Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 R 342/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 850/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zuletzt noch, ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Die 1955 geborene Klägerin stellte am 25. März 2004 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Sie ist gelernte Krankenschwester und war bis zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit am 13. August 2003 als Krankenschwester tätig. Vom 16. Februar bis 26. März 2004 nahm sie an einer Wiedereingliederungsmaßnahme als Stationssekretärin teil, die scheiterte.
Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Orthopäden Dr. H. untersuchen. Dieser beschrieb in seinem Gutachten vom 28. April 2004 als wesentliche Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Hallux valgus-Operation beidseits, Re-Operation mit Arthrose und statischen Beschwerden, chronisch rezidivierende Lumbalgien bei Übergangswirbel, Cervicobrachialgien sowie einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Die Tätigkeit als Krankenschwester könne nur mehr unter drei Stunden, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig ausgeübt werden. Eine Besserung sei bei gezielter Therapie zu erwarten.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin sei in der Lage, als Krankenschwester in Kurkliniken, Sanatorien bzw. Rehabilitationskliniken mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern vom 23. März 2004 bei, wonach Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit bestehe und die Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Sie holte weitere Befundberichte ein und beauftragte den Orthopäden Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Nach dessen Gutachten vom 25. Oktober 2004 stehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beider Füße im Vordergrund. Aufgrund des gestörten Gangbildes und der glaubhaften Schmerzen könne die Klägerin als Krankenschwester nicht mehr tätig sein. Derzeit sei auch eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden zumutbar, jedoch müsse dringend eine Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk oder eine Re-Operation angeraten werden. Die beratende Ärztin vertrat am 4. November 2004 die Ansicht, dass bei adäquater orthopädischer Schuhversorgung sowohl die Wege zumindest in einer kleineren Praxis zurückgelegt werden könnten als auch die Wegefähigkeit gegeben sei. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2005 zurück. Die Klägerin könne vollschichtig noch als Arzthelferin in der Organisation und Verwaltung einer ärztlichen Praxis tätig sein.
Mit der Klage zum Sozialgericht München begehrte die Klägerin die Gewährung einer vollen bzw. teilweisen Erwerbsminderungsrente. Sie verwies auf die Stellungnahme des MDK sowie das Gutachten des Dr. H ... Das Sozialgericht zog Befunde bei und holte eine Auskunft der derzeitigen Arbeitgeberin (Klinikum A-Stadt) ein. Mit Schreiben vom 30. Mai 2005 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 13. August 2003 an. Mit Bescheid vom 6. Juli 2005 führte sie das Anerkenntnis aus und gewährte die Rente ab 1. März 2004.
Das Sozialgericht holte ferner ein Gutachten des Orthopäden und Allgemeinmediziners Dr. W. vom 4. Oktober 2005 ein. Er bestätigte, dass die Belastungsbeschwerden der Füße, links stärker als rechts, im Vordergrund stünden. Er verwies jedoch auf eine seitengleich normal kräftige Unterschenkelbemuskelung und fehlende Hinweise für eine anhaltende Schonhaltung des linken Beins. Die Klägerin könne nur mehr überwiegend sitzende, leichte körperliche Tätigkeiten verrichten. Der bisherige Beruf als Krankenschwester könne nicht mehr ausgeübt werden. Zusätzlich bestehe eine Beeinträchtigung durch wiederkehrende Beschwerden im Hals-(HWS-) und Lendenwirbelsäulen-(LWS-)Bereich. Ferner seien durch eine chronische Bindehautentzündung keine ständigen PC-Arbeiten mehr zuzumuten. Die zumutbaren Tätigkeiten seien noch vollschichtig möglich. Unter Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk sei ferner eine Wegefähigkeit von über 1.000 m gegeben.
Der behandelnde Augenarzt Dr. S. bestätigte am 13. Dezember 2005 eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit am Bildschirm oder unter Kunstlicht.
Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Prof. Dr. W. vertrat in seinem orthopädischen Gutachten vom 8. August 2006 die Ansicht, für leichte körperliche Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Notwendig seien jedoch zwei Unterbrechungen von jeweils einer halben Stunde. Anmarschwege sollten 500 m nicht überschreiten.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2006 ab. Die Klägerin sei nicht voll erwerbsgemindert; sie könne noch leichte Arbeiten, überwiegend in sitzender Position, in geschlossenen Räumen täglich vollschichtig verrichten. Es seien hierbei keine Unterbrechungen von je zweimal einer halben Stunde erforderlich. Die verminderte Belastbarkeit der Füße könne durch ein Leistungsvermögen, das überwiegend sitzende Tätigkeiten abverlange, ausreichend kompensiert werden.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin vorgebracht, dass eine stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben im März 2004 ohne Erfolg gewesen sei. Der gescheiterte Arbeitsversuch habe eindeutig ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden ergeben. Ferner hat sie sich auf die Stellungnahme des MDK vom 23. März 2004 bezogen. Der Senat hat aktuelle Befundberichte des Internisten Dr. G., des Orthopäden Dr. R., des Neurologen und Psychiaters Dr. R. sowie des Augenarztes Dr. S. eingeholt, die Schwerbehindertenakte beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 2. April 2008 eingeholt. Es lägen ein Sicca-Syndrom (Austrocknen) beider Augen, ein medikamentös behandelter arterieller Bluthochdruck, eine leichte Stress-Inkontinenz der Blase, eine depressive Verstimmung mit Panikattacken sowie auf orthopädischem Fachgebiet funktionelle Beschwerden im Bereich der HWS, der linken Schulter, der LWS und des linken Hüftgelenks vor. Nach zweimaliger Operation im Bereich der linken Großzehe und einer einmaligen Operation im Bereich der rechten Großzehe bestünden eine Verkürzung und Fehlstellung der linken Großzehe sowie eine Arthrose im Großzehengrundgelenk mit einhergehender schmerzhafter Metatasalgie. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ergäben sich insbesondere aus der Gesundheitsstörung im Bereich der Augen sowie durch die geminderte Belastbarkeit aufgrund der Gesundheitsstörung im Bereich der Füße. Für leichte körperliche Arbeiten bestehe grundsätzlich ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich.
Die Klägerin wies mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 nochmals auf den gescheiterten Wiedereingliederungsversuch hin. Die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt sei mit vier Stunden Arbeitszeit gescheitert. Zentral sei eine Lendenwirbellordose; hinzu komme die Behinderung beider Füße. In der Gesamtschau der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei eine volle Erwerbsminderung gegeben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2006 und des Bescheides der Beklagten vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 6. Juli 2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil der Klägerin kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2005 auch der Rentenbescheid vom 6. Juli 2005, mit dem die Beklagte eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI gewährte. Dieser Bescheid, der inhaltlich den vorangegangenen Bescheid abänderte, wurde gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 SGB VI liegen bei der Klägerin nicht vor. Dies ergibt sich aus den vom Sozialgericht sowie vom Senat eingeholten Gutachten.
Der Schwerpunkt der Gesundheitsbeeinträchtigung liegt auf orthopädischem Fachgebiet bei einer eingeschränkten Belastbarkeit der Füße nach Hallux valgus-Operation beidseits und Re-Operation linksseitig. Daneben bestehen ein fehlstatisches LWS-Syndrom, eine Lumbosakralarthrose, Belastungsbeschwerden der LWS sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach Innenbandteilruptur. Dr. W. wies darauf hin, dass trotz der Belastungsbeschwerden der Füße eine seitengleich normal kräftige Unterschenkelbemuskelung festzustellen ist; ein Hinweis für eine anhaltende Schonhaltung des linken Beins findet sich nicht. Im Bereich der Vorfüße zeigten sich keine Entzündungszeichen und keine Einsteifung. Da bei der Klägerin vor allem das Stehen und Gehen eingeschränkt sind, sind ihr noch leichte Arbeiten, überwiegend in sitzender Position in geschlossenen Räumen, vollschichtig zumutbar.
