L 9 EG 95/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 EG 47/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 95/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 EG 6/08 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Erziehungsgeld für die Zeit vom 13.12.2004 bis 12.09.2005 hat.

Die 1967 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie ist die Mutter des 2003 geborenen Kindes Ö ... Am 04.02.2004 ging der Antrag auf Zahlung von Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes beim Beklagten ein. Der Antrag war von beiden Elternteilen unterschrieben. Die Klägerin ist Mutter von drei weiteren Kindern: T. geboren 1993, O. geboren 1995 und M. geboren 1997. Der Ehemann der Klägerin A. A., geboren 25.01.1965, ist seit 27.11.1992 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Laut Einkommensfragebogen hatte der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Das voraussichtliche Kalenderjahreseinkommen betrug 10.249,00 EUR. Sonstige Einkünfte waren nicht vorhanden. Mit Bescheid vom 04.03.2004 bewilligte der Beklagte Bundeserziehungsgeld in Höhe von 307,00 EUR monatlich vom 13.12.2003 bis 12.12.2004.

Am 13.03.2006 ging beim Zentrum Bayern, , Region Unterfranken, ein von der Klägerin am 07.03.2006 unterschriebener Antrag auf Zahlung von Bundeserziehungsgeld für die Zeit vom 13. bis 24. Lebensmonat des Kindes ein. Auf dem Formular "Verdienstbescheinigung" ist eingetragen "selbstständig". Das Einkommen betrug 12.000,00 EUR. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 20.04.2006 für die Zeit vom 13.09.2005 bis 12.12.2005 Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR. Für die vorangegangene Zeit bestehe wegen verspäteter Antragstellung kein Anspruch.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte mit Schreiben vom 11.05.2006 Widerspruch ein und machte geltend, dass sie der deutschen Sprache nicht mächtig sei und keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sie für das zweite Lebensjahr des Kindes einen neuen Antrag habe stellen müssen. Sie sei durch Falschinformationen über die Anspruchsberechtigung türkischer Staatsangehöriger gehindert gewesen, früher Landeserziehungsgeld zu beantragen, wozu auf entsprechende Rechtsprechung hinzuweisen sei. Der Klägerin sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 02.02.2006, B 10 EG 9/05 R, bestehe Anspruch auf Erhalt rückwirkenden Erziehungsgeldes auch bei Versäumung der Antragsfrist.

Der Beklagte verwies auf sein Merkblatt. Danach sei der Regelbetrag für jedes Lebensjahr gesondert zu beantragen. Hierbei könne der Antrag für das zweite Lebensjahr frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes gestellt werden. Der Folgeantrag befinde sich bei den Unterlagen zum Antrag für das erste Lebensjahr.

Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2006 den Widerspruch zurück. Das Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) erlaube nur eine rückwirkende Bewilligung von sechs Monaten vor der Antragstellung und stelle eine Ausschlussfrist dar. Ein Verschulden des Beklagten an der verspäteten Antragstellung liege offensichtlich nicht vor. Auch habe sich kein Beleg dafür ergeben, dass die Klägerin ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die gesetzliche Frist einzuhalten. Sie habe im Übrigen bei den früher geborenen drei Kindern ohne weiteres Bundeserziehungsgeld für das erste und zweite Lebensjahr getrennt beantragt und jeweils für beide Lebensjahre bezogen.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.09.2006 am 13.09.2006 Klage beim Sozialgericht Würzbug (SG) erhoben. Sie hat dies damit begründet, dass sie bei der Antragstellung ansonsten jeweils durch ihren Ehemann vertreten worden sei. Dieser habe sich in der fraglichen Zeit jedoch um den Unterhalt kümmern müssen. Der Ehemann habe sich selbstständig gemacht und sei deshalb sehr angespannt gewesen. Da er den Antrag damals von Bekannten ausfüllen ließ, sei ihm die Frist für eine erneute Antragstellung nicht bekannt, geschweige denn, dass überhaupt ein neuer Antrag zu stellen sei. Er habe erst von der Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung erfahren, als er keine weiteren Zahlungen des Beklagten erhielt. Für die Frage einer Wiedereinsetzung sei hinsichtlich der Verschuldensbeurteilung auf den subjektiven Maßstab für die Beurteilung der erforderlichen Sorgfalt abzustellen. Es seien das Alter, der Bildungsgrad und die Geschäftsgewandtheit zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat eingewandt, dass die Klägerin bereits für drei weitere Kinder Erziehungsgeld beantragt habe und auch den Erstantrag rechtzeitig gestellt habe, so dass Rechtsunkenntnis bzw. Analphabetismus keinen generellen Hinderungsgrund dargestellt hätten. Spätestens nach Ausbleiben der monatlichen Zahlungen für das zweite Lebensjahr des Kindes hätte auffallen müssen, dass eventuell ein neuer Antrag zu stellen gewesen sei bzw. es hätte eine Nachfrage beim zuständigen Amt erfolgen können.

Hiergegen hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr Ehemann sich aus Unkenntnis nicht beim Arbeitsamt, sondern bei der Bank erkundigt habe. Dort sei ihm erklärt worden, dass das Geld nachgezahlt werde. Er sei beschäftigt gewesen, eine neue Existenz aufzubauen. Er habe einen Hähnchengrillwagen erworben und die entsprechenden Formalitäten erledigt, um sich selbstständig zu machen. Durch die damit zusammenhängenden Probleme sei er überfordert gewesen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 23.10.2007 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass weder ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch noch Ansatzpunkte dafür bestehen, dass die Klägerin ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert gewesen sei. Deshalb komme eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht. Die Klägerin habe einfachste Überlegungen nicht angestellt. Es hätte sich ihr ohne weiteres aufdrängen müssen, dass bei einem Nichteingang der Zahlungen bei der zuständigen Stelle nachgefragt hätte werden müssen. Die Annahme, dass die Zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt noch eintreffen würden, habe keine entsprechende Grundlage. Es wurde auf die Begründung im Widerspruchsbescheid ausdrücklich Bezug genommen.

Gegen das am 07.11.2007 zugestellte Urteil des SG legt die Klägerin am 19.11.2007 Berufung zum Bayer.Landessozialgericht (LSG) ein. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr von einem Bekannten des Vaters des Kindes beantragt worden war. Infolge starker beruflicher Beanspruchung sei es dem Vater nicht mehr möglich gewesen, sich um die schriftlichen Arbeiten zu kümmern. Die Klägerin selbst sei Analphabetin und der deutschen Sprache nicht mächtig. Auch der Ehemann bediene sich zur Ausführung behördlicher Gänge und Schreiben der Hilfe eines Bekannten. Dieser habe damals nur eingeschränkt zur Verfügung gestanden. Es wird auf die eidesstattliche Versicherung des Ehemanns der Klägerin verwiesen. Die Ausführungen des Beklagten, dass der Klägerin Informationsmaterial zur Verfügung gestanden habe, sei unbehelflich, da sie die deutsche Sprache nicht beherrsche. Die Anträge für die älteren Kinder seien nicht vom Ehemann gestellt worden. Dies habe ein Bekannter erledigt. Als das Geld ausgeblieben sei, habe sich der Ehemann an die Bank gewandt. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass dies die falsche Stelle gewesen sei. Dass die Gewährung von Erziehungsgeld für zwei Jahre immer auf die erneute Beantragung für beide Lebensjahre zurückzuführen war, sei weder der Klägerin bekannt, noch deren Ehemann. Hinzu komme, dass der Ehemann zu der Zeit seine Arbeit verloren hatte und beschloss, sich mit einem Hähnchengrillwagen selbstständig zu machen. Für die Klägerin stelle sich die Situation als höhere Gewalt dar, da sie infolge ihrer eigenen Unkenntnis der deutschen Sprache nicht in der Lage sei, derartige Dinge zu erledigen. Somit greife die Ausschlussfrist von sechs Monaten nicht ein, da ein Verschulden am Verpassen der Antragsfrist auf Klägerseite nicht gegeben war. Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör sei verletzt, da sich das SG nicht mit der besonderen Situation der Klägerin auseinandergesetzt habe. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, da auch in einer Vielzahl anderer Fälle eine fristgerechte Antragstellung an mangelnder Sprachkenntnis und/oder Analphabetismus scheitere.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 und den Bescheid des Beklagten vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2006 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für die Zeit vom 13.12.2004 bis zum 12.09.2005 zu gewähren.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 zurückzuweisen.

Die Beteiligten werden zu der beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gehört.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrenakten beider Rechtszüge sowie der beigezogenen Akte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die mangels Vorliegens einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Klägerin, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das SG die zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Bundeserziehungsgeld ist das Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG -) in der Fassung für Geburten ab 01.01.2001 (§ 24 Abs.2 BErzGG vom 09.02.2004 (BGBl.I S.206)). Gemäß § 4 Abs.2 Satz 1 BErzGG ist das Erziehungsgeld schriftlich für jeweils ein Lebensjahr des Kindes zu beantragen. Der Antrag für das zweite Lebensjahr kann frühestens ab dem neunten Lebensmonat des Kindes gestellt werden. Rückwirkend wird Erziehungsgeld höchstens für sechs Monate vor der Antragstellung bewilligt (§ 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG).

Angesichts eines möglichen Leistungszeitraums vom 13.12.2004 bis 12.12.2005 war ein Anspruch für das komplette zweite Lebensjahr des Kindes Ö. nur gegeben, wenn der Antrag am 12.06.2005 beim Beklagten eingegangen war. Der Antrag vom 07.03.2006 ist jedoch erst am 13.03.2006 beim Zentrum Bayern - Region Unterfranken - eingegangen, so dass bei Anwendung der sechsmonatigen Rückwirkung Erziehungsgeld erst ab dem 13.09.2005 gezahlt werden kann. Die Vorschrift des § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG stellt eine Ausschlussfrist dar. Deshalb konnten Leistungen erst ab 13.09.2005 bewilligt werden, auch wenn die Klägerin vorher sämtliche Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Bundeserziehungsgeld erfüllt hat.

Auch der von der Klägerin gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 27 Abs.1 Satz 1 des X. Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) führt zu keinem anderen Ergebnis. Gemäß § 22 Abs.1 BErzGG sind die Vorschriften des ersten Kapitels des SGB X anzuwenden, soweit das Gesetz zum Erziehungsgeld keine ausdrückliche Regelung trifft. § 27 Abs.1 Satz 1 SGB X sieht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Gemäß Abs.2 der Vorschrift ist der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Die Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist des § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG einzuhalten. Die Frist muss ohne Verschulden versäumt worden sein. Das ist der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem im Verwaltungsverfahren gewissenhaft Handelnden nach den gesamten Umständen vernünftigerweise zuzumuten ist. Auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt muss die Versäumung der Verfahrensfrist nicht vermeidbar gewesen sein. Grundsätzlich gilt insoweit ein subjektiver Maßstab. Es dürfen keine überspitzten Anforderungen daran gestellt werden, welche Vorkehrungen der Beteiligte gegen eine drohende Fristversäumung treffen und was er nach eingetretener Fristversäumnis veranlassen muss. Die Kürze der Fristüberschreitung rechtfertigt für sich allein die Wiedereinsetzung nicht (vgl. von Wulffen in Komm. zum SGB X § 27 Rdnr.5 m.w.N.). Eine Fristversäumnis wird durch mangelnde Rechtskenntnis in der Regel nicht i.S. von § 27 Abs.1 entschuldigt. Ein Verschulden liegt nicht vor, wenn der Text eines Bescheides unübersichtlich oder schwer verständlich ist. Allerdings muss sich die Unklarheit auf die Hinweise zur Frist beziehen. Bei unverschuldetem Rechtsirrtum kann nur ausnahmsweise Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Beteiligte den Irrtum auch bei sorgfältiger Prüfung nicht vermeiden konnte. Eine sorgfältige Prüfung wurde weder von der Klägerin noch von ihrem Ehemann durchgeführt. Nach den Angaben der Klägerin haben sie sich voll auf diesen Bekannten, der namentlich nicht genannt wurde, verlassen. Allerdings ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie bei den drei älteren Kindern ebenfalls schon Bundeserziehungsgeld jeweils für zwei Jahre bezogen hat. Spätestens als das Geld für das zweite Lebensjahr des Kindes Ö. nicht einging, hätte sie sich beim Beklagten erkundigen können und müssen. Höhere Gewalt war damit ausgeschlossen.

Auch aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergibt sich kein anderes Ergebnis für die Klägerin. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 02.02.2006 (BSGE 96, 44 = NZS 2006, 606) entschieden, dass § 27 SGB X den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht ausschließt. Das BSG sieht in den Wiedereinsetzungsregeln des § 27 SGB X keine abschließende Entscheidung des Gesetzgebers über die in einer verspäteten Antragstellung liegenden Folgen von Pflichtverletzungen der Verwaltung. Die genannte gesetzliche Wiedereinsetzungsvorschrift und das richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind nebeneinander anwendbar. Die Anwendungsbereiche beider Rechtsinstitute sind nicht deckungsgleich. Der Herstellungsanspruch ist einerseits enger als § 27 SGB X, weil er nur Fristversäumnisse erfasst, die auf Behördenfehlern beruhen. Andererseits ist er weiter, weil er nicht fristgebunden und unabhängig jeweils von fahrlässigem Mitverschulden des Leistungsberechtigten ist. Abgesehen davon betrifft er auch Fallgestaltungen, die nichts mit dem Versäumen einer Frist zu tun haben. Die Wiedereinsetzung scheidet demgegenüber bei Verschulden des Bürgers regelmäßig aus. Dessen Verschulden tritt nur dann in den Hintergrund, wenn die Säumnis wesentlich durch Fehlverhalten der Verwaltung mit verursacht worden ist. Andererseits greift § 27 SGB X gerade auch dann ein, wenn eine unverschuldete Fristversäumnis nicht auf einer Pflichtverletzung der Behörde beruht. Danach überschneiden sich zwar die Tatbestände des § 27 SGB X und des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
- mit unterschiedlichen Rechtsfolgen - dort wo eine Fristversäumnis letztlich auf einen Behördenfehler zurückzuführen ist, auch in diesem Bereich ist eine Anwendung des Herstellungsanspruchs jedoch nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen aber nicht vor, unter denen der Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Bundeserziehungsgeld (BErzG) auch für die Zeit vom 13.12.2004 bis 12.09.2005 zu gewähren ist. Gefordert sind:

- Eine Pflichtverletzung, die dem Beklagten zuzurechnen ist,
- ein dadurch bei der Klägerin eingetretener sozialrechtlicher Nachteil sowie
- die Befugnis des Beklagten, durch eine Amtshandlung den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre.

Hier fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Eine solche ist weder vorgetragen noch erkennbar. Das Merkblatt des Beklagten ist rechtlich völlig korrekt. Die Klägerin wurde auf ihre Obliegenheiten hingewiesen. Dass sie den Antrag nicht rechtzeitig gestellt hat, liegt letztlich ganz in ihrem Verantwortungsbereich. Deshalb ist hier ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht gegeben. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin liegt auch keine Fallgestaltung vor, wie sie vom BSG zum Bayerischen Landeserziehungsgeld für türkische Staatsangehörige entschieden worden ist. In den dortigen Fällen wurde den türkischen Antragstellern von der Behörde mitgeteilt, dass sie keinen Anspruch auf Landeserziehungsgeld haben. Dies ist im vorliegenden Fall zu keinem Zeitpunkt geschehen.

Da die Frist des § 4 Abs.2 Satz 3 BErzGG nicht eingehalten wurde, kann BErzG nicht für den beantragten Zeitraum gewährt werden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Regelungen der § 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte der Beklagte nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen verpflichtet werden, die der Klägerin zu deren Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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