L 2 U 2496/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 196/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 2496/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach den Nummern 4301, 4302, 4202 und 5101 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Die 1955 geborene Klägerin war vom 16. Februar 1981 bis 3. Juli 2001 bei der S. AG, R. beschäftigt. Ihr letzter Arbeitstag war im Januar 2000; anschließend war sie arbeitsunfähig (s. Bl. 47 und 34 Verw.-Akte). Sie bediente bis 1994/1995 Rundstrickmaschinen in der Strickerei; wegen Atemwegsbeschwerden ließ sie in die Stoffkontrolle an Warenschaumaschinen umsetzen.

Die Betriebskrankenkasse Bodensee + Südwest (BKK) zeigte unter Bezugnahme auf einen Kurvorschlag des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten R. der Beklagten im Juli 2001 das Vorliegen einer BK bei der Klägerin an. Die Beklagte holte bei der BKK ein Vorerkrankungsverzeichnis ein. Die Klägerin selbst gab an, sie leide seit 4 Jahren an einer Hauterkrankung. Internist Dr. H. berichtete der Beklagten unter dem 19.September 2001 über chronisch rezidivierende Sinubronchitiden seit 1987; beigefügt waren Berichte des Lungenfacharztes Dr. S. sowie der Entlassungsbericht der Fachkliniken Wangen - Medizinische Klinik für Atemwegserkrankungen und Allergien - vom 23. März 2001. Der Arbeitgeber teilte im September 2001 mit, die Klägerin sei beruflich mit Fetten/Öle und Textilien, Kleidung in Kontakt gekommen. Hautarzt R., der auch über die Behandlung seiner Vorgängerin Dr. S. berichtete, diagnostizierte ein chronisches, kumulativ-toxisches Handekzem, polyvalente Allergien vom Typ-I, multiple Nahrungsmittelallergien sowie ein perineales allergisches Asthma bronchiale. Die Hauterkrankung exacerbiere auch im Haushaltsbereich immer wieder und sei sicherlich durch die berufliche Tätigkeit wesentlich verschlimmert worden; als Ursache liege auch eine familiäre Disposition vor. Unter dem 5. März 2002 berichtete er über eine Besserung seit 11. Oktober 2001. Die Beklagte holte noch den Bericht des Krankenhauses R. vom 3. Dezember 2001 über eine stationäre Behandlung wegen persistierenden Asthmaanfalls vom 7. bis 18. September 2001 und vom Technischen Aufsichtsbeamten H. den Bericht vom 31. März 2002 ein. Der bereits vom TAD telefonisch befragte langjährige Meister der S. AG J. machte am 2. Mai 2002 auf Veranlassung des bereits bestellten Gutachters Angaben zu den verarbeitenden Garnen. Unter dem 13. Mai 2002 erstattete Dr. R., Chefarzt der Klinik für Berufskrankheiten im Bad R., ein hautfachärztliches Gutachten und ein arbeitsmedizinisches Zusatzgutachten. Er gelangte zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen der BK nach Nr. 5101 vorlägen, nicht aber die der Nummern 4301, 4302 und 4202. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. K. schlug - abweichend von Dr. R. - eine BK nach Nr. 5101 der BKV nicht zur Anerkennung vor: Die seit 1997 bestehende Hauterkrankung könne nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden; die Hautveränderungen seien nicht nur an den Händen aufgetreten und bestünden trotz Beendigung der beruflichen Tätigkeit fort. Desgleichen schlug er eine BK nach den Nummern 4301, 4302 und 4202 der BKV nicht zur Anerkennung vor, da ein ursächlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden könne. Mit Bescheid vom 3. September 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2003).

Am 4. Februar 2003 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und - gestützt auf das Gutachten des Dr. R. - an ihrem Begehren festgehalten und zusätzlich vorgetragen, sie habe auch Kontakt zu Rohbaumwolle gehabt. Mit Gerichtsbescheid vom 17. Mai 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich der BK Nr. 5101 hat es sich auf die Stellungnahme des Dr. K., hinsichtlich der übrigen Nummern auf das Gutachten des Dr. R. gestützt.

