Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VJ 2612/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 1546/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Impfschadens durch den Beklagten.
Die 1945 geborene Klägerin beantragte am 18.01.2002 die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden beim damaligen Versorgungsamt Stuttgart (VA). Sie gab an, sie habe sich am 20.09.2000 gegen Grippe impfen lassen. Sie leide nunmehr unter starken Schmerzen in den Muskeln und Sehnen (-ansätzen) an Armen und Beinen, Kribbeln von den Beinen aufwärts, Schmerzen in beiden Handgelenken, Ellenbogen, im linken Daumen, im Grundgelenk des linken Knies, an Sensibilitätsstörungen der Finger beidseits, an Zwischenrippen-Nervenschmerzen und habe fast keine Kraft. Sie legte ihrem Antrag u. a. die Bescheinigung der Praxis Dr. W.-B., C. über die am 20.09.2000 durchgeführte Grippeimpfung sowie die Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 25.10.2000 (leichtes Carpaltunnelsyndrom rechts, leichtes Wurzelkompressionssyndrom C6 rechts bei knöchernen Veränderungen insbesondere in Höhe C5/6), der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation des Christophsbades Göppingen vom 16.07.2001 (Ausschluss einer Myopathie), des Orthopäden Dr. B. vom 03.08.2001 (unklare generalisierte mypopathische Beschwerden) und des Chefarztes der Abteilung Innere Medizin des Städtischen Krankenhauses Sindelfingen, Prof. Dr. B., vom 25.09.2001 (idiopathischer Antikörpermangel wechselnder Ausprägung, derzeit wieder deutlicher, mit Substitution mit Immunglobulin, rezidiverende obere Atemwegsinfekte ohne gravierende Klinik und psychovegetativer Symptomkomplex bei unklarem Schmerzsyndrom) bei. Im Wesentlichen dieselben Diagnosen hatte bereits der Internist und Rheumatologe Dr. J. im Arztbrief vom 15.01.2001 gestellt und zusätzlich den Verdacht auf impfreaktive Arthralgien geäußert. Das VA zog u. a. das Vorerkrankungsverzeichnis der K. Krankenkasse St. vom 21.02.2002 sowie die weiteren Arztbriefe des St. Krankenhauses S. vom 17.04.1998, 03.05.2000, 30.04.2002, aus denen sich ebenfalls der idiopathische Antikörpermangel ergibt, ferner die Arztbriefe des Orthopäden Dr. B. vom 10.08.2000 und des Neurologen und Psychiaters Dr. M.-L. vom 09.11.2000 bei. Dr. B. beschrieb ein Wirbelsäulensyndrom, ein Erschöpfungssyndrom sowie eine psychosomatische Beschwerdeverstärkung; Dr. M.-L. nahm eine Cervicobrachialgie bei myofascialem Überlastungssyndrom an. In der versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 30.10.2002 wird die Auffassung vertreten, der ursächliche Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung vom 20.09.2000 müsse bezweifelt werden. Bei immunologischen Krankheitsbildern (Antikörpermangelsyndrom) seien als Symptom Gelenkbeschwerden zu erwarten. Der Leitende Arzt Dr. G. stimmte dem unter demselben Datum zu. Maßgeblich seien mit Wahrscheinlichkeit Vorschäden. Mit Bescheid vom 21.11.2002 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste es die vä Stellungnahme des Vertragsarztes Dr. G. vom 23.06.2003. Dieser vertrat die Auffassung, unter Berücksichtigung der seither erhobenen Befunde liege kein Nachweis dafür vor, dass die für die Zeit von zwei Wochen nach der Grippeimpfung aufgetretenen Muskel- und Nervenschmerzen in Armen und Beinen eine andere Ursache als das schon vorher diagnostizierte Wirbelsäulen- und Erschöpfungssyndrom gehabt hätten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2003 zurückgewiesen.
