Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 2035/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2009/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. März 2008 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung der für den Monat November 2006 überzahlten Rente streitig.
Die Beklagte bewilligte dem am 23. Oktober 1968 geborenen Kläger auf seinen Antrag vom 21. Januar 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, beginnend ab 01. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2006 (Rentenbescheid vom 29. März 2005, Bl. 108 ff. der Verwaltungsakte). Der Rentenbewilligung lag im Wesentlichen der Entlassungsbericht der Klinik O. zugrunde, von der der Kläger bei einem Verdacht auf eine blande schizophrene Psychose, eine schizoid-narzisstische Persönlichkeitsstörung, Angst- und Depression gemischt sowie einem Nikotinabusus als arbeitsunfähig bei Therapieresistenz und weiterhin verminderter Belastbarkeit entlassen wurde, sowie das Gutachten des Neurologen und Psychiater Dr. L., der den Kläger nur noch drei bis sechs Stunden leistungsfähig einschätzte.
Der Zahlbetrag von 635,74 EUR wurde von der Beklagten auch für den Monat November 2006 an den Kläger überwiesen. Die Zahlung konnte nach den Aktenvermerken deswegen nicht rechtzeitig eingestellt werden, weil sich die Rentenakte Ende 2006 wegen eines anderen Klageverfahrens nicht bei der Leistungsabteilung befand (Bl. 97, 107 der Verwaltungsakte).
Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Antrag auf Weiterzahlung der Rente gestellt, so dass der Monat November als überzahlt gelte. Die Rentenzahlung sei im Dezember 2006 vorerst unterbrochen worden. Der Kläger gab an, die Rente sei keinesfalls überzahlt, da sie gegen seinen ausdrücklichen derzeitigen Willen und Gesetz weitergezahlt worden sei und man ihn auch aufgefordert habe, eine Weiterzahlung der Rente zu beantragen.
Daraufhin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 die überzahlte Leistung in Höhe von 635,74 EUR nach § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Die Zahlungen seien nicht mehr aufgrund des Bescheides vom 29. März 2005 und damit zu Unrecht erfolgt. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er in dem Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Erwerbsminderungsrente befristet sei.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und der ARGE Karlsruhe die Rente mutwillig und vorsätzlich sowie rechtswidrig und in Untreue weitergezahlt worden sei. Auf einen aktenkundigen Verwaltungsakt komme es daher nicht an. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, der Kläger habe nicht davon ausgehen können, dass die ihm über den 31. Oktober 2006 hinaus angewiesene Zahlung auch wirklich zustehe. Er hätte dies zumindest durch Rückfrage klären müssen. Durch diese Unterlassung habe er sich einer groben Fahrlässigkeit schuldig gemacht. Vertrauensschutzgründe könne er somit nicht mit Erfolg geltend machen. Nach wiederholter Absendung, zuletzt am 03. April 2006 (Bl. 133 der Verwaltungsakte), war kein Rücklauf mehr zu verzeichnen.
Am 23. April 2007 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat sich zur Begründung auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Zahlung im November 2006 für eine Brille und einer Matratze ausgegeben habe. Er habe die "In-Empfangnahme des Geldes aus banktechnischen Gründen nicht verhindern können". Auch habe ein "implizierter Verwaltungsakt" zur Weiterzahlung der Rente vorgelegen.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins vom 05. September 2007, dem der Kläger entschuldigt aus gesundheitlichen Gründen ferngeblieben ist, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2008, dem Kläger zugestellt am 01. April 2008, die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig. Der Vorschrift des § 50 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liege der Gedanke der ungerechtfertigten Bereicherung zugrunde. Dies sei bei dem Kläger der Fall, denn ihm sei nur bis Ende Oktober 2006 Rente bewilligt worden. Der Zahlung im November hätte kein Verwaltungsakt zugrunde gelegen, sie sei somit ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Ausführungen des Klägers über einen "implizierten Verwaltungsakt" seien daher nicht nachvollziehbar, denn die bloße Zahlung begründe keinen Rechtsgrund. Der Rückforderung stehe auch kein Vertrauensschutz entgegen. Dieser werde insbesondere nicht dadurch begründet, dass der Kläger das Geld für eine Matratze und eine Brille ausgegeben habe. Denn bei ihm liege zumindest eine grob fahrlässige Unkenntnis vor. In dem Bescheid sei deutlich und auf der ersten Seite vermerkt worden, dass die Rente befristet nur bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt werde und dann wegfalle. Aus diesem Hinweis sei für jeden Rentenbezieher ersichtlich, dass die letzte Zahlung im Oktober 2006 zu erwarten sei. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen ausreichend ausgeübt. Angesichts der relativen Geringfügigkeit der Rückforderung, der Ursache für die Nichteinstellung der Zahlung Ende 2006 und der deutlichen grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers habe die schlichte Erwägung ausgereicht, dass das Rückforderungsinteresse der Versichertengemeinschaft das Behaltensinteresse des Klägers überwiege. Dass die Beklagte hier anscheinend den falschen Baustein ("Rücknahme des Verwaltungsakts" statt "Rückforderung rechtsgrundloser Leistung") verwandt habe, ändere hieran nichts, denn es werde ausreichend deutlich, was sie gemeint habe. Die Beklagte habe schließlich auch die Jahresfrist beachtet. Der Umstand, dass der Kläger die überzahlte Rente nicht zurückzahlen könne, mache den Rückforderungsbescheid nicht rechtswidrig.