Auch der vom Senat gehörte Prof. Dr. W. gelangte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten kann - abwechselnd im Gehen, Stehen und überwiegend im Sitzen. Neben den Beschwerden in beiden Großzehen berücksichtigte er Beschwerden im Bereich der HWS, der LWS, der linken Schulter und im linken Hüftgelenk. Der Schwerpunkt der Beeinträchtigungen liegt auch nach Einschätzung des Prof. Dr. W. in der Gesundheitsstörung im Bereich der Füße. Es besteht eine deutliche Verkürzung und Streckkontraktur im Bereich des Großzehengrundgelenks links mit nachweisbaren degenerativen Veränderungen im Sinne einer beginnenden Arthrose. Im Bereich des rechten Vorfußes steht die Großzehe ebenfalls in einer Überstreckkontraktur, jedoch liegen noch keine degenerativen Veränderungen vor. Subjektiv kommt es zu Schmerzen beim Gehen. Er weist jedoch darauf hin, dass sich diese Schmerzen sowie die angegebenen Beschwerden im Bereich der HWS nicht klinisch oder radiologisch objektivieren lassen. Im Bereich der Wirbelsäule konnten radiologisch keine über das Altersmaß hinausreichenden degenerativen Veränderungen festgestellt werden. Entsprechendes gilt für den kernspintomographischen Befund. Durch ein MRT der LWS wurde ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen, worauf auch Prof. Dr. W. hinwies. Die beobachtete Assimilationsstörung des Übergangs von der LWS zum Kreuzbein bewertete er als Formvariante ohne Krankheitswert.
Die Störungen im Bereich der linken Schulter führen zu keiner wesentlichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Im linken Hüftgelenk besteht eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit, die sich ebenfalls nicht objektivieren lässt. Allerdings kann eine Arthrose im linksseitigen Iliosacralgelenk (ISG-Arthrose) Ursache für diese Beschwerden sein.
Insgesamt führt das Zusammenwirken der Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparates der Klägerin nur zu einer leichten verminderten Belastbarkeit für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die im Rahmen der Leistungseinschränkungen ausreichend berücksichtigt werden kann.
Die Stellungnahme des MDK vom 23. März 2004, auf die sich die Klägerin bezieht, betrifft die Dauer der Arbeitsunfähigkeit als Krankenschwester; insoweit wurde von der Beklagten auch eine Berufsunfähigkeit anerkannt. Zutreffend ist auch, dass die Erwerbsfähigkeit insgesamt gemindert ist, wie sich aus den von den Gutachtern benannten Leistungseinschränkungen im Einzelnen ergibt. Allerdings trifft der MDK keine Aussage über ein positives Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen auch auf nicht-orthopädischem Fachgebiet. Aus den Befundberichten ergeben sich ein Sicca-Syndrom, d.h. ein Austrocknen beider Augen, ein arterieller Bluthochdruck, der medikamentös eingestellt ist, eine leichte
Stressinkontinenz sowie eine depressive Verstimmung und Panikattacken im Rahmen einer Dysthymie. Die Klägerin wies zur Begründung ihrer Berufung allerdings neben den orthopädischen Beschwerden nur auf eine chronische Bindehautentzündung mit Augentrockenheit hin. Prof. Dr. W. berücksichtigte auch diese Beschwerden. Insbesondere sollten wegen des Augenleidens Arbeiten am PC zwei Stunden am Tag nicht überschreiten. Gemieden werden sollten Kälte, Nässe, starke Temperaturschwankungen sowie starke Gas- oder Reizstoffe. Die Dysthymie wird medikamentös behandelt. Arbeiten mit nervlicher Belastung und hohem Stressniveau sollten aus diesem Grund gemieden werden. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen die nichtorthopädischen Gesundheitsstörungen medikamentös einstellbar sind und sich stabilisieren. Nach dem Befundbericht des Dr. R. hat sich die Dysthymie von Juni 2006 an deutlich gebessert. Lediglich das vorhandene Sicca-Syndrom führt zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit am Bildschirm oder unter Kunstlicht auf unter vier Stunden. Die allgemeine Erwerbsfähigkeit ist jedoch dadurch ebenfalls nicht beeinträchtigt.
Aus der gescheiterten Wiedereingliederungsmaßnahme lässt sich nicht auf eine rentenberechtigende Erwerbsminderung schließen. Die Maßnahme betraf die Tätigkeit einer Stationssekretärin, also eine Tätigkeit im bisherigen beruflichen Umfeld der Klägerin. Dr. W. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass diese Maßnahme scheiterte, da auch hier relativ viel Gehen notwendig ist. Im Rahmen eines Rentenanspruchs wegen voller Erwerbsminderung ist jedoch auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abzustellen. Zumutbar sind der Klägerin dabei noch leichte körperliche Arbeiten, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werden.
