnerschütterung vorgelegen, während sich Anhaltspunkte für schwerwiegende Verletzungen weder aus den Unterlagen des Krankenhauses noch des ambulant weiter behandelnden Arztes ergeben hätten. Entsprechende Erkrankungen heilten erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen aus. Auch habe ca. ein halbes Jahr nach dem Unfall keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestanden. Erst rund 1 ½ Jahre nach dem Arbeitsunfall seien subjektive Beschwerden mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht worden. Die jetzt noch bestehenden Erkrankungen seien daher nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin durch Gerichtsbescheid vom 04. Januar 2007 abgewiesen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung des Klägers sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Behandlungen der durch den Unfall in Mitleidenschaft gezogenen Halswirbelsäule (HWS) bzw. des Knies seien nach dem 18. Oktober 2003 nicht mehr erfolgt; die subjektiven Beschwerden des Klägers seien im Zusammenhang mit einer Behandlung seiner Lendenwirbelsäule (LWS) geltend gemacht worden, deren Erkrankung jedoch bereits seit Juli 2001 dokumentiert gewesen sei.
Gegen diesen am 15. Januar 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 02. Februar 2007 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, dass er seine Beschwerden keineswegs im Zusammenhang mit einer schon vor dem Unfall bestehenden Erkrankung seiner LWS geltend gemacht habe. Seine Beschwerden stünden vielmehr ausschließlich im Zusammenhang mit seiner HWS. Lokalisation und Symptomatik seiner Beschwerden sprächen für einen ursächlichen Zusammenhang, da Distorsionen an der HWS zu Cervikalsyndromen oder bei fortgeleiteter Beschwerdesymptomatik auch zu cervikalocephalen und cervikobrachialen Syndromen führten. Auch habe er bis zum Unfallereignis unstreitig noch nie an Beschwerden im Bereich der HWS gelitten. Mittelschwere HWS Distorsionen könnten auch nach einem längeren behandlungsfreien Intervall noch zu den dargestellten Beschwerden führen. Auch im Kniegelenk litte er unter chronifizierten Schmerzzuständen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 aufzuheben, festzustellen, dass die Gesundheitsstörungen "Schädelprellung und Kniegelenkprellung links sowie Halswirbelsäulenzerrung" eine Folge des Arbeitsunfalls vom 18. September 2003 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Der vom Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Gutachter benannte Dr. R verstoße bei seiner Beurteilung wiederholt gegen anerkannte Grundsätze der Beurteilung der Kausalität, da allein die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend für den Bejahung sei.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes Befundberichte der behandelnden Ärzte Dipl. Med. L, Fachärztin für Innere Medizin, vom 20. Juli 2007, Dipl. Med. S, Fachärztin für Orthopädie, vom 17. August 2007, des Medizinischen Versorgungszentrums B vom 21. August 2007, des Facharztes für Chirurgie Dr. G vom 20. September 2007 und des Facharztes für Psychiatrie M vom 09. Oktober 2007 als Praxisnachfolger der Dr. S, eingeholt, letzterer übersandte einen Entlassungsbericht der H Klinik über eine stationäre Rehabilitationsbehandlung des Klägers in der Zeit vom 06. Oktober bis 17. November 2005.
Das Gericht hat sodann durch den Facharzt für Orthopädie Dr. W ein Gutachten vom 09. Februar 2008 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen beständen:
a) Chronisch-degeneratives HWS Syndrom mit multisegmentalem Befall und möglichen rezidivierenden sensiblen Wurzelirritationen C 6 links, b) chronische Bandscheibendegeneration der unteren LWS bei Zustand nach Nukleotomie L 4/5, c) Knieknorpelschaden/Meniskusdegeneration linkes Kniegelenk.
Beim Kläger habe sich in den letzten Jahren ein anlagebedingtes, degeneratives multisegmentales Wirbelsäulenleiden entwickelt, wobei eine Mitbeteiligung des Unfalls an diesem Krankheitsprozess nicht nachgewiesen werden könne. Es handele sich sowohl im Bereich der HWS als auch der LWS um eine schicksalhafte Erkrankung. Mögliche Schäden bei einer Schleuderverletzung des Halses hingen von der Stärke des Impulses auf das Wirbelsäulensegment, der Haltung des beweglichen Körperteiles (im vorliegenden Fall der HWS) im Augenblick des Unfalles und von Zustand bzw. Reißfestigkeit der Verbindung zwischen den beweglichen Körperteilen (Wirbelsäulensegmente/Bandscheiben/Wirbelkörper) ab. Je nach Schweregrad der vorgenannten Einflüsse könne es zu unterschiedlichen Strukturverletzungen bis hin zu Strukturläsionen kommen. Allgemein anerkannt sei eine Unterteilung zwischen leichten, mittelgradigen und schweren Beschleunigungsverletzungen. Hiervon weiche die Zuordnung in die Graduierung nach Erdmann nicht ab. Diese Klassifizierung orientiere sich an nachweisbaren klinischen Symptomen, deren zeitlichem Verlauf und an den erkennbaren strukturellen Veränderungen im Zusammenhang mit bildgebenden Diagnostiken. Eine schwere Beschleunigungsverletzung könne vorliegend ausgeschlossen werden. Auch eine mittelgradige Beschleunigungsverletzung (welche Grad III nach Erdmann entspräche) ließe sich aufgrund der Befundlage nicht nachweisen. Der Kläger habe zwar beim Verlassen des Pkw Schwindel verspürt, das Auto jedoch eigenständig verlassen können und an der Abwicklung des Unfalls teilgenommen. Eine Amnesie habe nicht vorgelegen. Außerhalb der regionalen Probleme im Bereich der HWS seien keine neurologischen Defizite aufgetreten. Der klinische Behandlungsverlauf habe innerhalb der ersten vier Wochen eine deutliche Remission der Symptome gezeigt; auch seien die Schwindelprobleme in diesem Zeitraum verschwunden. Daher sei von einer leichten Beschleunigungsverletzung (entsprechend Erdmann Grad I und II) auszugehen. Hierbei könnten zumindest minimale Läsionen am Kapsel-/Bandapparat oder an den Weichteilen eintreten, welche dann innerhalb der ersten Stunden und Tage zu reflektorischen Verspannungen und Bewegungsstörungen insbesondere entlang der Nackenmuskulatur führten, die sich in diffusen Hinterkopf- und Nackenschmerzen äußerten. Ferner könnten vegetative Irritationen auftreten, es werde auch über Übelkeit, Schwindel oder Sehstörungen berichtet, welche jedoch innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen wieder verschwänden. Der Beschwerdeverlauf des Klägers habe exakt diese zeitliche Entwicklung genommen. Die Nachschauberichte dokumentierten dies unstrittig. Die bildgebende Diagnostik (Röntgen der HWS) habe knöcherne Verletzungen ausgeschlossen. Die späteren CT Aufnahmen hätten belegt, dass in dieser Phase keine nicht erkannten Läsionen an den Wirbelkörpern oder Bandscheiben eingetreten seien. Die erwähnten und erst Monate nach der Verletzung eingetretenen Hypästhesien könnten nicht auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden. Denn eine aus dem Anpralltrauma resultierende Neurologie wäre innerhalb von Stunden erkennbar gewesen, der Kläger habe jedoch bestätigt, dass diese Symptome erst im Frühjahr 2004 spürbar gewesen seien. Schließlich belegten die Computertomografien der HWS vom 04. Februar 2005 die degenerative Schadensanlage. Posttraumatische Veränderungen könnten hierdurch ausgeschlossen werden. Es fänden sich über mehrere Segmente hinweg mitunter hochgradige und die Altersnorm deutlich überschreitende Abnutzungserscheinungen an den Facettengelenken und den Bandscheibenfächern (Osteochondrosen, Spondylosen, Spondylarthrosen und Einengungen der Neuroforamina). Diese Befundlage werde auch durch aktuelle Röntgenaufnahmen bestätigt. Nachweislich belegten die CT Aufnahmen von 2005, dass kein Bandscheibenvorfall vorliege, weshalb die erkennbaren knöchernen Abnutzungen nicht aus einer abgelaufenen traumatischen Bandscheibenschädigung resultierten. Diese Bilddokumente belegten, dass ein degeneratives HWS Leiden aus innerer Ursache entwickelt worden sei. Die vorgetragenen Beschwerden seien damit das Resultat einer inneren Schadensanlage und nicht auf den Unfall zurückzuführen. Am linken Kniegelenk sei es zu einer Prellung ohne bleibende Schädigung gekommen. Das folgenlose Verheilen sei im Rahmen der Nachschauberichte nachzuvollziehen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Gericht ferner ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R vom 27. Juni 2008 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass die Beschwerden des Klägers "im Zusammenhang mit dem Unfall vom September 2003 stehen können, auch wenn keine eindeutige Kausalität hergestellt werden kann". Zumindest seien die vom Kläger in diesem Kontext vorgetragenen Beschwerden im Zusammenhang zum Unfallereignis logisch und nachvollziehbar und hätten durch seine Befunde bestätigt werden können. Die Beantwortung der Frage nach der posttraumatischen Erwerbsminderung sei nicht so einfach möglich.
Die von Dr. Wvorgenommene Einteilung nach Erdmann sei wegen ihrer starken Ausrichtung nach strukturellen Verletzungen problematisch, die funktionellen Beschwerden nur unzureichend gerecht würde. Einige seiner Ausführungen und Ableitungen könnten aufgrund neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen auch anders eingeordnet werden. Die international gebräuchlichste Schweregradeinteilung sei die Einteilung in vier Stufen nach QTF (Quebec-Task-Force), welche Spätfolgen auch bei Schweregraden II III nicht ausschließe. Knöcherne Verletzungen seien nach dem Unfall nicht festgestellt worden. Es sei "damit" anzunehmen, dass die Verletzungen im Bereich der Muskulatur und des Weichteilgewebes gelegen hätten. Es könne demnach von einer cervikalen Weichteildistorsion ausgegangen werden. Nicht selten manifestiere sich in Fachkreisen die Meinung, dass derartige Distorsionen ohne erkennbares morphologisches Korrelat einen schnelleren Heilungsverlauf nähmen und Spätfolgen nahezu ausgeschlossen seien. Seiner Ansicht nach handele es sich hier um einen Irrtum. Dies werde allerdings fachlich kontrovers diskutiert. Einige Aspekte stützten jedoch die Sichtweise, dass es zu Spätfolgen und Heilungskomplikationen kommen könne. Die Schwierigkeit der Problematik zeige sich darin, dass ein Unfall zu einem Beschwerdebild führen könne, obgleich objektive Verletzungsanzeichen nicht festgestellt werden könnten. Aufgrund der Vielseitigkeit des Beschwerdebildes könne auch keine schubladenartige Symptomeinordnung anhand von Schweregradtabellen erfolgen. Es sei "nicht auszuschließen", dass der Unfall zum vorliegenden Beschwerdebild geführt bzw. dieses verstärkt habe. Eine eindeutige Einordnung des Unfallereignisses in den Beschwerdekontext könne aber aufgrund der beschriebenen Umstände nicht erfolgen. Zumindest könne davon ausgegangen werden, dass die von Dr. W beschriebenen degenerativen Veränderungen der HWS aufgrund des traumatischen Ereignisses stärker vorangeschritten seien. Es könne auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die LWS Beschwerden zumindest indirekt mit dem Unfall in Zusammenhang ständen.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 21. und 24. Oktober 2008 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Schwerbehindertenakte, der beigezogenen Akte des Rentenverfahrens (S 23 R 434/06) und der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und der erstinstanzliche Gerichtsbescheid sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Feststellung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolge noch auf Gewährung einer Verletztenteilrente.
