Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 5283/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4645/08 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 12. September 2008 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Klageverfahren S 3 AS 5283/07 rückwirkend ab 14. November 2007 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwalt F., F. beigeordnet.
Gründe:
Die gemäß § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte Beschwerde (§ 172 SGG) ist zulässig. Die Beschwerde ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat aus den nachstehenden Gründen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 3 AS 5283/07 unter Beiordnung des von ihr benannten Rechtsanwalts.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Klageverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102, 2103; Bundesgerichtshof NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. November 1998 - VI B 120/98 - (juris)) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1069; NJW 2003, 2976, 2977). Unter Beachtung der vorstehend genannten Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung im Klageverfahren S 3 AS5283/07 hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sind grundsätzlich die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rdnr. 7d; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rdnr. 423 ff.).
Hinreichende Erfolgsaussicht im oben dargelegten Sinn liegt vor. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit einer Tilgungsvereinbarung. Sie und ihr Ehemann schlossen am 4. September 2007 mit der Beklagten einen "Darlehens- und Abtretungsvertrag" ab, worin ein Darlehen für ein Mietkaution in Höhe von 1.200 EUR vereinbart wurde. Zusätzlich unterzeichneten sie eine Erklärung des Inhalts: " Uns ist bekannt, dass ohne unsere Zustimmung Tilgungsbeträge von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht einbehalten werden dürfen. Wir beziehen bei der Arbeitsgemeinschaft Freiburg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Wir erklären uns damit einverstanden, dass monatliche Tilgungsraten in Höhe von 50,00 Euro einbehalten werden können. Uns ist bekannt, dass wir diese Erklärung jederzeit für die Zukunft widerrufen können."
Die Feststellungsklage ist statthaft. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Die Feststellungsklage setzt nicht voraus, dass ein Rechtsverhältnis im Ganzen festgestellt werden soll. Es kann auch eine einzelne Beziehung oder Berechtigung aus diesem Rechtsverhältnis gerichtlich festgestellt werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-5915 § 3 Nr. 1; SozR 3-2500 § 87 Nr. 12; SozR 3-2500 § 125 Nr. 6; SozR 2200 § 1385 Nr. 3). Dazu gehört auch die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die zwischen ihr und der Beklagten getroffene vertragliche Vereinbarung des Einbehalts von monatlich 50 EUR von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Beklagte nichtig ist. Damit wird das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses geltend gemacht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Vorliegen eines Meinungsstreits im Rahmen der negativen Feststellungsklage nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin habe mit ihrer Erklärung (Bl. 377 Verwaltungsakte) bestätigt, dass ihr die Möglichkeit des Einbehalts von Tilgungsbeträgen von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur mit ihrer Zustimmung bekannt gewesen sei. Streitig ist hier nicht die generelle Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens (vgl. hierzu Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. September 2006 - L 13 AS 3108/06 ER-B - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 101), sondern die konkrete Frage der Wirksamkeit der zwischen den Beteiligten geschlossenen Tilgungsvereinbarung.
Die Klägerin verfügt auch über ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG. Dieses liegt dann vor, wenn der Betroffene ein eigenes berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 55 Rdnr. 15 ff.). Darunter ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse zu verstehen, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (vgl. BSG SozR Nr. 8 zu § 131 SGG). Die Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II und sieht sich monatlich einem Einbehalt i.H.v. 50 EUR ausgesetzt (so z.B. ersichtlich aus dem aktuellen Bewilligungsbescheid vom 21. Juli 2008 S. 2, Bl. 585 Verwaltungsakte), so dass ein wirtschaftliches Interesse vorliegt.
Die allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage steht ihrer Zulässigkeit hier auch nicht entgegen. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren schließt der Subsidiaritätsgrundsatz trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung im sozialgerichtlichen Verfahren (anders § 43 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung) den Einsatz der Feststellungsklage insoweit aus, als die Klägerin die Möglichkeit hat, ihre Ziele im Wege der Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 124 Nr. 1). Ein Feststellungsinteresse ist regelmäßig zu verneinen, wenn bereits im Rahmen der genannten anderen Klagearten über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zu Grunde liegen (vgl. BSGE 58, 150, 152 f; 73, 83, 84; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S. 6; SozR 3-4100 § 58 Nr. 5). Insoweit kann die Klägerin zwar Leistungsklage erheben auf Auszahlung der jeweils fälligen Leistung in Höhe von 50 EUR, wobei im Rahmen dieser Klage ebenfalls zu klären wäre, ob die Vereinbarung zum Einbehalt von monatlich 50 EUR zur Tilgung des Darlehens wirksam ist. Auf der anderen Seite ist die Klägerin wegen der Natur der Beklagten als juristische Person des öffentlichen Rechts unter Durchbrechung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht gehindert, anstelle einer zulässigen Leistungsklage eine Feststellungsklage zu erheben (vgl. BSG SozR 2200 § 182 a Nr. 7 = BSGE 59, 266). Ein Verweis auf die Nachrangigkeit kommt auch dann nicht in Betracht, wenn das Feststellungsinteresse weiter geht als der mit einer Leistungsklage zu erreichende Rechtsschutz (BSG SozR 2200 § 182 a Nr. 7 = BSGE 59, 266; SozR 3-2500 § 124 Nr. 1). Hier ist angesichts der Laufzeit bis zur endgültigen Tilgung des Darlehens die Feststellungsklage die effektivste Möglichkeit, die streitige Frage der Zulässigkeit des Einbehalts im Hinblick auf die vertragliche Abrede gerichtlich überprüfen zu lassen, denn im Rahmen einer Leistungsklage können sich für jeden Monat des Leistungsbezugs eine Vielzahl zusätzlicher Gesichtspunkte ergeben, die für die Höhe des Zahlungsanspruchs relevant sein können (z.B. erzieltes Einkommen, Sanktionen etc).
Entgegen der Auffassung des SG besteht auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (BSG NZS 99, 346). Zwar kann die Klägerin hier die Tilgungsvereinbarung widerrufen, dies ist jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft möglich. Mit der begehrten Feststellung der Nichtigkeit kann dagegen rückwirkend ab Abschluss der Vereinbarung geklärt werden, ob dieser Wirksamkeit zukommt. Auch in der Sache besteht hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Vortrag der Klägerin lässt es zumindest möglich erscheinen, dass die von ihr abgegebene Einverständniserklärung zum Einbehalt von monatlich 50 EUR aufgrund der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung nichtig ist (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend) oder dass die Beklagte entsprechend § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Vereinbarung zu berufen. Hinsichtlich der Umstände, ob die zuständige Sachbearbeiterin der Klägerin erklärt hat, Mietkautionsdarlehen seien grundsätzlich auch aus der Regelleistung zu tilgen; das Darlehen erhalte sie nur, wenn sie die Erklärung unterschreibe und dies sei Voraussetzung; im Falle eines Widerrufs seien Zinsen zu zahlen, sind weitere Ermittlungen erforderlich. Eine Erfolgsaussicht kann unter diesen Umständen nicht verneint werden.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen ebenfalls vor, die Prozessführung ist nicht mutwillig und die anwaltliche Vertretung aufgrund der zu entscheidenden rechtlichen und tatsächlichen Fragen erforderlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die gemäß § 173 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte Beschwerde (§ 172 SGG) ist zulässig. Die Beschwerde ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat aus den nachstehenden Gründen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 3 AS 5283/07 unter Beiordnung des von ihr benannten Rechtsanwalts.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Klageverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102, 2103; Bundesgerichtshof NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27. November 1998 - VI B 120/98 - (juris)) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BVerfG NJW-RR 2002, 1069; NJW 2003, 2976, 2977). Unter Beachtung der vorstehend genannten Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung im Klageverfahren S 3 AS5283/07 hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht sind grundsätzlich die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rdnr. 7d; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rdnr. 423 ff.).
Hinreichende Erfolgsaussicht im oben dargelegten Sinn liegt vor. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit einer Tilgungsvereinbarung. Sie und ihr Ehemann schlossen am 4. September 2007 mit der Beklagten einen "Darlehens- und Abtretungsvertrag" ab, worin ein Darlehen für ein Mietkaution in Höhe von 1.200 EUR vereinbart wurde. Zusätzlich unterzeichneten sie eine Erklärung des Inhalts: " Uns ist bekannt, dass ohne unsere Zustimmung Tilgungsbeträge von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht einbehalten werden dürfen. Wir beziehen bei der Arbeitsgemeinschaft Freiburg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Wir erklären uns damit einverstanden, dass monatliche Tilgungsraten in Höhe von 50,00 Euro einbehalten werden können. Uns ist bekannt, dass wir diese Erklärung jederzeit für die Zukunft widerrufen können."
Die Feststellungsklage ist statthaft. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Die Feststellungsklage setzt nicht voraus, dass ein Rechtsverhältnis im Ganzen festgestellt werden soll. Es kann auch eine einzelne Beziehung oder Berechtigung aus diesem Rechtsverhältnis gerichtlich festgestellt werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-5915 § 3 Nr. 1; SozR 3-2500 § 87 Nr. 12; SozR 3-2500 § 125 Nr. 6; SozR 2200 § 1385 Nr. 3). Dazu gehört auch die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die zwischen ihr und der Beklagten getroffene vertragliche Vereinbarung des Einbehalts von monatlich 50 EUR von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Beklagte nichtig ist. Damit wird das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses geltend gemacht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann das Vorliegen eines Meinungsstreits im Rahmen der negativen Feststellungsklage nicht mit der Begründung verneint werden, die Klägerin habe mit ihrer Erklärung (Bl. 377 Verwaltungsakte) bestätigt, dass ihr die Möglichkeit des Einbehalts von Tilgungsbeträgen von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur mit ihrer Zustimmung bekannt gewesen sei. Streitig ist hier nicht die generelle Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens (vgl. hierzu Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. September 2006 - L 13 AS 3108/06 ER-B - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 101), sondern die konkrete Frage der Wirksamkeit der zwischen den Beteiligten geschlossenen Tilgungsvereinbarung.