Der Senat folgt nicht dem Gutachten des Dr. W., soweit dieser das Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter drei Stunden einschätzte. Diese Einschätzung ist aus dem Gutachten heraus nicht schlüssig, da dieser an anderer Stelle ausführte, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis auf eine Einschränkung an beiden Füßen eine normale Beschäftigung möglich sei. Die Einschränkung an beiden Füßen hat jedoch nur Auswirkungen auf das Geh- und Stehvermögen, so dass sich ein unter-vollschichtiges Leistungsvermögen daraus nicht begründen lässt. Dies wird durch das Gutachten des Dr. H. im Verwaltungsverfahren sowie durch die folgenden sozialgerichtlichen Gutachten bestätigt - einschließlich dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W ... Es verbleibt ein grundsätzlich vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin.
Versicherte sind trotz vollschichtigen Leistungsvermögens dann als erwerbsgemindert anzusehen, wenn besondere gesundheitliche Einschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen, die eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich machen. Dies sind insbesondere die sogenannten Seltenheits- oder Katalogfälle, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat (vgl. BSG SozR 3-2200, § 1246 RVO Nr. 50). Bei Vorliegen der dort genannten Umstände ist davon auszugehen, dass einem Versicherten der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen ist. Der Arbeitsmarkt ist der Klägerin aber auch unter diesen Gesichtspunkten nicht verschlossen. Zwar benennen die Gutachter im Einzelnen Leistungseinschränkungen wie Vermeidung von Zeitdruck, für Arbeiten bei Nacht, Arbeiten mit Zwangshaltungen wie Heben und Tragen von schweren Gegenständen, Bewegen von Lasten, Arbeiten im Bücken oder Knien oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit starken Temperaturschwankungen, bei Kälte, Nässe und starkem Gas oder Reizstoffen. Zumutbar sind jedoch noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen bzw. abwechselnd im Gehen, Stehen und überwiegend Sitzen, im Freien oder in geschlossenen Räumen, mit oder ohne Publikumsverkehr, jedoch unter Vermeidung von Arbeiten mit nervlicher Belastbarkeit und hohem Stressniveau. Auch sind zusätzliche Pausen, wie sie Prof. Dr. W. für notwendig erachtete, nicht erforderlich, wie dies sowohl Prof. Dr. W. als auch Dr. W. ausdrücklich feststellten. Zutreffend wies das Sozialgericht darauf hin, dass durch die gestellten Diagnosen zwei halbstündige Unterbrechungen nicht begründbar sind, zumal Prof. Dr. W. dies nicht näher ausführte. Eine Entlastung der Füße und der Wirbelsäule kann durch den Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und das Erfordernis einer überwiegend sitzenden Tätigkeit ausreichend erfolgen. Die dargestellten Einschränkungen sind somit insgesamt lediglich Ausfluss der Tatsache, dass der Klägerin nur mehr leichte körperliche Arbeiten zumutbar sind.
Die Wegefähigkeit ist trotz der Einschränkung beim Gehen und Stehen gegeben. Die Klägerin konnte und kann viermal pro Arbeitstag eine Wegstrecke von über 500 m in zumutbarer Zeit (15 Minuten für 500 m) zurücklegen, auch wenn längere Anmarschwege zu vermeiden sind. Prof. Dr. W. bestätigt ebenso wie die Vorgutachter die Wegefähigkeit. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass bei Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk ein Fußweg von über 1.000 m zumutbar ist, wie sich dies aus dem Gutachten des Dr. W. ergibt. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und anderer Fahrzeuge ist möglich.
Damit ist noch ein Leistungsvermögen der Klägerin von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gegeben, so dass nach § 43 Abs. 3 SGB VI keine Erwerbsminderung vorliegt.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG. Sie beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrer Klage auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zuletzt noch, ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Die 1955 geborene Klägerin stellte am 25. März 2004 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Sie ist gelernte Krankenschwester und war bis zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit am 13. August 2003 als Krankenschwester tätig. Vom 16. Februar bis 26. März 2004 nahm sie an einer Wiedereingliederungsmaßnahme als Stationssekretärin teil, die scheiterte.
Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Orthopäden Dr. H. untersuchen. Dieser beschrieb in seinem Gutachten vom 28. April 2004 als wesentliche Gesundheitsstörungen einen Zustand nach Hallux valgus-Operation beidseits, Re-Operation mit Arthrose und statischen Beschwerden, chronisch rezidivierende Lumbalgien bei Übergangswirbel, Cervicobrachialgien sowie einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung. Die Tätigkeit als Krankenschwester könne nur mehr unter drei Stunden, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten noch vollschichtig ausgeübt werden. Eine Besserung sei bei gezielter Therapie zu erwarten.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin sei in der Lage, als Krankenschwester in Kurkliniken, Sanatorien bzw. Rehabilitationskliniken mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern vom 23. März 2004 bei, wonach Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit bestehe und die Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Sie holte weitere Befundberichte ein und beauftragte den Orthopäden Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Nach dessen Gutachten vom 25. Oktober 2004 stehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beider Füße im Vordergrund. Aufgrund des gestörten Gangbildes und der glaubhaften Schmerzen könne die Klägerin als Krankenschwester nicht mehr tätig sein. Derzeit sei auch eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden zumutbar, jedoch müsse dringend eine Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk oder eine Re-Operation angeraten werden. Die beratende Ärztin vertrat am 4. November 2004 die Ansicht, dass bei adäquater orthopädischer Schuhversorgung sowohl die Wege zumindest in einer kleineren Praxis zurückgelegt werden könnten als auch die Wegefähigkeit gegeben sei. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2005 zurück. Die Klägerin könne vollschichtig noch als Arzthelferin in der Organisation und Verwaltung einer ärztlichen Praxis tätig sein.
Mit der Klage zum Sozialgericht München begehrte die Klägerin die Gewährung einer vollen bzw. teilweisen Erwerbsminderungsrente. Sie verwies auf die Stellungnahme des MDK sowie das Gutachten des Dr. H ... Das Sozialgericht zog Befunde bei und holte eine Auskunft der derzeitigen Arbeitgeberin (Klinikum A-Stadt) ein. Mit Schreiben vom 30. Mai 2005 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Leistungsfalls vom 13. August 2003 an. Mit Bescheid vom 6. Juli 2005 führte sie das Anerkenntnis aus und gewährte die Rente ab 1. März 2004.
Das Sozialgericht holte ferner ein Gutachten des Orthopäden und Allgemeinmediziners Dr. W. vom 4. Oktober 2005 ein. Er bestätigte, dass die Belastungsbeschwerden der Füße, links stärker als rechts, im Vordergrund stünden. Er verwies jedoch auf eine seitengleich normal kräftige Unterschenkelbemuskelung und fehlende Hinweise für eine anhaltende Schonhaltung des linken Beins. Die Klägerin könne nur mehr überwiegend sitzende, leichte körperliche Tätigkeiten verrichten. Der bisherige Beruf als Krankenschwester könne nicht mehr ausgeübt werden. Zusätzlich bestehe eine Beeinträchtigung durch wiederkehrende Beschwerden im Hals-(HWS-) und Lendenwirbelsäulen-(LWS-)Bereich. Ferner seien durch eine chronische Bindehautentzündung keine ständigen PC-Arbeiten mehr zuzumuten. Die zumutbaren Tätigkeiten seien noch vollschichtig möglich. Unter Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk sei ferner eine Wegefähigkeit von über 1.000 m gegeben.
Der behandelnde Augenarzt Dr. S. bestätigte am 13. Dezember 2005 eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit am Bildschirm oder unter Kunstlicht.
Der gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Prof. Dr. W. vertrat in seinem orthopädischen Gutachten vom 8. August 2006 die Ansicht, für leichte körperliche Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Notwendig seien jedoch zwei Unterbrechungen von jeweils einer halben Stunde. Anmarschwege sollten 500 m nicht überschreiten.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2006 ab. Die Klägerin sei nicht voll erwerbsgemindert; sie könne noch leichte Arbeiten, überwiegend in sitzender Position, in geschlossenen Räumen täglich vollschichtig verrichten. Es seien hierbei keine Unterbrechungen von je zweimal einer halben Stunde erforderlich. Die verminderte Belastbarkeit der Füße könne durch ein Leistungsvermögen, das überwiegend sitzende Tätigkeiten abverlange, ausreichend kompensiert werden.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin vorgebracht, dass eine stufenweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben im März 2004 ohne Erfolg gewesen sei. Der gescheiterte Arbeitsversuch habe eindeutig ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden ergeben. Ferner hat sie sich auf die Stellungnahme des MDK vom 23. März 2004 bezogen. Der Senat hat aktuelle Befundberichte des Internisten Dr. G., des Orthopäden Dr. R., des Neurologen und Psychiaters Dr. R. sowie des Augenarztes Dr. S. eingeholt, die Schwerbehindertenakte beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 2. April 2008 eingeholt. Es lägen ein Sicca-Syndrom (Austrocknen) beider Augen, ein medikamentös behandelter arterieller Bluthochdruck, eine leichte Stress-Inkontinenz der Blase, eine depressive Verstimmung mit Panikattacken sowie auf orthopädischem Fachgebiet funktionelle Beschwerden im Bereich der HWS, der linken Schulter, der LWS und des linken Hüftgelenks vor. Nach zweimaliger Operation im Bereich der linken Großzehe und einer einmaligen Operation im Bereich der rechten Großzehe bestünden eine Verkürzung und Fehlstellung der linken Großzehe sowie eine Arthrose im Großzehengrundgelenk mit einhergehender schmerzhafter Metatasalgie. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ergäben sich insbesondere aus der Gesundheitsstörung im Bereich der Augen sowie durch die geminderte Belastbarkeit aufgrund der Gesundheitsstörung im Bereich der Füße. Für leichte körperliche Arbeiten bestehe grundsätzlich ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich.
Die Klägerin wies mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 nochmals auf den gescheiterten Wiedereingliederungsversuch hin. Die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt sei mit vier Stunden Arbeitszeit gescheitert. Zentral sei eine Lendenwirbellordose; hinzu komme die Behinderung beider Füße. In der Gesamtschau der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei eine volle Erwerbsminderung gegeben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2006 und des Bescheides der Beklagten vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 6. Juli 2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akte der Beklagten, der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet, weil der Klägerin kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2005 auch der Rentenbescheid vom 6. Juli 2005, mit dem die Beklagte eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI gewährte. Dieser Bescheid, der inhaltlich den vorangegangenen Bescheid abänderte, wurde gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 SGB VI liegen bei der Klägerin nicht vor. Dies ergibt sich aus den vom Sozialgericht sowie vom Senat eingeholten Gutachten.
Der Schwerpunkt der Gesundheitsbeeinträchtigung liegt auf orthopädischem Fachgebiet bei einer eingeschränkten Belastbarkeit der Füße nach Hallux valgus-Operation beidseits und Re-Operation linksseitig. Daneben bestehen ein fehlstatisches LWS-Syndrom, eine Lumbosakralarthrose, Belastungsbeschwerden der LWS sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks nach Innenbandteilruptur. Dr. W. wies darauf hin, dass trotz der Belastungsbeschwerden der Füße eine seitengleich normal kräftige Unterschenkelbemuskelung festzustellen ist; ein Hinweis für eine anhaltende Schonhaltung des linken Beins findet sich nicht. Im Bereich der Vorfüße zeigten sich keine Entzündungszeichen und keine Einsteifung. Da bei der Klägerin vor allem das Stehen und Gehen eingeschränkt sind, sind ihr noch leichte Arbeiten, überwiegend in sitzender Position in geschlossenen Räumen, vollschichtig zumutbar.
Auch der vom Senat gehörte Prof. Dr. W. gelangte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten kann - abwechselnd im Gehen, Stehen und überwiegend im Sitzen. Neben den Beschwerden in beiden Großzehen berücksichtigte er Beschwerden im Bereich der HWS, der LWS, der linken Schulter und im linken Hüftgelenk. Der Schwerpunkt der Beeinträchtigungen liegt auch nach Einschätzung des Prof. Dr. W. in der Gesundheitsstörung im Bereich der Füße. Es besteht eine deutliche Verkürzung und Streckkontraktur im Bereich des Großzehengrundgelenks links mit nachweisbaren degenerativen Veränderungen im Sinne einer beginnenden Arthrose. Im Bereich des rechten Vorfußes steht die Großzehe ebenfalls in einer Überstreckkontraktur, jedoch liegen noch keine degenerativen Veränderungen vor. Subjektiv kommt es zu Schmerzen beim Gehen. Er weist jedoch darauf hin, dass sich diese Schmerzen sowie die angegebenen Beschwerden im Bereich der HWS nicht klinisch oder radiologisch objektivieren lassen. Im Bereich der Wirbelsäule konnten radiologisch keine über das Altersmaß hinausreichenden degenerativen Veränderungen festgestellt werden. Entsprechendes gilt für den kernspintomographischen Befund. Durch ein MRT der LWS wurde ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen, worauf auch Prof. Dr. W. hinwies. Die beobachtete Assimilationsstörung des Übergangs von der LWS zum Kreuzbein bewertete er als Formvariante ohne Krankheitswert.
Die Störungen im Bereich der linken Schulter führen zu keiner wesentlichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Im linken Hüftgelenk besteht eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit, die sich ebenfalls nicht objektivieren lässt. Allerdings kann eine Arthrose im linksseitigen Iliosacralgelenk (ISG-Arthrose) Ursache für diese Beschwerden sein.
Insgesamt führt das Zusammenwirken der Gesundheitsstörungen im Bereich des Bewegungsapparates der Klägerin nur zu einer leichten verminderten Belastbarkeit für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die im Rahmen der Leistungseinschränkungen ausreichend berücksichtigt werden kann.
Die Stellungnahme des MDK vom 23. März 2004, auf die sich die Klägerin bezieht, betrifft die Dauer der Arbeitsunfähigkeit als Krankenschwester; insoweit wurde von der Beklagten auch eine Berufsunfähigkeit anerkannt. Zutreffend ist auch, dass die Erwerbsfähigkeit insgesamt gemindert ist, wie sich aus den von den Gutachtern benannten Leistungseinschränkungen im Einzelnen ergibt. Allerdings trifft der MDK keine Aussage über ein positives Restleistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen auch auf nicht-orthopädischem Fachgebiet. Aus den Befundberichten ergeben sich ein Sicca-Syndrom, d.h. ein Austrocknen beider Augen, ein arterieller Bluthochdruck, der medikamentös eingestellt ist, eine leichte
Stressinkontinenz sowie eine depressive Verstimmung und Panikattacken im Rahmen einer Dysthymie. Die Klägerin wies zur Begründung ihrer Berufung allerdings neben den orthopädischen Beschwerden nur auf eine chronische Bindehautentzündung mit Augentrockenheit hin. Prof. Dr. W. berücksichtigte auch diese Beschwerden. Insbesondere sollten wegen des Augenleidens Arbeiten am PC zwei Stunden am Tag nicht überschreiten. Gemieden werden sollten Kälte, Nässe, starke Temperaturschwankungen sowie starke Gas- oder Reizstoffe. Die Dysthymie wird medikamentös behandelt. Arbeiten mit nervlicher Belastung und hohem Stressniveau sollten aus diesem Grund gemieden werden. Der Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen die nichtorthopädischen Gesundheitsstörungen medikamentös einstellbar sind und sich stabilisieren. Nach dem Befundbericht des Dr. R. hat sich die Dysthymie von Juni 2006 an deutlich gebessert. Lediglich das vorhandene Sicca-Syndrom führt zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit am Bildschirm oder unter Kunstlicht auf unter vier Stunden. Die allgemeine Erwerbsfähigkeit ist jedoch dadurch ebenfalls nicht beeinträchtigt.
