Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 756/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5665/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. September 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einem mechanischen Rollstuhlzuggerät (Rollstuhl-Bike).
Der 1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Der Kläger ist querschnittsgelähmt und mit einem Rollstuhl durch die Beklagte ausgestattet. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 5. Oktober 2005 von Dr. R. G., wonach ein Speedy B 26 "zur Sicherung der Mobilität" erforderlich sei, beantragte er die Übernahme der Kosten hierfür. Nach dem Kostenvoranschlag der Firma Speedy Reha-Technik GmbH vom 13. Oktober 2005 würden die Kosten hierfür 3.234 EUR betragen. Dem war ein Bericht eines Außendienstmitarbeiters der Firma Speedy Reha-Technik beigefügt, wonach es dem Kläger nicht möglich sei, vor allem sportliche Freizeitaktivitäten, z. B. Radtouren mit seiner Ehefrau und den Kindern bzw. Freunden etc. regelmäßig zu unternehmen, da es ihm nur mit dem Rollstuhl alleine nicht möglich sei, die dafür erforderliche Wegstrecke zu bewältigen. Auch würden durch die Kurbelbewegungen Muskelpartien trainiert, die wiederum zu einer aufrechten Körperhaltung führten, die eine Verbesserung der Rücken-, Nacken und Schultermuskulaturen mit sich brächten.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für das Rollstuhl-Bike ab. Für Erwachsene sei dieses als Hilfsmittel ausgeschlossen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er benötige das Rollstuhl-Bike für alltägliche Dinge, wie Einkaufen, Bank, Post und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Außerdem würde es ihn beim Erziehungsauftrag gegenüber seinen Kindern unterstützen (gemeinsame Familienausflüge). Bei diesen ganzen Dingen handele es sich um Grundbedürfnisse, zu dessen Befriedigung die gesetzliche Krankenversicherung geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stellen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie u. a. darauf, Hilfsmittel, die zum Ausgleich einer Behinderung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt würden, seien Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei einem Verlust der Gehfähigkeit habe die Krankenkasse lediglich für einen Basisausgleich zu sorgen. Dazu gehöre nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung für einen kurzen Spaziergang oder um Alltagsgeschäfte im Nahbereich zu erledigen, verlassen zu können. Alles was darüber hinausgehe, gehöre nicht in das Leistungsspektrum der Krankenkasse. Die Krankenkasse sei nicht dafür zuständig, den Behinderten durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage zu versetzen, Wegstrecken jeder Art und Länge zurückzulegen, die ein Nichtbehinderter zu Fuß bewältigen könne. Das beantragte Rollstuhl-Bike sei für den Ausgleich der Behinderung des Klägers nicht notwendig, da die Krankenkasse ihn bereits mit einem Rollstuhl versorgt habe. Dieser gewährleiste dem Kläger eine ausreichende Bewegungsfreiheit zur Erfüllung seiner Grundbedürfnisse nach den oben dargestellten Grundsätzen. Das beantragte Rollstuhl-Bike sei auch nicht zur Sicherung der ärztlichen Behandlung notwendig. Sicherlich würde die regelmäßige Benutzung des Rollstuhl-Bikes den Gesundheitszustand stärken, dies löse jedoch keinen Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Positive gesundheitliche Auswirkungen ließen sich auch durch weniger aufwändige Geräte oder andere Trainingsmaßnahmen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (z. B. Behindertensport). Auch habe das Bundessozialgericht in mehreren Urteilen vom 16. September 1999 (u. a. B 3 KR 2/99 R) bestätigt, dass ein Rollstuhl-Bike für Erwachsene kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkasse sei. Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren auch auf ein Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. September 2004 (S 8 KR 139/02) verwiesen habe, handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, wie auch ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. September 2004 (L 1 KR 162/03) zeige, das die gegenteilige Auffassung bestätige.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Februar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass das Rollstuhl-Bike sowohl für die Integration in die Gesellschaft als auch unter sportlich-gemeinschaftlichen Aspekten und als Präventionsmaßnahme gegen eine wahrscheinliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes erforderlich sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel u. a. nur dann bestehe, wenn dieses erforderlich sei, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse also benötigt werde. Als Grundbedürfnis werde hierbei die Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraums" im Sinne eines Basisausgleiches der Behinderung selbst angesehen. Hierzu zähle nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 2/99 R -) nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar mit einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer. Auch der Wunsch, sich mithilfe eines Tandems wie ein Radfahrer zu bewegen, z. B. Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, die damit verbundene Raumerfahrung, das Umwelterlebnis, Geschwindigkeitsempfinden, Gleichgewichtsgefühl oder sonstiges positives Erleben zähle nicht - mehr - zu den Grundbedürfnissen, wenn die Fortbewegung im Nahbereich anderweitig sichergestellt sei (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 9/98 R -). Soweit die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden sei, seien zur Beurteilung, ob dies dem dargestellten Grundbedürfnis zuzuordnen sei, bislang stets zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (siehe Rollstuhl-Bike für Jugendliche in BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 97 Seite 153). Das Hilfsmittel sei jedoch in diesem Sachverhalt nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen der dadurch geförderten Integration des Behinderten in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (so auch BSG vom 27. März 2002 - B 3 KR 3/02 R - Dreirad -). Zusätzlich habe das BSG eine Versorgung z. B. mit einem Therapietandem für den Fall zugesprochen, dass eine ganz außergewöhnliche Bewegungseinschränkung vorliege und in der konkreten Familiensituation den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung zukomme (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 25 und 28). Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen sei das SG zur Schlussfolgerung gelangt, dass vorliegend das Rollstuhl-Bike gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht erforderlich sei. Es diene im Wesentlichen dazu, über die Benutzung eines Rollstuhls hinaus längere Wegstrecken zurücklegen zu können. Dies möge zwar - wie vom Kläger vorgetragen - insbesondere unter "sportlich-gemeinschaftlichen Aspekten" sinnvoll sein. Nach der Rechtsprechung des BSG werde dieser Sachverhalt - nämlich das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar einem Radfahrer - nicht mehr vom ausgleichsfähigen allgemeinen Grundbedürfnis erfasst. Es seien beim Kläger keine zusätzlichen qualitativen Momente ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, die Hilfsmitteleigenschaft des Rollstuhl-Bikes vorliegend zu bejahen.
Der Kläger hat gegen den ihm per Übergabe-Einschreiben am 28. September 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 6. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Sicherstellung der Fortbewegung im Nahbereich sei nicht gegeben. Außerdem erachte er auch als qualitative Momente, wenn durch das Vorhandensein eines Rollstuhl-Bikes die Möglichkeit zur Integration in die Freizeitgestaltung mit der Familie hinsichtlich des gesundheitlichen, zwischenmenschlichen und motivierenden Aspektes gegeben sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das beantragte Rollstuhl-Bike zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist bereits unzulässig.
Gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist gem. § 151 Abs. 2 auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Satz 1). In diesem Falle legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder die Niederschrift mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor (Satz 2).
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger entsprechend §§ 63 Abs. 2 SGG, 175 ZPO mit Übergabe-Einschreiben am 28. September 2006 zugestellt. Damit endete die Berufungsfrist von einem Monat mit Ablauf des 30. Oktober 2006 (Montag). Zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung beim Sozialgericht am 6. November 2006 war damit die Berufungsfrist bereits abgelaufen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht ersichtlich. Gem. § 67 Abs. 1 SGG ist dem Betroffenen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist (hier die Berufungsfrist) einzuhalten.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung bereits als unzulässig gem. § 158 S.1 SGG zu verwerfen.
II.
Im übrigen wäre die Berufung zwar statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten. Im Streit stehen Kosten für die Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike in Höhe von 3.234 EUR.
Die Berufung des Klägers ist jedoch auch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf die weitere und zusätzliche Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike hat.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankheitsbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch erfasst gem. § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch und soweit erforderlich die notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Zur Frage, wie weit im Einzelnen der von dieser Vorschrift angeordnete Behinderungsausgleich reicht, hat das BSG im Urteil vom 26. März 2003 -B 3 KR 23/02 R = SozR 4-2500 § 33 Nr. 3 ausgeführt:
Der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des SGB IX (vgl hier § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weit gehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - und Nr 32 - Therapie-Tandem; Urteile des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 21. November 2002, B 3 KR 8/02 R - nicht veröffentlicht) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, (elementare) Körperpflegen, selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung bislang immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 RK 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike -) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche -) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die für einen Schüler angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen.