Die Klägerin verfügt auch über ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG. Dieses liegt dann vor, wenn der Betroffene ein eigenes berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 55 Rdnr. 15 ff.). Darunter ist jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigte Interesse zu verstehen, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (vgl. BSG SozR Nr. 8 zu § 131 SGG). Die Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II und sieht sich monatlich einem Einbehalt i.H.v. 50 EUR ausgesetzt (so z.B. ersichtlich aus dem aktuellen Bewilligungsbescheid vom 21. Juli 2008 S. 2, Bl. 585 Verwaltungsakte), so dass ein wirtschaftliches Interesse vorliegt.
Die allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage steht ihrer Zulässigkeit hier auch nicht entgegen. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren schließt der Subsidiaritätsgrundsatz trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung im sozialgerichtlichen Verfahren (anders § 43 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung) den Einsatz der Feststellungsklage insoweit aus, als die Klägerin die Möglichkeit hat, ihre Ziele im Wege der Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 124 Nr. 1). Ein Feststellungsinteresse ist regelmäßig zu verneinen, wenn bereits im Rahmen der genannten anderen Klagearten über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zu Grunde liegen (vgl. BSGE 58, 150, 152 f; 73, 83, 84; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr. 1 S. 6; SozR 3-4100 § 58 Nr. 5). Insoweit kann die Klägerin zwar Leistungsklage erheben auf Auszahlung der jeweils fälligen Leistung in Höhe von 50 EUR, wobei im Rahmen dieser Klage ebenfalls zu klären wäre, ob die Vereinbarung zum Einbehalt von monatlich 50 EUR zur Tilgung des Darlehens wirksam ist. Auf der anderen Seite ist die Klägerin wegen der Natur der Beklagten als juristische Person des öffentlichen Rechts unter Durchbrechung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht gehindert, anstelle einer zulässigen Leistungsklage eine Feststellungsklage zu erheben (vgl. BSG SozR 2200 § 182 a Nr. 7 = BSGE 59, 266). Ein Verweis auf die Nachrangigkeit kommt auch dann nicht in Betracht, wenn das Feststellungsinteresse weiter geht als der mit einer Leistungsklage zu erreichende Rechtsschutz (BSG SozR 2200 § 182 a Nr. 7 = BSGE 59, 266; SozR 3-2500 § 124 Nr. 1). Hier ist angesichts der Laufzeit bis zur endgültigen Tilgung des Darlehens die Feststellungsklage die effektivste Möglichkeit, die streitige Frage der Zulässigkeit des Einbehalts im Hinblick auf die vertragliche Abrede gerichtlich überprüfen zu lassen, denn im Rahmen einer Leistungsklage können sich für jeden Monat des Leistungsbezugs eine Vielzahl zusätzlicher Gesichtspunkte ergeben, die für die Höhe des Zahlungsanspruchs relevant sein können (z.B. erzieltes Einkommen, Sanktionen etc).
Entgegen der Auffassung des SG besteht auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (BSG NZS 99, 346). Zwar kann die Klägerin hier die Tilgungsvereinbarung widerrufen, dies ist jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft möglich. Mit der begehrten Feststellung der Nichtigkeit kann dagegen rückwirkend ab Abschluss der Vereinbarung geklärt werden, ob dieser Wirksamkeit zukommt. Auch in der Sache besteht hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Vortrag der Klägerin lässt es zumindest möglich erscheinen, dass die von ihr abgegebene Einverständniserklärung zum Einbehalt von monatlich 50 EUR aufgrund der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung nichtig ist (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend) oder dass die Beklagte entsprechend § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Vereinbarung zu berufen. Hinsichtlich der Umstände, ob die zuständige Sachbearbeiterin der Klägerin erklärt hat, Mietkautionsdarlehen seien grundsätzlich auch aus der Regelleistung zu tilgen; das Darlehen erhalte sie nur, wenn sie die Erklärung unterschreibe und dies sei Voraussetzung; im Falle eines Widerrufs seien Zinsen zu zahlen, sind weitere Ermittlungen erforderlich. Eine Erfolgsaussicht kann unter diesen Umständen nicht verneint werden.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH liegen ebenfalls vor, die Prozessführung ist nicht mutwillig und die anwaltliche Vertretung aufgrund der zu entscheidenden rechtlichen und tatsächlichen Fragen erforderlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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