L 5 B 753/07 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 642/07 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 B 753/07 KR ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts M. vom 18. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen in M ...

Der 1957 geborene Antragsteller (Ast), der bei der Antragsgegnerin (Ag) gegen Krankheit versichert ist, befindet sich in ambulanter Behandlung bei den Ärztinnen Dr. med U. B. und Dr. med C. T., beide in M ... Er beantragte bei der Ag die Übernahme der Fahrtkosten vom Wohnort zur Behandlung in M ... Die Ag lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 26. April 2007 ab.
Bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides hat der Ast beim Sozialgericht den Antrag auf vorläufige Entscheidung gestellt und dabei den Antrag sowohl gegen die Ag als auch gegen andere Sozialversicherungsträger gerichtet.
Im Verfahren gegen die Ag lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2007 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab mit der Begründung, der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setze einen Anordnungsanspruch als materiellrechtlichen Rechtsanspruch sowie ein Anspruchsgrund als Ausdruck der besonderen Dringlichkeit der Entscheidung voraus, die läge beim Ast aber nicht vor, da ein Erfolg in der Hauptsache unwahrscheinlich sei. Die für den Anspruch des Ast nach § 60 SGB V erforderlichen Voraussetzungen lägen nicht vor, da Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung nur in besonderen Ausnahmefällen erstattet werden. Es handle sich hier aber nicht um diese Ausnahmefälle, da weder Behandlungen zu einer vor- oder nach stationären Behandlung gemäß § 115a SGB V gegeben seien, noch durch die Behandlung eine medizinisch gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden wird. Auch die in § 8 der Richtlinien festgehaltenen Ausnahmefälle, wie z.B. Dialysebehandlung, onkologische Strahlentherapie oder onkologische Chemotherapie liegen nicht vor. Im Übrigen sei auch das für die Klageerhebung noch erforderliche Widerspruchsverfahren abzuwarten.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2007 zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Krankenkasse nach § 60 Abs. 1 SGB V Kosten für Fahrten übernehme, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Dabei richte sich nach den medizinischen Notwendigkeiten im Einzelfall welches Fahrzeug benutzt werden könne. Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung übernehme die Krankenkasse unter Abzug des sich nach § 61 S. 1 SGB Vergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V festgelegt habe. Die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 60 Abs. 2 und 61 Abs. 3 SGB V wurden im Widerspruchsbescheid aufgelistet. Dem Ast wurde weiter mitgeteilt, dass ein derartiger Sachverhalt nicht vorliege, da die Fahrten zur ambulanten Behandlung weder mit einem qualifizierten Rettungsmittel oder als Krankentransport erfolgen, noch werde durch die ambulante Behandlung eine ansonsten notwendige Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt. Auch die sonstigen vorstehend genannten Voraussetzungen für eine Fahrtkostenübernahme in besonderen Ausnahmefällen seien nicht erfüllt, so dass kein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten bestehe.

Zur Begründung der mit Schreiben vom 21. August 2007 gegen den Beschluss des SG eingelegte Beschwerde, trug der Ast vor, es bestehe Eilbedürftigkeit und Dringlichkeit, da es ihm als Hartz IV-Empfänger nicht möglich sei, die Fahrtkosten zu den Behandlungen weiter zu tragen. Die Behandlungen seien aber dringend notwendig, um ein Abgleiten in eine schwere Depression zu verhindern, sowie den Behandlungserfolg seiner früheren Alkoholkrankheit zu sichern. Zur Begründung legte er ärztliche Bescheinigungen der Klinik der Universität M. von Dr. P. sowie von Dr. B. und dem Krankenhaus für Naturheilweisen in M. vor. Dr. P. und Dr. B. bestätigten eine dringende Behandlungsbedürftigkeit, durch die eine stationäre bzw. teilstationäre Behandlung zu vermeiden sei. Das Krankenhaus für Naturheilweisen bestätigte einen guten Erfolg der Medikamentation und empfahl die Weiterführung der Behandlung.
Der Ast legte weiter dar, dass sich die Erstattungspflicht der Ag auch aus den Bestimmungen des SGB IX als zuständiger Rehabilitationsträger ergebe. Inwieweit andere Träger für die Rehabilitation zuständig seien, möge die Ast prüfen.

