Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 4884/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5378/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 5. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die - vorläufige - Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Beitragsrückstände des Antragstellers beim privaten Krankenversicherungsunternehmen, nicht hingegen ein Anspruch auf laufende Leistungen der Grundsicherung oder Hilfe bei Krankheit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.)
Das SG hat zu Recht einen Anordnungsanspruch auf die begehrte Übernahme der rückständigen Beitragsforderungen des privaten Krankenversicherungsunternehmens verneint. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG entsprechend). Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis. Bereits das SG hatte darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner die seit 1. Juli 2007 anfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Standardtarif des § 315 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in voller Höhe in die Berechnung des Bedarfes nach dem Vierten Kapitel des SGB XII eingestellt hatte. Da der Antragsteller danach nicht in Höhe des gesamten monatlichen Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung bedürftig war, hatte der Antragsgegner entgegen der Ansicht des Antragstellers die Beiträge gerade nicht in voller Höhe zur übernehmen. Der Verweis auf eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers während der Wartefristen des § 197 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist nicht relevant. Denn dies betrifft nicht die Frage der Übernahme von Beitragsrückständen, sondern wäre allenfalls für einen - in der Vergangenheit liegenden - Anspruch auf Hilfe bei Krankheit maßgeblich. Im Übrigen hat der Antragsteller selbst weder substantiiert vorgetragen, dass das Krankenversicherungsunternehmen die Regulierung von Gesundheitsleistungen während der Wartezeiten abgelehnt hatte, noch ggf. in welchem Umfang.
Auch auf § 34 Abs. 1 SGB XII kann der Anspruch nicht gestützt werden. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Ob der Wegfall des Krankenversicherungsschutzes eine solche vergleichbare Notlage darstellen könnte, kann vorliegend offenbleiben. Denn ausweislich des Schreibens der Allianz vom 4. August 2008 wird die Krankenversicherung trotz der zwischenzeitlichen eigenen Kündigung durch den Antragsteller durchgehend zum Standardtarif weitergeführt, ohne dies von der Begleichung der Beitragsrückstände abhängig zu machen. Der Antragsgegner übernimmt derzeit die laufenden Beiträge in voller Höhe seit 1. Juni 2008 (Bewilligungsbescheid vom 5. August 2008). Fragen eines möglichen Kostenersatzes sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der Antragsteller führt an, er bleibe auf den vorgestreckten Kosten für ärztliche Leistungen "sitzen" und könne daher mit seinem Einkommen nicht gleichzeitig seinen Lebensunterhalt und die Kosten für medizinische Leistungen bestreiten. Dies beruht jedoch nicht auf einem Ausschluss des Krankenversicherungsschutzes, sondern auf Aufrechnungen des Krankenversicherungsunternehmens nach § 35 VVG (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). Um Abhilfe hat sich der Antragsteller daher in diesem Verhältnis zu bemühen. Eine solche ist auch nicht erkennbar ausgeschlossen. Ob das Krankenversicherungsunternehmen mit den rückständigen und bereits fälligen Beitragsforderungen gegen die Ansprüche des Antragstellers aus dem Krankenversicherungsvertrag aufrechnen kann, bestimmt sich zunächst nach den Vorschriften der §§ 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); die Regelung des § 35 VVG erweitert die Aufrechnungsmöglichkeit lediglich im Verhältnis zu Dritten. Nach § 394 S. 1 BGB findet, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, die Aufrechnung gegen diese Forderung nicht statt. Unpfändbar sind nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO Bezüge aus Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Erfasst werden hiervon auch Leistungen privatrechtlicher Rechtsträger (Stöber in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 850b Rdnr. 9). Zu den unpfändbaren Bezügen in diesem Sinne gehören auch Ansprüche auf (einmaligen) Ersatz von Krankheitskosten (Kammergericht Berlin OLGZ 85, 86; Stöber a.a.O. m.w.N.). Diese Bezüge können nach § 850b Abs. 2 ZPO nur unter den dort genannten Voraussetzungen und nur nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden. Diese bedingt pfändbaren Bezüge unterliegen bis zu einer Entscheidung des ausschließlich zuständigen Vollstreckungsgerichts uneingeschränkt, danach wie Arbeitseinkommen dem Aufrechnungsverbot des § 394 S. 1 BGB (E. Wagner in Ermann, BGB, 12. Aufl., § 394 Rdnr. 4 m.w.N.). Eine Aufrechnung gegen den Anspruch des Antragstellers aus dem Krankenversicherungsvertrag ist daher zunächst nicht möglich. § 394 S. 2 BGB erweitert allerdings - zugunsten des Krankenversicherungsunternehmens - die Aufrechnungsmöglichkeit. Danach können geschuldete Beiträge gegen die aus Krankenkassen zu beziehenden Hebungen aufgerechnet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der mit § 394 S. 1 BGB bezweckte Schutz des Gläubigers gegen eine Entziehung des Existenzminimums durch Aufrechnung durch § 394 S. 2 BGB völlig aufgehoben werden soll. § 394 BGB dient auch dem öffentlichen Interesse, eine Alimentierung des Gläubigers durch die Allgemeinheit zu vermeiden (E. Wagner, a.a.O., Rdnr. 1, m.w.N.). Selbst im Rahmen des Ausschlusses des Aufrechnungsverbotes wegen unzulässiger Rechtsausübung muss dem Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 123, 49) und des Bundesarbeitsgerichts (ZIP 1997, 935) das Existenzminimum bei der Aufrechnung verbleiben. Dies entspricht auch der Wertung des für die gesetzliche Sozialversicherung geltenden § 51 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch, wonach eine - privilegierte - Aufrechnung nicht durchgeführt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig i.S.d. SGB XII wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Bereits aus den oben genannten Gründen hat das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO), sodass es nicht auf das Vorliegen der übrigen Bewilligungsvoraussetzungen ankommt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die - vorläufige - Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Beitragsrückstände des Antragstellers beim privaten Krankenversicherungsunternehmen, nicht hingegen ein Anspruch auf laufende Leistungen der Grundsicherung oder Hilfe bei Krankheit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.)
Das SG hat zu Recht einen Anordnungsanspruch auf die begehrte Übernahme der rückständigen Beitragsforderungen des privaten Krankenversicherungsunternehmens verneint. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG entsprechend). Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis. Bereits das SG hatte darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner die seit 1. Juli 2007 anfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Standardtarif des § 315 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in voller Höhe in die Berechnung des Bedarfes nach dem Vierten Kapitel des SGB XII eingestellt hatte. Da der Antragsteller danach nicht in Höhe des gesamten monatlichen Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung bedürftig war, hatte der Antragsgegner entgegen der Ansicht des Antragstellers die Beiträge gerade nicht in voller Höhe zur übernehmen. Der Verweis auf eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers während der Wartefristen des § 197 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist nicht relevant. Denn dies betrifft nicht die Frage der Übernahme von Beitragsrückständen, sondern wäre allenfalls für einen - in der Vergangenheit liegenden - Anspruch auf Hilfe bei Krankheit maßgeblich. Im Übrigen hat der Antragsteller selbst weder substantiiert vorgetragen, dass das Krankenversicherungsunternehmen die Regulierung von Gesundheitsleistungen während der Wartezeiten abgelehnt hatte, noch ggf. in welchem Umfang.
Auch auf § 34 Abs. 1 SGB XII kann der Anspruch nicht gestützt werden. Danach können Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Ob der Wegfall des Krankenversicherungsschutzes eine solche vergleichbare Notlage darstellen könnte, kann vorliegend offenbleiben. Denn ausweislich des Schreibens der Allianz vom 4. August 2008 wird die Krankenversicherung trotz der zwischenzeitlichen eigenen Kündigung durch den Antragsteller durchgehend zum Standardtarif weitergeführt, ohne dies von der Begleichung der Beitragsrückstände abhängig zu machen. Der Antragsgegner übernimmt derzeit die laufenden Beiträge in voller Höhe seit 1. Juni 2008 (Bewilligungsbescheid vom 5. August 2008). Fragen eines möglichen Kostenersatzes sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der Antragsteller führt an, er bleibe auf den vorgestreckten Kosten für ärztliche Leistungen "sitzen" und könne daher mit seinem Einkommen nicht gleichzeitig seinen Lebensunterhalt und die Kosten für medizinische Leistungen bestreiten. Dies beruht jedoch nicht auf einem Ausschluss des Krankenversicherungsschutzes, sondern auf Aufrechnungen des Krankenversicherungsunternehmens nach § 35 VVG (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). Um Abhilfe hat sich der Antragsteller daher in diesem Verhältnis zu bemühen. Eine solche ist auch nicht erkennbar ausgeschlossen. Ob das Krankenversicherungsunternehmen mit den rückständigen und bereits fälligen Beitragsforderungen gegen die Ansprüche des Antragstellers aus dem Krankenversicherungsvertrag aufrechnen kann, bestimmt sich zunächst nach den Vorschriften der §§ 387 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); die Regelung des § 35 VVG erweitert die Aufrechnungsmöglichkeit lediglich im Verhältnis zu Dritten. Nach § 394 S. 1 BGB findet, soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, die Aufrechnung gegen diese Forderung nicht statt. Unpfändbar sind nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO Bezüge aus Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Erfasst werden hiervon auch Leistungen privatrechtlicher Rechtsträger (Stöber in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 850b Rdnr. 9). Zu den unpfändbaren Bezügen in diesem Sinne gehören auch Ansprüche auf (einmaligen) Ersatz von Krankheitskosten (Kammergericht Berlin OLGZ 85, 86; Stöber a.a.O. m.w.N.). Diese Bezüge können nach § 850b Abs. 2 ZPO nur unter den dort genannten Voraussetzungen und nur nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden. Diese bedingt pfändbaren Bezüge unterliegen bis zu einer Entscheidung des ausschließlich zuständigen Vollstreckungsgerichts uneingeschränkt, danach wie Arbeitseinkommen dem Aufrechnungsverbot des § 394 S. 1 BGB (E. Wagner in Ermann, BGB, 12. Aufl., § 394 Rdnr. 4 m.w.N.). Eine Aufrechnung gegen den Anspruch des Antragstellers aus dem Krankenversicherungsvertrag ist daher zunächst nicht möglich. § 394 S. 2 BGB erweitert allerdings - zugunsten des Krankenversicherungsunternehmens - die Aufrechnungsmöglichkeit. Danach können geschuldete Beiträge gegen die aus Krankenkassen zu beziehenden Hebungen aufgerechnet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der mit § 394 S. 1 BGB bezweckte Schutz des Gläubigers gegen eine Entziehung des Existenzminimums durch Aufrechnung durch § 394 S. 2 BGB völlig aufgehoben werden soll. § 394 BGB dient auch dem öffentlichen Interesse, eine Alimentierung des Gläubigers durch die Allgemeinheit zu vermeiden (E. Wagner, a.a.O., Rdnr. 1, m.w.N.). Selbst im Rahmen des Ausschlusses des Aufrechnungsverbotes wegen unzulässiger Rechtsausübung muss dem Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 123, 49) und des Bundesarbeitsgerichts (ZIP 1997, 935) das Existenzminimum bei der Aufrechnung verbleiben. Dies entspricht auch der Wertung des für die gesetzliche Sozialversicherung geltenden § 51 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch, wonach eine - privilegierte - Aufrechnung nicht durchgeführt werden kann, wenn der Leistungsberechtigte nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig i.S.d. SGB XII wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Bereits aus den oben genannten Gründen hat das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO), sodass es nicht auf das Vorliegen der übrigen Bewilligungsvoraussetzungen ankommt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved