L 13 AL 5432/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3788/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 5432/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 14. November 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Der Antragsteller kann im Wege der einstweiligen Anordnung nicht die Verpflichtung der Antragsgegnerin verlangen, ihm für die Zeit von 17. November 2008 bis 16. Januar 2009 Übergangsgeld zu gewähren.

Vorläufigen Rechtsschutz begehrt der Antragsteller, nachdem sein Antrag auf Weitergewährung von Übergangsgeld, den er am 17. Oktober 2008 persönlich gestellt hatte, mit Bescheid vom 24. Oktober 2008 abgelehnt und sein Widerspruch vom 29. Oktober 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2008 zurückgewiesen wurde. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Streitgegenstand ist, ob der Antragsteller nach Abschluss der Maßnahme Berufliche Integration bei der DEKRA Akademie Ulm, die am 30. September 2008 geendet hat, weiter Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld hat. Darüber hat auch der 10. Senat des Landessozialgerichts (Beschluss vom 12. Juni 2008 - L 10 R 2520/08 ER-B) nicht entschieden. Dortiger Streitgegen-stand war ein Anspruch auf Übergangsgeld lediglich bis zum Abschluss der genannten Maßnahme. Eine Rechtskraftwirkung über die hier zu entscheidende Frage entfaltet die Entscheidung des 10. Senats daher nicht.

Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vom 17. Oktober 2008 bis zum 16. Januar 2009 weiterhin Übergangsgeld zu gewähren, in der Sache zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, abgesehen von einer hier nicht glaubhaft gemachten in die Gegenwart fortwirkenden Notlage, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).

Für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, also den Zeitraum vom 16. Oktober 2008 bis zum 29. Oktober 2008 betreffend, fehlt es bereits an dem für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrund.

Soweit sich der Antrag auf Leistungen für die Zukunft richtet, hat das SG das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zutreffend verneint. Der Senat schließt sich zunächst den Ausführungen im Beschluss des 10. Senats vom 12. Juni 2008 insoweit an, als auch er davon ausgeht, dass der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin als zweitangegangener Leistungsträgerin i.S.d. § 14 Abs. 2 SGB IX grundsätzlich einen Anspruch auf Übergangsgeld entweder nach § 45 Abs. Nr. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 49 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) oder nach § 45 Abs. Nr. 2 SGB IV i.V.m. § 20 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben könnte. Die Gewährung von Übergangsgeld sieht § 49 SGB VII unter der Voraussetzung vor, dass Versicherte infolge des Versicherungsfalles Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Auch § 20 Nr. 1 SGB VI sieht im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung die Gewährung von Übergangsgeld bei Teilnahme an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor. Diese Anspruchsgrundlagen scheiden hier für die Annahme eine Anordnungsanspruchs aber bereits deswegen aus, weil der Antragsteller für die Zeit ab 17. Oktober 2008 keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten hat und dementsprechend seit diesem Zeitpunkt auch an keiner Maßnahme teilgenommen hat bzw. teilnimmt.

§ 33 Abs 1 SGB IX bestimmt, dass zur Teilhabe am Arbeitsleben die Leistungen erbracht werden, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Das Übergangsgeld ist eine die Rehabilitationsmaßnahme voraussetzende, unterhaltssichernde ergänzende Leistung (vgl. Kapitel 6 des SGB IX), deren Beginn und Ende sich nach der tatsächlichen Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme richtet, welche wiederum die - ordnungsgemäße - Teilnahme des Versicherten voraussetzt. Das Übergangsgeld soll das Arbeitseinkommen des Bildungswilligen für die Zeit ersetzen, während der er wegen der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme keine Erwerbstätigkeit zumutbar verrichten kann. Welche Zeit damit erfasst ist, wird also grundsätzlich durch den Verwaltungsakt bestimmt, mit dem die berufsfördernde Leistung (Maßnahme) bewilligt wird (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2001 - B 5 RJ 34/99 R - m.w.N., veröffentlicht in Juris). Ob, wenn hierzu auch die Zeit zwischen Unterrichtsende und Prüfung gehört, wenn Prüfung und Lehrgang eine Einheit sind, kann hier offenbleiben. Das Bundessozialgericht hatte dies für das Unterhaltsgeld nach § 44 AFG bejaht (BSG SozR 4100 § 44 Nr. 4 m.w.N.). Ob eine solche Einheit vorlag, war nach dieser Rechtsprechung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei genügte es nicht, wenn der Lehrgang nur inhaltlich der Vorbereitung auf eine Prüfung diente, es musste darüber hinaus ein organisatorischer und zeitlicher Zusammenhang zwischen Lehrgang und Prüfung bestehen.

Dem Antragsteller, dem ursprünglich am 23. Januar 2008 ein - achtmonatiger - Beruflicher Integrationslehrgang ReBIQ (Maßnahmenummer 684/18/2008) von der Antragsgegnerin als so genannte zweitangegangene Leistungsträgerin i.S. des § 14 Abs. 2 SGB IX gewährt worden war, hat in diesem Rahmen an einer Qualifizierung zur Sicherheitsfachkraft für das Bewachungsgewerbe - IHK Sachkundeprüfung gem. § 34a GewO bis zum 30. September 2008 teilgenommen. Die gewährte Maßnahme war danach beendet. Die Prüfung war nicht organisatorisch mit dem Lehrgang verbunden, sondern fand nach Anmeldung bei der IHK statt. Diese konnte noch vor dem 30. September 2008 stattfinden. Der Antragsteller hat dementsprechend bereits am 21. August 2008 und am 18. September 2008 - allerdings erfolglos - an Prüfungen teilgenommen.