Nach § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Gesundheitsstörungen infolge eines versicherten Ereignisses können nur dann anerkannt werden, wenn sie mit Wahrscheinlichkeit zumindest ihre wesentliche Teilursache in dem versicherten Unfallereignis haben. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287) liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss und dass es keine Beweisregel gibt, wonach bei fehlender Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist. Die für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügende hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernsthafte Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (so insgesamt BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).
Vorliegend steht für den Senat fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsschäden als Unfallfolge oder auf Gewährung einer Verletztenteilrente hat, weil als Folge des Unfalles lediglich eine Schädel- und Kniegelenksprellung links sowie eine HWS Zerrung anzusehen sind, die nach Ablauf der durch die Beklagte anerkannten Zeit ausgeheilt waren. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Dr. W vom 09. Februar 2008, dem der Senat folgt. Danach bestand beim Kläger lediglich eine leichte Beschleunigungsverletzung. Der dokumentierte Beschwerdeverlauf des Klägers entsprach der typischerweise bei derartigen leichten Beschleunigungsverletzungen auftretenden Entwicklung. In Fällen derartiger leichter HWS Distorsionen kommen nach Dr. W Arbeitsunfähigkeiten bis zu sechs Wochen in Betracht, weshalb die dem Kläger eingeräumte Zeit bis zum 18. Oktober 2003 auch nachvollziehbar sei. Eine Erwerbsminderung über diesen Zeitpunkt hinaus sei aber nicht feststellbar, da keine substantiellen Verletzungen an den Wirbelstrukturen aufgedeckt werden konnten und die initialen Symptome weitestgehend remittiert gewesen seien, neurologische Probleme hätten sich nicht gefunden. Diese Beurteilung durch Dr. W ist überzeugend und nachvollziehbar, weil sie einerseits das Unfallgeschehen selbst berücksichtigt, bei welchem der Kläger, worauf auch die Beklagte hinweist, durch den auf der anderen Wagenseite erfolgten Anprall nicht unvorbereitet getroffen worden ist. Dr. W führte ferner unter nachvollziehbarer Auswertung sowohl des Entlassungsberichtes des Vivantes-Klinikums, in welchem der Kläger nach dem Unfall stationär beobachtet worden war, als auch der folgenden Nachschauberichte aus, dass der klinische Behandlungsverlauf innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Unfall eine deutliche Remission der Symptome gezeigt habe, auch seien die Schwindelprobleme in diesem Zeitraum verschwunden. Die erst im Frühjahr 2004 und damit ein halbes Jahr nach dem Unfall aufgetretenen Symptome können damit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden.
Nicht ausreichend war nach allem der vom Kläger dargestellte zeitliche Zusammenhang dergestalt, dass er nach seinen Angaben vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei. Hieraus folgt bereits grundsätzlich nicht, dass die aufgetretenen Leiden auf den Unfall zurückzuführen wären, da hierfür immer auch andere Faktoren wie beispielsweise degenerative Leiden als ursächlich in Betracht kommen.
Die Ausführungen des auf Antrag des Klägers gehörten Dr. R in dessen Gutachten vom 27. Juni 2008 überzeugten ebenfalls nicht. Zunächst einmal kam auch Dr. R nicht zu dem Ergebnis, dass die beim Kläger fortbestehende Beschwerdesymptomatik mit der notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Vielmehr führt er in seiner Zusammenfassung aus, dass dies lediglich eine Möglichkeit darstelle, dass aber eine eindeutige Kausalität nicht festgestellt werden könne. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges reicht aufgrund der oben dargestellten Grundsätze für die Bejahung des erforderlichen Ursachenzusammenhangs jedoch gerade nicht aus.