Am 24.11.2003 erhob die Klägerin über das VA Klage. Der Beklagte trat der Klage entgegen und regte unter Bezugnahme auf die vä Stellungnahme der stellvertretenden Leitenden Ärztin Dr. R. vom 29.07.2004 die Beiziehung der medizinischen Befundunterlagen ab April 2002 an. Das SG führte am 16.11.2004 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durch. Ferner hörte es Dr. R., die Ärztin für Anästhesiologie Dr. F.-E., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S., den Orthopäden Dr. F., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und Dr. J. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. R., der die Klägerin ab 28.05.2003 behandelt hatte, diagnostizierte unter dem 30.11.2004 eine Myopathie (Verdacht auf Impffolge), ein chronisch variables Immundefektsyndrom, eine Infektanfälligkeit sowie eine rezidivierende Bronchitis. Dr. F.-E. (Erstvorstellung der Klägerin am 09.07.2004) beschrieb in der Zeugenauskunft vom 07.12.2004 einen Zustand nach Grippeschutzimpfung im September 2000 mit daran anschließenden unklaren Myalgien und Polyarthralgien, differentialdiagnostisch eine Fibromyalgie mit ausgeprägter vegetativer Komponente, ein chronisches Halswirbelsäulen- (HWS-) Syndrom mit Cervicobrachialgien beidseits bei bekannter Osteochondrose C4/5 und Uncovertebralarthrose C5 links mit leichter ossärer Enge, ein idiopathisches Antikörpermangelsyndrom seit 1980 mit gehäuften schweren Atemwegsinfekten bis hin zur Pneumonie und einen Bruxismus. Dr. S. hatte die Klägerin ab 29.12.2003 behandelt (schriftliche Zeugenaussage vom 07.12.2004). Der von der Klägerin erwähnte Impfschaden sei bei den Konsultationen in der Praxis teilweise gestreift, jedoch bei unklarer Gesamtsituation nicht detailliert besprochen worden. Die angegebenen Beschwerden seien jedoch durchaus glaubwürdig gewesen. Aus der Zeugenauskunft von Dr. F. vom selben Tag ergeben sich die Diagnosen eines Cervicalsyndroms mit Rotationseinschränkung der HWS, eines Wirbelsäulensyndroms ohne Ausfallserscheinungen der oberen oder unteren Extremitäten, einer Periarthrosis humero scapularis rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung und unklare generalisierte myopathische Beschwerden. Dr. R. teilte im Schreiben vom 08.12.2004 mit, er habe die Klägerin vom 26.11.2002 bis 22.12.2003 behandelt. Er beschrieb eine Infektanfälligkeit vor allem der Atemwege bei Immundefektsyndrom, eine chronische Cervicobrachialgie und ein depressives Syndrom mit Verdacht auf Somatisation. Aus der Zeugenauskunft von Dr. J. vom 10.01.2005 ergibt sich, dass die Klägerin sich bei ihm erstmals am 12.12.2000 vorgestellt hatte. Sie habe über Gelenk- und Muskelschmerzen am rechten Arm, beginnend etwa 2 Wochen nach einer Grippeschutzimpfung berichtet, die im Verlauf auf alle anderen Extremitäten übergegriffen hätten. Das SG zog ferner Unterlagen aus der Rentenakte der früheren Bundesversicherungsanstalt für A. (BfA) und aus der Akte des Amtsgerichts St. über einen geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Arzt C. wegen der durchgeführten Grippeschutzimpfung bei. In Bezug auf diese Unterlagen und die den Zeugenauskünften beigefügten Arztbriefe verweist der Senat auf die Akte des SG. Der Beklagte legte zu den veranlassten Zeugenaussagen die vä Stellungnahme von Dr. Sch. vom 02.05.2005 vor. Diese vertrat die Auffassung, es könne nicht mit Wahrscheinlichkeit von einem Impfschaden ausgegangen werden.
Das SG erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters und Dipl.-Psych. Dr. M.-J. vom 29.04.2006, der die von der Klägerin dargestellten Symptome in ausreichender Weise und überwiegend durch ereignisunabhängige Faktoren für erklärbar hielt. Dabei sei nicht auszuschließen, dass der stattgehabten Grippeschutzimpfung selbst ein gewisser Triggereffekt zugesprochen werden könne; dieser sei jedoch in Bezug auf die Kausalitätsbeurteilung nicht von entscheidender Bedeutung. Nachdem die Klägerin auf das für die G. G&A V.-AG erstattete und dem VA von ihr vorgelegte Gutachten des Internisten Prof. Dr. H. vom 03.03.2004 hingewiesen hatte, veranlasste das SG die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M.-J. vom 12.02.2007. Prof. Dr. H. hatte angesichts der vorangegangenen gesundheitlichen Probleme keine Indikationsstellung zur Verabreichung der Grippeschutzimpfung am 20.09.2003 (vom Sachverständigen korrigiert: 2000) gesehen. Den anhaltenden Erschöpfungszustand bewertete er als Verschlimmerung der Arthralgien und Tendomyopathie. Diese seien mit hoher Wahrscheinlichkeit die Folge der Grippeimpfung. Hierauf führte Dr. M.-J. aus, diese etwas monokausale Sichtweise lasse sich aufgrund der erforderlichen differenzierten Betrachtungsweise, insbesondere hinsichtlich der Zeitachse der Ereignisabfolgen und Symptome, so nicht halten. Die Klägerin trug unter Bezugnahme auf Ausführungen im Gutachten von Dr. M.-J. vor, die von ihr berichteten Beschwerden seien nicht Nebenwirkungen der Immunglobulinpräparate. Hierzu und zu möglichen Komplikationen nach Grippeimpfungen legte sie weitere Unterlagen vor. Darunter befinden sich das Schreiben der O. GmbH vom 13.03.2007 (die von der Klägerin geschilderten langjährig bestehenden Symptome, vorwiegend Muskulatur, Sehnen und Skelettsystem betreffend, seien unter Octagam bisher nicht bekannt geworden), und das Schreiben von Dr. H. vom 16.10.2006 über Komplikationen nach Grippeimpfungen. Der Beklagte übersandte die vä Stellungnahme von Dr. F. vom 06.06.2007, der darlegte, Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates mit Polyarthralgien seien bereits vor dem Impftermin dokumentiert. Zusätzlich habe eine ausgeprägte seelische Belastung durch die schwere Erkrankung des Ehemanns bestanden. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Informationen seien von der Impfung unabhängige Faktoren als kausal für die vorliegenden Gesundheitsstörungen anzusehen. In der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2007 teilte die Klägerin mit, "für sie stünden hier in erster Linie die mehr oder minder zum Zeitpunkt der Impfung deutlich verstärkten Muskelschmerzen im Vordergrund". Die mündliche Verhandlung wurde im Hinblick auf eine weitere angekündigte Stellungnahme der Klägerin vertagt. Mit Urteil vom 14.02.2008 - an die Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 04.03.2008 zugestellt - wies das SG die Klage ab.
