L 25 B 435/08 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 27 AS 4418/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 435/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Januar 2008 wird
aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren erster Instanz ab dem 15. Januar 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten bewilligt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen nach den hierfür einschlägigen §§ 73a SGG, 114 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) vor.

Nach § 114 S. 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entsprechend.

Vorliegend hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zu Unrecht eine hinreichende Erfolgsaussicht im vorstehenden Sinn verneint.

Die Prüfung der Erfolgsaussichten ist auf den für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag zu beziehen. Hieran anknüpfend ist eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Klägerin aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht gegebenenfalls von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG - Kommentar, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7a). Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der hinreichenden Erfolgsaussicht ist unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, dass die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage bei der gebotenen verfassungskonformen
Auslegung nicht dazu führen darf, die Klärung der Tatsachen und Rechtsfragen selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern, weil Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet, auch wenn der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden braucht, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dabei soll die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07, 1BvR 70/07, 1 BvR 71/07 -, rech. bei juris Rn. 8 ff.). Dementsprechend dürfen schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (BVerfG a.a.O. und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, 241, 242).

Dies zugrunde gelegt ergeben sich vorliegend hinreichende Erfolgsaussichten. Die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidende Frage, wie hoch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buchs (SGB II) sind, lässt sich – entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht von vornherein abschließend allein schon unter Hinweis auf seine Handlungsanweisung für die Mietregion B beurteilen. Vielmehr ist den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen (vgl. etwa Bundessozial-gericht – BSG -, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R – rech. bei juris), die – abgesehen von eindeutig gelagerten Fällen – dazu führen können, dass auch höhere Kosten für Unterkunft und Heizung anzuerkennen sind als etwa unter Zugrundelegung einer Handlungsanweisung, die keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet. Maßgeblich ist bei alldem gerade nicht, ob das Sozialgericht hier die Klage im Ergebnis letztlich zu Recht oder zu Unrecht abgewiesen hat.

Da die Prozesskostenhilfebedürftigkeit der Klägerin erst mit der unter dem 15. Januar 2008 zu den Gerichtsakten gelangten Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht worden und mithin erst ab diesem Zeitpunkt Bewilligungsreife gegeben gewesen ist, war Prozesskostenhilfe erst ab eben diesem Zeitpunkt zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 S. 4, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar, § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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