Auch im Einzelnen waren die durch Dr. R gegebenen Begründungen nicht überzeugend. So führt er die fortbestehenden Beschwerden auf Weichteilverletzungen zurück, deren Auftreten nach dem Unfall er aus der Nichtfeststellbarkeit knöcherner Verletzungen folgert, "damit" sei von Verletzungen der Muskulatur bzw. des Weichteilgewebes auszugehen. Damit legte er seinen Schlussfolgerungen zur Kausalität nicht nachgewiesene Verletzungsfolgen zugrunde, deren Existenz er lediglich unterstellen konnte. Auch legt Dr. R selbst dar, dass seine Einschätzung zu möglichen Folgen leichter Weichteilverletzungen auf wissenschaftlich nicht erwiesenen Grundlagen beruhe. So führt er auf Seite 8 seines Gutachtens aus, dass fachlich durchaus kontrovers diskutiert werde, ob es in Fällen leichtgradiger Weichteilverletzungen zu Spätfolgen und Heilungskomplikationen kommen kann; hierbei betont er, dass ein einheitlicher Konsens insoweit nicht bestehe. Ein derartiger Hinweis auf nach eigener Einschätzung des Gutachters vereinzelte Einwände begründet jedoch keine Zweifel an der durch Dr. W nachvollziehbar und überzeugend begründeten anderen Einschätzung und der von diesem zugrunde gelegten Einordnung des Unfallgeschehens nach Schweregraden. Soweit Dr. R meint, dass die Schweregradeinteilung nach der QTF vorzugswürdig sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. W sich keineswegs zwingend an der Einteilung nach Erdmann orientiert hat, sondern lediglich eine Unterteilung zwischen leichten, mittelgradigen und schweren Beschleunigungsverletzungen darstellte und ausführte, dass die Zuordnung nach Erdmann hiervon nicht abweiche (Seite 10 des Gutachtens). Auch in der wissenschaftlichen Literatur (z. B. in dem auch vom Kläger zitierten Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 555) wird im Übrigen eine derartige Einteilung aufgrund einer an Erdmann orientierten modifizierten Klassifikation vorgenommen. Letztlich führt jedoch auch eine Einteilung nach der QTF nach Dr. R nur zur Möglichkeit, einen Ursachenzusammenhang auch bei leichteren Verletzungen anzunehmen, was jedoch die positive Feststellung desselben mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit nicht impliziert.
Dr. R führte ferner aus, dass für das Ausmaß der Verletzung u. a. Impulswirkung und richtung des Anstoßes eine wesentliche Rolle spiele, aber auch, ob der Betroffene muskulär auf das Ereignis vorbereitet gewesen sei oder nicht, ob er also den Unfall antezipieren und muskulär hätte anspannen können, um die Struktur zu schützen. Vorschädigungen stellten einen weiteren Faktor dar. Zu diesen allgemeinen Erwägungen fehlt bei Dr. R jedoch jegliche Subsumtion, obgleich all diese Aspekte gegen und nicht für eine Rückführung der vom Kläger geklagten Beschwerden auf den Unfall sprechen. Denn die Beklagte hatte bereits im angefochtenen Widerspruchsbescheid zu Recht ausgeführt, dass der Kläger den Zusammenstoß Unfall vor dem Anprall kommen sehen konnte; dies ergibt sich aus der Unfallschilderung des Klägers gegenüber der Poizei. Weiter findet sich bei Dr. W eine Darstellung der beim Kläger zweifelsfrei festgestellten degenerativen Schäden, die von Dr. R zwar nicht bezweifelt, in ihrer Bedeutung für das vorliegende Beschwerdebild jedoch auch in keiner Weise gewürdigt werden.
Zu den vom Kläger ebenfalls noch geltend gemachten Knieschäden führt Dr. W aus, dass diese im Nachschaubericht vom 22. September 2003 als abgeheilt beschrieben wurden, am 07. Oktober 2003 habe sich das linke Kniegelenk insgesamt unauffällig gezeigt. Bei der von ihm erhobenen Anamnese wurden Kniebeschwerden nicht erwähnt, so dass er insoweit insgesamt lediglich eine Prellung ohne bleibende Schädigung beschreibt, die weder zur Feststellung von Unfallfolgen noch zu einer Rentengewährung führen kann.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenteilrente.
Der 1956 geborene Kläger erlitt am 18. September 2003 auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle als Beifahrer einen Verkehrsunfall, bei welchem ein anderer Pkw von links kommend in seinen Wagen fuhr. Im Bericht des am selben Tage aufgesuchten Durchgangsarztes Dr. P sind als Diagnose vermerkt eine Schädelprellung, Kniegelenksprellung links und eine Wirbelsäulen (WS)-Distorsion. Bis zum 20. September 2003 verblieb der Kläger zur Verlaufsbeobachtung im V-K. Der Durchgangsarzt Dr. G stellte mit Nachschaubericht vom 7. Oktober 2003 und mit weiterer Mitteilung vom 20. Oktober 2003 Arbeitsfähigkeit ab dem 19. Oktober 2003 fest; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nicht zu erwarten. Am 8. Oktober 2003 übersandte die Beklagte dem Kläger einen Wegeunfall-Fragebogen, den letzterer im selben Monat ausgefüllt zurücksandte.
Im März 2005 bat der Kläger unter Bezugnahme auf diese Korrespondenz um Mitteilung zum Sachstand. Auf die Antwort der Beklagten, dass der Unfall als Wegeunfall anerkannt sei, dass Unfallfolgen über den 18. Oktober 2003 jedoch nicht bestanden hätten, übersandte der Kläger eine Aufstellung von Beschwerden, die seiner Ansicht nach durch den Unfall verursacht worden seien. Durch Bescheid vom 8. Juni 2005 erkannte die Beklagte daraufhin erneut den Unfall als Wegeunfall an, lehnte die Gewährung weiterer Leistungen jedoch ab.
Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte die Verkehrsunfallanzeige des Polizeipräsidenten in Berlin nebst schriftlichen Zeugenaussagen der Unfallbeteiligten bei. Der Kläger hatte hier mit Datum vom 27. September 2003 beschrieben, mitbekommen zu haben, wie von links ein Pkw angerast gekommen und sein Kollege deshalb voll auf die Bremse getreten sei. Da habe es dann auch schon geknallt. Der Kläger übersandte ferner u. a. Unterlagen über zwischenzeitlich erfolgte ärztliche Behandlungen, die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 40, die Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsminderung und Schriftverkehr mit der Kfz-Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin, die dem Kläger unter Berücksichtigung einer bis 18. Oktober 2003 bestehenden Arbeitsunfähigkeit bei komplikationslosem Heilungsverlauf ein Schmerzensgeld von 1200,- Euro gewährte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe vor dem Aufprall des Fahrzeuges in die linke Wagenseite bemerkt, dass ein Pkw von links die Vorfahrt nahm und der Fahrzeugführer eine Vollbremsung durchführte. Nach den Unterlagen hätten auch lediglich eine Halswirbelsäulenzerrung, eine Knieprellung sowie eine leichte Gehirnerschütterung vorgelegen, während sich Anhaltspunkte für schwerwiegende Verletzungen weder aus den Unterlagen des Krankenhauses noch des ambulant weiter behandelnden Arztes ergeben hätten. Entsprechende Erkrankungen heilten erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen aus. Auch habe ca. ein halbes Jahr nach dem Unfall keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestanden. Erst rund 1 ½ Jahre nach dem Arbeitsunfall seien subjektive Beschwerden mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht worden. Die jetzt noch bestehenden Erkrankungen seien daher nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin durch Gerichtsbescheid vom 04. Januar 2007 abgewiesen. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung des Klägers sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Behandlungen der durch den Unfall in Mitleidenschaft gezogenen Halswirbelsäule (HWS) bzw. des Knies seien nach dem 18. Oktober 2003 nicht mehr erfolgt; die subjektiven Beschwerden des Klägers seien im Zusammenhang mit einer Behandlung seiner Lendenwirbelsäule (LWS) geltend gemacht worden, deren Erkrankung jedoch bereits seit Juli 2001 dokumentiert gewesen sei.
Gegen diesen am 15. Januar 2007 zugegangenen Gerichtsbescheid richtet sich die am 02. Februar 2007 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, dass er seine Beschwerden keineswegs im Zusammenhang mit einer schon vor dem Unfall bestehenden Erkrankung seiner LWS geltend gemacht habe. Seine Beschwerden stünden vielmehr ausschließlich im Zusammenhang mit seiner HWS. Lokalisation und Symptomatik seiner Beschwerden sprächen für einen ursächlichen Zusammenhang, da Distorsionen an der HWS zu Cervikalsyndromen oder bei fortgeleiteter Beschwerdesymptomatik auch zu cervikalocephalen und cervikobrachialen Syndromen führten. Auch habe er bis zum Unfallereignis unstreitig noch nie an Beschwerden im Bereich der HWS gelitten. Mittelschwere HWS Distorsionen könnten auch nach einem längeren behandlungsfreien Intervall noch zu den dargestellten Beschwerden führen. Auch im Kniegelenk litte er unter chronifizierten Schmerzzuständen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 04. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Juli 2006 aufzuheben, festzustellen, dass die Gesundheitsstörungen "Schädelprellung und Kniegelenkprellung links sowie Halswirbelsäulenzerrung" eine Folge des Arbeitsunfalls vom 18. September 2003 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Der vom Kläger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Gutachter benannte Dr. R verstoße bei seiner Beurteilung wiederholt gegen anerkannte Grundsätze der Beurteilung der Kausalität, da allein die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend für den Bejahung sei.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes Befundberichte der behandelnden Ärzte Dipl. Med. L, Fachärztin für Innere Medizin, vom 20. Juli 2007, Dipl. Med. S, Fachärztin für Orthopädie, vom 17. August 2007, des Medizinischen Versorgungszentrums B vom 21. August 2007, des Facharztes für Chirurgie Dr. G vom 20. September 2007 und des Facharztes für Psychiatrie M vom 09. Oktober 2007 als Praxisnachfolger der Dr. S, eingeholt, letzterer übersandte einen Entlassungsbericht der H Klinik über eine stationäre Rehabilitationsbehandlung des Klägers in der Zeit vom 06. Oktober bis 17. November 2005.
Das Gericht hat sodann durch den Facharzt für Orthopädie Dr. W ein Gutachten vom 09. Februar 2008 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen beständen:
a) Chronisch-degeneratives HWS Syndrom mit multisegmentalem Befall und möglichen rezidivierenden sensiblen Wurzelirritationen C 6 links, b) chronische Bandscheibendegeneration der unteren LWS bei Zustand nach Nukleotomie L 4/5, c) Knieknorpelschaden/Meniskusdegeneration linkes Kniegelenk.