Die Ag beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, da nach ihrer Auffassung die angefochtene Entscheidung schlüssig und überzeugend begründet sei. Das Hauptsacheverfahren sei unter dem Az.: S 2 KR 822/07 beim Sozialgericht M. anhängig.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG ) nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) aber nicht begründet.
Der Ast kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Ag zur Erstattung von Fahrtkosten verlangen.

Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands, die Verwirklichung eines Rechts des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden kann. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 1 und 2 SGG). Die Anträge nach den Abs. 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig. Die entsprechende Anordnung steht im Ermessen des Gerichts ("kann") und setzt voraus, dass eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ist insoweit ein Regelungsanspruch erforderlich, d.h. die tatbestandliche Erfüllung einer Rechtsgrundlage für den Anspruch und zusätzlich ein Regelungsgrund, also die Eilbedürftigkeit.

Beide Voraussetzungen sind gemäß der Verweisung in § 86b Abs. 2 S. 4 SGG auf die
§§ 920 ff. ZPO glaubhaft zu machen (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO). Wegen der Eilbedürftigkeit der Regelung ergeht dabei die Entscheidung des Gerichts im Rahmen einer summarischen Prüfung.

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt auch der Senat zum Ergebnis, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch ausreichend glaubhaft gemacht sind.

Der vom Ast geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten nach § 60
SGB V ist unter Berücksichtigung des bekannten Sachverhalts nicht zu begründen. Das Sozialgericht hat ausführlich im angefochtenen Beschluss die Rechtslage der §§ 60, 61 SGB V einschließlich der einschlägigen Krankentransport-Richtlinien dargestellt und zu Recht die Anspruchsvoraussetzungen verneint. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des SG an und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insofern ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit der Ast in der Beschwerde dargelegt hat, dass die Fahrten zur ambulanten Behandlung in M. notwendig sind, um stationäre Behandlungen zu vermeiden, rechtfertigt dies nicht die Übernahme der Fahrtkosten nach § 60 Abs. 2 S. 1 Ziff. 4 SGB V, da diese Feststellung hypothetisch ist und im Übrigen keine der in § 115a und b SGB V angesprochenen ambulanten Operationen bzw. Nachbehandlungen nach stationärer Behandlung beim Ast durchgeführt wurde. Um die Vermeidung einer stationären Behandlung nach § 39 SGB V annehmen zu können, müsste beim Ast eine Behandlungsbedürftigkeit nachgewiesen sein, die nicht mehr mit ambulanten Mitteln erreicht werden kann. Dies ist aber, wie sich auch aus dem eigenen Vortrag des Ast, ergibt nicht der Fall, vielmehr kann durch die ambulante Behandlung eine ausreichende Versorgung des Ast sichergestellt werden, wie die behandelnden Ärzte bestätigt haben. Im Übrigen folgt aus dem Vortrag des Ast, dass die Fahrtkosten nicht aus medizinischen Gründen entstehen, sondern er vielmehr aufgrund seiner finanziellen Situation nicht in der Lage ist, die Fahrtkosten selbst zu erbringen. Für derartige Leistungen besteht aber keine Rechtsgrundlage, die gegenüber der Ag geltend gemacht werden kann. Soweit hier eventuell die Zuständigkeit anderer Leistungsträger in Betracht kommt, ist dies hier nicht zu berücksichtigen.
Sofern der Ast argumentiert, die Ag sei Reha-Träger und deshalb für die Erstattung von Fahrtkosten zuständig, so kann dem nicht gefolgt werden, da eine Reha-Maßnahme von der Ag offenbar nicht bewilligt wurde, vielmehr der Ast im Rahmen des §§ 2, 11, 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, SGB V die übliche ambulante ärztliche Behandlung in Anspruch nimmt. Auch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren ist daher nicht geeignet, einen Anordnungsgrund zu bejahen, so dass derzeit ein Anspruch des Ast auf die begehrte Leistung nicht erkennbar ist.

Darüber hinaus fehlt es aber auch am Anordnungsanspruch, da dem Ast zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Insbesondere ist eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht möglich und darüber hinaus ist nicht erkennbar, warum dem Ast nicht wieder gutzumachende Nachteile entstehen sollten.

Der Ast hat daher unter keinem rechtlichen Aspekt Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Die Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.

Diese Entscheidung ergeht kostenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§§ 183, 193 SGG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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