Zur Begründung seiner dagegen am 28. April 2008 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, zur Weiterzahlung der Rente sei es gegen sein mehrfach ausgedrücktes Verbot und in gemeinsamer Absprache mit der ARGE Karlsruhe und dem Sozialamt Karlsruhe gekommen. Dies habe das SG nicht ausreichend berücksichtigt. Er hafte daher für die Überzahlung nicht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass der Kläger zwischenzeitlich am 28. Mai 2008 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt habe. Dieser gelte, sofern eine rentenbegründende Leistungsminderung über den ursprünglichen Wegfallzeitpunkt 31. Oktober 2006 hinaus bestehe, als Weitergewährungsantrag.
Sie hat sich deswegen im Vergleichswege bereit erklärt, auf die Durchsetzung der Forderung bis zum Abschluss des Rentenverfahrens zu verzichten, sofern sich der Kläger im Gegenzug nach dessen Abschluss verpflichte, entweder den Betrag innerhalb von sechs Wochen zu zahlen oder für den Fall, dass eine Rentengewährung erfolge und eine ausreichende Nachzahlung zur Verfügung stehe, diese mit der Nachzahlung verrechnen werde. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot abgelehnt. Der für den 12. August 2008 anberaumte Termin zur Erörterung des Sachverhalts ist aufgehoben worden.
Der Antrag auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist mit Beschluss vom 02. Dezember 2008 (L 11 R 2009/08), das Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 29. August 2008 sowie die Anhörungsrüge gegen die Terminsbestimmung mit Beschluss vom 26. November 2008 (L 11 R 5380/08 R) zurückgewiesen bzw. verworfen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 635,74 EUR. Seit dem 01. April 2008 beträgt aber die Berufungssumme 750,- EUR (Art. 1 Nr. 24 des SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444 mWv 01. April 2008). Dass das SG die bei der Entscheidung noch zutreffende, nunmehr falsche Rechtmittelbelehrung erteilt hat, dass die Berufung zulässig sei, ist in diesem Zusammenhang unschädlich, denn die Berufung wurde nicht ausdrücklich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Insofern muss auf das geltende Berufungsrecht zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung abgestellt werden. Denn die Beschränkungen der Berufung sind grundsätzlich ab Inkrafttreten anzuwenden, da das Gesetz keine Übergangsvorschriften enthält.
Die Berufung des Klägers ist daher bereits unzulässig. Sie wäre im Übrigen auch unbegründet gewesen. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach muss der Empfänger Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, erstatten. Dies war bei dem Kläger, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, der Fall. Das hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht, weil er sich der Begründung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn dem Kläger war mit Bescheid vom 29. März 2005 nur Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt worden. Der Zahlung im November 2006 lag somit ersichtlich kein Verwaltungsakt zugrunde, sie ist somit ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Insbesondere wird Vertrauensschutz nicht durch seine behauptete Entreicherung, nämlich die Anschaffung einer Matzratze und einer Brille, begründet. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist bei dem Kläger der Fall, denn bereits auf der ersten Seite des Bescheides vom 29. März 2005 war deutlich vermerkt, dass die Rente nur bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt werde und dann wegfalle. Deswegen musste der Kläger aufgrund einfachster Überlegungen erkennen, dass ihm für den Monat November die Zahlung nicht zustand. Dass er dies auch tatsächlich erkannt hat, ergibt sich für den Senat im Übrigen aus seinem Vorbringen, er habe sich (angeblich) gegen die Zahlung gewehrt und sie sei ihm rechtswidrig geleistet worden.
Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ausreichend ausgeübt, indem sie ausgeführt hat, dass das Rückforderungsinteresse der Versichertengemeinschaft das Behaltensinteresse des Klägers überwiegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung der für den Monat November 2006 überzahlten Rente streitig.
Die Beklagte bewilligte dem am 23. Oktober 1968 geborenen Kläger auf seinen Antrag vom 21. Januar 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, beginnend ab 01. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2006 (Rentenbescheid vom 29. März 2005, Bl. 108 ff. der Verwaltungsakte). Der Rentenbewilligung lag im Wesentlichen der Entlassungsbericht der Klinik O. zugrunde, von der der Kläger bei einem Verdacht auf eine blande schizophrene Psychose, eine schizoid-narzisstische Persönlichkeitsstörung, Angst- und Depression gemischt sowie einem Nikotinabusus als arbeitsunfähig bei Therapieresistenz und weiterhin verminderter Belastbarkeit entlassen wurde, sowie das Gutachten des Neurologen und Psychiater Dr. L., der den Kläger nur noch drei bis sechs Stunden leistungsfähig einschätzte.
Der Zahlbetrag von 635,74 EUR wurde von der Beklagten auch für den Monat November 2006 an den Kläger überwiesen. Die Zahlung konnte nach den Aktenvermerken deswegen nicht rechtzeitig eingestellt werden, weil sich die Rentenakte Ende 2006 wegen eines anderen Klageverfahrens nicht bei der Leistungsabteilung befand (Bl. 97, 107 der Verwaltungsakte).
Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Antrag auf Weiterzahlung der Rente gestellt, so dass der Monat November als überzahlt gelte. Die Rentenzahlung sei im Dezember 2006 vorerst unterbrochen worden. Der Kläger gab an, die Rente sei keinesfalls überzahlt, da sie gegen seinen ausdrücklichen derzeitigen Willen und Gesetz weitergezahlt worden sei und man ihn auch aufgefordert habe, eine Weiterzahlung der Rente zu beantragen.
Daraufhin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 die überzahlte Leistung in Höhe von 635,74 EUR nach § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Die Zahlungen seien nicht mehr aufgrund des Bescheides vom 29. März 2005 und damit zu Unrecht erfolgt. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er in dem Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Erwerbsminderungsrente befristet sei.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und der ARGE Karlsruhe die Rente mutwillig und vorsätzlich sowie rechtswidrig und in Untreue weitergezahlt worden sei. Auf einen aktenkundigen Verwaltungsakt komme es daher nicht an. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, der Kläger habe nicht davon ausgehen können, dass die ihm über den 31. Oktober 2006 hinaus angewiesene Zahlung auch wirklich zustehe. Er hätte dies zumindest durch Rückfrage klären müssen. Durch diese Unterlassung habe er sich einer groben Fahrlässigkeit schuldig gemacht. Vertrauensschutzgründe könne er somit nicht mit Erfolg geltend machen. Nach wiederholter Absendung, zuletzt am 03. April 2006 (Bl. 133 der Verwaltungsakte), war kein Rücklauf mehr zu verzeichnen.
Am 23. April 2007 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat sich zur Begründung auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Zahlung im November 2006 für eine Brille und einer Matratze ausgegeben habe. Er habe die "In-Empfangnahme des Geldes aus banktechnischen Gründen nicht verhindern können". Auch habe ein "implizierter Verwaltungsakt" zur Weiterzahlung der Rente vorgelegen.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins vom 05. September 2007, dem der Kläger entschuldigt aus gesundheitlichen Gründen ferngeblieben ist, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2008, dem Kläger zugestellt am 01. April 2008, die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig. Der Vorschrift des § 50 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liege der Gedanke der ungerechtfertigten Bereicherung zugrunde. Dies sei bei dem Kläger der Fall, denn ihm sei nur bis Ende Oktober 2006 Rente bewilligt worden. Der Zahlung im November hätte kein Verwaltungsakt zugrunde gelegen, sie sei somit ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Ausführungen des Klägers über einen "implizierten Verwaltungsakt" seien daher nicht nachvollziehbar, denn die bloße Zahlung begründe keinen Rechtsgrund. Der Rückforderung stehe auch kein Vertrauensschutz entgegen. Dieser werde insbesondere nicht dadurch begründet, dass der Kläger das Geld für eine Matratze und eine Brille ausgegeben habe. Denn bei ihm liege zumindest eine grob fahrlässige Unkenntnis vor. In dem Bescheid sei deutlich und auf der ersten Seite vermerkt worden, dass die Rente befristet nur bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt werde und dann wegfalle. Aus diesem Hinweis sei für jeden Rentenbezieher ersichtlich, dass die letzte Zahlung im Oktober 2006 zu erwarten sei. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen ausreichend ausgeübt. Angesichts der relativen Geringfügigkeit der Rückforderung, der Ursache für die Nichteinstellung der Zahlung Ende 2006 und der deutlichen grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers habe die schlichte Erwägung ausgereicht, dass das Rückforderungsinteresse der Versichertengemeinschaft das Behaltensinteresse des Klägers überwiege. Dass die Beklagte hier anscheinend den falschen Baustein ("Rücknahme des Verwaltungsakts" statt "Rückforderung rechtsgrundloser Leistung") verwandt habe, ändere hieran nichts, denn es werde ausreichend deutlich, was sie gemeint habe. Die Beklagte habe schließlich auch die Jahresfrist beachtet. Der Umstand, dass der Kläger die überzahlte Rente nicht zurückzahlen könne, mache den Rückforderungsbescheid nicht rechtswidrig.
