L 13 R 4061/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3001/97
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4061/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. In der ehemaligen DDR vor dem 1. Juli 1990 erzielte Arbeitsverdienste (oder Einkünfte), die ihrer Art nach gemäß den Gegebenheiten in der DDR beitragspflichtig gewesen wären, wenn es die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze nicht gegeben hätte, sind gemäß § 256a Abs. 3 Satz 1 SGB VI (in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1993) als sog. Überentgelte zu berücksichtigen. Seit Einführung der allgemeinen Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zum 1. März 1971 gilt dies nur für Versicherte, die nicht berechtigt waren der FZR beizutreten (Anschluss an BSGE 83, 104).

2. Bis 31. Dezember 1977 konnten der FZR nur Personen beitreten, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR hatten (§ 1 Abs. 1 der FZR-VO’71). Für Ausländer setzte dies eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis voraus.

3. Die Aufhebung vorgemerkter Tatbestände rentenrechtlicher Zeiten ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn der Aufhebungsbescheid selbst benennt, welche Tatbestände für welche Zeiträume nicht mehr vorgemerkt sind (Anschluss an BSG SozR 3-2600 § 149 Nr. 6).
Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 1999 wird teilweise aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 25. März 1996, 11. Juli 1996 und 23. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 1997 verpflichtet sowie unter Abänderung der Rentenbescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005 verurteilt, für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1977 Überentgelte nach § 256a Abs. 3 SGB VI vorzumerken und dem Kläger ab 1. Mai 2000 entsprechend höhere Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung der mit Bescheid vom 27. Oktober 1988 für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1981 vorgemerkten Entgelte zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und entsprechend im Übrigen die Klage gegen die Bescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005 abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Altersrente; die Beteiligten streiten insbesondere über die Berücksichtigung so genannter Überentgelte für die Zeit vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1985 gemäß § 256a Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der 1937 in D., B., geborene Kläger hatte im Herkunftsland zunächst den Beruf des Schlossers erlernt (1951 bis 1953) und anschließend bis 1956 ein Studium am Technikum für Berufsschullehrer in S., Fachgebiet Bergbau, absolviert; am 25. Juni 1956 war ihm die Qualifikation als Ingenieur - Berufsschullehrer verliehen worden. In der Folge arbeitete er in der Zeit vom 1. September 1958 bis 31. Dezember 1959 als Lehrer an einer Berufsschule für Bergbau. Anschließend siedelte er in die damalige DDR über und war dort als Fräser (15. Januar 1960 bis 31. Januar 1961), als Radialbohrer (20. Februar bis 31. August 1961), als Elektromechaniker (12. September 1961 bis 31. Dezember 1962), als Konstrukteur (1. Januar 1963 bis 15. Februar 1966) und vom 16. Februar 1966 bis 31. Dezember 1968 als Entwicklungsingenieur beschäftigt. Daneben absolvierte er ein Fernstudium der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule D. und erwarb am 14. Juli 1970 den akademischen Grad des Diplomingenieurs. In der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 30. September 1980 arbeitete er als Ingenieur für Applikation und Projektierung, vom 1. Oktober 1980 bis 20. Februar 1985 als Ingenieur für Werbung und Messen. Am 7. November 1985 zog er, nachdem er die DDR zuvor über J. und Ö. "illegal" verlassen hatte, in die Bundesrepublik Deutschland zu.

