Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 12 AS 225/08 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 519/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu (niedrigeren) angemessenen Unterkunftskosten in der Umgebung einer (teureren) Kreisstadt
Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 30. September 2008 geändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abgelehnt. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Beigeladenen vom 7. Oktober 2008 dagegen, dass diese mit Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 30. September 2008 verpflichtet worden ist, den Antragstellern Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 449,00 EUR monatlich für die Wohnung im S.weg in H. zuzusichern, hat Erfolg. Insoweit ist der angegriffene Beschluss fehlerhaft, denn die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Zusicherung auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung im S.weg in H ...
Gemäß § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung für die Leistungserbringung des bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung nur verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Hier ist die Erforderlichkeit des Umzuges mit Bescheid der Beigeladenen vom 12. Juni 2008 im Hinblick auf das ärztliche Attest des praktischen Arztes T. vom 11. Juni 2008 anerkannt worden. Diese Anerkennung ist gültig, obwohl das Attest nichts über die Notwendigkeit eines Umzuges aussagt, sondern dieses lautet lediglich "Ein Wohnortwechsel mit Nordseeklima z. B. H. würde eine bestehende Erkrankung bei meinem oben aufgeführten Patienten günstig beeinflussen".
Wegen der anerkannten Erforderlichkeit kommt es auf die Höhe der Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen der Auffassung des Sozialgerichts in dem angegriffenen Beschluss nicht an, denn dort wird gerade von einem nicht erforderlichen Umzug ausgegangen.
Die Unterkunftskosten in der angestrebten Wohnung in H. sind aber mit 449,00 EUR Miete (340,00 EUR Miete und 109,00 EUR Betriebskosten) ohne Heizung zu teuer. Maßgeblich für die Bestimmung der angemessenen Miete sind die Verhältnisse am Zuzugsort, somit also im Bereich des Antragsgegners. Dieser wertet für das gesamte Kreisgebiet regelmäßig die angebotenen Wohnungen aus und erstellt eine Wohnungsmarktanalyse unterteilt nach den einzelnen Regionen des Kreises. Die Ermittlung der angemessenen Miete kann grundsätzlich auf solche Mietdatenbanken gestützt werden (vgl. BSG, Urt. v. 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R -). Allerdings ist Voraussetzung, dass für ein Mietpreissegment auch ausreichend Wohnungen untersucht worden und vorhanden sind. Dem angegriffenen Beschluss ist darin zuzustimmen, dass nach der letzten Ermittlung für einen Dreipersonenhaushalt lediglich fünf Wohnungen im angemessenen Preissegment zu wenig sind. In dem angegriffenen Beschluss ist nämlich zutreffend ausgeführt, dass derjenige, der eine Wohnung sucht, zwar in engen Grenzen aber doch eine gewisse Auswahlmöglichkeit haben muss, weil ihm nicht jede Wohnung zur Verfügung steht und er nach den persönlichen Auswahlkriterien eine Auswahl treffen möchte. Die Anzahl von fünf Wohnungen für einen Haushalt mit drei Personen zu einer angemessenen Miete bis zu 407,- EUR ist in diesem Sinne nicht ausreichend, so dass nicht nachgewiesen ist, dass dies die angemessene Mietobergrenze für die Stadt H. ist.
Allein daraus kann aber noch kein Anspruch der Antragsteller auf Zusicherung zur Anmietung einer Wohnung zu einer Miete von 449,00 EUR angenommen werden. Ist es nämlich nicht möglich, anhand von konkreten Daten einen marktüblichen Mietzins für einen Wohnungsmarkt festzusetzen, führt das noch nicht zu dem Ergebnis, dass in einem solchen Fall stets die tatsächlichen Unterkunftskosten durch den Leistungsträger zu übernehmen sind. Vielmehr ist dann ausnahmsweise auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WOGG) zurückzugreifen (vgl. Schleswig-Holstei¬nisches Landessozialgericht, Urt. v. 1. Juli 2008 – L 11 AS 38/07 – m. w. N.).
Die Tabelle zu § 8 WoGG (rechte Spalte) weist für die Stadt H. bei der Mietenstufe 4 eine angemessene Miete von bis zu 470,00 EUR aus. Bei der Mietenstufe 3 für den Kreis N. ohne H. weist § 8 WOGG bei einem Haushalt mit drei Familienmitgliedern eine höchstzulässige Miete von 435,00 EUR aus. Die tatsächliche Miete der ins Auge gefassten Wohnung beträgt 449,- EUR, liegt somit im Bereich der Mieten für H., nicht aber derjenigen für das Umland.
Dennoch haben die Antragsteller keinen Anspruch auf Anerkennung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung im S.weg in H., denn es ist nicht zwingend, dass die Antragsteller ausgerechnet nach H. ziehen.