Am 01.04.2008 hat die Klägerin Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass ihre gesundheitlichen Beschwerden auf die Grippeschutzimpfung zurückzuführen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 und den Bescheid vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2003 aufzuheben, Muskel- und Nervenschmerzen in Armen, Händen und Beinen, Sensibilitätsstörungen an den Händen, Gelenkbeschwerden, eine Kraftlosigkeit in den Armen, Zwischenrippenschmerzen, ein von den Beinen aufsteigendes Kribbeln und Müdigkeit als Folge der Grippeschutzimpfung vom 20.09.2000 festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihr Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 25 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde, gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG). Ein Impfschaden stellt nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 11 Satz 1 IfSG die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung dar.
Impfung, Impfschaden und ein darauf beruhender andauernder Gesundheitsschaden müssen im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, wofür eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit genügen kann, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt (BSGE 32, 207; 35, 9; 45, 285 f; 40, 23). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG genügt dem gegenüber die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, d.h. es muss mehr für als gegen einen solchen Kausalzusammenhang sprechen (vgl. BSGE 60, 58).
Die Legaldefinition in § 60 IfSG stellt klar, dass ein Impfschaden nicht jede Gesundheitsstörung ist, die mit Wahrscheinlichkeit auf der Impfung beruht, sondern nur der über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende. Welche Impfreaktionen danach als Impfschäden anzusehen sind, lässt sich im allgemeinen den "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) - jetzt in der Fassung von 2008 - entnehmen. Die AHP geben den der herrschenden medizinischen Lehrmeinung entsprechenden aktuellen Kenntnis- und Wissenstand wieder, u.a. auch über die Auswirkungen und Ursachen von Gesundheitsstörungen nach Impfungen. Die als medizinische Sachverständige tätigen Gutachter und die Versorgungsverwaltungen sind an die in den AHP enthaltenen Erkenntnisse für Begutachtungen bzw. Entscheidungen über Anträge auf Versorgung gebunden (vgl. BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5). Zwar beruhen die AHP weder auf dem Gesetz, noch auf einer Verordnung, so dass sie keinerlei Normqualität haben. Dennoch wirken sie in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit, haben deshalb normähnlichen Charakter und sind im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen heranzuziehen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urt. v. 27. August 1998 - B 9 VJ 2/97 R m.w.N., veröffentlicht in juris).
Bei der am 20.09.2000 bei der Klägerin durchgeführten Influenza-Schutzimpfung handelt es sich um eine nach der Bekanntmachung des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 20. Juni 2000 öffentlich empfohlene Schutzimpfung (GABl. vom 30. August 2000 Nr. 9).