Auf den Kontenklärungsantrag vom 21. April 1986 anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 26. August 1986 Beitragszeiten nach § 15 des Fremdrentengesetzes (FRG). Mit Bescheid vom 27. Oktober 1988 stellte die Beklagte die in einem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Jahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31. Dezember 1981 als für die Beteiligten verbindlich fest. Am 26. Juni 1995 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Kontenklärung. Die Beklagte stellte daraufhin die vom Kläger zurückgelegten rentenversicherungsrechtlich relevanten Zeiten (bis 31. Dezember 1989) mit Bescheid vom 25. März 1996 fest und berücksichtigte dabei Überentgelte lediglich für die Zeit bis 28. Februar 1971. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 23. April 1996 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er sei als Ausländer nicht berechtigt gewesen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR) beizutreten. Deshalb habe er Anspruch auf Anerkennung von Überentgelten auch für die Zeit ab März 1971. Mit Schreiben vom 11. Juli 1996 teilte die Beklagte mit, dem Begehren des Klägers könne nicht entsprochen werden, da er sich ab März 1971 nicht ständig in der ehemaligen DDR aufgehalten habe. Dem widersprach der Kläger mit seinem Widerspruch vom 14. August 1996. Die Beklagte wertete diesen als Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), lehnte mit Bescheid vom 23. Oktober 1996 aber erneut die begehrte Anerkennung von Überentgelten für die Zeit vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1985 ab. Auf den (weiteren) Widerspruch des Klägers vom 26. November 1996 erließ die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 1997. Die Berücksichtigung von Überentgelten von Versicherten, die der FZR nach der Verordnung zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR-VO) vom 10. Februar 1971 nicht beitreten konnten, weil sie ihren ehemaligen Wohnsitz nicht in der DDR hatten, sei nach § 256a Abs. 3 Satz 1 SGB VI nicht vorgesehen. Nach Inkrafttreten der FZR-VO vom 17. November 1977 sei der Kläger ab 1. Januar 1978 zum Beitritt zur FZR berechtigt gewesen, da die vorher geltenden Einschränkungen ab diesem Zeitpunkt ersatzlos weggefallen seien.

Mit seiner am 23. Juni 1997 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er habe in der DDR immer nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung gehabt und der FZR bis zu seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht beitreten können. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Umstand, dass der Kläger für die die Beitragsbemessungsgrenze (der ehemaligen DDR) übersteigenden Verdienste Pflichtbeiträge nicht habe entrichten können, beruhe nicht auf der seinerzeit im Beitrittsgebiet geltenden Bemessungsgrenze, sondern auf dem Umstand, dass dem Kläger der Beitritt zur FZR verwehrt gewesen sei. § 256a Abs. 3 SGB VI könne deshalb keine Anwendung finden. Auf Anforderung des SG hat die Beklagte eine Arbeitsverdienstbescheinigung für Zeiten im Beitrittsgebiet betreffend den Zeitraum 1. März 1971 bis 20. Februar 1985 vorgelegt. Wegen des Inhalts dieser Bescheinigung wird auf Bl. 47 der Klageakten des SG Bezug genommen. Das SG hat (erfolglos) Anfragen zum Aufenthaltsstatus des Klägers in der damaligen DDR an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und an das Einwohnermeldeamt D. gerichtet. Mit Urteil vom 24. Februar 1999 hat das SG die Klage abgewiesen und sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten angeschlossen.

Gegen das ihm am 12. März 1999 mit Einschreibebrief übersandte Urteil des SG hat der Kläger am 25. März 1999 zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt (Az. L 13 RA 1208/99). Er begehre nach wie vor die Anerkennung von Überentgelten für die Zeit von 1971 bis 1977. Den Zeitraum von 1978 bis 1985 betreffend verzichte er hierauf wegen Schwierigkeiten bei der Beweisführung. Letzteres hat der Kläger später revidiert und zur Begründung darauf hingewiesen, er sei durch die unzutreffenden Rechtsausführungen der Beklagten in die Irre geführt worden. Seines Erachtens seien für den gesamten Zeitraum vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1985 Überentgelte zu berücksichtigen. Er halte daran fest, dass er nicht berechtigt war, der FZR beizutreten, da er einen ständigen Wohnsitz im Sinne der Direktionsanweisung Nr. 5/1971 nicht in der DDR gehabt habe. Durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 10. November 1998 – B 4 RA 33/98 R) sehe er sich in seiner Rechtsansicht bestätigt. Zur weiteren Begründung legt der Kläger unter anderem das Schreiben des Einwohner- und Standesamts der Landeshauptstadt D. vom 10. Mai 2006 vor. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 23 der Berufungsakte L 13 R 4061/05 verwiesen. Im Übrigen resultiere ein Anspruch auf höhere Rente auch aus dem die Beklagte bindenden Bescheid vom 27. Oktober 1988, der für die streitgegenständliche Zeit höhere Verdienste enthalte.

Mit Rentenbescheid vom 2. Mai 2000 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Mai 2000 in Höhe von monatlich 2.288,04 DM gewährt. Mit Beschluss vom 31. Juli 2000 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet und auf den Antrag des Klägers vom 4. Oktober 2005 unter dem Aktenzeichen L 13 R 4061/05 fortgesetzt. Mit Rentenbescheid vom 11. September 2000 ist die Rente ab 1. Mai 2000 neu festgestellt worden (Rentenhöhe 2.654,52 DM monatlich); mit Bescheiden vom 8. Mai 2001 (Rentenhöhe 2.705,32 DM monatlich) und vom 26. Juni 2001 (Rentenhöhe 2.711,63 DM monatlich) hat die Beklagte die Rente jeweils ab 1. Juli 2002 neu festgestellt. Mit Bescheid vom 2. Mai 2002 hat die Beklagte (Rentenhöhe 1.213,35 EUR monatlich) ab 1. April 2002 und mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 (Rentenhöhe 1.204,71 EUR monatlich) ab 1. Juli 2002 die Rente wieder neu festgestellt. Wegen des Inhalts der Rentenbescheide und insbesondere der Einzelheiten der Rentenberechnung wird auf Bl. 153 bis 171 der Berufungsakte L 13 RA 1208/99 sowie Bl. 116 bis 119, 120/121, 122 bis 124, 125 bis 127 und 130 bis 132 der Berufungsakte L 13 R 4061/05 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 1999 aufzuheben, die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 25. März 1996, 11. Juli 1996 und 23. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 1997 zu verpflichten, für die Zeit vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1985 Überentgelte nach § 256a Abs. 3 SGB VI vorzumerken und die Beklagte unter Abänderung der Rentenbescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm ab 1. Mai 2000 entsprechend höhere Altersrente für langjährig Versicherte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen die Bescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005 abzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig. Der Kläger sei sehr wohl berechtigt gewesen, der FZR beizutreten. Lediglich für die Rentenzahlungen sei Voraussetzung ein ständiger Wohnsitz in der DDR gewesen. Außerdem habe der Kläger auch seinen ständigen Wohnsitz in der DDR gehabt. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des BSG sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Der Antrag des Klägers auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. August 1970 bis 20. Februar 1985 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gemäß § 1 Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) in Verbindung mit der Anlage 1 zum AAÜG ist mit Bescheid der DRV als Zusatzversorgungsträger vom 25. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2003 abgelehnt worden. Die hiergegen seitens des Klägers erhobene Klage ist mit Urteil des SG vom 25. Oktober 2004 (S 8 RJ 3778/03) abgewiesen und die Berufung des Klägers mit (rechtskräftigem) Urteil des LSG vom 1. Februar 2006 (L 5 R 494/05) zurückgewiesen worden.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten , die Klageakten des SG (S 9 RA 3001/97), die Berufungsakten des Senats (L 13 RA 1208/99 und L 13 R 4061/05) sowie die beigezogenen Akten des LSG (L 5 R 494/05) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage sind die Bescheide vom 25. März 1996, 11. Juli 1996 und 23. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 1997 sowie die den Kläger Altersrente für langjährig Versicherte gewährenden Bescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005. Diese Rentenbescheide sind entsprechend § 96 Abs. 1 SGG in der hier noch anzuwendenden bis 31. März 2008 geltenden Fassung Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (BSG SozR 1500 § 53 Nr. 2, SozR 1500 § 96 Nr. 18 und SozR 2200 § 1259 Nr. 37). Über die Rentenbescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und vom 5. Oktober 2005 hat der Senat auf Klage zu entscheiden; sie sind vom Senat deshalb in vollem Umfang zu überprüfen. Dabei erweist sich die Berechnung der Altersrente für langjährig Versicherte teilweise als rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung der vom Kläger im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1977 tatsächlich erzielten Verdienste, also einschließlich der so genannten Überentgelte nach § 256a Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Soweit die Beklagte für diese Zeit keine Überentgelte festgestellt bzw. zugrunde gelegt hat, sind die angefochtenen Rentenbescheide ebenso wie der Vormerkungsbescheid vom 25. März 1996 rechtswidrig und verletzen den Kläger in subjektiven Rechten. Das Gleiche gilt, soweit die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1981 die Bindungswirkung des Vormerkungsbescheids vom 27. Oktober 1988 missachtet und für diesen Zeitraum der Rentenberechnung geringere Entgelte zugrunde gelegt hat. Im Übrigen hat die Beklagte die Höhe der Rente auf der Grundlage des Vormerkungsbescheids vom 25. März 1996 jedoch zutreffend berechnet; insbesondere sind, was auch für die entsprechende Vormerkung gilt, für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 20. Februar 1985 zu Recht keine Überentgelte berücksichtigt worden. Letztlich ist auch die Beschäftigungszeit vom 1. August 1970 bis 20. Februar 1985 nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gemäß § 1 Abs. 2 AAÜG in Verbindung mit der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen; insoweit wird auf das rechtskräftige Urteil des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 1. Februar 2006 (L 5 R 494/05), das den erkennenden Senat bindet, Bezug genommen.