Allerdings ist auch für Bezieher von Sozialleistungen davon auszugehen, dass sie nach dem Grundsatz der Freizügigkeit ihre Wohnung grundsätzlich frei wählen können. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass Leistungen nach dem SGB II nur einen bescheidenen Lebensstandard sichern sollen und die Bezieher von SGB II sich an der Vergleichsgruppe zu orientieren haben, die gerade eben noch ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann und noch nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen ist. Dieser Personenkreis wird nicht nur größte Anstrengungen machen, Wohnungen mit Kosten im unteren Bereich anzumieten, sondern sie werden sich bei einem Umzug auch bemühen, sofern keine zwingenden Gründe dagegen sprechen, sich Wohnungen in einem Gebiet zu suchen, wo Unterkünfte günstig sind und dennoch eine gewisse Infrastruktur vorhanden ist. Wer aus dieser Gruppe wünscht wie die Antragsteller –, in der Nähe der Nordsee zu wohnen und für den keinerlei Anhaltspunkte dafür sprechen, dass er in einer bestimmten Gegend angesiedelt werden muss, wird die Wohnung auch danach aussuchen, ob die Miete relativ günstig ist, d.h. er wird nicht in teure Ballungsgebiete ziehen, sondern in kleinere Orte, in denen die Mieten günstiger sind. Das muss auch für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II gelten.
Hier sprechen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antrag¬steller in ein bestimmtes Gebiet in der Nähe der Nordsee ziehen müssten. Ihr Argument, sie hätten in H. einen Kindergartenplatz für ihren Sohn mit einer zugesagten Einzelintegration, gilt nicht mehr, denn diese Zusage war bis Ende September befristet, und die Ausführungen des Antragsgegners, auch in anderen Bereichen im Kreisgebiet könne Einzelintegration in Kindertagesstätten angeboten werden, ist nachvollziehbar. Demzufolge sind sie nicht darauf angewiesen, in H. zu wohnen, sondern ihnen steht auch das übrige Kreisgebiet offen. Auch im übrigen Kreisgebiet gibt es Orte mit einer ausreichenden Infrastruktur, sodass der Sohn der Antragsteller einen Kindergarten und später eine Schule besuchen kann und die wesentlichen Einrichtungen zur Befriedigung von Grundbedürfnissen vorhanden sind. Für das übrige Kreisgebiet außer H. und die Inseln weist die Wohnungsmarktanalyse des Antragsgegners aber eine ausreichende Zahl von Wohnungen (nämlich 21) zu einer angemessenen Miete von 376,00 EUR aus. Die Zahl von 21 Woh¬nungen bietet genügend Auswahlmöglichkeiten, um tatsächlich bei ausreichenden Bemühungen eine Wohnung zu erlangen. Können die Antragsteller somit darauf verwiesen werden, eine Wohnung im Kreisgebiet anzumieten, ist der Beigeladene nicht verpflichtet, eine Zusicherung zur Anmietung einer Wohnung mit einer hohen Miete in H. zu erteilen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Beigeladenen vom 7. Oktober 2008 dagegen, dass diese mit Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 30. September 2008 verpflichtet worden ist, den Antragstellern Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen von 449,00 EUR monatlich für die Wohnung im S.weg in H. zuzusichern, hat Erfolg. Insoweit ist der angegriffene Beschluss fehlerhaft, denn die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Zusicherung auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung im S.weg in H ...
Gemäß § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung für die Leistungserbringung des bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung nur verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Hier ist die Erforderlichkeit des Umzuges mit Bescheid der Beigeladenen vom 12. Juni 2008 im Hinblick auf das ärztliche Attest des praktischen Arztes T. vom 11. Juni 2008 anerkannt worden. Diese Anerkennung ist gültig, obwohl das Attest nichts über die Notwendigkeit eines Umzuges aussagt, sondern dieses lautet lediglich "Ein Wohnortwechsel mit Nordseeklima z. B. H. würde eine bestehende Erkrankung bei meinem oben aufgeführten Patienten günstig beeinflussen".
Wegen der anerkannten Erforderlichkeit kommt es auf die Höhe der Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen der Auffassung des Sozialgerichts in dem angegriffenen Beschluss nicht an, denn dort wird gerade von einem nicht erforderlichen Umzug ausgegangen.
Die Unterkunftskosten in der angestrebten Wohnung in H. sind aber mit 449,00 EUR Miete (340,00 EUR Miete und 109,00 EUR Betriebskosten) ohne Heizung zu teuer. Maßgeblich für die Bestimmung der angemessenen Miete sind die Verhältnisse am Zuzugsort, somit also im Bereich des Antragsgegners. Dieser wertet für das gesamte Kreisgebiet regelmäßig die angebotenen Wohnungen aus und erstellt eine Wohnungsmarktanalyse unterteilt nach den einzelnen Regionen des Kreises. Die Ermittlung der angemessenen Miete kann grundsätzlich auf solche Mietdatenbanken gestützt werden (vgl. BSG, Urt. v. 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R -). Allerdings ist Voraussetzung, dass für ein Mietpreissegment auch ausreichend Wohnungen untersucht worden und vorhanden sind. Dem angegriffenen Beschluss ist darin zuzustimmen, dass nach der letzten Ermittlung für einen Dreipersonenhaushalt lediglich fünf Wohnungen im angemessenen Preissegment zu wenig sind. In dem angegriffenen Beschluss ist nämlich zutreffend ausgeführt, dass derjenige, der eine Wohnung sucht, zwar in engen Grenzen aber doch eine gewisse Auswahlmöglichkeit haben muss, weil ihm nicht jede Wohnung zur Verfügung steht und er nach den persönlichen Auswahlkriterien eine Auswahl treffen möchte. Die Anzahl von fünf Wohnungen für einen Haushalt mit drei Personen zu einer angemessenen Miete bis zu 407,- EUR ist in diesem Sinne nicht ausreichend, so dass nicht nachgewiesen ist, dass dies die angemessene Mietobergrenze für die Stadt H. ist.