Einen Impfschaden hält der Senat jedoch nicht für erwiesen. Dies ergibt sich bereits aus der Gegenüberstellung der vor der Impfung bestehenden Gesundheitsstörungen und den Symptomen, über die die Klägerin danach berichtet hat. Im somatischen Bereich litt die Klägerin vor dem 20.09.2000 vor allem unter einem Immunglobulinmangel und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit hieraus folgenden Beschwerden. Diese Diagnosen entnimmt der Senat u. a. den vorgelegten bzw. beigezogenen Arztbriefen des St. Krankenhauses S. und den durch das SG eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. R., Dr. F.-E., Dr. F., Dr. R. und Dr. J ... Insoweit ist nach der Impfung keine entscheidende Veränderung eingetreten. Die Symptomatik, die die Klägerin auf die Impfung zurückführt (Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Kribbeln, Kraftlosigkeit, Müdigkeit), gab sie nämlich in ähnlicher Weise auch vor diesem Zeitpunkt an. So wies Dr. M.-J. im Gutachten vom 29.04.2006 zutreffend darauf hin, dass die Klägerin im Ch.bad G. bei der ambulanten Untersuchung im Juli 2001 (Arztbrief vom 16.07.2001) über seit mindestens einem Jahr bestehende Schmerzen in umschriebenen Bereichen der Oberarme, Handgelenke, Kniegelenke und Wadenmuskeln, ferner über intermittierende Kribbelparästhesien von den Füßen aufsteigend zum Kopf, berichtet hatte. Damit im Wesentlichen in Übereinstimmung steht die Anam-nese im Arztbrief von Dr. B. vom 10.08.2000, also ca. sechs Wochen vor der Impfung, im Rahmen derer die Klägerin über Schmerzen in sämtlichen Gelenken seit zwei Monaten berichtete. Gegen einen Impfschaden spricht ferner, dass ein solcher in den zeitnah nach der Impfung erstellten Arztbriefen der Neurologen und Psychiater Dres. K. und M.-L. vom 25.10. bzw. 09.11.2000 nicht erwähnt wird. Zwar äußerte Dr. J. unter dem 15.01.2001 den Verdacht auf impfreaktive Arthralgien. Er hat die Klägerin jedoch erst ab 12.12.2000, also knapp drei Monate nach der Impfung, behandelt. Zwei Wochen nach der Grippeschutzimpfung einsetzende Arthralgien und Tendopathien berichtete die Klägerin bei ihm lediglich anamnestisch. Soweit sie im St. Krankenhaus S. bei der ambulanten Vorstellung im September 2001 angab, seit 04.10.2000 unter Schmerzen, nämlich Muskel- und Nervenschmerzen sowie Lähmungserscheinungen zu leiden, ist zum einen festzustellen, dass diese exakte Datierung bei der dem Arztbrief vom 25.09.2001 zugrunde liegenden Untersuchung erst knapp ein Jahr nach dem angegebenen Beginn der Beschwerden erfolgte. Zum anderen ergaben sich bei der Untersuchung keine neuen Aspekte.
Außerdem war die Impfung nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache für das später angegebene, vorwiegend subjektiv geschilderte Beschwerdebild. Prof. Dr. B. sah nämlich schlüssig die persönlichen Probleme der Klägerin im Vordergrund. Nachvollziehbar stellte er die Diagnose eines psychovegetativen Symptomkomplexes bei unklarem Schmerzsyndrom. Hierzu passend beschrieb Dr. B. im Arztbrief vom 03.08.2001 unklare generalisierte myopathische Beschwerden. Eine ausgeprägte vegetative Komponente sah auch die Anästhesiologin Dr. F.-E. in der Zeugenauskunft vom 07.12.2004. Der Senat schließt sich deshalb der Beurteilung im Gerichtsgutachten von Dr. M.-J. vom 29.04.2006 an, dass wesentliche Symptome der beschriebenen Symptomatik ereignisunabhängig zu erklären sind. Der von Dr. M.-J. möglich gehaltene "gewisse Triggereffekt" durch die Impfung war für die Kausalitätsbeurteilung nicht entscheidend. Die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten von Dr. M.-J. greifen im Ergebnis nicht. Soweit sie vortrug, entgegen den Ausführungen von Dr. M.-J. seien ihre Beschwerden nicht auf Nebenwirkungen der Immunglobulinpräparate zurückzuführen, ist festzustellen, dass Dr. M.-J. seine Kausalitätsbeurteilung nicht entscheidend auf diesen möglichen konkurrierenden Kausalfaktor gestützt hat. Bei den entsprechenden Ausführungen im Gutachten handelt es sich um allgemeine Erwägungen zu denkbaren Ursachen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass entsprechend den AHP 2008, Nr. 56 Abs. 6, S. 191 (insoweit deckungsgleich mit den Fassungen von 2004 und 1996) bei der Klägerin das übliche Bild der Impfreaktion abgewandelt war, weil gleichzeitig Immunglobuline verabreicht wurden. Soweit die Klägerin Unterlagen über Komplikationen nach Grippeimpfungen vorgelegt hat, ergeben sich hieraus lediglich denkbare Auswirkungen von Impfungen, nicht aber ein Impfschaden im konkreten Fall. Die von Dr. M.-J. abweichende Auffassung im Gutachten von Prof. Dr. H. vom 03.03.2004 überzeugt den Senat nicht. Der Sachverständige, der sein Gutachten im Übrigen zu einer anderen Fragestellung erstattete, nahm gerade keine klare Abgrenzung zwischen vorbestehenden Gesundheitsstörungen und nach der Impfung berichteten Symptomen vor. Dies ergibt sich aus seinen Ausführungen, die Arthralgien und Tendomyopathien seien impfreaktiv und überlagerten sich mit degenerativ-funktionellen Störungen, Muskel- und Nervenreizzuständen. Die ereignisunabhängige psychische Alteration bei extremer psychosozialer Belastungssituation wegen der schwerwiegenden Erkrankung des inzwischen verstorbenen Ehemanns der Klägerin hat Prof. Dr. H. ebenfalls nicht ausreichend gewürdigt. Hierauf hat Dr. M.-J. in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12.02.2007 zutreffend hingewiesen.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Impfschadens durch den Beklagten.
