L 2 U 321/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 18 U 87/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 321/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit dem diese die der Klägerin wegen der Folgen eines Unfalls vom 21. Februar 2002 gewährte Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. auf 20 v.H. herabgesetzt hat.

Die 1980 geborene Klägerin erlitt am 21. Januar 2002 bei einem Wegeunfall einen operativ versorgten komplexe Beckenbruch mit Bruch des Kreuzbeines linksseitig, Sprengung der Kreuzbein-Darmbeinfuge linksseitig, Schambeinbruch mit vorderer Beckensprengung sowie linksseitiger Schädigung des Nervengeflechtes im Kreuzbeinbereich.

Mit Bescheid vom 4. September 2003 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30 v.H. ab 19. November 2002 bis auf weiteres. Diese Rente stellte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Dezember 2004 als Rente auf unbestimmte Zeit fest.

Auf der Grundlage eines zweiten Rentengutachtens vom 5. Januar 2006 kam Prof. Dr. E unter Berücksichtigung eines neurologischen Zusatzgutachtens von PD Dr. H vom 18. Januar 2006 in einer abschließenden Stellungnahme vom 27. Januar 2006 zu dem Ergebnis, dass sich eine wesentliche Besserung gezeigt habe und die MdE noch 20 v.H. betrage.

Nach Anhörung der Klägerin änderte die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 2. März 2006 dahingehend, dass diese nur noch nach einer MdE von 20 v.H. gewährt werde. An diesem Beschluss nahm der Arbeitgebervertreter der Niederschrift der Sitzung des Rentenausschusses vom 2. März 2006 zufolge wegen Befangenheit nicht teil.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2006 zurück. An diesem Beschluss wirkte kein Vertreter aus der Gruppe der Versicherten mit, da die Vertreterin ausweislich der Niederschrift der um 10 Uhr beginnenden Sitzung vom 1. Juni 2006 um 10:15 Uhr telefonisch absagte.

Mit ihrer vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die im neurologischen Zusatzgutachten vom 18. Januar 2006 getroffenen Feststellungen teilweise fehlerhaft seien, so sei ihr der Zehengang links nicht möglich, das Treppensteigen sei nicht beschwerdefrei, das Hinken habe sich nur bei vollständiger Konzentration auf das Gangbild verbessert. Das Sozialgericht hat die Sitzungsprotokolle des Rentenausschuss- und des Widerspruchsausschusses in Kopie zur Akte genommen und die vom Vorstand der Beklagten erlassenen Richtlinien zur Führung der Verwaltungsgeschäfte des Rentenausschusses vom 20. Mai 1998 (Richtlinie Rentenausschuss) und diejenigen zur Führung der Verwaltungsgeschäfte des Widerspruchsausschusses (Richtlinie Widerspruchsausschuss) vom selben Datum beigezogen. Nach dem jeweils gleichlautenden § 5 der Richtlinie Rentenausschuss und der Richtlinie Widerspruchsausschuss ist der Ausschuss beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen und die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. Nach § 3 Abs. 4 Satz 5 der Richtlinien kann von der Ladung von Stellvertretern abgesehen werden, wenn die Verhinderung nicht spätestens am dritten Tag vor der Ladung der ladenden Stelle bekannt wird.

Mit Urteil vom 17. April 2008 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 2. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2006 aufgehoben. Der Teilaufhebungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei bereits aus formalen Gründen rechtswidrig. Sowohl der Rentenausschuss als auch der Widerspruchsausschuss seien nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen. Die Beklagte habe von der Möglichkeit des § 36 a Sozialgesetzbuch (SGB) IV Gebrauch gemacht, den Erlass von Widerspruchsbescheiden und die Entscheidung über Renten und Rentenherabsetzungen wegen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse durch Satzung besonderen Ausschüssen zu übertragen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 der Satzung wirkten im Rentenausschuss nach Maßgabe von § 11 Abs. 3 der Satzung je ein Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber sowie der Geschäftsführer oder ein von ihm beauftragter Bediensteter der beklagten mit. Sei ein nach § 11 Abs. 3 Satz 1 der Satzung mitwirkungsberechtigtes Ausschussmitglied verhindert, sei nach § 11 Abs. 3 Satz 3 der Vertreter mitwirkungsberechtigt, der sich zur Mitwirkung bereit erkläre. § 64 Abs. 1 SGB IV, wonach die Selbstverwaltungsorgane beschlussfähig seien, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen und die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt seien, sei auf die besonderen Ausschüsse nicht anwendbar. Zum Einen gelte § 64 SGB IV schon nach seinem Wortlaut nur für Selbstverwaltungsorgane, zu denen die besonderen Ausschüsse nicht gehörten, zum Anderen wäre der Verweis in § 36 a Abs. 3 SGB IV auf § 63 Abs. 3 a und 4 SGB IV entbehrlich, wenn §§ 43 bis 66 SGB IV auch für besondere Ausschüsse gelten würden. Eine dem § 64 SGB IV entsprechende Regelung werde nicht durch § 3 Abs. 4 Satz 5 und § 5 der Vorstandsrichtlinien der Beklagten vom 20. Mai 1998 zur Führung der Verwaltungsgeschäfte des Rentenausschusses und des Widerspruchsausschusses herbeigeführt, da die Vorstandsrichtlinie vom höherrangigen Satzungsrecht abweiche, das eine dem § 64 Abs. 1 SGB IV entsprechende Regelung nicht enthalte.

Einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide stehe auch § 42 SGB X nicht entgegen, weil nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Dass das weitere Mitglied des Rentenausschusses bzw. des Widerspruchsausschusses die anderen beiden Mitglieder von der Unrichtigkeit der von der Verwaltung vorgeschlagenen Lösung oder zumindest von der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen hätte überzeugen können, sei angesichts der Sach- und Rechtslage durchaus möglich und jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die zugrunde liegende Frage, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin zum 2. März 2006 gebessert habe, sei schwierig und nicht offensichtlich zu bejahen, da die der Entscheidung zugrunde liegenden Gutachten nicht erkennen ließen, ob sie bei der Beantwortung der Frage nach einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse zutreffende Maßstäbe angewandt hätten.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Rentenausschuss und der Widerspruchsausschuss mit nur zwei Mitgliedern jeweils nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen seien. Höherrangiges Satzungsrecht stehe der Anwendung der Richtlinien der Beklagten zur Führung der Verwaltungsgeschäfte des Rentenausschusses und des Widerspruchsausschusses vom 20. Mai 1998 nicht entgegen. Das Sozialgericht habe übersehen, dass der Satzungswortlaut von einer tatsächlichen Verhinderung der Teilnahme spreche, während der Arbeitgeber-Vertreter aus Rechtsgründen von der Beschlussfassung ausgeschlossen gewesen sei. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, inwieweit die Vorstandsrichtlinie von höherrangigem Satzungsrecht abweiche. Die Satzung enthalte keine Bestimmung zur Beschlussfähigkeit des Ausschusses und mache insoweit den Weg über § 35 Abs. 2 SGB IV frei. Dabei werde nicht gegen zwingend einzuhaltende Satzungsinhalte verstoßen. Die Regelung des § 5 der Vorstandsrichtlinie entspreche der Vorschrift des § 64 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wäre nur dann nachvollziehbar, wenn in der Satzung eindeutig geregelt wäre, dass in jedem Fall ausnahmslos eine Entscheidung durch die besonderen Ausschüsse in einer Dreier-Besetzung zu erfolgen habe. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. April 2008 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Verhandlung zur Heilung der Verfahrensfehler auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Satzung der Beklagten vom 25. März 1998 beigezogen.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der Akten des Sozialgerichts und des die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 2.März 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2006 zu Recht aufgehoben, da beide Bescheide wegen fehlerhafter Besetzung sowohl des Rentenausschusses als auch des Widerspruchsausschusses rechtswidrig sind.

Nach § 36 a Abs. 1 Nr. 2 lit a. SGB IV können in der Unfallversicherung durch Satzung die erstmalige Entscheidung über Renten, Entscheidungen über Rentenerhöhungen, Rentenherabsetzungen und Rentenentziehungen wegen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse besonderen Ausschüssen übertragen werden. Gemäß § 36 a Abs. 2 Satz 1 SGB IV regelt die Satzung das Nähere, insbesondere die Zusammensetzung der besonderen Ausschüsse und die Bestellung ihrer Mitglieder. Nach S. 2 der Vorschrift können zu Mitgliedern der besonderen Ausschüsse nur Personen bestellt werden, die die Voraussetzungen der Wählbarkeit als Organmitglied erfüllen und, wenn die Satzung deren Mitwirkung vorsieht, Bedienstete des Versicherungsträgers. Für die ehrenamtlichen Mitglieder der besonderen Ausschüsse gelten die §§ 40 bis 42 sowie § 63 Abs. 3 a und 4 entsprechend, § 36 a Abs. 3 SGB IV. Auf dieser Grundlage hat die Vertreterversammlung der Beklagten in § 11 Abs. 1 der weiterhin geltenden Satzung vom 10. November 1999 dem Rentenausschuss die Entscheidung über Leistungen in den dort genannten Fällen übertragen. Die Satzung enthält zur Zusammensetzung des Rentenausschusses folgende Regelungen:

(2) Im Rentenausschuss wirken nach Maßgabe des Absatzes 3 je ein Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber sowie der Geschäftsführer oder ein von ihm beauftragter Bediensteter der Unfallkasse mit. Beratung und Beschlussfassung des Rentenausschusses erfolgen in nichtöffentlicher Sitzung. Die nach Satz 1 mitwirkungsberechtigten Mitglieder des Rentenausschusses haben gleiches Stimmrecht. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst.