Maßgebend für die Berechnung der Altersrente des Klägers sind die Bestimmungen des SGB VI, in Kraft getreten durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2262) mit Wirkung ab 1. Januar 1992. Der Kläger hat die hier streitigen Zeiten nicht unter der Geltung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Beitragspflicht, sondern im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 werden gemäß § 256a Abs. 1 Satz 1 SGB VI Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Als Verdienst zählen nach § 256a Abs. 2 Satz 1 SGB VI - soweit hier von Bedeutung - der Arbeitsverdienst und die Einkünfte, für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur FZR gezahlt worden sind. In Anwendung dieser Regelung hat die Beklagte, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, für den streitigen Zeitraum zutreffend die mit Pflichtbeiträgen belegten Einkünfte des Klägers bis zur jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Beiträge zur FZR hat der Kläger nicht gezahlt.

Die rentenrechtliche Anrechnung darüber hinausgehender Verdienste richtet sich nach § 256a Abs. 3 SGB VI in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1993 (BGBl. I S. 1038). Gemäß Satz 1 dieser Bestimmung zählen als Verdienst auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste oder Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur FZR nicht gezahlt werden konnten. Zum Verständnis und Anwendungsbereich dieser Norm hat das BSG in seinem Urteil vom 10. November 1998 (B 4 RA 33/98 R) Folgendes ausgeführt:

"Nach § 256a Abs. 3 SGB VI schließlich werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet (i. S. von § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) auch solche Arbeitsverdienste zum Versicherungsgegenstand i. S. des SGB VI erhoben und damit für die SGB VI-Rente erheblich, die nach den Gegebenheiten in der DDR dort nicht rentenwirksam versichert waren, obwohl sie aus der Sicht des Regelungskonzepts des SGB VI der Art nach, d. h. ungeachtet der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung der DDR, beitragspflichtige Einnahmen gewesen wären und Pflichtbeiträge nur wegen dieser DDR-Beitragsbemessungsgrenze nicht gezahlt werden konnten. Danach zählen als Verdienst auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen (oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbenen Anwartschaften) Pflichtbeiträge oder Beiträge zur FZR nicht gezahlt werden konnten.

Die Vorschrift enthält eine begünstigende Erweiterung der nach dem SGB VI in die Wertfestsetzung einzustellenden Arbeitsverdienste auch für solche, die nach den Gegebenheiten der DDR dort nicht wirksam versichert waren. Obwohl § 256a Abs. 3 SGB VI ausdrücklich von ‚beitragspflichtigen Arbeitsverdiensten‘ spricht, die nach demselben Gesetzestext in der DDR aber gerade nicht beitragspflichtig gewesen sein konnten, lässt sich der Bestimmung - auch mit Rücksicht auf sonstige ihr immanente Unklarheiten - noch andeutungsweise folgender Regelungssinn entnehmen: Soweit Arbeitsverdienste (und Einkünfte) vor dem 1. Juli 1990 nicht schon nach § 256a Abs. 2 SGB VI wegen ihrer (Alters-)Rentenwirksamkeit in der DDR als Verdienst i. S. von Abs. 1 a.a.O. einzustufen sind, zählen sie - trotz rentenversicherungsrechtlicher Unbeachtlichkeit in der DDR - unter folgenden Voraussetzungen ebenfalls als Verdienst i. S. von Abs. 1 a.a.O.: Es muss sich um Arbeitsverdienste (oder Einkünfte) vor dem 1. Juli 1990 handeln, die ihrer Art nach gemäß den Gegebenheiten in der DDR beitragspflichtig gewesen wären, wenn es allgemeine Beitragsbemessungsgrenze nicht gegeben hätte. Seit Einführung der allgemeinen FZR zum 1. März 1971 gilt dies nur für Versicherte, die nicht berechtigt waren der FZR beizutreten. Für Versicherte, die hierzu berechtigt waren, zählen Arbeitsverdienste (und Einkünfte) seither nur insoweit als Verdienst i. S. von Abs. 1 a.a.O., als Beiträge zur FZR hierfür gezahlt worden sind. Soweit die Arbeitsverdienste (oder Einkünfte) höher als eine Beitragsbemessungsgrenze in der FZR waren, zählen sie dann ebenfalls als zu berücksichtigender Verdienst i. S. von Abs. 1 a.a.O., wenn der Versicherte Höchstbeiträge zur FZR gezahlt hat.

Mit diesem Verständnis der Regelungen in § 256a Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI ergibt sich eine verfassungskonforme Auslegung, die auch das Verdikt der rechtsstaatswidrigen Unbestimmtheit des Gesetzes vermeidet. Bei dieser Auslegung des Begriffs der Beitragszahlung wird das Ziel erreicht, auf der Grundlage der in der DDR erzielten Verdienste einander vergleichbare Größen, nämlich versicherte Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Einzelnen mit versicherten Arbeitsentgelten und Arbeitseinkommen aller Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung (West), den so genannten versicherten Durchschnittsentgelten vergleichen zu können. Blieben in der DDR versichert gewesene Arbeitsentgelte bei der Entgeltpunkteermittlung nur deshalb außer Betracht, weil ‚aus ihnen‘ (zumindest teilweise) keine Beiträge erhoben worden sind, wäre nicht mehr gewährleistet, dass‚ z.B. der Durchschnittsverdiener im Beitrittsgebiet für ein Jahr ebenso einen Entgeltpunkt erhält, wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst im alten Bundesgebiet‘ (so die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 256a SGB VI, vgl. BT-Drucks. 12/405, S. 127 zu Nr. 67 - § 256a)."

Diese Maßstäbe, die sich der erkennende Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu eigen macht, zugrunde gelegt, sind im Fall des Klägers für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1977 neben den bereits berücksichtigten Entgelten auch die über der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze liegenden tatsächlich erzielten Verdienste gemäß § 256a Abs. 3 Satz 1 SGB VI als Überentgelte zu berücksichtigen. Die vom Kläger über die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze hinaus erzielten Verdienste wären ihrer Art nach gemäß den Gegebenheiten in der DDR versicherungspflichtig gewesen, wenn es die Beitragsbemessungsgrenze nicht gegeben hätte. Der Kläger war - anders als die Beklagte meint - in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1977 auch nicht berechtigt, der FZR beizutreten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der FZR-VO’71, in Kraft vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1977, konnten alle versicherungspflichtigen Werktätigen, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR hatten und deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600 M monatlich bzw. 7200 M jährlich überstieg, der FZR beitreten. Nach Nr. 1 (zu § 1 Abs. 1 FZR-VO’71) der Direktionsanweisung Nr. 5/1971 des Bundesvorstands des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds vom 11. März 1971 ist unter einem ständigen Wohnsitz in der DDR jeder nicht befristete Aufenthalt in der DDR zu verstehen. Staatenlose und ausländische Bürger mit (nur) befristeter Aufenthaltserlaubnis konnten nach dieser Direktionsanweisung der FZR ausdrücklich nicht beitreten. Für solche Ausländer war dementsprechend - entgegen der Rechtsansicht der Beklagten - nicht nur der Bezug einer FZR-Rente, sondern bereits der Beitritt zur FZR ausgeschlossen. Da der Kläger während seines Aufenthalts in der DDR durchgängig nur im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis gewesen ist, war für ihn bereits der Zugang zur FZR (bis 31. Dezember 1977) verwehrt. Dass dem Kläger keine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, steht zur vollen Überzeugung des Senats fest aufgrund der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung des Einwohner- und Standesamts der Landeshauptstadt Dresden vom 10. Mai 2006. An der Richtigkeit dieser Bescheinigung zu zweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Dem Kläger sind danach für den Zeitraum 17. Februar 1961 bis 17. Mai 1961, für die Zeit vom 31. Mai 1961 bis 30. November 1961 sowie für die Zeiten vom 17. Februar 1965 bis 31. Dezember 1972 und vom 11. Juni 1980 bis 27. Februar 1986 lediglich befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden. Aus dem Umstand, dass für die Zeiträume dazwischen keine Unterlagen mehr aufgefunden werden konnten, kann nicht gefolgert werden, der Kläger sei (in diesen Zeiten) im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gewesen. Andernfalls hätte für die (erneute) Ausstellung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis im Juni 1980 keine Notwendigkeit bestanden. Dafür, dass dem Kläger zwischenzeitlich eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt und später (vor dem 11. Juni 1980) wieder entzogen worden wäre, fehlt jeder Anhalt.

Demgegenüber kann der Kläger die Berücksichtigung von Überentgelten gemäß § 256a Abs. 3 SGB VI für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 20. Februar 1985 nicht verlangen. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger die Berufung ausdrücklich auf die Zeit bis Ende 1977 beschränkt und das Urteil des SG vom 24. Februar 1999 hinsichtlich der (unterbliebenen) Berücksichtigung von Überentgelten für die Zeit ab 1. Januar 1978 ausdrücklich nicht mit der Berufung angefochten hat. An dieser bei Berufungseinlegung am 25. März 1999 zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle abgegebenen Prozesserklärung muss der Kläger sich festhalten lassen; sie kann nicht mit der (sinngemäßen) Begründung, er habe insoweit zu Unrecht auf die Richtigkeit der (aus seiner Sicht unzutreffenden) Rechtsansicht der Beklagten und des SG vertraut. Dementsprechend sind die Bescheide vom 25. März 1996, 11. Juli 1996 und 23. Oktober 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 1997, soweit die Berücksichtigung von Überentgelten für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 20. Februar 1985 abgelehnt worden ist, bestandskräftig und das Urteil des SG vom 24. Februar 1999 insoweit rechtskräftig geworden. Wegen der Bindungswirkung dieser (negativen) Vormerkung kommt auch bei der (späteren) Rentengewährung eine Berücksichtigung von Überentgelten für Zeiten ab 1. Januar 1978 nicht in Betracht.

Darüber hinaus liegen für Zeiten nach dem 31. Dezember 1977 auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 256a Abs. 3 SGB VI nicht mehr vor. Die FZR-VO’71 trat in der DDR mit Wirkung ab 1. Januar 1978 außer Kraft und wurde ab diesem Zeitpunkt durch die FZR-VO vom 17. November 1977 ersetzt. Die zuvor geltende Beschränkung des Zugangs zur FZR auf Werktätige, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR hatten, war in dieser Verordnung nicht mehr enthalten (zum Personenkreis, der ab 1. Januar 1978 vom Beitritt zur FZR ausgeschlossen war, vgl. § 1 Abs. 2 der FZR-VO’77). Damit war auch der Kläger zum Beitritt zur FZR berechtigt, was nach den oben dargestellten Grundsätzen eine Anwendung des § 256 Abs. 3 SGB VI ausschließt (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 5/00 R - veröffentlicht in Juris).

Der Kläger hat mit seiner Klage gegen die Rentenbescheide vom 2. Mai 2000, 11. September 2000, 8. Mai 2001, 26. Juni 2001, 2. Mai 2002 und 5. Oktober 2005 jedoch auch hinsichtlich der Zeit ab 1. Januar 1978 Erfolg, soweit die Beklagte bei der Berechnung der Altersrente für langjährig Versicherte die Bindungswirkung des Vormerkungsbescheids vom 27. Oktober 1988 für Zeiten bis 31. Dezember 1981 missachtet hat. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte (in Anwendung des damals geltenden § 104 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz) die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Jahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31. Dezember 1981, als für die Beteiligten verbindlich festgestellt. Für das Jahr 1978 hat sie Pflichtbeiträge in Höhe von 42.624,00 DM vorgemerkt; für 1979 weist der Bescheid Pflichtbeiträge in Höhe von 45.060,00 DM, für 1980 in Höhe von 48.348,00 DM und für 1981 in Höhe von 50.640,00 DM aus. Diese Entgelte übersteigen diejenigen, von denen die Beklagte bei der Rentenberechnung ausgegangen ist; von der (verbindlichen) Vormerkung abzuweichen, war die Beklagte bei Erlass der streitgegenständlichen Rentenbescheide aber nicht berechtigt, denn sie hat den Bescheid vom 27. Oktober 1988 nicht rechtswirksam aufgehoben.

Die im Rentenbescheid vom 2. Mai 2000 verfügte Aufhebung des Bescheids vom 30. Juni 1989 erweist sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil die Beklagte das Gebot, den Inhalt des Verwaltungsaktes hinreichend zu bestimmen (§ 33 Abs. 1 SGB X), verletzt hat. Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regelt (zum Begriff der Regelung: § 31 SGB X ). Eine diesen Anforderungen genügende Aufhebung des Vormerkungsbescheids vom 27. Oktober 1988 und deren Umfang kommt im Bescheid vom 2. Mai 2000 nicht hinreichend zum Ausdruck. Die Beklagte hat zwar (auch) den Vormerkungsbescheid vom 27. Oktober 1988 benannt, diesen aber, ohne dies weiter zu konkretisieren, aufgehoben, "soweit er nicht dem geltenden Recht entspricht". Im Übrigen wurde jeweils bezüglich den von der Aufhebung betroffenen Zeiten nur auf den beigefügten Versicherungsverlauf verwiesen. Damit hat die Beklagte es dem Adressaten überlassen, Gegenstand, Inhalt und Umfang sowie Zeitpunkt der Aufhebungsregelung aus der bisherigen Korrespondenz zu erschließen; sie muss diese Entscheidungen aber selbst in ihrem Verwaltungsakt treffen und sie dem Adressaten verlautbaren (BSG SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 m.w.N. zu einer Aufhebungsentscheidung mit wortidentischem Inhalt).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision ( § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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