Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
58
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 2803/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24.4.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2007 verurteilt, dem Kläger ab 1.7.2007 Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit zu gewähren.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit.
Der 1960 geb. Kläger war von 1998 bis zum 30.6.2007 bei der V GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines Aufhebungsvertrages unter Beachtung der maßgebenden Kündigungsfrist und mit widerruflicher Freistellung ab Dezember 2006. Bestandteil des Vertrages war neben einer Abfindung von 32.000 EUR eine sog. Outplacement-Beratung eines renommierten Vermittlers.
Zum 1.7.2007 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Zu den Gründen der Aufhebungsvereinbarung befragt, gab er an, wegen der Outplacment-Beratung das sonst zum 31.3.2008 gekündigte Arbeitsverhältnis beendet zu haben.
Die Beklagte stellte dennoch eine 12wöchige Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ohne wichtigen Grund fest (Bescheid vom 24.4.2007)
Im Verlauf des hiergegen gerichteten Widerspruchsverfahrens machte der Kläger ergänzend geltend, der Arbeitgeber habe massiv auf den Abschluss des Arbeitsvertrages hingewirkt. Andere Mitarbeiter hätten von der AA keine Sperrzeit erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch jedoch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.6.2007).
Mit der am 30.7.2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage macht der Kläger zusätzlich geltend, dass er bei Nichtabschluss des Aufhebungsvertrages auch schon mit einer früheren Kündigung hätte rechnen müssen, falls er ein Stellenangebot in NRW abgelehnt hätte.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.4.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2007 zu verurteilen, dem Kläger ab 1.7.2007 Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit zu gewähren.
Die Beklagtenvertreterin beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die beigezogene Leistungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Kammer geht nach Würdigung der Einzelfallumstände davon aus, dass dem Kläger wichtige Gründe für die Aufgabe des Arbeitsplatzes zum 30.6.2007 zustanden.
Zweck der Sperrzeitvorschriften ist der Schutz der Versichertengemeinschaft vor vermeidbaren Einstandsfällen. Dem Betroffenen wird insofern auferlegt, alle zumutbaren Bemühungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der das erkennende Gericht folgt, gefordert, dass ein wichtiger Grund nur dann vorliegt, wenn zumutbare Bemühungen zum Erhalt des Arbeitsplatzes oder zur nahtlosen Erlangung eines Anschlussarbeitplatzes nicht zum Erfolg führen.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der wesentliche Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine betriebsbedingte Freisetzung von Mitarbeitern war. Dies kann als wichtiger Grund i.S. des § 144 SGB III anerkannt werden, weil die Kammer keinen Zweifel daran hat, dass der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen war und eine für ihn vergleichbare Tätigkeit bei der V GmbH nicht zur Verfügung stand.
Ob der Arbeitgeber ernsthaft ein Stellenangebot in NRW unterbreitet hätte, kann offen bleiben, da der Kläger diese Änderungskündigung (sein arbeitsvertraglicher Einsatzort war Berlin) hätte ablehnen dürfen, ohne eine Sperrzeit zu erhalten (so zutreffend der Stattgabevorschlag in der Leistungsakte).
Dass eine Kündigung nicht zum gleichen Zeitpunkt zur Arbeitslosigkeit geführt hätte wie der Aufhebungsvertrag, ist hier ausnahmsweise unschädlich, da die mit dem Abschluss der Vereinbarung geschuldete Outplacement-Beratung eine nicht nur theoretischen Chance bot, vor dem 1.7.2007 wieder in Arbeit zu kommen; zumindest konnte der Kläger mithilfe dieser Maßnahme seine Chancen auf eine berufliche Wiedereingliederung deutlich verbessern. Außerdem wendet der Kläger zu Recht ein, dass ein Festhalten an der Kündigung zum Eintritt von Arbeitslosigkeit im 47. Lebensjahr geführt hätte, was im Hinblick auf die höheren Einstellungschancen als 46Jähriger ebenfalls von Gewicht ist.
Schließlich bot der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung eine Freistellung, um die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses intensiv zur Arbeitsuche nutzen zu können. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass der Kläger insoweit nur unzureichende Erwerbsbemühungen unternommen hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Haupt- sache.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit.
Der 1960 geb. Kläger war von 1998 bis zum 30.6.2007 bei der V GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines Aufhebungsvertrages unter Beachtung der maßgebenden Kündigungsfrist und mit widerruflicher Freistellung ab Dezember 2006. Bestandteil des Vertrages war neben einer Abfindung von 32.000 EUR eine sog. Outplacement-Beratung eines renommierten Vermittlers.
Zum 1.7.2007 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Zu den Gründen der Aufhebungsvereinbarung befragt, gab er an, wegen der Outplacment-Beratung das sonst zum 31.3.2008 gekündigte Arbeitsverhältnis beendet zu haben.
Die Beklagte stellte dennoch eine 12wöchige Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ohne wichtigen Grund fest (Bescheid vom 24.4.2007)
Im Verlauf des hiergegen gerichteten Widerspruchsverfahrens machte der Kläger ergänzend geltend, der Arbeitgeber habe massiv auf den Abschluss des Arbeitsvertrages hingewirkt. Andere Mitarbeiter hätten von der AA keine Sperrzeit erhalten. Die Beklagte wies den Widerspruch jedoch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.6.2007).
Mit der am 30.7.2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage macht der Kläger zusätzlich geltend, dass er bei Nichtabschluss des Aufhebungsvertrages auch schon mit einer früheren Kündigung hätte rechnen müssen, falls er ein Stellenangebot in NRW abgelehnt hätte.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.4.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2007 zu verurteilen, dem Kläger ab 1.7.2007 Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit zu gewähren.
Die Beklagtenvertreterin beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die beigezogene Leistungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Kammer geht nach Würdigung der Einzelfallumstände davon aus, dass dem Kläger wichtige Gründe für die Aufgabe des Arbeitsplatzes zum 30.6.2007 zustanden.
Zweck der Sperrzeitvorschriften ist der Schutz der Versichertengemeinschaft vor vermeidbaren Einstandsfällen. Dem Betroffenen wird insofern auferlegt, alle zumutbaren Bemühungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der das erkennende Gericht folgt, gefordert, dass ein wichtiger Grund nur dann vorliegt, wenn zumutbare Bemühungen zum Erhalt des Arbeitsplatzes oder zur nahtlosen Erlangung eines Anschlussarbeitplatzes nicht zum Erfolg führen.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der wesentliche Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine betriebsbedingte Freisetzung von Mitarbeitern war. Dies kann als wichtiger Grund i.S. des § 144 SGB III anerkannt werden, weil die Kammer keinen Zweifel daran hat, dass der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen war und eine für ihn vergleichbare Tätigkeit bei der V GmbH nicht zur Verfügung stand.
Ob der Arbeitgeber ernsthaft ein Stellenangebot in NRW unterbreitet hätte, kann offen bleiben, da der Kläger diese Änderungskündigung (sein arbeitsvertraglicher Einsatzort war Berlin) hätte ablehnen dürfen, ohne eine Sperrzeit zu erhalten (so zutreffend der Stattgabevorschlag in der Leistungsakte).
Dass eine Kündigung nicht zum gleichen Zeitpunkt zur Arbeitslosigkeit geführt hätte wie der Aufhebungsvertrag, ist hier ausnahmsweise unschädlich, da die mit dem Abschluss der Vereinbarung geschuldete Outplacement-Beratung eine nicht nur theoretischen Chance bot, vor dem 1.7.2007 wieder in Arbeit zu kommen; zumindest konnte der Kläger mithilfe dieser Maßnahme seine Chancen auf eine berufliche Wiedereingliederung deutlich verbessern. Außerdem wendet der Kläger zu Recht ein, dass ein Festhalten an der Kündigung zum Eintritt von Arbeitslosigkeit im 47. Lebensjahr geführt hätte, was im Hinblick auf die höheren Einstellungschancen als 46Jähriger ebenfalls von Gewicht ist.
Schließlich bot der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung eine Freistellung, um die Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses intensiv zur Arbeitsuche nutzen zu können. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass der Kläger insoweit nur unzureichende Erwerbsbemühungen unternommen hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Haupt- sache.
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