Allein daraus kann aber noch kein Anspruch der Antragsteller auf Zusicherung zur Anmietung einer Wohnung zu einer Miete von 449,00 EUR angenommen werden. Ist es nämlich nicht möglich, anhand von konkreten Daten einen marktüblichen Mietzins für einen Wohnungsmarkt festzusetzen, führt das noch nicht zu dem Ergebnis, dass in einem solchen Fall stets die tatsächlichen Unterkunftskosten durch den Leistungsträger zu übernehmen sind. Vielmehr ist dann ausnahmsweise auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WOGG) zurückzugreifen (vgl. Schleswig-Holstei¬nisches Landessozialgericht, Urt. v. 1. Juli 2008 – L 11 AS 38/07 – m. w. N.).
Die Tabelle zu § 8 WoGG (rechte Spalte) weist für die Stadt H. bei der Mietenstufe 4 eine angemessene Miete von bis zu 470,00 EUR aus. Bei der Mietenstufe 3 für den Kreis N. ohne H. weist § 8 WOGG bei einem Haushalt mit drei Familienmitgliedern eine höchstzulässige Miete von 435,00 EUR aus. Die tatsächliche Miete der ins Auge gefassten Wohnung beträgt 449,- EUR, liegt somit im Bereich der Mieten für H., nicht aber derjenigen für das Umland.
Dennoch haben die Antragsteller keinen Anspruch auf Anerkennung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung im S.weg in H., denn es ist nicht zwingend, dass die Antragsteller ausgerechnet nach H. ziehen.
Allerdings ist auch für Bezieher von Sozialleistungen davon auszugehen, dass sie nach dem Grundsatz der Freizügigkeit ihre Wohnung grundsätzlich frei wählen können. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass Leistungen nach dem SGB II nur einen bescheidenen Lebensstandard sichern sollen und die Bezieher von SGB II sich an der Vergleichsgruppe zu orientieren haben, die gerade eben noch ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann und noch nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen ist. Dieser Personenkreis wird nicht nur größte Anstrengungen machen, Wohnungen mit Kosten im unteren Bereich anzumieten, sondern sie werden sich bei einem Umzug auch bemühen, sofern keine zwingenden Gründe dagegen sprechen, sich Wohnungen in einem Gebiet zu suchen, wo Unterkünfte günstig sind und dennoch eine gewisse Infrastruktur vorhanden ist. Wer aus dieser Gruppe wünscht wie die Antragsteller –, in der Nähe der Nordsee zu wohnen und für den keinerlei Anhaltspunkte dafür sprechen, dass er in einer bestimmten Gegend angesiedelt werden muss, wird die Wohnung auch danach aussuchen, ob die Miete relativ günstig ist, d.h. er wird nicht in teure Ballungsgebiete ziehen, sondern in kleinere Orte, in denen die Mieten günstiger sind. Das muss auch für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II gelten.
Hier sprechen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antrag¬steller in ein bestimmtes Gebiet in der Nähe der Nordsee ziehen müssten. Ihr Argument, sie hätten in H. einen Kindergartenplatz für ihren Sohn mit einer zugesagten Einzelintegration, gilt nicht mehr, denn diese Zusage war bis Ende September befristet, und die Ausführungen des Antragsgegners, auch in anderen Bereichen im Kreisgebiet könne Einzelintegration in Kindertagesstätten angeboten werden, ist nachvollziehbar. Demzufolge sind sie nicht darauf angewiesen, in H. zu wohnen, sondern ihnen steht auch das übrige Kreisgebiet offen. Auch im übrigen Kreisgebiet gibt es Orte mit einer ausreichenden Infrastruktur, sodass der Sohn der Antragsteller einen Kindergarten und später eine Schule besuchen kann und die wesentlichen Einrichtungen zur Befriedigung von Grundbedürfnissen vorhanden sind. Für das übrige Kreisgebiet außer H. und die Inseln weist die Wohnungsmarktanalyse des Antragsgegners aber eine ausreichende Zahl von Wohnungen (nämlich 21) zu einer angemessenen Miete von 376,00 EUR aus. Die Zahl von 21 Woh¬nungen bietet genügend Auswahlmöglichkeiten, um tatsächlich bei ausreichenden Bemühungen eine Wohnung zu erlangen. Können die Antragsteller somit darauf verwiesen werden, eine Wohnung im Kreisgebiet anzumieten, ist der Beigeladene nicht verpflichtet, eine Zusicherung zur Anmietung einer Wohnung mit einer hohen Miete in H. zu erteilen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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