Beim Kläger habe sich in den letzten Jahren ein anlagebedingtes, degeneratives multisegmentales Wirbelsäulenleiden entwickelt, wobei eine Mitbeteiligung des Unfalls an diesem Krankheitsprozess nicht nachgewiesen werden könne. Es handele sich sowohl im Bereich der HWS als auch der LWS um eine schicksalhafte Erkrankung. Mögliche Schäden bei einer Schleuderverletzung des Halses hingen von der Stärke des Impulses auf das Wirbelsäulensegment, der Haltung des beweglichen Körperteiles (im vorliegenden Fall der HWS) im Augenblick des Unfalles und von Zustand bzw. Reißfestigkeit der Verbindung zwischen den beweglichen Körperteilen (Wirbelsäulensegmente/Bandscheiben/Wirbelkörper) ab. Je nach Schweregrad der vorgenannten Einflüsse könne es zu unterschiedlichen Strukturverletzungen bis hin zu Strukturläsionen kommen. Allgemein anerkannt sei eine Unterteilung zwischen leichten, mittelgradigen und schweren Beschleunigungsverletzungen. Hiervon weiche die Zuordnung in die Graduierung nach Erdmann nicht ab. Diese Klassifizierung orientiere sich an nachweisbaren klinischen Symptomen, deren zeitlichem Verlauf und an den erkennbaren strukturellen Veränderungen im Zusammenhang mit bildgebenden Diagnostiken. Eine schwere Beschleunigungsverletzung könne vorliegend ausgeschlossen werden. Auch eine mittelgradige Beschleunigungsverletzung (welche Grad III nach Erdmann entspräche) ließe sich aufgrund der Befundlage nicht nachweisen. Der Kläger habe zwar beim Verlassen des Pkw Schwindel verspürt, das Auto jedoch eigenständig verlassen können und an der Abwicklung des Unfalls teilgenommen. Eine Amnesie habe nicht vorgelegen. Außerhalb der regionalen Probleme im Bereich der HWS seien keine neurologischen Defizite aufgetreten. Der klinische Behandlungsverlauf habe innerhalb der ersten vier Wochen eine deutliche Remission der Symptome gezeigt; auch seien die Schwindelprobleme in diesem Zeitraum verschwunden. Daher sei von einer leichten Beschleunigungsverletzung (entsprechend Erdmann Grad I und II) auszugehen. Hierbei könnten zumindest minimale Läsionen am Kapsel-/Bandapparat oder an den Weichteilen eintreten, welche dann innerhalb der ersten Stunden und Tage zu reflektorischen Verspannungen und Bewegungsstörungen insbesondere entlang der Nackenmuskulatur führten, die sich in diffusen Hinterkopf- und Nackenschmerzen äußerten. Ferner könnten vegetative Irritationen auftreten, es werde auch über Übelkeit, Schwindel oder Sehstörungen berichtet, welche jedoch innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen wieder verschwänden. Der Beschwerdeverlauf des Klägers habe exakt diese zeitliche Entwicklung genommen. Die Nachschauberichte dokumentierten dies unstrittig. Die bildgebende Diagnostik (Röntgen der HWS) habe knöcherne Verletzungen ausgeschlossen. Die späteren CT Aufnahmen hätten belegt, dass in dieser Phase keine nicht erkannten Läsionen an den Wirbelkörpern oder Bandscheiben eingetreten seien. Die erwähnten und erst Monate nach der Verletzung eingetretenen Hypästhesien könnten nicht auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden. Denn eine aus dem Anpralltrauma resultierende Neurologie wäre innerhalb von Stunden erkennbar gewesen, der Kläger habe jedoch bestätigt, dass diese Symptome erst im Frühjahr 2004 spürbar gewesen seien. Schließlich belegten die Computertomografien der HWS vom 04. Februar 2005 die degenerative Schadensanlage. Posttraumatische Veränderungen könnten hierdurch ausgeschlossen werden. Es fänden sich über mehrere Segmente hinweg mitunter hochgradige und die Altersnorm deutlich überschreitende Abnutzungserscheinungen an den Facettengelenken und den Bandscheibenfächern (Osteochondrosen, Spondylosen, Spondylarthrosen und Einengungen der Neuroforamina). Diese Befundlage werde auch durch aktuelle Röntgenaufnahmen bestätigt. Nachweislich belegten die CT Aufnahmen von 2005, dass kein Bandscheibenvorfall vorliege, weshalb die erkennbaren knöchernen Abnutzungen nicht aus einer abgelaufenen traumatischen Bandscheibenschädigung resultierten. Diese Bilddokumente belegten, dass ein degeneratives HWS Leiden aus innerer Ursache entwickelt worden sei. Die vorgetragenen Beschwerden seien damit das Resultat einer inneren Schadensanlage und nicht auf den Unfall zurückzuführen. Am linken Kniegelenk sei es zu einer Prellung ohne bleibende Schädigung gekommen. Das folgenlose Verheilen sei im Rahmen der Nachschauberichte nachzuvollziehen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Gericht ferner ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. R vom 27. Juni 2008 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass die Beschwerden des Klägers "im Zusammenhang mit dem Unfall vom September 2003 stehen können, auch wenn keine eindeutige Kausalität hergestellt werden kann". Zumindest seien die vom Kläger in diesem Kontext vorgetragenen Beschwerden im Zusammenhang zum Unfallereignis logisch und nachvollziehbar und hätten durch seine Befunde bestätigt werden können. Die Beantwortung der Frage nach der posttraumatischen Erwerbsminderung sei nicht so einfach möglich.
Die von Dr. Wvorgenommene Einteilung nach Erdmann sei wegen ihrer starken Ausrichtung nach strukturellen Verletzungen problematisch, die funktionellen Beschwerden nur unzureichend gerecht würde. Einige seiner Ausführungen und Ableitungen könnten aufgrund neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen auch anders eingeordnet werden. Die international gebräuchlichste Schweregradeinteilung sei die Einteilung in vier Stufen nach QTF (Quebec-Task-Force), welche Spätfolgen auch bei Schweregraden II III nicht ausschließe. Knöcherne Verletzungen seien nach dem Unfall nicht festgestellt worden. Es sei "damit" anzunehmen, dass die Verletzungen im Bereich der Muskulatur und des Weichteilgewebes gelegen hätten. Es könne demnach von einer cervikalen Weichteildistorsion ausgegangen werden. Nicht selten manifestiere sich in Fachkreisen die Meinung, dass derartige Distorsionen ohne erkennbares morphologisches Korrelat einen schnelleren Heilungsverlauf nähmen und Spätfolgen nahezu ausgeschlossen seien. Seiner Ansicht nach handele es sich hier um einen Irrtum. Dies werde allerdings fachlich kontrovers diskutiert. Einige Aspekte stützten jedoch die Sichtweise, dass es zu Spätfolgen und Heilungskomplikationen kommen könne. Die Schwierigkeit der Problematik zeige sich darin, dass ein Unfall zu einem Beschwerdebild führen könne, obgleich objektive Verletzungsanzeichen nicht festgestellt werden könnten. Aufgrund der Vielseitigkeit des Beschwerdebildes könne auch keine schubladenartige Symptomeinordnung anhand von Schweregradtabellen erfolgen. Es sei "nicht auszuschließen", dass der Unfall zum vorliegenden Beschwerdebild geführt bzw. dieses verstärkt habe. Eine eindeutige Einordnung des Unfallereignisses in den Beschwerdekontext könne aber aufgrund der beschriebenen Umstände nicht erfolgen. Zumindest könne davon ausgegangen werden, dass die von Dr. W beschriebenen degenerativen Veränderungen der HWS aufgrund des traumatischen Ereignisses stärker vorangeschritten seien. Es könne auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die LWS Beschwerden zumindest indirekt mit dem Unfall in Zusammenhang ständen.
Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 21. und 24. Oktober 2008 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Schwerbehindertenakte, der beigezogenen Akte des Rentenverfahrens (S 23 R 434/06) und der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und der erstinstanzliche Gerichtsbescheid sind rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Feststellung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Unfallfolge noch auf Gewährung einer Verletztenteilrente.
Nach § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Gesundheitsstörungen infolge eines versicherten Ereignisses können nur dann anerkannt werden, wenn sie mit Wahrscheinlichkeit zumindest ihre wesentliche Teilursache in dem versicherten Unfallereignis haben. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287) liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden (BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3 1300 § 48 Nr. 67). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss und dass es keine Beweisregel gibt, wonach bei fehlender Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist. Die für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügende hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernsthafte Zweifel ausscheiden; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (so insgesamt BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).
Vorliegend steht für den Senat fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsschäden als Unfallfolge oder auf Gewährung einer Verletztenteilrente hat, weil als Folge des Unfalles lediglich eine Schädel- und Kniegelenksprellung links sowie eine HWS Zerrung anzusehen sind, die nach Ablauf der durch die Beklagte anerkannten Zeit ausgeheilt waren. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Dr. W vom 09. Februar 2008, dem der Senat folgt. Danach bestand beim Kläger lediglich eine leichte Beschleunigungsverletzung. Der dokumentierte Beschwerdeverlauf des Klägers entsprach der typischerweise bei derartigen leichten Beschleunigungsverletzungen auftretenden Entwicklung. In Fällen derartiger leichter HWS Distorsionen kommen nach Dr. W Arbeitsunfähigkeiten bis zu sechs Wochen in Betracht, weshalb die dem Kläger eingeräumte Zeit bis zum 18. Oktober 2003 auch nachvollziehbar sei. Eine Erwerbsminderung über diesen Zeitpunkt hinaus sei aber nicht feststellbar, da keine substantiellen Verletzungen an den Wirbelstrukturen aufgedeckt werden konnten und die initialen Symptome weitestgehend remittiert gewesen seien, neurologische Probleme hätten sich nicht gefunden. Diese Beurteilung durch Dr. W ist überzeugend und nachvollziehbar, weil sie einerseits das Unfallgeschehen selbst berücksichtigt, bei welchem der Kläger, worauf auch die Beklagte hinweist, durch den auf der anderen Wagenseite erfolgten Anprall nicht unvorbereitet getroffen worden ist. Dr. W führte ferner unter nachvollziehbarer Auswertung sowohl des Entlassungsberichtes des Vivantes-Klinikums, in welchem der Kläger nach dem Unfall stationär beobachtet worden war, als auch der folgenden Nachschauberichte aus, dass der klinische Behandlungsverlauf innerhalb der ersten vier Wochen nach dem Unfall eine deutliche Remission der Symptome gezeigt habe, auch seien die Schwindelprobleme in diesem Zeitraum verschwunden. Die erst im Frühjahr 2004 und damit ein halbes Jahr nach dem Unfall aufgetretenen Symptome können damit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallgeschehen zurückgeführt werden.