Die 1945 geborene Klägerin beantragte am 18.01.2002 die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden beim damaligen Versorgungsamt Stuttgart (VA). Sie gab an, sie habe sich am 20.09.2000 gegen Grippe impfen lassen. Sie leide nunmehr unter starken Schmerzen in den Muskeln und Sehnen (-ansätzen) an Armen und Beinen, Kribbeln von den Beinen aufwärts, Schmerzen in beiden Handgelenken, Ellenbogen, im linken Daumen, im Grundgelenk des linken Knies, an Sensibilitätsstörungen der Finger beidseits, an Zwischenrippen-Nervenschmerzen und habe fast keine Kraft. Sie legte ihrem Antrag u. a. die Bescheinigung der Praxis Dr. W.-B., C. über die am 20.09.2000 durchgeführte Grippeimpfung sowie die Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 25.10.2000 (leichtes Carpaltunnelsyndrom rechts, leichtes Wurzelkompressionssyndrom C6 rechts bei knöchernen Veränderungen insbesondere in Höhe C5/6), der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation des Christophsbades Göppingen vom 16.07.2001 (Ausschluss einer Myopathie), des Orthopäden Dr. B. vom 03.08.2001 (unklare generalisierte mypopathische Beschwerden) und des Chefarztes der Abteilung Innere Medizin des Städtischen Krankenhauses Sindelfingen, Prof. Dr. B., vom 25.09.2001 (idiopathischer Antikörpermangel wechselnder Ausprägung, derzeit wieder deutlicher, mit Substitution mit Immunglobulin, rezidiverende obere Atemwegsinfekte ohne gravierende Klinik und psychovegetativer Symptomkomplex bei unklarem Schmerzsyndrom) bei. Im Wesentlichen dieselben Diagnosen hatte bereits der Internist und Rheumatologe Dr. J. im Arztbrief vom 15.01.2001 gestellt und zusätzlich den Verdacht auf impfreaktive Arthralgien geäußert. Das VA zog u. a. das Vorerkrankungsverzeichnis der K. Krankenkasse St. vom 21.02.2002 sowie die weiteren Arztbriefe des St. Krankenhauses S. vom 17.04.1998, 03.05.2000, 30.04.2002, aus denen sich ebenfalls der idiopathische Antikörpermangel ergibt, ferner die Arztbriefe des Orthopäden Dr. B. vom 10.08.2000 und des Neurologen und Psychiaters Dr. M.-L. vom 09.11.2000 bei. Dr. B. beschrieb ein Wirbelsäulensyndrom, ein Erschöpfungssyndrom sowie eine psychosomatische Beschwerdeverstärkung; Dr. M.-L. nahm eine Cervicobrachialgie bei myofascialem Überlastungssyndrom an. In der versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme vom 30.10.2002 wird die Auffassung vertreten, der ursächliche Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung vom 20.09.2000 müsse bezweifelt werden. Bei immunologischen Krankheitsbildern (Antikörpermangelsyndrom) seien als Symptom Gelenkbeschwerden zu erwarten. Der Leitende Arzt Dr. G. stimmte dem unter demselben Datum zu. Maßgeblich seien mit Wahrscheinlichkeit Vorschäden. Mit Bescheid vom 21.11.2002 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste es die vä Stellungnahme des Vertragsarztes Dr. G. vom 23.06.2003. Dieser vertrat die Auffassung, unter Berücksichtigung der seither erhobenen Befunde liege kein Nachweis dafür vor, dass die für die Zeit von zwei Wochen nach der Grippeimpfung aufgetretenen Muskel- und Nervenschmerzen in Armen und Beinen eine andere Ursache als das schon vorher diagnostizierte Wirbelsäulen- und Erschöpfungssyndrom gehabt hätten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2003 zurückgewiesen.
Am 24.11.2003 erhob die Klägerin über das VA Klage. Der Beklagte trat der Klage entgegen und regte unter Bezugnahme auf die vä Stellungnahme der stellvertretenden Leitenden Ärztin Dr. R. vom 29.07.2004 die Beiziehung der medizinischen Befundunterlagen ab April 2002 an. Das SG führte am 16.11.2004 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durch. Ferner hörte es Dr. R., die Ärztin für Anästhesiologie Dr. F.-E., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. S., den Orthopäden Dr. F., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und Dr. J. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. R., der die Klägerin ab 28.05.2003 behandelt hatte, diagnostizierte unter dem 30.11.2004 eine Myopathie (Verdacht auf Impffolge), ein chronisch variables Immundefektsyndrom, eine Infektanfälligkeit sowie eine rezidivierende Bronchitis. Dr. F.-E. (Erstvorstellung der Klägerin am 09.07.2004) beschrieb in der Zeugenauskunft vom 07.12.2004 einen Zustand nach Grippeschutzimpfung im September 2000 mit daran anschließenden unklaren Myalgien und Polyarthralgien, differentialdiagnostisch eine Fibromyalgie mit ausgeprägter vegetativer Komponente, ein chronisches Halswirbelsäulen- (HWS-) Syndrom mit Cervicobrachialgien beidseits bei bekannter Osteochondrose C4/5 und Uncovertebralarthrose C5 links mit leichter ossärer Enge, ein idiopathisches Antikörpermangelsyndrom seit 1980 mit gehäuften schweren Atemwegsinfekten bis hin zur Pneumonie und einen Bruxismus. Dr. S. hatte die Klägerin ab 29.12.2003 behandelt (schriftliche Zeugenaussage vom 07.12.2004). Der von der Klägerin erwähnte Impfschaden sei bei den Konsultationen in der Praxis teilweise gestreift, jedoch bei unklarer Gesamtsituation nicht detailliert besprochen worden. Die angegebenen Beschwerden seien jedoch durchaus glaubwürdig gewesen. Aus der Zeugenauskunft von Dr. F. vom selben Tag ergeben sich die Diagnosen eines Cervicalsyndroms mit Rotationseinschränkung der HWS, eines Wirbelsäulensyndroms ohne Ausfallserscheinungen der oberen oder unteren Extremitäten, einer Periarthrosis humero scapularis rechts mit endgradiger Bewegungseinschränkung und unklare generalisierte myopathische Beschwerden. Dr. R. teilte im Schreiben vom 08.12.2004 mit, er habe die Klägerin vom 26.11.2002 bis 22.12.2003 behandelt. Er beschrieb eine Infektanfälligkeit vor allem der Atemwege bei Immundefektsyndrom, eine chronische Cervicobrachialgie und ein depressives Syndrom mit Verdacht auf Somatisation. Aus der Zeugenauskunft von Dr. J. vom 10.01.2005 ergibt sich, dass die Klägerin sich bei ihm erstmals am 12.12.2000 vorgestellt hatte. Sie habe über Gelenk- und Muskelschmerzen am rechten Arm, beginnend etwa 2 Wochen nach einer Grippeschutzimpfung berichtet, die im Verlauf auf alle anderen Extremitäten übergegriffen hätten. Das SG zog ferner Unterlagen aus der Rentenakte der früheren Bundesversicherungsanstalt für A. (BfA) und aus der Akte des Amtsgerichts St. über einen geltend gemachten Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Arzt C. wegen der durchgeführten Grippeschutzimpfung bei. In Bezug auf diese Unterlagen und die den Zeugenauskünften beigefügten Arztbriefe verweist der Senat auf die Akte des SG. Der Beklagte legte zu den veranlassten Zeugenaussagen die vä Stellungnahme von Dr. Sch. vom 02.05.2005 vor. Diese vertrat die Auffassung, es könne nicht mit Wahrscheinlichkeit von einem Impfschaden ausgegangen werden.
Das SG erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters und Dipl.-Psych. Dr. M.-J. vom 29.04.2006, der die von der Klägerin dargestellten Symptome in ausreichender Weise und überwiegend durch ereignisunabhängige Faktoren für erklärbar hielt. Dabei sei nicht auszuschließen, dass der stattgehabten Grippeschutzimpfung selbst ein gewisser Triggereffekt zugesprochen werden könne; dieser sei jedoch in Bezug auf die Kausalitätsbeurteilung nicht von entscheidender Bedeutung. Nachdem die Klägerin auf das für die G. G&A V.-AG erstattete und dem VA von ihr vorgelegte Gutachten des Internisten Prof. Dr. H. vom 03.03.2004 hingewiesen hatte, veranlasste das SG die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M.-J. vom 12.02.2007. Prof. Dr. H. hatte angesichts der vorangegangenen gesundheitlichen Probleme keine Indikationsstellung zur Verabreichung der Grippeschutzimpfung am 20.09.2003 (vom Sachverständigen korrigiert: 2000) gesehen. Den anhaltenden Erschöpfungszustand bewertete er als Verschlimmerung der Arthralgien und Tendomyopathie. Diese seien mit hoher Wahrscheinlichkeit die Folge der Grippeimpfung. Hierauf führte Dr. M.-J. aus, diese etwas monokausale Sichtweise lasse sich aufgrund der erforderlichen differenzierten Betrachtungsweise, insbesondere hinsichtlich der Zeitachse der Ereignisabfolgen und Symptome, so nicht halten. Die Klägerin trug unter Bezugnahme auf Ausführungen im Gutachten von Dr. M.-J. vor, die von ihr berichteten Beschwerden seien nicht Nebenwirkungen der Immunglobulinpräparate. Hierzu und zu möglichen Komplikationen nach Grippeimpfungen legte sie weitere Unterlagen vor. Darunter befinden sich das Schreiben der O. GmbH vom 13.03.2007 (die von der Klägerin geschilderten langjährig bestehenden Symptome, vorwiegend Muskulatur, Sehnen und Skelettsystem betreffend, seien unter Octagam bisher nicht bekannt geworden), und das Schreiben von Dr. H. vom 16.10.2006 über Komplikationen nach Grippeimpfungen. Der Beklagte übersandte die vä Stellungnahme von Dr. F. vom 06.06.2007, der darlegte, Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates mit Polyarthralgien seien bereits vor dem Impftermin dokumentiert. Zusätzlich habe eine ausgeprägte seelische Belastung durch die schwere Erkrankung des Ehemanns bestanden. Nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Informationen seien von der Impfung unabhängige Faktoren als kausal für die vorliegenden Gesundheitsstörungen anzusehen. In der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2007 teilte die Klägerin mit, "für sie stünden hier in erster Linie die mehr oder minder zum Zeitpunkt der Impfung deutlich verstärkten Muskelschmerzen im Vordergrund". Die mündliche Verhandlung wurde im Hinblick auf eine weitere angekündigte Stellungnahme der Klägerin vertagt. Mit Urteil vom 14.02.2008 - an die Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 04.03.2008 zugestellt - wies das SG die Klage ab.
Am 01.04.2008 hat die Klägerin Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass ihre gesundheitlichen Beschwerden auf die Grippeschutzimpfung zurückzuführen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.02.2008 und den Bescheid vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2003 aufzuheben, Muskel- und Nervenschmerzen in Armen, Händen und Beinen, Sensibilitätsstörungen an den Händen, Gelenkbeschwerden, eine Kraftlosigkeit in den Armen, Zwischenrippenschmerzen, ein von den Beinen aufsteigendes Kribbeln und Müdigkeit als Folge der Grippeschutzimpfung vom 20.09.2000 festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihr Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 25 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde, gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG). Ein Impfschaden stellt nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 11 Satz 1 IfSG die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung dar.
Impfung, Impfschaden und ein darauf beruhender andauernder Gesundheitsschaden müssen im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, wofür eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit genügen kann, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt (BSGE 32, 207; 35, 9; 45, 285 f; 40, 23). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG genügt dem gegenüber die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, d.h. es muss mehr für als gegen einen solchen Kausalzusammenhang sprechen (vgl. BSGE 60, 58).
Die Legaldefinition in § 60 IfSG stellt klar, dass ein Impfschaden nicht jede Gesundheitsstörung ist, die mit Wahrscheinlichkeit auf der Impfung beruht, sondern nur der über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende. Welche Impfreaktionen danach als Impfschäden anzusehen sind, lässt sich im allgemeinen den "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) - jetzt in der Fassung von 2008 - entnehmen. Die AHP geben den der herrschenden medizinischen Lehrmeinung entsprechenden aktuellen Kenntnis- und Wissenstand wieder, u.a. auch über die Auswirkungen und Ursachen von Gesundheitsstörungen nach Impfungen. Die als medizinische Sachverständige tätigen Gutachter und die Versorgungsverwaltungen sind an die in den AHP enthaltenen Erkenntnisse für Begutachtungen bzw. Entscheidungen über Anträge auf Versorgung gebunden (vgl. BSG SozR 3-3870 § 3 Nr. 5). Zwar beruhen die AHP weder auf dem Gesetz, noch auf einer Verordnung, so dass sie keinerlei Normqualität haben. Dennoch wirken sie in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit, haben deshalb normähnlichen Charakter und sind im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen heranzuziehen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urt. v. 27. August 1998 - B 9 VJ 2/97 R m.w.N., veröffentlicht in juris).
Bei der am 20.09.2000 bei der Klägerin durchgeführten Influenza-Schutzimpfung handelt es sich um eine nach der Bekanntmachung des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 20. Juni 2000 öffentlich empfohlene Schutzimpfung (GABl. vom 30. August 2000 Nr. 9).
