L 6 R 742/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 17 R 2180/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 742/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer unbefristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1964 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger. In seiner Heimat war er nach seinen Angaben von 1986 bis 1991 als Galvaniseur tätig. In der Bundesrepublik Deutschland hat er vom 01.07.1994 bis 02.02.2003 als Küchenhilfe und zuletzt als Getränkeausfahrer versicherungspflichtig gearbeitet.

Den ersten am 10.08.2004 gestellten Antrag auf Bewilligung einer Rente aus der deutschen Rentenversicherung hat die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2004 abgelehnt, weil weder teilweise noch volle Erwerbsminderung gegeben seien. Im Gutachten vom 28.10.2004 war die Ärztin für Psychiatrie Dr. H. zu der Auffassung gelangt, beim Kläger liege ein täglich mehr als sechsstündiges Arbeitsleistungsvermögen vor. Dieser hatte sich in der Zeit vom 28.03.2003 bis 30.05.2003 in stationärer Behandlung der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie G. unter der Diagnose einer schweren depressiven Episode befunden.

Am 28.02.2005 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung einer Rente bei der Beklagten. Dazu wurde ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. vom 24.01.2005 für das Amtsgericht D. vorgelegt, der eine psychische Erkrankung angenommen und den Kläger für derzeit nicht in der Lage angesehen hatte, seinen Willen frei zu bestimmen bzw. entsprechend dieser Einsicht zu handeln. Aufgrund dieses Gutachtens war die Ehefrau des Klägers zu seiner Betreuerin bestellt worden. Aufgrund der von Dr. L. erstellten sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung vom 15.03.2005, wonach der Kläger nur noch in der Lage sei, leichte Arbeiten weniger als drei Stunden täglich zu verrichten, was voraussichtlich bis 30.08.2006 gelte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 09.05.2005 daraufhin dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.08.2005 bis 31.08.2006. Den dagegen eingelegten Widerspruch
- die Rente solle ohne zeitliche Befristung gezahlt werden - hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 zurückgewiesen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass sich das Leistungsvermögen des Klägers bis 31.08.2006 wieder bessere.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht München Klage erhoben und darauf hingewiesen, dass sein Gesundheitszustand dermaßen eingeschränkt sei, dass
er derzeit keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert erbringen könne. Wegen zu erwartender vieler Ausfallzeiten werde er von einem wirtschaftlich denkenden Arbeitgeber kaum eingestellt werden. Nach dem Gutachten von Dr. L. sei noch keine ausreichende Stabilisierung eingetreten.

Das Sozialgericht holte einen Befundbericht der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. ein. Der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellten Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. teilte dem Gericht sodann mit, der Kläger habe mehrmals vom Sachverständigen angeordnete Untersuchungstermine nicht wahrgenommen. In der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2006 gab die Ehefrau und Betreuerin des Klägers an, dieser befinde sich seit Juli 2006 in Kroatien, ihn interessiere der Termin aber nicht und seiner Meinung nach brauche er keine Rente.

Mit Urteil vom 27.10.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die bewilligte Rente sei zu Recht nur bis 31.08.2006 gewährt worden. Der Ausnahmefall vom Regelfall der Rentengewährung nur auf Zeit liege beim Kläger nicht vor. Dr. L. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten habe zutreffend festgestellt, dass die von Dr. L. angenommene psychische Erkrankung sich medikamentös gut therapieren lasse. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts sei an der fehlenden Mitwirkung des Klägers gescheitert, der zu Untersuchungsterminen nicht gekommen sei. Eine Begutachtung nach Aktenlage sei vom Sachverständigen für nicht durchführbar gehalten worden. Die Anberaumung weiterer Untersuchungstermine seitens des Sachverständigen habe sich von vornherein erübrigt, nachdem im Juli 2006 vorgebracht worden sei, der Kläger habe jederzeit das Recht, zu verlangen, dass seine Ehefrau bei der Untersuchung zugegen sei und er andernfalls nicht zur Duldung der Begutachtung bereit sei. Gerade bei psychiatrischen Begutachtungen werde es regelmäßig sinnvoll und auch notwendig sein, dass der Sachverständige die Untersuchung ohne Angehörige oder sonstige Personen mit Ausnahme eines ggf. erforderlichen Dolmetschers durchführe und Angehörige oder sonstige Begleitpersonen erst im Rahmen der Fremdanamnese in die Untersuchung einbeziehe. Die Untersuchungstermine von März, Mai und Juni 2006 seien überwiegend oder wahrscheinlich alle wegen der Abwesenheit des Klägers nicht zustande gekommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, nach dessen Auffassung er weiterhin keine Arbeiten von wirtschaftlichem Wert erbringen könne. Insbesondere im Hinblick auf das Gutachten von Dr. L. sei derzeit noch keine ausreichende Stabilisierung eingetreten und es stehe fest, dass ihm seine Rente auf Dauer zustehe.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Kläger im Rahmen eines Weitergewährungsantrags ihm angebotene Untersuchungstermine zwischen Februar 2007 und April 2007 nicht wahrgenommen habe, der Antrag auf Weitergewährung der Rente sei mit Bescheid vom 31.07.2007 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden.