Zur Begründung seiner dagegen am 28. April 2008 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, zur Weiterzahlung der Rente sei es gegen sein mehrfach ausgedrücktes Verbot und in gemeinsamer Absprache mit der ARGE Karlsruhe und dem Sozialamt Karlsruhe gekommen. Dies habe das SG nicht ausreichend berücksichtigt. Er hafte daher für die Überzahlung nicht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass der Kläger zwischenzeitlich am 28. Mai 2008 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt habe. Dieser gelte, sofern eine rentenbegründende Leistungsminderung über den ursprünglichen Wegfallzeitpunkt 31. Oktober 2006 hinaus bestehe, als Weitergewährungsantrag.
Sie hat sich deswegen im Vergleichswege bereit erklärt, auf die Durchsetzung der Forderung bis zum Abschluss des Rentenverfahrens zu verzichten, sofern sich der Kläger im Gegenzug nach dessen Abschluss verpflichte, entweder den Betrag innerhalb von sechs Wochen zu zahlen oder für den Fall, dass eine Rentengewährung erfolge und eine ausreichende Nachzahlung zur Verfügung stehe, diese mit der Nachzahlung verrechnen werde. Der Kläger hat dieses Vergleichsangebot abgelehnt. Der für den 12. August 2008 anberaumte Termin zur Erörterung des Sachverhalts ist aufgehoben worden.
Der Antrag auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist mit Beschluss vom 02. Dezember 2008 (L 11 R 2009/08), das Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit mit Beschluss vom 29. August 2008 sowie die Anhörungsrüge gegen die Terminsbestimmung mit Beschluss vom 26. November 2008 (L 11 R 5380/08 R) zurückgewiesen bzw. verworfen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 635,74 EUR. Seit dem 01. April 2008 beträgt aber die Berufungssumme 750,- EUR (Art. 1 Nr. 24 des SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444 mWv 01. April 2008). Dass das SG die bei der Entscheidung noch zutreffende, nunmehr falsche Rechtmittelbelehrung erteilt hat, dass die Berufung zulässig sei, ist in diesem Zusammenhang unschädlich, denn die Berufung wurde nicht ausdrücklich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Insofern muss auf das geltende Berufungsrecht zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung abgestellt werden. Denn die Beschränkungen der Berufung sind grundsätzlich ab Inkrafttreten anzuwenden, da das Gesetz keine Übergangsvorschriften enthält.
Die Berufung des Klägers ist daher bereits unzulässig. Sie wäre im Übrigen auch unbegründet gewesen. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach muss der Empfänger Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, erstatten. Dies war bei dem Kläger, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, der Fall. Das hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht, weil er sich der Begründung in vollem Umfang anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Denn dem Kläger war mit Bescheid vom 29. März 2005 nur Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt worden. Der Zahlung im November 2006 lag somit ersichtlich kein Verwaltungsakt zugrunde, sie ist somit ohne Rechtsgrund erfolgt.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Insbesondere wird Vertrauensschutz nicht durch seine behauptete Entreicherung, nämlich die Anschaffung einer Matzratze und einer Brille, begründet. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist bei dem Kläger der Fall, denn bereits auf der ersten Seite des Bescheides vom 29. März 2005 war deutlich vermerkt, dass die Rente nur bis zum 31. Oktober 2006 bewilligt werde und dann wegfalle. Deswegen musste der Kläger aufgrund einfachster Überlegungen erkennen, dass ihm für den Monat November die Zahlung nicht zustand. Dass er dies auch tatsächlich erkannt hat, ergibt sich für den Senat im Übrigen aus seinem Vorbringen, er habe sich (angeblich) gegen die Zahlung gewehrt und sie sei ihm rechtswidrig geleistet worden.
Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ausreichend ausgeübt, indem sie ausgeführt hat, dass das Rückforderungsinteresse der Versichertengemeinschaft das Behaltensinteresse des Klägers überwiegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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