L 7 B 427/08 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AS 249/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 427/08 AS ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 11. April 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.



Gründe:


I.

Der 1951 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) erhielt von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg) ab 15.06.2005 und nach einer Unterbrechung ab 07.11.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II ) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II. Zuletzt wurde ihm bis 30.04.2008 die Regelleistung in Höhe von 347,00 EUR monatlich bewilligt.

Mit Bescheid vom 25.02.2008 hob die Bg diese Bewilligung für die Zeit ab 01.03.2008 auf. Der Bf sei seit dem 23.10.2002 unter der Anschrift "M.weg, A-Stadt" einwohnermelderechtlich gemeldet. Am 03.01.2008 sei im Rahmen einer Ortsbesichtigung festgestellt worden, dass weder er selbst noch sein Wohnwagen sich unter dieser Adresse befunden habe. Er sei dann unter Fristsetzung bis 22.02.2008 aufgefordert worden, den gewöhnlichen Aufenthalt unter Angabe von Ort, Straße und Hausnummer in schriftlicher Form mitzuteilen. Dies habe er in seinen Schreiben vom 04. und 13.02.2008 nicht getan. Von Seiten der Bg könne nicht geprüft werden, ob über den 01.03.2008 hinaus die örtliche Zuständigkeit gemäß § 36 SGB II gegeben sei.

Hiergegen hat der Bf Widerspruch eingelegt und am 06.03.2008 beim Sozialgericht Augsburg (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Mit weiterem Antrag gleichen Datums hat er die Erstattung von Heizkosten in Höhe von insgesamt 119,70 EUR geltend gemacht. Die Bg hat mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2008 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Bf gebe selbst an, mit seinem Wohnwagen an verschiedenen Örtlichkeiten zu sein. Der Bg liege eine vom 26.01.2008 datierte Rechnung vor, wonach er sich offensichtlich auf dem Champingplatz "B.", der auf dem Gebiet der Stadt B-Stadt gelegen ist, aufhalte. Durch seinen ständigen Aufenthaltswechsel und mangels einer ortsfesten Unterkunft sei der Bf wohnsitzlos. Für einen derartigen Personenkreis sei der Träger der Grundsicherung zuständig, in dessen Bezirk sich der Hilfebedürftige tatsächlich, also rein physisch, aufhalte. Mangels substantiierter Äußerung des Bf sei eine Prüfung seines Aufenthalts nicht möglich. Nicht ausreichend sei jedenfalls die örtliche Zuständigkeit der Arge A. Land, wenn der Bf sich auf dem Gebiet der Stadt B-Stadt aufhalte, weil er sich dann an die dafür zuständige Arge der Stadt zu wenden habe. Unzureichend sei eine - nicht nachprüfbare - Behauptung eines Aufenthalts im Kreisgebiet. Ihm stehe ein Wahlrecht, dass er sich an den Leistungsträger wenden könne, von dem er sich am ehesten die Erfüllung seines Anspruches oder eine für ihn günstige Regelung seines Anliegens verspreche, nicht zu.

Mit ihrer Antragserwiderung hat die Bg ein von dem Bf verfasstes Flugblatt vorgelegt, in dem es heißt, der Gemeinde sei bekannt, dass er zwar unter der Anschrift "M.weg" gemeldet sei, dort aber seit Jahren nicht wohne.

Das SG hat die beiden Anträge zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Beschluss vom 11.04.2008 abgewiesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die Aufhebung der Regelleistung allein aufgrund des Verhaltens des Bf erfolge, von ihm jederzeit und mühelos korrigierbar wäre durch Aufsuchen eines festen Standplatzes für den Wohnwagen bzw. Annahme von Hilfsangeboten bezüglich einer festen Wohnung. Die Bg habe aus ihren Ermittlungen in Zusammenschau mit der Stellplatzrechnung eines Campingplatzes außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches davon ausgehen können, dass der ständige Aufenthalt in deren Zuständigkeitsbereich nicht vorliege, insoweit eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X für den Bewilligungszeitraum eingetreten gewesen sei. Auch fehle es an der Anspruchsvoraussetzung nach § 7 Abs.4a SGB II.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Bf. In dem Erörterungstermin am 12.09.2008 hat er einen Bescheid der Arge SGB II Landkreis W. vom 10.06.2008 vorgelegt, mit dem Alg II für die Zeit vom 05.06. bis 31.08.2008 bewilligt worden ist. Nach seinen Angaben hat er diese Leistung nur teilweise erhalten, da ein Scheck wegen Fristablauf nicht mehr einlösbar war. Er hat weiter angegeben, seinen Wohnwagen im Bereicht der Arge immer an verschiedenen Plätzen abzustellen und nicht bereit zu sein, im Voraus mitzuteilen, wo sich der Wohnwagen gerade befinde. Auch sei er nicht bereit, sich auf einem bestimmten Campingplatz anzumelden oder eine feste Wohnung zu nehmen. Zudem weigere sich die Bg, für vorübergehende Aufenthalte auf dem Campingplatz der Stadt B-Stadt die diesbezüglichen Kosten zu übernehmen; im Bereich der Bg gebe es keinen Campingplatz.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
Die zulässige Beschwerde ist sachlich nicht begründet.

Das Begehren des Bf ist zunächst als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Aufhebungsbescheid vom 25.02.2008 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2008 auszulegen. Im Rahmen der Entscheidung hierüber ist das Interesse des Bf an einer vorläufigen Weiterzahlung der Leistung mit dem Interesse der Bg, vor Klärung der Rechtmäßigkeit des Bescheides keine Leistungen zu erbringen, abzuwägen. Hierbei ist dem Interesse der Bg der Vorzug zu geben.

Zu Recht weist das SG darauf hin, dass es dem Bf ein Leichtes wäre, die von der Bg geforderten Voraussetzungen zu erfüllen, indem er den aktuellen Standplatz seines Wohnwagens mitteilt. Triftige Gründe dafür, dies nicht zu tun, sind nicht erkennbar. Er hat in dem Erörterungstermin selbst angegeben, dass, falls den Mitarbeitern der Bg sein aktueller Aufenthaltsort bekannt wäre, dies keine Gefährdung seines Eigentums und seiner körperlichen Unversehrtheit bedeuten würde. Allerdings ist er der Meinung, dass über die Bg sein Aufenthaltsort allgemein bekannt würde und ihm dadurch Gefahr drohe. Dies ist aber unbegründet, da die Bg nach § 35 Abs.1 Satz 2 und 3 SGB I verpflichtet ist, die von ihr erhobenen Sozialdaten nicht an Dritte weiterzugeben. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bg diese Pflicht verletzen würde.

Gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung spricht weiterhin, dass gegen die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung keine wesentlichen Bedenken bestehen. Es kann dahinstehen, ob diese Entscheidung auf § 48 oder auf § 45 SGB X zu stützen ist; in beiden Fällen handelt es sich um gebundene Entscheidungen, die Nennung einer unrichtigen Bescheidgrundlage würde lediglich eine die Rechtmäßigkeit nicht berührende falsche Begründung bedeuten. Da es sich um eine Aufhebung für die Zukunft handelt, wären in jedem Fall auch die Voraussetzungen des § 45 SGB X gegeben.

Die Leistungsbewilligung setzt die Kenntnis des Aufenthaltsortes des Bf voraus. Denn nur dann kann die Bg beurteilen, ob sie nach § 36 SGB II der zuständige Leistungsträger ist. Darüber hinaus muss sie in der Lage sein, zu prüfen, ob etwa die Angaben des Bf, alleinstehend zu sein und nicht mit einer anderen Person zusammenzuwohnen, richtig sind, da dies leistungsrechtlich relevant ist. Dies ist der Bg nur möglich, wenn ihr der aktuelle Aufenthaltsort bekannt ist. Das Angebot des Bf hingegen, immer erst im Nachhinein mitzuteilen, wo er sich in der Vergangenheit jeweils aufgehalten habe, wird diesem Erfordernis nicht gerecht.

Insoweit kann dahinstehen, ob aus § 7 Abs.4a SGB II hergeleitet werden kann, dass der Hilfebedürftige an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm genannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichbar muss, was bei einer Postfachadresse nicht gegeben ist (verneinend Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Rdnr.80 zu § 7).

Bezüglich der geltend gemachten Heizkosten sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs.2 SGB II nicht gegeben, da aus den dargelegten Gründen auch insoweit ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist. Gleiches gilt für das offensichtlich ebenfalls verfolgte Begehren des Bf, über den 30.04.2008 hinaus Leistungen zu erhalten. Zum Einen ist diesbezüglich offensichtlich kein Ablehnungsbescheid der Bg ergangen. Zum Anderen sind die Anspruchsvoraussetzungen insoweit ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Aus den dargelegten Gründen ist die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Aussicht auf einen Erfolg der Beschwerde gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO nicht gegeben.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved