L 11 AS 397/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 173/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 397/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 147/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.10.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses gemäß § 421 l Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie hilfsweise für die Zeit ab 10.10.2006 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat, und dabei insbesondere, ob das Einkommen und Vermögen der Zeugin C. (G) im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen ist.

Der 1959 geborene, ledige Kläger bezog nach einem vorübergehenden Aufenthalt in S. - er wohnte dort "bei C." - seit 01.01.2001 mit Unterbrechungen Sozialhilfe (u.a. Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Hilfe zum Aufbau und zur Sicherung der Lebensgrundlage nach § 30 Bundessozialhilfegesetz -BSHG -, ohne dass das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft mit G angenommen wurde. Er war als freier Journalist tätig. Zusammen mit G zog er im Frühjahr 2001 nach A-Stadt, B.Straße, 2003 in die M.Straße und am 15.10.2007 in die A-Straße. Hinsichtlich der Wohnung M.Straße. sollten der Kläger und G jeweils die Hälfte der Unterkunftskosten tragen.

Am 23.11.2004 beantragte der Kläger die Bewilligung von Alg II. Er und G würden zusammen wohnen und sich die Mietkosten teilen. Seine beruflichen Aufwendungen wie auch sein Einkommen als freier Journalist seien unterschiedlich. Auskünfte hierzu könnten in der Regel erst nachträglich gegeben werden. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Mitarbeiter der Beklagten fest, die Wohnung in der M.Straße. bestehe aus einem großen, aus zwei Zimmern zusammengelegten Wohnzimmer und einem Schlafzimmer. Im Wohnzimmer befinde sich der PC und das FAX-Gerät, das "Archiv" des Klägers befinde sich im Flur.

Mit Schreiben vom 24.01.2005 forderte die Beklagte ausgehend vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft, den Kläger auf, Einkommen und Vermögen von G sowie sein eigenes Einkommen darzulegen, wobei Betriebsausgaben im Einzelnen zu belegen seien, soweit mehr als 30 % der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben geltend gemacht würden.

Unterlagen für den Zeitraum ab 10.10.2006 legte der Kläger nicht vor. Er erklärte vielmehr, Schreiben, Aktenschränke und Konferenztisch für seine journalistische Tätigkeit ständen im Wohnzimmer und Flur und würden ca. 20 qm Wohnfläche in Anspruch nehmen. Er legte allerdings eine selbstverfasste Gewinn- und Verlustrechnung für 2002 - gefertigt für das Finanzamt A-Stadt vom 14.01.2004 und ohne jegliche Belege - vor und gab an, 2003 12.874,04 EUR Bruttoeinnahmen erzielt zu haben. G teilte mit, sie sei nicht mehr bereit, die Existenz des Klägers zu finanzieren, er sei mit der Miete in Rückstand. Die Miete selbst würde von ihrem Konto abgebucht werden.

Mit Schreiben vom 02.02.2005 bot die Beklagte vergebens einen Besprechungstermin zur Klärung der Einkommensverhältnisse und Einkommensnachweise des Klägers an. Am 23.02.2005 übersandte der Kläger eine Bilanz von 2005, ohne jedoch Belege für die geltend gemachten Ausgaben in Höhe von 1.847,00 EUR, denen Einnahmen in Höhe von 400,00 EUR netto gegenüber stünden.

Der Kläger teilte der Beklagten mit bzw. gab bei einer Vorsprache dort an, ohne eine Unterstützung durch G wäre er obdachlos geworden. Auch sei bis
30.12.2004 lediglich eine Wohngemeinschaft angenommen worden. Er bitte, die Privatsphäre der G zu respektieren. Die individuelle Nutzung der Wohnung (gemeinsamer Schlafraum) sei für die Bewertung völlig irrelevant. Die benötigte Bürofläche betrage lediglich 3,35 qm, sein Einkommen könne er nicht vorab schätzen. Bei den Betriebsausgaben seien steuerrechtliche Regelungen und Pauschalen zu berücksichtigen. Es würden als Ausgaben Miet- und Nebenkosten (für Wohnung und Büro) anfallen. Die Betriebsausgaben seien höher als 30 % der Betriebseinnahmen. Für Februar 2005 rechne er mit einem Einkommen von 0 EUR, habe aber fixe Betriebsausgaben in Höhe von geschätzt 500,00 EUR. Im Rahmen einer beruflich bedingten Auslandsreise habe er Unkosten (u.a. Bewirtung von Betreuern, Benzinkosten etc.) gehabt, deren Erstattung z.T. noch nicht geklärt sei. Er legte ein Fahrtenbuch für die Zeit vom 01.01.2005 bis 18.02.2005 vor.

