Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 863/08 ER**
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 782/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.08.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Einstellung der Leistungen an den Antragsteller (Ast) ab 08.08.2008.
Der Ast bezieht seit 01.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) im Rahmen einer aus ihm, seinem Sohn und seiner am 10.12.2007 aus der Türkei zugezogenen Tochter T. bestehenden Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 31.03.2008 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) Alg II für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 an die Bedarfgemeinschaft. Ab 01.06.2008 belief sich die Leistung auf 1.079,38 EUR.
Nach Kenntniserlangung vom Aufenthalt der Tochter T. in der Türkei hörte die Ag den Ast zur Einstellung der Leistungen wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit der Tochter an und teilte ihm gleichzeitig mit, dass die Leistungen an die Tochter vorläufig gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 333 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) eingestellt würden. Der Ast gab im Rahmen der Anhörung an, seine Tochter halte sich seit 19.05.2008 in der Türkei auf und werde dort gegen ihren Willen festgehalten.
Mit Bescheid vom 09.07.2008 - gerichtet an den Ast - bewilligte die Ag dem Ast sowie dessen Sohn Leistungen für die Zeit ab 01.07.2008 bis 30.09.2008 in Höhe von 722,77 EUR. Für die Tochter würden vorerst keine Leistungen mehr gewährt werden. Mit weiteren Bescheiden vom 21.07.2008, ebenfalls gerichtet an den Ast , hob die Ag die Bewilligung von Alg II gegenüber der Tochter ab 19.05.2008 und gegenüber dem Ast und dessen Sohn vollständig ab 08.08.2008 wegen nicht genehmigter Ortsabwesenheit auf.
Am 28.07.2008 legte der Ast dagegen Widerspruch ein.
Wegen der Aufhebung der Leistung ab 08.08.2008 hat der Ast einstweiligen Rechtsschutz sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beim Sozialgericht Nürnberg (SG) begehrt. Mit Beschlüssen vom 15.08.2008 hat das SG die Anträge zurückgewiesen. Die vollständige Leistungsaufhebung ab 08.08.2008 gegenüber dem Ast sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig, sodass kein Anordnungsanspruch vorliege. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht sei auch PKH nicht zu bewilligen.
Gegen beide Beschlüsse hat der Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Tochter sei gegen ihren Willen in der Türkei festgehalten worden. Der Ast hätte daher in die Türkei reisen müssen. Die Ortsabwesenheit sei genehmigungsfähig gewesen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Ag ist nicht zu verpflichten, vorläufige Leistungen über den 08.08.2008 hinaus zu erbringen.
Streitgegenstand ist dabei allein der gegenüber dem Ast erlassene Bescheid vom 21.07.2008 über die Aufhebung der ihm zustehenden Leistungen ab 08.08.2008.
Nicht Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist die vorläufige Leistungseinstellung bezüglich des an die Tochter bewilligten Alg II und die Aufhebung dieser Leistung mit Bescheid ebenfalls vom 21.07.2008, denn der Ast ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht als Erziehungsberechtigter und damit Vertreter seiner Tochter aufgetreten. Vielmehr hat er - fachkundig vertreten - im eigenen Namen einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Nachdem es sich bei den Ansprüchen auf Alg II um Individualansprüche handelt, kann gegen die Einstellung, Aufhebung bzw. Erstattungsforderung bezüglich der Leistungen an die Tochter allein diese - gegebenenfalls vertreten durch den Ast - Rechtsschutz beantragen.
Hinsichtlich der Aufhebung der Leistung ab 08.08.2008 handelt es sich um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Bescheid vom 21.07.2008 eingelegten Widerspruches gemäß § 86b Abs.1 Nr.1 SGG.
Hiernach kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Vorliegend hat der Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.07.2008 gemäß § 39 Nr.1 SGB II keine aufschiebende Wirkung (vgl. hierzu: Beschluss des Senates vom 07.01.2008
L 11 B 1023/07 AS ER).
Die aufschiebende Wirkung ist nicht anzuordnen. Gemäß § 86b Abs.1 Nr.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in den Fällen anordnen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben.
Unter Berücksichtung des § 39 Nr.1 SGB II ist dabei von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Gunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen, besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufll, § 86b Rdnr.12a). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein öffentliches überwiegendes Interesse und Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr.1 SGB II mitberücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Keller aaO Rdnr.12c).
Vorliegend ist hinsichtlich der Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 08.08.2008 bis 30.09.2008 keine Erfolgsaussicht für den Ast hinsichtlich seines Anspruches auf Alg II zu erkennen. Es ist dabei allein auf den Individualanspruch des Ast abzustellen. Dieser hat mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz weder Leistungen im Namen seiner Tochter noch im Namen seines Sohnes begehrt.
Der Ast war ab 08.08.2008 ohne entsprechende Genehmigung ortsabwesend und damit nicht mehr erreichbar. Die Ortsabwesenheit war auch nicht genehmigungsfähig. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des SG gemäß § 142 Abs.2 Satz 3 SGG Bezug genommen.
Selbst wenn die Erfolgsaussichten als offen angesehen würden, würde jedoch eine dann vorzunehmende Interessenabwägung nicht zu Gunsten des Ast ausfallen, wobei zu berücksichtigen ist, dass ihm auch durch die abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass er keinerlei Leistungen während der über den 07.08.2008 hinausgehende Ortsabwesenheit erhalten könne. Weiter ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass es sich um einen bereits vergangenen Zeitraum handelt, für den vorläufige Leistungen begehrt werden. Streitig ist nämlich allein der Leistungszeitraum vom 08.08.2008 bis 30.09.2008.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Einstellung der Leistungen an den Antragsteller (Ast) ab 08.08.2008.
Der Ast bezieht seit 01.12.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) im Rahmen einer aus ihm, seinem Sohn und seiner am 10.12.2007 aus der Türkei zugezogenen Tochter T. bestehenden Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 31.03.2008 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) Alg II für die Zeit vom 01.04.2008 bis 30.09.2008 an die Bedarfgemeinschaft. Ab 01.06.2008 belief sich die Leistung auf 1.079,38 EUR.
Nach Kenntniserlangung vom Aufenthalt der Tochter T. in der Türkei hörte die Ag den Ast zur Einstellung der Leistungen wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit der Tochter an und teilte ihm gleichzeitig mit, dass die Leistungen an die Tochter vorläufig gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 333 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) eingestellt würden. Der Ast gab im Rahmen der Anhörung an, seine Tochter halte sich seit 19.05.2008 in der Türkei auf und werde dort gegen ihren Willen festgehalten.
Mit Bescheid vom 09.07.2008 - gerichtet an den Ast - bewilligte die Ag dem Ast sowie dessen Sohn Leistungen für die Zeit ab 01.07.2008 bis 30.09.2008 in Höhe von 722,77 EUR. Für die Tochter würden vorerst keine Leistungen mehr gewährt werden. Mit weiteren Bescheiden vom 21.07.2008, ebenfalls gerichtet an den Ast , hob die Ag die Bewilligung von Alg II gegenüber der Tochter ab 19.05.2008 und gegenüber dem Ast und dessen Sohn vollständig ab 08.08.2008 wegen nicht genehmigter Ortsabwesenheit auf.
Am 28.07.2008 legte der Ast dagegen Widerspruch ein.
Wegen der Aufhebung der Leistung ab 08.08.2008 hat der Ast einstweiligen Rechtsschutz sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beim Sozialgericht Nürnberg (SG) begehrt. Mit Beschlüssen vom 15.08.2008 hat das SG die Anträge zurückgewiesen. Die vollständige Leistungsaufhebung ab 08.08.2008 gegenüber dem Ast sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig, sodass kein Anordnungsanspruch vorliege. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht sei auch PKH nicht zu bewilligen.
Gegen beide Beschlüsse hat der Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Tochter sei gegen ihren Willen in der Türkei festgehalten worden. Der Ast hätte daher in die Türkei reisen müssen. Die Ortsabwesenheit sei genehmigungsfähig gewesen.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Ag ist nicht zu verpflichten, vorläufige Leistungen über den 08.08.2008 hinaus zu erbringen.
Streitgegenstand ist dabei allein der gegenüber dem Ast erlassene Bescheid vom 21.07.2008 über die Aufhebung der ihm zustehenden Leistungen ab 08.08.2008.
Nicht Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist die vorläufige Leistungseinstellung bezüglich des an die Tochter bewilligten Alg II und die Aufhebung dieser Leistung mit Bescheid ebenfalls vom 21.07.2008, denn der Ast ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht als Erziehungsberechtigter und damit Vertreter seiner Tochter aufgetreten. Vielmehr hat er - fachkundig vertreten - im eigenen Namen einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Nachdem es sich bei den Ansprüchen auf Alg II um Individualansprüche handelt, kann gegen die Einstellung, Aufhebung bzw. Erstattungsforderung bezüglich der Leistungen an die Tochter allein diese - gegebenenfalls vertreten durch den Ast - Rechtsschutz beantragen.
Hinsichtlich der Aufhebung der Leistung ab 08.08.2008 handelt es sich um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Bescheid vom 21.07.2008 eingelegten Widerspruches gemäß § 86b Abs.1 Nr.1 SGG.
Hiernach kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in Fällen anordnen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Vorliegend hat der Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.07.2008 gemäß § 39 Nr.1 SGB II keine aufschiebende Wirkung (vgl. hierzu: Beschluss des Senates vom 07.01.2008
L 11 B 1023/07 AS ER).
Die aufschiebende Wirkung ist nicht anzuordnen. Gemäß § 86b Abs.1 Nr.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise in den Fällen anordnen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben.
Unter Berücksichtung des § 39 Nr.1 SGB II ist dabei von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Gunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen, besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufll, § 86b Rdnr.12a). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein öffentliches überwiegendes Interesse und Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr.1 SGB II mitberücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Keller aaO Rdnr.12c).
Vorliegend ist hinsichtlich der Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 08.08.2008 bis 30.09.2008 keine Erfolgsaussicht für den Ast hinsichtlich seines Anspruches auf Alg II zu erkennen. Es ist dabei allein auf den Individualanspruch des Ast abzustellen. Dieser hat mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz weder Leistungen im Namen seiner Tochter noch im Namen seines Sohnes begehrt.
Der Ast war ab 08.08.2008 ohne entsprechende Genehmigung ortsabwesend und damit nicht mehr erreichbar. Die Ortsabwesenheit war auch nicht genehmigungsfähig. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des SG gemäß § 142 Abs.2 Satz 3 SGG Bezug genommen.
Selbst wenn die Erfolgsaussichten als offen angesehen würden, würde jedoch eine dann vorzunehmende Interessenabwägung nicht zu Gunsten des Ast ausfallen, wobei zu berücksichtigen ist, dass ihm auch durch die abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass er keinerlei Leistungen während der über den 07.08.2008 hinausgehende Ortsabwesenheit erhalten könne. Weiter ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass es sich um einen bereits vergangenen Zeitraum handelt, für den vorläufige Leistungen begehrt werden. Streitig ist nämlich allein der Leistungszeitraum vom 08.08.2008 bis 30.09.2008.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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