Diese Rechtsprechung ist nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) nicht zu modifizieren. Denn das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich dadurch nicht wesentlich geändert, und dieses Leistungsrecht bleibt maßgebend. Mit dem SGB IX hat der Gesetzgeber die bisherigen Bestimmungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft und zum Ausgleich von Benachteiligungen, die vor allem im Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG) und im Schwerbehindertengesetz enthalten waren, zusammengefasst, sprachlich überarbeitet und vor allem hinsichtlich der Stärkung der Selbstbestimmung sowie des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten ausgebaut. Im Unterschied zu den früheren Regelungen des RehaAnglG, die insgesamt hinsichtlich der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen der Rehabilitationsträger im Einzelnen und deren Sicherstellung auf die jeweils geltenden besonderen Vorschriften in den jeweiligen Leistungsbereichen verwiesen (vgl § 9 Abs 1 RehaAnglG), beschränkt sich das SGB IX allerdings nicht auf bloße Verweisungen, sondern regelt eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführung von Leistungen. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird aber nach wie vor auf die für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während diese im Übrigen nur maßgebend sind, soweit sie Abweichendes vorsehen (§ 7 SGB IX; vgl dazu Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/5074 S 94).
Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX Träger von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, für deren Voraussetzungen die Vorschriften des SGB V maßgebend sind. Der Anspruch der Klägerin, die wegen ihrer dauerhaften Behinderungen unter den Personenkreis des SGB IX fällt, sie mit einem Hilfsmittel zu versorgen, richtet sich somit nach § 33 SGB V, der durch Art 5 Nr 9 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I 1046) nur um die Wörter "einer drohenden Behinderung vorzubeugen" ergänzt worden ist. Soweit das SGB IX in § 31 den Hilfsmittelbegriff definiert, kann offen bleiben, ob dies zu den Leistungsvoraussetzungen zählt, die sich allein nach dem SGB V richten, oder ob es sich um Art und Gegenstand der Leistungen handelt, für die das SGB IX gilt, sofern die einschlägigen Leistungsgesetze nichts anderes vorsehen (vgl Götze in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 1 RdNr 6). Denn § 31 SGB IX gibt hinsichtlich des Hilfsmittelbegriffs nur den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelt worden ist, bestätigt somit diese Rechtsprechung und enthält in Abs 3 nur insofern eine Erweiterung der Rechte des Leistungsberechtigten, als er gegen Übernahme der Mehrkosten auch ein aufwändigeres Hilfsmittel, als nötig ist, wählen kann.
Aus dem verfassungsrechtlichen Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG ergeben sich ebenfalls keine weiter gehenden Leistungsansprüche bei der Hilfsmittelversorgung. Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken (vgl BT-Drucks 12/8165 S 29; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl, Art 3 RdNr 105). Diesem Auftrag zur Umsetzung und Konkretisierung (vgl Umbach in Umbach/Clemens, GG, Art 3 RdNr 383 ff) hat der Gesetzgeber mit dem SGB IX Rechnung getragen, ohne dass damit der Auftrag als erledigt anzusehen wäre. Der fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet aber keine konkreten Leistungsansprüche. Da sich die Aufgabe der Krankenkassen zum Behinderungsausgleich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (medizinische Rehabilitation) hinsichtlich des Grundbedürfnisses auf Bewegung und körperlichen Freiraum somit nach wie vor auf den dargestellten Nahbereich beschränkt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen von der Beklagten zu gewährenden Rollstuhl-Ladeboy, um mit Hilfe der Kombination von Auto und elektrogetriebenem Faltrollstuhl den Radius ihrer selbstständigen Fortbewegung über den Nahbereich hinaus (erheblich) zu erweitern. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der Revision, das Autofahren gehöre zu den Grundbedürfnissen iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, die durch Hilfsmittel der Krankenversicherung zu befriedigen seien (vgl grundsätzlich BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 - behindertengerechte Kfz-Ausstattung). Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf eine Entscheidung des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 1991 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3) stützen, welche zum Recht der Reichsversicherungsordnung ergangen ist und im Einzelfall die Ausrüstung mit einem schwenkbaren Beifahrersitz als Hilfsmittel für möglich gehalten hat, sofern die vorhandene Ausstattung mit einem Rollstuhl und die Übernahme der Krankenfahrten zur Gewährleistung eines hinreichenden Bewegungsspielraums noch nicht ausreichend waren. Die mit der Benutzung eines PKW verbundene Bewegungsfreiheit ist damit nicht allgemein als Grundbedürfnis anerkannt worden. Transportable Auffahrschienen zum PKW für einen Rollstuhl hat das BSG nicht als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt (vgl Urteil des BSG vom 3. November 1987, 8 RK 14/87 = BKK 1988, 275 = ErsK 1990, 253 = Die Leistungen 1988, 285). Soweit das LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27. Oktober 1994, L 5 K 86/93 = Breithaupt 1995, 832), worauf sich die Revision beruft, derartige Auffahrschienen zugesprochen hat, ging es um einen 15-jährigen Kläger, dem es nach den Feststellungen des LSG wegen der Schwere seiner Behinderungen und seines Alters nicht zumutbar war, seinen Elektrorollstuhl auf längeren Wegstrecken allein zu benutzen, also um besondere Umstände des Einzelfalles, die keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung erkennen lassen.
Zutreffend hat das SG unter Berücksichtigung dieser Grundsätze entschieden, dass das dem Kläger bereits zur Verfügung stehende Hilfsmittel (Rollstuhl) ausreicht, um seine Querschnittslähmung auszugleichen. Der Kläger ist damit nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG in der Lage, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind.
Der aus Sicht des Klägers verständliche Wunsch, auch an Radausflügen seiner Familie teilnehmen zu können, zählt aber unter Berücksichtigung der bereits oben und auch vom SG dargestellten Rechtsprechung des BSG nicht mehr zum Nahbereich und dem Basisausgleich hinsichtlich der Behinderung des Klägers, der durch die gesetzliche Krankenversicherung zu erbringen ist. Soweit der Kläger im Übrigen auf einen möglichen Trainingseffekt hinweist, ist auch von Seiten des Senats nochmals darauf zu verweisen, dass entsprechende Kraftübungen auch in anderem Rahmen z.B. von Behindertensportgruppen ausgeführt werden können und es dazu nicht zwingend eines Rollstuhl-Bikes bedarf.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Versorgung mit einem mechanischen Rollstuhlzuggerät (Rollstuhl-Bike).
Der 1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Der Kläger ist querschnittsgelähmt und mit einem Rollstuhl durch die Beklagte ausgestattet. Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 5. Oktober 2005 von Dr. R. G., wonach ein Speedy B 26 "zur Sicherung der Mobilität" erforderlich sei, beantragte er die Übernahme der Kosten hierfür. Nach dem Kostenvoranschlag der Firma Speedy Reha-Technik GmbH vom 13. Oktober 2005 würden die Kosten hierfür 3.234 EUR betragen. Dem war ein Bericht eines Außendienstmitarbeiters der Firma Speedy Reha-Technik beigefügt, wonach es dem Kläger nicht möglich sei, vor allem sportliche Freizeitaktivitäten, z. B. Radtouren mit seiner Ehefrau und den Kindern bzw. Freunden etc. regelmäßig zu unternehmen, da es ihm nur mit dem Rollstuhl alleine nicht möglich sei, die dafür erforderliche Wegstrecke zu bewältigen. Auch würden durch die Kurbelbewegungen Muskelpartien trainiert, die wiederum zu einer aufrechten Körperhaltung führten, die eine Verbesserung der Rücken-, Nacken und Schultermuskulaturen mit sich brächten.
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für das Rollstuhl-Bike ab. Für Erwachsene sei dieses als Hilfsmittel ausgeschlossen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er benötige das Rollstuhl-Bike für alltägliche Dinge, wie Einkaufen, Bank, Post und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Außerdem würde es ihn beim Erziehungsauftrag gegenüber seinen Kindern unterstützen (gemeinsame Familienausflüge). Bei diesen ganzen Dingen handele es sich um Grundbedürfnisse, zu dessen Befriedigung die gesetzliche Krankenversicherung geeignete Hilfsmittel zur Verfügung stellen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie u. a. darauf, Hilfsmittel, die zum Ausgleich einer Behinderung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt würden, seien Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei einem Verlust der Gehfähigkeit habe die Krankenkasse lediglich für einen Basisausgleich zu sorgen. Dazu gehöre nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung für einen kurzen Spaziergang oder um Alltagsgeschäfte im Nahbereich zu erledigen, verlassen zu können. Alles was darüber hinausgehe, gehöre nicht in das Leistungsspektrum der Krankenkasse. Die Krankenkasse sei nicht dafür zuständig, den Behinderten durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage zu versetzen, Wegstrecken jeder Art und Länge zurückzulegen, die ein Nichtbehinderter zu Fuß bewältigen könne. Das beantragte Rollstuhl-Bike sei für den Ausgleich der Behinderung des Klägers nicht notwendig, da die Krankenkasse ihn bereits mit einem Rollstuhl versorgt habe. Dieser gewährleiste dem Kläger eine ausreichende Bewegungsfreiheit zur Erfüllung seiner Grundbedürfnisse nach den oben dargestellten Grundsätzen. Das beantragte Rollstuhl-Bike sei auch nicht zur Sicherung der ärztlichen Behandlung notwendig. Sicherlich würde die regelmäßige Benutzung des Rollstuhl-Bikes den Gesundheitszustand stärken, dies löse jedoch keinen Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Positive gesundheitliche Auswirkungen ließen sich auch durch weniger aufwändige Geräte oder andere Trainingsmaßnahmen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (z. B. Behindertensport). Auch habe das Bundessozialgericht in mehreren Urteilen vom 16. September 1999 (u. a. B 3 KR 2/99 R) bestätigt, dass ein Rollstuhl-Bike für Erwachsene kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkasse sei. Soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren auch auf ein Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. September 2004 (S 8 KR 139/02) verwiesen habe, handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, wie auch ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. September 2004 (L 1 KR 162/03) zeige, das die gegenteilige Auffassung bestätige.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Februar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass das Rollstuhl-Bike sowohl für die Integration in die Gesellschaft als auch unter sportlich-gemeinschaftlichen Aspekten und als Präventionsmaßnahme gegen eine wahrscheinliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes erforderlich sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel u. a. nur dann bestehe, wenn dieses erforderlich sei, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse also benötigt werde. Als Grundbedürfnis werde hierbei die Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraums" im Sinne eines Basisausgleiches der Behinderung selbst angesehen. Hierzu zähle nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 2/99 R -) nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar mit einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer. Auch der Wunsch, sich mithilfe eines Tandems wie ein Radfahrer zu bewegen, z. B. Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, die damit verbundene Raumerfahrung, das Umwelterlebnis, Geschwindigkeitsempfinden, Gleichgewichtsgefühl oder sonstiges positives Erleben zähle nicht - mehr - zu den Grundbedürfnissen, wenn die Fortbewegung im Nahbereich anderweitig sichergestellt sei (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 3 KR 9/98 R -). Soweit die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden sei, seien zur Beurteilung, ob dies dem dargestellten Grundbedürfnis zuzuordnen sei, bislang stets zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (siehe Rollstuhl-Bike für Jugendliche in BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 97 Seite 153). Das Hilfsmittel sei jedoch in diesem Sachverhalt nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen der dadurch geförderten Integration des Behinderten in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (so auch BSG vom 27. März 2002 - B 3 KR 3/02 R - Dreirad -). Zusätzlich habe das BSG eine Versorgung z. B. mit einem Therapietandem für den Fall zugesprochen, dass eine ganz außergewöhnliche Bewegungseinschränkung vorliege und in der konkreten Familiensituation den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung zukomme (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 25 und 28). Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen sei das SG zur Schlussfolgerung gelangt, dass vorliegend das Rollstuhl-Bike gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht erforderlich sei. Es diene im Wesentlichen dazu, über die Benutzung eines Rollstuhls hinaus längere Wegstrecken zurücklegen zu können. Dies möge zwar - wie vom Kläger vorgetragen - insbesondere unter "sportlich-gemeinschaftlichen Aspekten" sinnvoll sein. Nach der Rechtsprechung des BSG werde dieser Sachverhalt - nämlich das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar einem Radfahrer - nicht mehr vom ausgleichsfähigen allgemeinen Grundbedürfnis erfasst. Es seien beim Kläger keine zusätzlichen qualitativen Momente ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, die Hilfsmitteleigenschaft des Rollstuhl-Bikes vorliegend zu bejahen.
Der Kläger hat gegen den ihm per Übergabe-Einschreiben am 28. September 2006 zugestellten Gerichtsbescheid am 6. November 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Sicherstellung der Fortbewegung im Nahbereich sei nicht gegeben. Außerdem erachte er auch als qualitative Momente, wenn durch das Vorhandensein eines Rollstuhl-Bikes die Möglichkeit zur Integration in die Freizeitgestaltung mit der Familie hinsichtlich des gesundheitlichen, zwischenmenschlichen und motivierenden Aspektes gegeben sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. September 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für das beantragte Rollstuhl-Bike zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist bereits unzulässig.
Gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist gem. § 151 Abs. 2 auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Satz 1). In diesem Falle legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder die Niederschrift mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor (Satz 2).
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger entsprechend §§ 63 Abs. 2 SGG, 175 ZPO mit Übergabe-Einschreiben am 28. September 2006 zugestellt. Damit endete die Berufungsfrist von einem Monat mit Ablauf des 30. Oktober 2006 (Montag). Zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung beim Sozialgericht am 6. November 2006 war damit die Berufungsfrist bereits abgelaufen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht ersichtlich. Gem. § 67 Abs. 1 SGG ist dem Betroffenen auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist (hier die Berufungsfrist) einzuhalten.
Aus diesen Gründen ist daher die Berufung bereits als unzulässig gem. § 158 S.1 SGG zu verwerfen.
II.
Im übrigen wäre die Berufung zwar statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten. Im Streit stehen Kosten für die Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike in Höhe von 3.234 EUR.
Die Berufung des Klägers ist jedoch auch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf die weitere und zusätzliche Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike hat.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankheitsbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch erfasst gem. § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch und soweit erforderlich die notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Zur Frage, wie weit im Einzelnen der von dieser Vorschrift angeordnete Behinderungsausgleich reicht, hat das BSG im Urteil vom 26. März 2003 -B 3 KR 23/02 R = SozR 4-2500 § 33 Nr. 3 ausgeführt:
Der in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des SGB IX (vgl hier § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weit gehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - und Nr 32 - Therapie-Tandem; Urteile des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen - und vom 21. November 2002, B 3 KR 8/02 R - nicht veröffentlicht) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, (elementare) Körperpflegen, selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung bislang immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 RK 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike -) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche -) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen - Erweiterung, sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die für einen Schüler angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen.
Diese Rechtsprechung ist nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) nicht zu modifizieren. Denn das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich dadurch nicht wesentlich geändert, und dieses Leistungsrecht bleibt maßgebend. Mit dem SGB IX hat der Gesetzgeber die bisherigen Bestimmungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft und zum Ausgleich von Benachteiligungen, die vor allem im Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG) und im Schwerbehindertengesetz enthalten waren, zusammengefasst, sprachlich überarbeitet und vor allem hinsichtlich der Stärkung der Selbstbestimmung sowie des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten ausgebaut. Im Unterschied zu den früheren Regelungen des RehaAnglG, die insgesamt hinsichtlich der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen der Rehabilitationsträger im Einzelnen und deren Sicherstellung auf die jeweils geltenden besonderen Vorschriften in den jeweiligen Leistungsbereichen verwiesen (vgl § 9 Abs 1 RehaAnglG), beschränkt sich das SGB IX allerdings nicht auf bloße Verweisungen, sondern regelt eigenständig Gegenstände, Umfang und Ausführung von Leistungen. Hinsichtlich der Zuständigkeit und der Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe wird aber nach wie vor auf die für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetze verwiesen, während diese im Übrigen nur maßgebend sind, soweit sie Abweichendes vorsehen (§ 7 SGB IX; vgl dazu Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/5074 S 94).
Die gesetzlichen Krankenkassen sind gemäß § 5 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX Träger von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, für deren Voraussetzungen die Vorschriften des SGB V maßgebend sind. Der Anspruch der Klägerin, die wegen ihrer dauerhaften Behinderungen unter den Personenkreis des SGB IX fällt, sie mit einem Hilfsmittel zu versorgen, richtet sich somit nach § 33 SGB V, der durch Art 5 Nr 9 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I 1046) nur um die Wörter "einer drohenden Behinderung vorzubeugen" ergänzt worden ist. Soweit das SGB IX in § 31 den Hilfsmittelbegriff definiert, kann offen bleiben, ob dies zu den Leistungsvoraussetzungen zählt, die sich allein nach dem SGB V richten, oder ob es sich um Art und Gegenstand der Leistungen handelt, für die das SGB IX gilt, sofern die einschlägigen Leistungsgesetze nichts anderes vorsehen (vgl Götze in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 1 RdNr 6). Denn § 31 SGB IX gibt hinsichtlich des Hilfsmittelbegriffs nur den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelt worden ist, bestätigt somit diese Rechtsprechung und enthält in Abs 3 nur insofern eine Erweiterung der Rechte des Leistungsberechtigten, als er gegen Übernahme der Mehrkosten auch ein aufwändigeres Hilfsmittel, als nötig ist, wählen kann.
Aus dem verfassungsrechtlichen Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG ergeben sich ebenfalls keine weiter gehenden Leistungsansprüche bei der Hilfsmittelversorgung. Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken (vgl BT-Drucks 12/8165 S 29; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl, Art 3 RdNr 105). Diesem Auftrag zur Umsetzung und Konkretisierung (vgl Umbach in Umbach/Clemens, GG, Art 3 RdNr 383 ff) hat der Gesetzgeber mit dem SGB IX Rechnung getragen, ohne dass damit der Auftrag als erledigt anzusehen wäre. Der fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet aber keine konkreten Leistungsansprüche. Da sich die Aufgabe der Krankenkassen zum Behinderungsausgleich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (medizinische Rehabilitation) hinsichtlich des Grundbedürfnisses auf Bewegung und körperlichen Freiraum somit nach wie vor auf den dargestellten Nahbereich beschränkt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf einen von der Beklagten zu gewährenden Rollstuhl-Ladeboy, um mit Hilfe der Kombination von Auto und elektrogetriebenem Faltrollstuhl den Radius ihrer selbstständigen Fortbewegung über den Nahbereich hinaus (erheblich) zu erweitern. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der Revision, das Autofahren gehöre zu den Grundbedürfnissen iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, die durch Hilfsmittel der Krankenversicherung zu befriedigen seien (vgl grundsätzlich BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 - behindertengerechte Kfz-Ausstattung). Die Klägerin kann sich für ihre Auffassung nicht auf eine Entscheidung des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 1991 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3) stützen, welche zum Recht der Reichsversicherungsordnung ergangen ist und im Einzelfall die Ausrüstung mit einem schwenkbaren Beifahrersitz als Hilfsmittel für möglich gehalten hat, sofern die vorhandene Ausstattung mit einem Rollstuhl und die Übernahme der Krankenfahrten zur Gewährleistung eines hinreichenden Bewegungsspielraums noch nicht ausreichend waren. Die mit der Benutzung eines PKW verbundene Bewegungsfreiheit ist damit nicht allgemein als Grundbedürfnis anerkannt worden. Transportable Auffahrschienen zum PKW für einen Rollstuhl hat das BSG nicht als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt (vgl Urteil des BSG vom 3. November 1987, 8 RK 14/87 = BKK 1988, 275 = ErsK 1990, 253 = Die Leistungen 1988, 285). Soweit das LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27. Oktober 1994, L 5 K 86/93 = Breithaupt 1995, 832), worauf sich die Revision beruft, derartige Auffahrschienen zugesprochen hat, ging es um einen 15-jährigen Kläger, dem es nach den Feststellungen des LSG wegen der Schwere seiner Behinderungen und seines Alters nicht zumutbar war, seinen Elektrorollstuhl auf längeren Wegstrecken allein zu benutzen, also um besondere Umstände des Einzelfalles, die keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung erkennen lassen.
Zutreffend hat das SG unter Berücksichtigung dieser Grundsätze entschieden, dass das dem Kläger bereits zur Verfügung stehende Hilfsmittel (Rollstuhl) ausreicht, um seine Querschnittslähmung auszugleichen. Der Kläger ist damit nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG in der Lage, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind.
Der aus Sicht des Klägers verständliche Wunsch, auch an Radausflügen seiner Familie teilnehmen zu können, zählt aber unter Berücksichtigung der bereits oben und auch vom SG dargestellten Rechtsprechung des BSG nicht mehr zum Nahbereich und dem Basisausgleich hinsichtlich der Behinderung des Klägers, der durch die gesetzliche Krankenversicherung zu erbringen ist. Soweit der Kläger im Übrigen auf einen möglichen Trainingseffekt hinweist, ist auch von Seiten des Senats nochmals darauf zu verweisen, dass entsprechende Kraftübungen auch in anderem Rahmen z.B. von Behindertensportgruppen ausgeführt werden können und es dazu nicht zwingend eines Rollstuhl-Bikes bedarf.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved