L 20 R 340/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 332/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 340/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
C-Stadt vom 12.03.2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Waisenrente aus der Versicherung seines verstorbenen Vaters, A., nach erfolgter Beitragserstattung hat.

Der 1940 geborene Versicherte war türkischer Staatsbürger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. In der Bundesrepublik Deutschland war er vom 14.07.1964 bis 30.11.1976 versicherungspflichtig beschäftigt und kehrte danach in die Türkei zurück. Auf seinen Antrag wurden ihm von der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg mit Bescheid vom 14.02.1977 die von ihm zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum vom 14.07.1964 bis 30.11.1976 entrichteten Beiträge erstattet. Am 02.05.2000 ist der Versicherte verstorben.

Am 28.04.2003 beantragte der 1986 geborene Kläger die Gewährung einer Halbwaisenrente aus der Versicherung seines Vaters. Mit Bescheid vom 29.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die vom Versicherten zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum vom 14.07.1964 bis 30.11.1976 entrichteten Beiträge seien durch die LVA Baden-Württemberg mit Bescheid vom 14.02.1977 erstattet worden. Damit seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten vorhanden. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestehe somit nicht. Hiergegen erhob der Kläger am 16.12.2003 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2004 zurückwies.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.2004 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Mit Urteil vom 12.03.2008 gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Waisenrente aus der Versicherung seines Vaters A. habe. Dem Vater des Klägers seien die von ihm aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung für die Zeit vom 14.07.1964 bis 30.11.1976 entrichteten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 11.999,30 DM mit Bescheid vom 14.02.1977 erstattet worden. Auf Beitragserstattungen vor dem 01.01.1992 sei § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) anwendbar, denn § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei erst auf Beitragserstattungen ab dem 01.01.1992 anwendbar. Gründe, die gegen die Durchführung der Erstattung oder für deren Unwirksamkeit sprächen, seien nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden. Gemäß § 1303 Abs 7 RVO schließe die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Da der Vater des Klägers nach dem 14.02.1977 keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland mehr zurückgelegt habe, habe der Kläger keinen Anspruch aus dem damals bestehenden, durch die Beitragserstattung aber aufgelösten Versicherungsverhältnis. Die durchgeführte Beitragserstattung führe nämlich nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten. Die Auflösung des Versicherungsverhältnisses sei eine Rechtsfolge, die die Beitragserstattung nach § 1303 RVO nach sich gezogen habe, ohne dass dies ausdrücklich bestimmt gewesen sei. Zwischen dem Vater des Klägers bzw. dem Kläger und der Beklagten bestehe somit kein Versicherungsverhältnis mehr, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten. Vielmehr seien die Rechtsbeziehungen zwischen dem Vaters des Klägers bzw. dem Kläger und der Beklagten mit der Beitragserstattung endgültig beseitigt.

Hiergegen richtet sich die beim BayLSG am 24.04.2008 eingegangene Berufung des Klägers. Der verstorbene Versicherte sei 12 Jahre beschäftigt gewesen und die Bevollmächtigte des Klägers hätte als dessen Ehefrau Altersrente beantragt. Es werde gebeten, die Akte noch mal zu prüfen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2004 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2002 Halbwaisenrente aus der Versicherung seines am 02.05.2000 verstorbenen Vaters, A., zu gewähren.

Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2008.

Rentenrechtliche Zeiten zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der begehrten Rente lägen wegen der mit Bescheid vom 14.02.1977 durchgeführten Beitragserstattung nicht mehr vor.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Das Gericht durfte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, denn die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15.01.2008 und 28.01.2008 ihr Einverständnis hierzu erteilt.

Die Berufung erweist sich jedoch nicht als begründet.

Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 12.08.2003 die Klage abgewiesen. Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Halbwaisenrente gemäß § 48 Abs 1 SGB VI zu.

Kinder haben nach dem Tode eines Elternteils Anspruch auf Halbwaisenrente, wenn
1. sie noch einen Elternteil haben, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse
unterhaltspflichtig ist und
2. der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, § 48 Abs 1 SGB VI.

Die mit Bescheid der LVA Baden-Württemberg vom 14.02.1977 durchgeführte Beitrags- erstattung führte -worauf das SG zutreffend hinweist - nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.1981, Az: 1 RJ 134/79, SozR § 1303 Nr 18). Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der Vorschrift des § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO), die auf Beitragserstattungen vor dem 01.01.1992 anwendbar ist (§ 210 SGB VI ist erst auf Beitragserstattungen ab dem 01.01.1992 anwendbar; Art 85 Abs 1 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I S 2251 iVm Art 42 RÜG vom 25.07.1991, bGB I S 1606; Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band II, § 210 SGB VI Rdnr 28). Wesentliche neue Gesichtspunkte hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht vorgetragen.

Im Übrigen sieht das Gericht gemäß § 153 Abs 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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