Mit Schreiben vom 03.02.2005 und erneut mit Schreiben vom 15.08.2005 beantragte der Kläger von der Beklagten die Bewilligung einer sog. "Ich-AG". Er habe bereits im November 2004 einen einstweiligen Antrag gestellt. Diesen Antrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 mangels sachlicher Zuständigkeit zurück. Klage hiergegen hat der Kläger nicht erhoben.

Mit Schreiben vom 18.02.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es werde vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von G habe der Kläger bislang noch nicht nachgewiesen. Bis spätestens 04.03.2005 habe er - von der Beklagten konkret bezeichnete - Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen von G sowie zu den eigenen Betriebseinnahmen und -ausgaben vorzulegen, da die bisher übersandten Belege und Nachweise nicht aussagekräftig seien. Die Beweislast für das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit trage er. Mangels entsprechender Nachweise könne über den Antrag nicht endgültig entschieden werden. Nachdem der Kläger keine weiteren Unterlagen vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2005 idG des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 den Antrag mangels Mitwirkung ab. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bedarfsgemeinschaft seien von ihm nicht nachgewiesen worden und er sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten daher nicht überprüft werden.

Das hiergegen durchgeführte Klage- und Berufungsverfahren für den im Rahmen einer vergleichsweisen Regelung (Vergleich vom 10.10.2006 - L 11 AS 19/06) zur Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 mangels ausreichender Rechtsfolgenbelehrung. Die Be-
klagte werde erneut über den Anspruch auf Alg II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 09.10.2006 entscheiden. Für die Zeit ab 10.10.2006 stellte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2006 einen neuen Antrag auf Alg II.

Mit Schreiben vom 12.10.2006 forderte die Beklagte den Kläger sowie die Zeugin G daraufhin auf, u.a. das Einkommen anzugeben. Hierzu teilte der Kläger mit, er habe monatlich fixe Kosten. Aufträge würden in seiner Branche nur mündlich erteilt werden. G gab an, mit dem Kläger lediglich eine Wohngemeinschaft zu bilden. Sie sehe keinerlei Veranlassung, einer Mitwirkungspflicht nachzukommen.

Mit Bescheid vom 24.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg II für die Zeit vom 10.10.2006 bis 30.04.2007 ab. Der Kläger habe die angeforderten Unterlagen über sein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nicht vorgelegt. Er habe jedoch Ausgaben geltend gemacht, die er ohne Einkommen nicht habe begleichen können. Dieses Einkommen habe er nicht dargelegt. Seine Hilfebedürftigkeit könne daher nicht geprüft werden und sei nicht nachgewiesen. Im Übrigen habe er nicht ausreichend mitgewirkt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007 zurück. Weder der Kläger noch G hätten Nachweise über Einkommen und Vermögen vorgelegt. Hilfebedürftigkeit sei daher nicht glaubhaft gemacht. Den Nachweis hierfür habe der Kläger zu führen.

Einen erneuten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2008 für die Zeit vom 12.09.2007 bis 31.03.2008 ab. Hiergegen ist ein gesondertes Klageverfahren beim Sozialgericht Nürnberg (SG) rechtshängig.

Gegen den Bescheid vom 24.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und die Bewilligung von Leistungen für eine sogenannte "Ich-AG", hilfsweise von Alg II begehrt. Er habe seine Bedürftigkeit nachgewiesen, eine Bedarfsgemeinschaft mit G habe nicht bestanden und bestehe nicht. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 04.10.2007 abgewiesen. Sollte eine eheähnliche Gemeinschaft angenommen werden, wofür
einiges spreche, fehle es am Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der G. Im Übrigen habe aber der Kläger das eigene Einkommen nicht dargelegt. Die Beklagte könne daher einen Leistungsanspruch prüfen. Ein Anspruch auf Alg II bestehe daher nicht.