Einen Impfschaden hält der Senat jedoch nicht für erwiesen. Dies ergibt sich bereits aus der Gegenüberstellung der vor der Impfung bestehenden Gesundheitsstörungen und den Symptomen, über die die Klägerin danach berichtet hat. Im somatischen Bereich litt die Klägerin vor dem 20.09.2000 vor allem unter einem Immunglobulinmangel und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit hieraus folgenden Beschwerden. Diese Diagnosen entnimmt der Senat u. a. den vorgelegten bzw. beigezogenen Arztbriefen des St. Krankenhauses S. und den durch das SG eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. R., Dr. F.-E., Dr. F., Dr. R. und Dr. J ... Insoweit ist nach der Impfung keine entscheidende Veränderung eingetreten. Die Symptomatik, die die Klägerin auf die Impfung zurückführt (Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Kribbeln, Kraftlosigkeit, Müdigkeit), gab sie nämlich in ähnlicher Weise auch vor diesem Zeitpunkt an. So wies Dr. M.-J. im Gutachten vom 29.04.2006 zutreffend darauf hin, dass die Klägerin im Ch.bad G. bei der ambulanten Untersuchung im Juli 2001 (Arztbrief vom 16.07.2001) über seit mindestens einem Jahr bestehende Schmerzen in umschriebenen Bereichen der Oberarme, Handgelenke, Kniegelenke und Wadenmuskeln, ferner über intermittierende Kribbelparästhesien von den Füßen aufsteigend zum Kopf, berichtet hatte. Damit im Wesentlichen in Übereinstimmung steht die Anam-nese im Arztbrief von Dr. B. vom 10.08.2000, also ca. sechs Wochen vor der Impfung, im Rahmen derer die Klägerin über Schmerzen in sämtlichen Gelenken seit zwei Monaten berichtete. Gegen einen Impfschaden spricht ferner, dass ein solcher in den zeitnah nach der Impfung erstellten Arztbriefen der Neurologen und Psychiater Dres. K. und M.-L. vom 25.10. bzw. 09.11.2000 nicht erwähnt wird. Zwar äußerte Dr. J. unter dem 15.01.2001 den Verdacht auf impfreaktive Arthralgien. Er hat die Klägerin jedoch erst ab 12.12.2000, also knapp drei Monate nach der Impfung, behandelt. Zwei Wochen nach der Grippeschutzimpfung einsetzende Arthralgien und Tendopathien berichtete die Klägerin bei ihm lediglich anamnestisch. Soweit sie im St. Krankenhaus S. bei der ambulanten Vorstellung im September 2001 angab, seit 04.10.2000 unter Schmerzen, nämlich Muskel- und Nervenschmerzen sowie Lähmungserscheinungen zu leiden, ist zum einen festzustellen, dass diese exakte Datierung bei der dem Arztbrief vom 25.09.2001 zugrunde liegenden Untersuchung erst knapp ein Jahr nach dem angegebenen Beginn der Beschwerden erfolgte. Zum anderen ergaben sich bei der Untersuchung keine neuen Aspekte.
Außerdem war die Impfung nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache für das später angegebene, vorwiegend subjektiv geschilderte Beschwerdebild. Prof. Dr. B. sah nämlich schlüssig die persönlichen Probleme der Klägerin im Vordergrund. Nachvollziehbar stellte er die Diagnose eines psychovegetativen Symptomkomplexes bei unklarem Schmerzsyndrom. Hierzu passend beschrieb Dr. B. im Arztbrief vom 03.08.2001 unklare generalisierte myopathische Beschwerden. Eine ausgeprägte vegetative Komponente sah auch die Anästhesiologin Dr. F.-E. in der Zeugenauskunft vom 07.12.2004. Der Senat schließt sich deshalb der Beurteilung im Gerichtsgutachten von Dr. M.-J. vom 29.04.2006 an, dass wesentliche Symptome der beschriebenen Symptomatik ereignisunabhängig zu erklären sind. Der von Dr. M.-J. möglich gehaltene "gewisse Triggereffekt" durch die Impfung war für die Kausalitätsbeurteilung nicht entscheidend. Die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten von Dr. M.-J. greifen im Ergebnis nicht. Soweit sie vortrug, entgegen den Ausführungen von Dr. M.-J. seien ihre Beschwerden nicht auf Nebenwirkungen der Immunglobulinpräparate zurückzuführen, ist festzustellen, dass Dr. M.-J. seine Kausalitätsbeurteilung nicht entscheidend auf diesen möglichen konkurrierenden Kausalfaktor gestützt hat. Bei den entsprechenden Ausführungen im Gutachten handelt es sich um allgemeine Erwägungen zu denkbaren Ursachen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass entsprechend den AHP 2008, Nr. 56 Abs. 6, S. 191 (insoweit deckungsgleich mit den Fassungen von 2004 und 1996) bei der Klägerin das übliche Bild der Impfreaktion abgewandelt war, weil gleichzeitig Immunglobuline verabreicht wurden. Soweit die Klägerin Unterlagen über Komplikationen nach Grippeimpfungen vorgelegt hat, ergeben sich hieraus lediglich denkbare Auswirkungen von Impfungen, nicht aber ein Impfschaden im konkreten Fall. Die von Dr. M.-J. abweichende Auffassung im Gutachten von Prof. Dr. H. vom 03.03.2004 überzeugt den Senat nicht. Der Sachverständige, der sein Gutachten im Übrigen zu einer anderen Fragestellung erstattete, nahm gerade keine klare Abgrenzung zwischen vorbestehenden Gesundheitsstörungen und nach der Impfung berichteten Symptomen vor. Dies ergibt sich aus seinen Ausführungen, die Arthralgien und Tendomyopathien seien impfreaktiv und überlagerten sich mit degenerativ-funktionellen Störungen, Muskel- und Nervenreizzuständen. Die ereignisunabhängige psychische Alteration bei extremer psychosozialer Belastungssituation wegen der schwerwiegenden Erkrankung des inzwischen verstorbenen Ehemanns der Klägerin hat Prof. Dr. H. ebenfalls nicht ausreichend gewürdigt. Hierauf hat Dr. M.-J. in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 12.02.2007 zutreffend hingewiesen.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.
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