Die Anfrage des Senats beim Bevollmächtigten des Klägers, ob der Kläger bereit sei, einer Vorladung durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen zu folgen, hat dieser nicht beantwortet. Der sodann zum gerichtlichen Sachverständigen bestellte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. hat mit Schreiben vom 22.10.2007 erklärt, eine Begutachtung nach Aktenlage sei derzeit nicht möglich, da insbesondere nicht über den gegenwärtigen Gesundheitszustand des Klägers medizinisch zuverlässig zu entscheiden sei. Die in seinem Gutachten beschriebene wohl nicht stattfindende Besserung des Krankheitsbildes habe sich lediglich auf das Betreuungsverfahren bezogen und sollte die Chronifizierung der Krankheit ausdrücken. Damit sei aber in keiner Weise eine Stellungnahme zu einer etwaigen Arbeitsfähigkeit des Klägers gegeben gewesen.

Das Schreiben des Senats an den Bevollmächtigten des Klägers vom 07.11.2007, dass der Versuch, die Erwerbsfähigkeit des Klägers festzustellen, keinen Erfolg gehabt habe, weshalb um Mitteilung gebeten werde, wie aus seiner Sicht eine Lösung gefunden werden könne, hat dieser nicht beantwortet.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München
vom 27.10.2006 sowie Abänderung des Bescheides vom 09.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2005 zu verurteilen, ihm ab 01.08.2005 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.10.2006 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den Zeitraum hinaus hat, für den die Beklagte die befristete Rente gewährt hat. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, ob er auch noch ab September 2006 voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI ist. Mit dem Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass eine Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. M. aus Gründen nicht durchgeführt werden konnte, für die der Kläger verantwortlich ist, zumal er sich auch im Berufungsverfahren nicht bereit erklären konnte, aus Kroatien zu einer gerichtsärztlichen Untersuchung nach Deutschland zu kommen. Diesbezüglich sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch im Berufungsverfahren hat sich keinerlei Möglichkeit ergeben, ein objektives Bild des Gesundheitszustandes des Klägers und den sich daraus ergebenden Folgen für sein berufliches Leistungsvermögen zu finden. So hat Dr. L. in seiner Äußerung vom 22.10.2007 dargelegt, warum es ihm insbesondere ohne persönliche Untersuchung des Klägers nicht möglich war, eine Beurteilung nach Aktenlage abzugeben, und da der Kläger bis heute über seinen Bevollmächtigten bzw. seine Betreuerin trotz Aufforderung keinerlei Bereitschaft erklärt hat, sich einer Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen in Deutschland zu unterziehen, war die Möglichkeit der gerichtlichen Sachaufklärung dementsprechend eingeschränkt. Es gilt hierbei auch der Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach vorliegend den Kläger die Folgen treffen, wenn das Gericht trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten eine bestimmte Tatsachen (das Vorliegen von Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaße) nicht feststellen kann (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, § 103 Rdnr. 19a).

Die Berufung gegen das zutreffende Urteil des Sozialgerichts München musste deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden. Eine Einbeziehung des Bescheides vom 31.07.2007 gemäß § 96 SGG in das anhängige Verfahren hatte nicht zu erfolgen, da von einer Abänderung bzw. einer Ersetzung des ursprünglichen Bescheides keine Rede sein kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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