Zur Begründung der dagegen zum BayLSG eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe eine Unterstützung als sog. Ich-AG beantragt, es gehe ihm vor allem um diese Leistung. Die Mietkosten würden durch ein Darlehen von G in Höhe von zur Zeit ca. 50.000,00 EUR finanziert worden. G decke auch darlehensweise den monatlichen Unterhalt, der auf ca. 350,00 EUR geschätzt werde. Monatlich stehe ein gemeinsamer Topf von ca. 700,00 EUR für den gemeinsamen Lebensunterhalt zur Verfügung, wovon - auch, gemeinsam - eingekauft werde und die beide betreffenden Bedürfnisse befriedigt würden. Listen über die gemeinsamen Ausgaben (Ausnahme: außergewöhnliche Anschaffungen) würden nicht geführt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 04.10.2007 sowie den Bescheid
vom 24.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
17.01.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit ab
10.10.2006 Existenzgründungszuschuss, hilfsweise Arbeitslosengeld II zu
gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat den - erneuten - Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH abgelehnt und die - erneute - Ablehnung aller Senatsmitglieder als rechtsmissbräuchlich verworfen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2008 im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 368/07).

G ist im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 368/07 uneidlich als Zeugin vernommen worden. Sie hat ausgeführt, der Kläger und sie seien kurzzeitig ein Liebespaar gewesen, würden aber jetzt allein aus Kostengründen zusammen wohnen. Die Mietrückstände habe sie dem Kläger gestundet bzw. sie habe diese darlehensweise übernommen. Darüber hinaus übernehme sie darlehensweise ohne schriftlichen Vertrag Lebenshaltungskosten des Klägers in Höhe von ca. 350,00 EUR monatlich. Sie handle aus Mitleid. Sie habe ihn Anfang 2005 bei der Beantragung von Leistungen für eine Ich-AG begleitet.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Akten des SG A-Stadt S 8 AS 227/05, S 8 AS 238/05 und S 5 AS 213/08 sowie des BayLSG L 11 AS 235/06, L 11 AS 289/07 und L 11 AS 368/08 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist zunächst - - worüber das SG, obwohl ein entsprechender Antrag vom Kläger mit Schriftsatz vom 19.02.2007 gestellt worden war, nicht entschieden hat - der Antrag auf Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses gemäß § 421 l SGB III (sog. "Ich-AG").

Die Klage auf Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses, über die der Senat unter dem Gesichtspunkt des sog. "Heraufholens von Prozessresten" wenn schon nicht als erstinstanzliches Gericht so doch als Berufungsgericht entscheiden kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 140 Rdnr. 2a, § 157 Rdnr.2a und insbesondere § 143 Rdnr. 1b), ist unzulässig. Die Beklagte hat einer Entscheidung über diesen "Prozessrest" nicht widersprochen. Diese Leistung ist aber nicht Gegenstand der mit der am 18.02.2007 zum SG erhobenen Klage angegriffenen Bescheides vom 24.11.2006 gewesen. Der Bescheid vom 24.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 entscheidet allein über die Bewilligung von Alg II. Die Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses - die Beklagte ist hierfür gemäß § 16 Abs.1 SGB II ausdrücklich nicht sachlich zuständig - hat die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 abgelehnt. Rechtzeitig Klage dagegen hat der Kläger nicht erhoben. Die mit Schreiben vom 19.02.2007 hiergegen erhobene Klage ist verfristet erhoben worden und damit unzulässig. Somit war die Berufung hinsichtlich des Hauptantrages zurückzuweisen (nach aA hätte der Senat erstinstanzlich die vom SG übergangene Klage als unzulässig abgewiesen).

Auch die Berufung hinsichtlich des Hilfsantrages ist zurückzuweisen. Gegenstand
des Verfahrens ist dabei der durch die Zäsur der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 19/06 vom 10.10.2006 abgetrennte Leistungszeitraum vom 10.10.2006 bis längstens 11.09.2007 (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R - und Beschluss vom 19.09.2008 - B 14 AS 44/08 B -). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2006 im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 19/06 (anschließend L 11 AS 289/06) einen neuen Antrag auf Alg II gestellt, über den die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 24.11.2006 entschieden hat. Für die Zeit vom 12.09.2007 bis 31.03.2008 hat die Beklagte durch den weiteren Bescheid vom 10.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2008 entschieden. Hiergegen ist ein gesondertes Verfahren beim SG rechtshängig. Die Frage der Einbeziehung des anschließenden Zeitraumes vom 01.04.2008 bis zur mündlichen Verhandlung am 16.10.2008 kann jedoch ebenso offen gelassen werden wie die Frage, ob die Beklagte den streitgegenständlichen Zeitraum bei einer Leistungsversagung durch die Benennung eines Zeitraumes, für den die Versagung Wirkung haben soll (hier: 30.04.2007 bzw. 31.03.2008), begrenzen kann. Der Kläger hat nämlich mangels Nachweises der Hilfebedürftigkeit im Rahmen einer aus ihm und G bestehenden Bedarfsgemeinschaft bis zum 16.10.2008 keinen Anspruch auf Alg II.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger hilfebedürftig ist.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II nur Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen
oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs.1 SGB II). Gemäß § 9 Abs.2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs.2 Satz 1 SGB II.
Das sind die Personen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nach § 7 Abs.3 Nr.3c iVm Abs 3a SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfe-
bedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammen lebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner (1) länger als ein Jahr zusammenleben, (2) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (3), Kinder oder Angehörige im Hause zu versorgen oder (4) befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen.

Mit der vom Gesetzgeber zum 01.08.2006 getroffenen und hier damit anwendbaren Neuregelung zum Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft beim Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die bisher von der Rechtsprechung aufgestellten Gesichtspunkte zum Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft berücksichtigt. Durch die Regelung des § 7 Abs.3a SGB III hat er eine Vermutungsregelung eingeführt, die wegen der Problematik der Ermittlung der tatsächlichen Voraussetzung einer eheähnlichen Gemeinschaft, eine Bedarfsgemeinschaft unterstellt, wenn eine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Diese Vermutung kann von den jeweiligen Klägern entkräftet werden.

Die Voraussetzung für eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs.3 Nr.3c SGB II für die Zeit ab 10.10.2006 - eine gesonderte Willensentscheidung durch die Partner, diese einzugehen, ist nicht erforderlich - liegen vor. Die Vermutungsregelung des § 7 Abs 3a SGB II greift ein, wenn ein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt i.S. des § 7 Abs.3 Nr.3c SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung vorliegt. Für eine getrennte Haushaltsführung finden sich keinerlei Anhaltspunkte, nachdem der Lebensunterhalt aus einem gemeinsamen von G gespeisten "Topf" von 700,00 EUR monatlich finanziert und - auch gemeinsam - eingekauft wird. Der Kläger und G leben seit mehr als einem Jahr in einem gemeinsamen Haushalt und es ist bereits wegen der Dauer des Zusammenlebens davon auszugehen, dass wechselseitiger Wille, Verantwortung für einander zu tragen und für einander einzustehen, vorliegt.

Diese Vermutung kann der Kläger und auch G nicht entkräften. Der Kläger ist zusammen mit G von seinem vorübergehenden Aufenthaltsort S. nach A-Stadt und innerhalb A-Stadt zweimal - obwohl nicht in der Lage, seine Miete zu zahlen - gemeinsam umgezogen. Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Kläger von S. oder von H. aus - seinem früheren Wohnsitz - in die B.Straße in A-Stadt eingezogen ist. Die Raumaufteilung der ab 2003 bewohnten Wohnung in der M.Straße bot keine Anhaltspunkte für eine getrennte Privatsphäre. Es gab lediglich ein Schlafzimmer, auch wenn G im Rahmen der Zeugenvernehmung angibt, das Vorhandensein eines Schlafzimmers bedeute nicht, dass beide sich darin gemeinsam aufhalten würden. Diese Ausführungen besagen nämlich ausdrücklich nicht, dass vorliegend tatsächlich keine gemeinsame Nutzung stattfinde. G übernahm und übernimmt sowohl die Miete als auch die Lebenshaltungskosten in der finanziellen Notsituation des Klägers zumindest darlehensweise, wobei für letztere keine Listen über die Höhe der von ihr darlehensweise an den Kläger erbrachten Zahlungen geführt wurden. Vielmehr wollen beide davon ausgehen, dass es sich monatlich um einem dem Regelsatz in etwa entsprechenden Betrag handle. Auch existiert kein schriftlicher Darlehensvertrag, ein Rückzahlungszeitpunkt ist nicht festgelegt, vielmehr rechnet G ggfs. auch mit einem Verlust des darlehensweise überlassenen Betrags, soweit der Kläger mit seinen Klagen vor den Sozialgerichten keinen Erfolg haben sollte. Diese Art der Darlehensgewährung hält angesichts der Höhe von ca. 50.000,00 EUR einem sogenannten Fremdvergleich, d. h. einer Darlehensvereinbarung unter Fremden in keinster Weise stand, sie ist vielmehr geprägt durch ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis und Verantwortungsgefühl des Darlehensgebers (G) gegenüber dem Darlehensnehmer, (dem Kläger). Es sind keinerlei Sicherheiten vorhanden. G steht damit für den Kläger ein, obwohl sie den Mietvertrag aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung hätte kündigen können. Sie ist auch dem Kläger bei der Suche nach Arbeit behilflich - so ihre eigenen Angaben. Zudem ist sie trotz der Unfähigkeit des Klägers, Miete zu bezahlen, mit diesem nochmals umgezogen, ohne dass sich die finanziellen Verhältnisse des Klägers geändert hätten. Nach alldem ist von einem gemeinsamen Wirtschaften in einem Haushalt im Rahmen einer bereits seit 2001 bestehenden Beziehung - die nach Auskunft von G auch vorübergehend eine Liebesbeziehung war, die Auflösung dieser Liebesbeziehung nach außen hin durch Trennung o. ä. nicht deutlich geworden - geprägt von einem gegenseitigen Einstandswillen und Verantwortungsgefühl, das selbstverständlich vorliegend hauptsächlich G betrifft, die ja allein Einkommen erzielt, auszugehen. Dies ist einer Ehe ähnlich. Das Einkommen und Vermögen von G ist somit zu berücksichtigen, eine Bedarfsgemeinschaft ist anzunehmen.

Diese Vermutung wird auch durch die Zeugenaussagen wie auch die Angaben des Klägers nicht entkräftet. Vielmehr belegen die Aussagen ein besonderes Verantwortungsgefühl und den Willen, für einander einzustehen, wenn auch zur Zeit einseitig durch die allein Einkommen erzielende G, sodass die Voraussetzungen des § 7 Abs.3 Buchst.c SGB II als nachgewiesen anzusehen sind, ohne dass es des Rückgriffes auf die Vermutungsregelung bedarf.

Es ist somit das Einkommen und Vermögen des Klägers wie auch der G im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit zu berücksichtigen. Die Hilfebedürftigkeit selbst ist im Wege des Vollbeweises als anspruchsbegründende Tatsache vom Kläger nachzuweisen. Er hat die Folgen der Nichterweislichkeit zu tragen (Beweisführungslast), wenn alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 103 Rdnr.19a). Die Ermittlungsmöglichkeiten sind vorliegend ausgeschöpft, denn der Kläger hat trotz mehrfacher Nachfragen und Fristverlängerung keine - belegten - Angaben zu seinem Einkommen und zu seinen berufsbedingten Ausgaben gemacht. Diesbezüglich ist er der Mitwirkungspflicht (§ 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -) nicht nachgekommen (Leitherer aaO Rdnr. 16). G hat ebenfalls ihre Mitwirkungspflicht nach § 60 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB II verletzt und hat sich trotz Nachfrage der Beklagten geweigert, entsprechende Angaben zu machen. Hierzu ist sie jedoch wegen Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. einer Bedarfsgemeinschaft verpflichtet. Die Beklagte hat keine andere Möglichkeit, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der G wie auch des Klägers zu ermitteln. Auch bietet sich für den Senat keine Möglichkeit, Informationen über die Einkommensverhältnisse des Klägers und der G zu erlangen, wenn diese hierbei nicht mitwirken. Mangels Nachweises der Hilfebedürftigkeit hat der Kläger keinen Anspruch auf Alg II für die streitige Zeit.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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