Aus der gescheiterten Wiedereingliederungsmaßnahme lässt sich nicht auf eine rentenberechtigende Erwerbsminderung schließen. Die Maßnahme betraf die Tätigkeit einer Stationssekretärin, also eine Tätigkeit im bisherigen beruflichen Umfeld der Klägerin. Dr. W. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass diese Maßnahme scheiterte, da auch hier relativ viel Gehen notwendig ist. Im Rahmen eines Rentenanspruchs wegen voller Erwerbsminderung ist jedoch auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abzustellen. Zumutbar sind der Klägerin dabei noch leichte körperliche Arbeiten, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werden.
Der Senat folgt nicht dem Gutachten des Dr. W., soweit dieser das Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter drei Stunden einschätzte. Diese Einschätzung ist aus dem Gutachten heraus nicht schlüssig, da dieser an anderer Stelle ausführte, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis auf eine Einschränkung an beiden Füßen eine normale Beschäftigung möglich sei. Die Einschränkung an beiden Füßen hat jedoch nur Auswirkungen auf das Geh- und Stehvermögen, so dass sich ein unter-vollschichtiges Leistungsvermögen daraus nicht begründen lässt. Dies wird durch das Gutachten des Dr. H. im Verwaltungsverfahren sowie durch die folgenden sozialgerichtlichen Gutachten bestätigt - einschließlich dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W ... Es verbleibt ein grundsätzlich vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin.
Versicherte sind trotz vollschichtigen Leistungsvermögens dann als erwerbsgemindert anzusehen, wenn besondere gesundheitliche Einschränkungen oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestehen, die eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich machen. Dies sind insbesondere die sogenannten Seltenheits- oder Katalogfälle, wie sie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat (vgl. BSG SozR 3-2200, § 1246 RVO Nr. 50). Bei Vorliegen der dort genannten Umstände ist davon auszugehen, dass einem Versicherten der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt verschlossen ist. Der Arbeitsmarkt ist der Klägerin aber auch unter diesen Gesichtspunkten nicht verschlossen. Zwar benennen die Gutachter im Einzelnen Leistungseinschränkungen wie Vermeidung von Zeitdruck, für Arbeiten bei Nacht, Arbeiten mit Zwangshaltungen wie Heben und Tragen von schweren Gegenständen, Bewegen von Lasten, Arbeiten im Bücken oder Knien oder auf Treppen, Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit starken Temperaturschwankungen, bei Kälte, Nässe und starkem Gas oder Reizstoffen. Zumutbar sind jedoch noch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen bzw. abwechselnd im Gehen, Stehen und überwiegend Sitzen, im Freien oder in geschlossenen Räumen, mit oder ohne Publikumsverkehr, jedoch unter Vermeidung von Arbeiten mit nervlicher Belastbarkeit und hohem Stressniveau. Auch sind zusätzliche Pausen, wie sie Prof. Dr. W. für notwendig erachtete, nicht erforderlich, wie dies sowohl Prof. Dr. W. als auch Dr. W. ausdrücklich feststellten. Zutreffend wies das Sozialgericht darauf hin, dass durch die gestellten Diagnosen zwei halbstündige Unterbrechungen nicht begründbar sind, zumal Prof. Dr. W. dies nicht näher ausführte. Eine Entlastung der Füße und der Wirbelsäule kann durch den Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und das Erfordernis einer überwiegend sitzenden Tätigkeit ausreichend erfolgen. Die dargestellten Einschränkungen sind somit insgesamt lediglich Ausfluss der Tatsache, dass der Klägerin nur mehr leichte körperliche Arbeiten zumutbar sind.
Die Wegefähigkeit ist trotz der Einschränkung beim Gehen und Stehen gegeben. Die Klägerin konnte und kann viermal pro Arbeitstag eine Wegstrecke von über 500 m in zumutbarer Zeit (15 Minuten für 500 m) zurücklegen, auch wenn längere Anmarschwege zu vermeiden sind. Prof. Dr. W. bestätigt ebenso wie die Vorgutachter die Wegefähigkeit. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass bei Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk ein Fußweg von über 1.000 m zumutbar ist, wie sich dies aus dem Gutachten des Dr. W. ergibt. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und anderer Fahrzeuge ist möglich.
Damit ist noch ein Leistungsvermögen der Klägerin von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gegeben, so dass nach § 43 Abs. 3 SGB VI keine Erwerbsminderung vorliegt.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG. Sie beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrer Klage auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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