Nicht ausreichend war nach allem der vom Kläger dargestellte zeitliche Zusammenhang dergestalt, dass er nach seinen Angaben vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen sei. Hieraus folgt bereits grundsätzlich nicht, dass die aufgetretenen Leiden auf den Unfall zurückzuführen wären, da hierfür immer auch andere Faktoren wie beispielsweise degenerative Leiden als ursächlich in Betracht kommen.
Die Ausführungen des auf Antrag des Klägers gehörten Dr. R in dessen Gutachten vom 27. Juni 2008 überzeugten ebenfalls nicht. Zunächst einmal kam auch Dr. R nicht zu dem Ergebnis, dass die beim Kläger fortbestehende Beschwerdesymptomatik mit der notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden kann. Vielmehr führt er in seiner Zusammenfassung aus, dass dies lediglich eine Möglichkeit darstelle, dass aber eine eindeutige Kausalität nicht festgestellt werden könne. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges reicht aufgrund der oben dargestellten Grundsätze für die Bejahung des erforderlichen Ursachenzusammenhangs jedoch gerade nicht aus.
Auch im Einzelnen waren die durch Dr. R gegebenen Begründungen nicht überzeugend. So führt er die fortbestehenden Beschwerden auf Weichteilverletzungen zurück, deren Auftreten nach dem Unfall er aus der Nichtfeststellbarkeit knöcherner Verletzungen folgert, "damit" sei von Verletzungen der Muskulatur bzw. des Weichteilgewebes auszugehen. Damit legte er seinen Schlussfolgerungen zur Kausalität nicht nachgewiesene Verletzungsfolgen zugrunde, deren Existenz er lediglich unterstellen konnte. Auch legt Dr. R selbst dar, dass seine Einschätzung zu möglichen Folgen leichter Weichteilverletzungen auf wissenschaftlich nicht erwiesenen Grundlagen beruhe. So führt er auf Seite 8 seines Gutachtens aus, dass fachlich durchaus kontrovers diskutiert werde, ob es in Fällen leichtgradiger Weichteilverletzungen zu Spätfolgen und Heilungskomplikationen kommen kann; hierbei betont er, dass ein einheitlicher Konsens insoweit nicht bestehe. Ein derartiger Hinweis auf nach eigener Einschätzung des Gutachters vereinzelte Einwände begründet jedoch keine Zweifel an der durch Dr. W nachvollziehbar und überzeugend begründeten anderen Einschätzung und der von diesem zugrunde gelegten Einordnung des Unfallgeschehens nach Schweregraden. Soweit Dr. R meint, dass die Schweregradeinteilung nach der QTF vorzugswürdig sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Dr. W sich keineswegs zwingend an der Einteilung nach Erdmann orientiert hat, sondern lediglich eine Unterteilung zwischen leichten, mittelgradigen und schweren Beschleunigungsverletzungen darstellte und ausführte, dass die Zuordnung nach Erdmann hiervon nicht abweiche (Seite 10 des Gutachtens). Auch in der wissenschaftlichen Literatur (z. B. in dem auch vom Kläger zitierten Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 555) wird im Übrigen eine derartige Einteilung aufgrund einer an Erdmann orientierten modifizierten Klassifikation vorgenommen. Letztlich führt jedoch auch eine Einteilung nach der QTF nach Dr. R nur zur Möglichkeit, einen Ursachenzusammenhang auch bei leichteren Verletzungen anzunehmen, was jedoch die positive Feststellung desselben mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit nicht impliziert.
Dr. R führte ferner aus, dass für das Ausmaß der Verletzung u. a. Impulswirkung und richtung des Anstoßes eine wesentliche Rolle spiele, aber auch, ob der Betroffene muskulär auf das Ereignis vorbereitet gewesen sei oder nicht, ob er also den Unfall antezipieren und muskulär hätte anspannen können, um die Struktur zu schützen. Vorschädigungen stellten einen weiteren Faktor dar. Zu diesen allgemeinen Erwägungen fehlt bei Dr. R jedoch jegliche Subsumtion, obgleich all diese Aspekte gegen und nicht für eine Rückführung der vom Kläger geklagten Beschwerden auf den Unfall sprechen. Denn die Beklagte hatte bereits im angefochtenen Widerspruchsbescheid zu Recht ausgeführt, dass der Kläger den Zusammenstoß Unfall vor dem Anprall kommen sehen konnte; dies ergibt sich aus der Unfallschilderung des Klägers gegenüber der Poizei. Weiter findet sich bei Dr. W eine Darstellung der beim Kläger zweifelsfrei festgestellten degenerativen Schäden, die von Dr. R zwar nicht bezweifelt, in ihrer Bedeutung für das vorliegende Beschwerdebild jedoch auch in keiner Weise gewürdigt werden.
Zu den vom Kläger ebenfalls noch geltend gemachten Knieschäden führt Dr. W aus, dass diese im Nachschaubericht vom 22. September 2003 als abgeheilt beschrieben wurden, am 07. Oktober 2003 habe sich das linke Kniegelenk insgesamt unauffällig gezeigt. Bei der von ihm erhobenen Anamnese wurden Kniebeschwerden nicht erwähnt, so dass er insoweit insgesamt lediglich eine Prellung ohne bleibende Schädigung beschreibt, die weder zur Feststellung von Unfallfolgen noch zu einer Rentengewährung führen kann.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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