Gegen den der Klägerin am 24. Mai 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 24. Juni 2004 Berufung eingelegt und an ihrem Begehren festgehalten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Mai 2004 sowie den Bescheid vom 3. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach den Nummern 4301, 4302, 4202 sowie 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen und eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat die von der Klägerin benannten Zeuginnen am 23. Juni 2006 vernommen; wegen deren Aussagen wird auf Bl. 20/25 der Akte des LSG Baden-Württemberg verwiesen. Die Beklagte hat hierauf den Bericht des Technischen Aufsichtsbeamten H. vom 26. Juli 2006 und die Auskünfte der Z. und G. GmbH & Co. KG vom 9. August 2006 sowie der K. L. M. KG vom 23. August 2006 vorgelegt. Der Senat hat von Hautarzt R. die Aussagen vom 23. Februar, 10. April und 4. Juni 2007 sowie Gutachten von Prof. Dr. D. - einschließlich der ergänzenden Stellungnahme vom 10. September 2008 -, Dr. G. und Dr. S.-D., letzteres nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), eingeholt. Facharzt für Innere Medizin und Bronchialheilkunde Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 30. November 2007 ein gemischtförmiges Asthma bronchiale bei rezidivierenden Infekten der oberen und unteren Luftwege und Pollenallergie diagnostiziert. Eine berufliche (Mit-)Verur-sachung der Atemwegserkrankung bzw. eine richtungsgebende Verschlimmerung durch berufliche Faktoren sei nicht wahrscheinlich. Zunächst einmal spreche der zeitliche Verlauf nicht für eine beruflich bedingte Atemwegserkrankung. Zu Beginn der Erkrankung stünden ganz eindeutig rezidivierende Atemwegsinfekte im Vordergrund. Die akute Verschlimmerung 2001 sei zu einem Zeitpunkt erfolgt als die Staubbelastung erheblich abgenommen hatte. Der Ölstaubnebel habe schon jahrelang keine Rolle mehr gespielt. Auch habe die Aufgabe der Berufstätigkeit zu keinerlei Stabilisierung des Krankheitsverlaufes geführt. Die Klägerin habe bis heute wiederholt Asthmaanfälle und es komme auch bis heute immer wieder zu stationären Akutbehandlungen. Des Weiteren sei sie nicht gegenüber inhalierbaren Substanzen exponiert gewesen, die als Asthmaauslöser in Frage kämen. Baumwollstaub habe weder eine sensibilisierende noch eine irritativ-toxische Potenz, ebenso wenig wie synthetisches Öl. Eine Byssinose liege nicht vor, da hierfür sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Voraussetzungen fehlten. Prof. Dr. D. hat unter dem 28. August 2007 ausgeführt, dass in Übereinstimmung mit dem behandelnden Hautarzt R. früher ein chronisch rezidivierendes hyperkeratotisch-rhagadiformes Handekzem bestanden habe. Gefährdende Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit für die Entstehung dieses Handekzems seien nicht ersichtlich; insbesondere habe keine Typ-IV-Sensibilisierung gegen Berufsstoffe festgestellt werden können. Denkbar sei allenfalls, dass es durch mechanische oder irritative Einwirkung zu einer Verschlechterung eines primär angeborenen Leidens gekommen sei; Morphe und insbesondere Lokalisation und auch die lange Dauer und Persistenz nach Aufgabe der versicherten Tätigkeit sprächen eher für ein anlagebedingtes Leiden. Dr. S.-D. hat unter dem 13. Juni 2008 ausgeführt, das früher bestehende Handekzem sei wahrscheinlich durch die versicherte Tätigkeit bedingt; die MdE betrage aber 0 v. H. Hierauf hat Prof. Dr. D. entgegnet, es handle sich mehr um eine konstitutionelle Erkrankung; Ursache seien nicht eine atopische Veranlagung, sondern andere bislang unbekannte anlagebedingte Faktoren. Dr. S.-D. habe nicht hinreichend schlüssig begründet, warum das Handekzem durch die versicherte Tätigkeit bedingt sein solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Die statthafte (§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) sowie frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (s. BSG, Beschluss vom 27. Juni 2006, B 2 U 77/06 B) auf Anerkennung der BK Nr. 4301, 4302, 4202 und 5101 der Anlage zur BKV ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage auf Gewährung einer Verletztenrente ist aber bereits unzulässig, da die Beklagte im angefochtenen Bescheid nur über die Anerkennung der Berufskrankheiten entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 4/06 R, 16. November 2005, B 2 U 28/04 R).

Auf den Rechtsstreit finden hinsichtlich der geltend gemachten BKen nach den Nrn.4301, 4302 und 5101 der Anlage zur BKV die nach dem zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII) Anwendung, denn insoweit ist der Versicherungsfall frühestens im Januar 2000 eingetreten, weil die Klägerin zuvor nicht alle Tätigkeiten unterlassen hatte, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen sein könnten. Ob die Klage auf Anerkennung der BK Nr. 4202 noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entscheiden ist, lässt der Senat offen, weil sich die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach altem und neuem Recht nicht geändert haben.

Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 9 SGB VII). Hierzu zählen u.a. nach der Anlage zur BKV: Nr. 4202 - Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaumwoll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub, Nr. 4301 und 4302 - durch allergisierende bzw. chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, Nr. 5101 - schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die gefährdende Einwirkung und die Gesundheitsstörung, im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist; das bedeutet, das bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 45, 285, 286). Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang herleitet (BSGE 43, 110, 112). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 280). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark bzw. so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu der selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.

In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin als Arbeiterin an Rundstrickmaschinen und in der Stoffkontrolle an Warenschaumaschinen bei der S. AG eine versicherte Tätigkeit ausgeübt, was zwischen den Beteiligten unumstritten ist. Dagegen ist nicht (im Vollbeweis) erwiesen, dass die Klägerin während ihrer versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der geltend gemachten BKen ausgesetzt war. Hinsichtlich der BK nach Nr. 4202, die durch die Verordnung zur Änderung der 7. BKVO vom 8. Dezember 1976 eingeführt und durch die VO vom 31.Oktober 1997 um "Rohhanfstaub" erweitert worden ist, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Klägerin keinen Umgang mit der allein geltend gemachten Rohbaumwolle hatte. Sie selbst hat im Termin am 23. Juni 2006 nicht gewusst, was Rohbaumwolle ist, weshalb die Behauptung, sie sei Rohbaumwollstaub ausgesetzt gewesen, nicht nachvollziehbar ist. Demgegenüber hat die Zeugin T. überzeugend dargelegt, dass die Klägerin nicht mit Rohbaumwolle in Berührung gekommen ist. Dies wird bestätigt durch die Ermittlungen des TAD, der hierfür keinerlei Anhaltspunkte gefunden hat (s. Bl. 48 Verw.-Akte). Damit liegen die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 4202 - Kontakt mit Rohbaumwolle - zweifelsfrei nicht vor. Im Übrigen ermittelte der TAD eine "mittlere" (Zeitraum von 1981 bis 1994) bzw. "geringe" (Zeitraum 1995 bis 2000) Belastung der Klägerin durch Baumwollstäube (vgl. Bericht vom 31. Januar 2002); MAK-Werte seien - erfahrungsgemäß - nicht überschritten und eine Belastung durch andere atemwegsreizende Stoffe nicht festgestellt worden. Auch den Kontakt der Klägerin zu Maschinenölen, bei denen es sich den Ermittlungen zufolge ausschließlich um Synthetiköle gehandelt hat, beurteilte TAB H. für den Zeitraum 1981 bis 1994 als nur "gering", wobei die Zusammensetzung im Einzelnen nicht mehr geklärt werden konnte und auch der Arbeitsplatz der Klägerin nicht mehr existiert. Dr. G. hat im Gutachten vom 20. November 2007 plausibel dargelegt, dass Baumwollstaub wie auch synthetisches Öl weder eine sensibilisierende noch eine irritativ-toxische Potenz aufweisen. Der Senat vermag daher nicht mit der für einen Nachweis erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, ob und ggf. welche allergisierenden bzw. chemisch-irritativ oder toxisch wirkende und daher atemwegs- und hautreizende Stoffe in den Baumwollstäuben bzw. Maschinenölen, denen gegenüber die Klägerin in mittlerem bzw. geringen Ausmaß exponiert gewesen ist, enthalten waren. Dies geht zu Lasten der Klägerin mit der Folge, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten BKen nicht gegeben sind, was dem Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Bken entgegensteht.

Aber selbst wenn man - zugunsten der Klägerin - die vom TAD festgestellte generelle Exposition gegenüber Baumwollstäuben bzw. synthetischen Maschinenölen als ausreichend ansieht, um die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BKen 4301, 4302 und 5101 zu bejahen, führt dies im Ergebnis nicht zur Feststellung einer BK. Die Klägerin leidet zwar - wie sich aus dem Gutachten von Dr. G. ergibt - an einer obstruktiven Atemwegserkrankung und einem - von Dr. R., Prof. Dr. D. und Dr. S.-D. bestätigten - hyperkeratotisch-rhagadiformen Handekzem. Der geltend gemachte Anspruch scheitert aber daran, dass beide Erkrankungen nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die beruflichen Einwirkungen verursacht worden sind. Die obstruktive Atemwegserkrankung ist - wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat - nicht durch allergiesierende (BK 4301) bzw. chemisch-irritativ oder toxisch wirkende (BK 4302) Stoffe hervorgerufen worden. Gegen einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang spricht zunächst die fehlende sensibilisierende bzw. irritativ-toxische Potenz von Baumwollstaub bzw. synthetischem Öl; ferner aber auch der zeitliche Verlauf der Erkrankung. So standen zu Beginn der Erkrankung ganz eindeutig die rezidivierenden Atemwegsinfekte im Vordergrund, worauf Dr. H. in seinem Bericht vom 19. September 2001 hingewiesen hat. Der beigefügte Bericht des Lungenfacharztes Dr. S. vom 12. Oktober 1990 beschreibt keinen Bezug der Beschwerden zum Arbeitsplatz; auch die Berichte vom 24. August und 10. September 2001 stellen einen solchen nicht her. Im Bericht vom 10. September 2001 wird wiederum eine durch einen Infekt ausgelöste Exazerbation angenommen zu einem Zeitpunkt, als die Staubbelastung durch den Beruf schon lange beendet war; auch der Ölstaubnebel spielte schon jahrelang keine Rolle mehr, was sich aus der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten vom 26. Juli 2006 ergibt. Eindeutig gegen eine berufliche Verursachung spricht auch, dass sich die Krankheit nach der Arbeitsaufgabe nicht stabilisiert hat und die Klägerin bis heute wiederholt Asthmaanfälle mit zum Teil stationären Akutbehandlungen erleben muss. Diese Beurteilung wird zudem bestätigt durch das Gutachten des Dr. R. vom 13. Mai 2002, der ebenfalls eine BK-Nr. 4301 und 4302 verneint hat, sodass der Senat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. G. hat. Dasselbe gilt für das Handekzem. Es ist nicht wahrscheinlich und wesentlich durch berufliche Einwirkungen verursacht. Prof. Dr. D., auf dessen Gutachten der Senat seine Entscheidung stützt, hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass es sich hierbei um eine konstitutionelle Erkrankung handelt, die bisher auf unbekannten anlagebedingten Faktoren beruht, wobei allerdings eine als Kofaktor wirkende Hyerhidrose bei der Klägerin vorlag. Gegen eine berufliche Verursachung oder Verschlimmerung spricht insbesondere der zeitliche Verlauf der Erkrankung und die Lokalisation. So ist die Erkrankung im März 1997 entstanden, als die Klägerin schon längere Zeit in der Kontrolle an Warenschaumaschinen eingesetzt war. Einen Kontakt zu hautreizenden Stoffen konnte der TAD dort nicht ermitteln (s. Bericht vom 31. Januar 2002); die Staubbelastung war nach dem Bericht des technischen Aufsichtsbeamten vom 26. Juli 2006 deutlich geringer als in der Strickerei, eine Belastung durch Öl/Ölnebel war nicht mehr vorhanden. Zwar haben die Klägerin und die Zeuginnen darauf hingewiesen, dass die zu kontrollierenden Tücher auch Ölflecken hatten, eine relevante Verunreinigung der Hände kann aber nicht unterstellt werden, weil zu ihrer Kontrolltätigkeit nicht die Entfernung der Flecken gehörte. Schließlich spricht auch gegen eine berufliche Verursachung, dass die Hauterkrankung bis 2006 andauerte, obwohl die beruflichen Einwirkungen letztmals im Januar 2000 wirken konnten, worauf Prof. Dr. D., aber auch bereits Dr. K. nachvollziehbar hingewiesen haben. Darüber hinaus waren auch Hautveränderungen an Hals und Unterarmen dokumentiert, die auch nach Dr. S.-D. nicht beruflich bedingt sind, was auch gegen die berufliche Bedingtheit des Handekzems spricht. Die von Dr. S.-D. geäußerte Vermutung, es sei nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass eine Urtikaria hierfür verantwortlich sein könnte, ist spekulativ und ebenso nicht erwiesen, wie die von der Sachverständigen angenommene Besserung an Wochenenden und an freien Tagen; so hat Hautarzt R. unter dem 11. Oktober 2001 noch ausgeführt, dass die Hauterkrankung auch im Haushaltsbereich excazerbiert sei. Letztlich ist mit Prof. Dr. D. darauf hinzuweisen, dass die von Dr. S.-D. angenommenen beruflichen Einwirkungen - die zu kontrollierenden Stoffe seien feucht und teils auch ölverschmutzt gewesen - nicht schwerwiegend genug sind, um eine berufliche Auslösung bzw. Verschlimmerung zu erklären. Aus diesen Gründen konnte auch nicht dem Gutachten des Dr. R. gefolgt werden, der ohne nachvollziehbare Begründung ein beruflich wesentlich verursachtes kumulativ-toxisches, teils hyperkeratotisch-rhagadiformes, teils dyshydrosiformes Handekzem diagnostiziert hat.

Nach dem bereits keine berufsbedingte Atemwegs- oder Hauterkrankung vorliegt, musste nicht mehr entschieden werden, ob ein Unterlassungszwang bestanden hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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