Am 16. Oktober 2008 hat er die Prüfung zum dritten Mal nicht bestanden. Für Vorbereitung ab 1. Oktober 2008 und die Prüfung war ihm am 1. Oktober 2008 ein weiterer Bildungsgutschein 661A055912-03 erteilt worden. Diese Leistung endete am 16. Oktober 2008. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der angegebenen Gültigkeitsdauer (30. Oktober 2008), weil diese nicht die Dauer der Maßnahme bestimmt, sondern lediglich die Dauer der Gültigkeit des Gutscheins.

Der Kläger hat zwar mit Schreiben vom 13. Oktober 2008, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 15. Oktober 2008, eine - weitere - Verlängerung der ursprünglichen Maßnahme bis zum 31. Dezember 2008 sowie die Weitergewährung von Übergangsgeld beantragt. Dieser Antrag wurde jedoch mit Bescheid vom 5. November 2008 abgelehnt. Nach dem Inhalt der Akten wurde Widerspruch - bisher - nicht eingelegt.

Dem Antragsteller, der selbst nicht vorgetragen hat, dass er sich zu einer weiteren Prüfung angemeldet hat, dürfte es damit in erster Linie um die Weitergewährung von Übergangsgeld nach dem Ende der Maßnahme gehen. Er hat jedoch auch diesen Anspruch nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 7 Satz 1, § 51 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 50 SGB VII bzw. § 7 Satz 1, § 51 Abs. 3 SGB IX i.V.m. § 21 SGB VI wird Übergangsgeld bis zum Ende der Leistungen, längstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt, wenn Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen können. § 51 Abs. 3 SGB IX betrifft die Weiterzahlung von Übergangsgeld, wenn der Rehabilitand aus gesundheitlichen Gründen eine ihm bewilligte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht mehr in Anspruch nimmt. Es besteht dann ein Anspruch auf Weiterzahlung von Übergangsgeld bis zu dem – planmäßigen – Ende der bewilligten Leistung zur Teilhabe, längstens bis zur Höchstdauer von sechs Wochen. Aus dem vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut der Vorschrift, wonach der Rehabilitand die Leistung zur Teilhabe allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in Anspruch nehmen kann, folgt im Umkehrschluss, dass bei einer nicht weiteren Inanspruchnahme der Leistung zur Teilhabe aus anderen nicht die Arbeitsfähigkeit betreffenden Gründen eine entsprechende Anwendung der Vorschrift ausscheidet (vgl. BSG SozR 3–2600 § 20 Nr. 1 S. 5 zu § 25 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI a. F.). Damit ist hier, unabhängig davon, dass gesundheitliche Gründe nicht glaubhaft gemacht worden sind, eine Weitergewährung nicht möglich, da, wie dargelegt, die Maßnahme schon vor dem 16. Oktober 2008 beendet war.

Gemäß § 7 Satz 1, § 51 Abs. 4 Satz 1 SGB IX i.V.m. § 50 SGB VII bzw. § 7 Satz 1, § 51 Abs. 4 Satz 1 SGB IX i.V.m. § 21 SGB VI wird Übergangsgeld während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können. Während einer auf drei Monate begrenzten Übergangszeit soll der behinderte Mensch nicht einem Arbeitslosen gleichgestellt werden, sondern der Lebensunterhalt des behinderten Menschen soll von dem – die vorangegangene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährenden – Rehabilitationsträger sichergestellt werden. Tatbestandsvoraussetzung für den Weiterzahlungsanspruch nach Abs. 4 ist zunächst, dass der Rehabilitand die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben abgeschlossen, d. h. erfolgreich beendet, haben muss (vgl. z. B. BSG SozR 2200 § 1241 e Nr. 5; BSG, Urteil vom 11. März. 1976, BSGE 41, 224 ff.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 38/98 R – veröffentlicht in Juris). Weitere Voraussetzung für den Weiterzahlungsanspruch nach Abs. 4 ist, dass der behinderte Mensch nicht nur arbeitslos ist, sondern sich auch tatsächlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden. Der Antragsteller hat insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass er die Leistung entsprechend dem Qualifizierungsziel der achtmonatigen Maßnahme erfolgreich abgeschlossen hat. Da jedenfalls die Prüfung vor der IHK zum Maßnahmeziel gehörte, hätte ein - erfolgreicher - Abschluss, unabhängig davon, dass die Maßnahme auch bisher nicht absolvierte Praktika beinhaltet haben dürfte, zumindest das Bestehen dieser Prüfung vorausgesetzt. Darüber hinaus ist auch eine erneute Arbeitslosmeldung nicht vorgetragen und belegt worden.

Soweit der Antragsteller am 1. Dezember 2008 telefonisch mitgeteilt hat, er könne Heizung und Strom nicht mehr bezahlen und könne sich nichts mehr zu Essen kaufen, sollte sich der Kläger an den örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bzw. Träger der Sozialhilfe wenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzuweisen, da, wie dargelegt, ein Anordnungsanspruch offensichtlich nicht glaubhaft gemacht ist.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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