(3) Der Vorstand bestellt für den Rentenausschuss jeweils mindestens zwei, höchstens sechs Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber, die einzeln, in alphabetischer Reihenfolge nach jeder Ausschusssitzung wechselnd ihre Gruppe im Rentenausschuss vertreten. Ihre Amtsdauer endet frühestens mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem die nächsten allgemeinen Wahlen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) stattfinden. Ist ein nach Satz 1 mitwirkungsberechtigtes Ausschussmitglied verhindert, ist der Vertreter seiner Gruppe mitwirkungsberechtigt, der sich zur Mitwirkung bereit erklärt.

Danach ist die Zusammensetzung der besonderen Ausschüsse durch die Satzung dahingehend geregelt, dass jeweils drei Personen, nämlich ein Arbeitgebervertreter, ein Vertreter der Versicherten und der Geschäftsführer die Beschlüsse über die in § 36 a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV genannten Fälle fassen. Eine abweichende Regelung der Zusammensetzung des Ausschusses für den Fall einer Verhinderung eines Mitgliedes ist nicht getroffen worden. Zwar lässt die Formulierung des § 11 Abs. 3 S. 3 der Satzung, dass der Vertreter der Gruppe des Verhinderten "mitwirkungsberechtigt" sei, der sich zur Mitwirkung bereit erkläre, zunächst den Schluss darauf zu, dass keine Mitwirkungspflicht bestehe. Dieser Auslegung steht jedoch entgegen, dass durchgängig der Begriff des mitwirkungsberechtigten Mitglieds des Ausschusses verwendet wird. Da die Vorgabe, dass der Rentenausschuss durch drei Mitglieder zu entscheiden hat, keine Einschränkung enthält, kann aus der Verwendung des Begriffs mitwirkungsberechtigt nicht auf eine andersartige Zusammensetzung im Fall der Verhinderung geschlossen werden.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 5 der vom Vorstand erlassenen Richtlinie zur Führung der Verwaltungsgeschäfte des Rentenausschusses vom 20. Mai 1998. Danach ist der Rentenausschuss beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind und die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. Eine derartige Regelung konnte jedoch nicht durch den Vorstand getroffen werden. Denn die Regelung über die Zusammensetzung des Ausschusses war in der Satzung, also durch die Vertreterversammlung, zu treffen. Allerdings verweist § 36 a Abs. 1 S. 2 SGB IV auf § 35 Abs. 2 SGB IV, der für entsprechend anwendbar erklärt wird. Danach ist der Vorstand befugt, für den Erlass der Entscheidungen Richtlinien zu erlassen, die die besonderen Ausschüsse zu beachten haben. Dies umfasst jedoch nicht die Kompetenz, eine von der Satzung abweichende Regelung über die Zusammensetzung des Rentenausschusses im Einzelfall, also z.B. der Verhinderung, zu treffen. Denn nach § 36a Abs. 2 SGB IV regelt die Satzung das Nähere, insbesondere die Zusammensetzung der besonderen Ausschüsse. Hierzu gehören auch die Regelungen der Gruppenzugehörigkeit und der Gruppenparität.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Richtlinie vom 20. Mai 1998, die auf der Regelungsbefugnis des § 19 Abs. 6 der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Satzung beruht, nach Außerkrafttreten dieser Satzung noch angewendet werden kann, obwohl die seit 1999 geltende Satzung keine entsprechende Regelung enthält.

Unerheblich ist, dass § 64 SGB IV Bestimmungen zur Beschlussfähigkeit enthält. Wie das Sozialgericht bereits dargelegt hat, findet § 64 Abs. 1 SGB IV keine Anwendung, da diese Vorschrift nur das Verfahren der Selbstverwaltungsorgane regelt. Hiervon wird der besondere Ausschuss nicht erfasst, da es sich bei ihm nicht um ein Organ der Selbstverwaltung handelt. Organe der Selbstverwaltung sind gemäß § 31 Abs. 1 SGB IV nur die Vertreterversammlung und der Vorstand. Auf diese Regelungen nimmt im Übrigen § 5 Abs. 2 der Satzung vom 25. März 1998 ausdrücklich Bezug, während § 2 der Satzung vom 10. November 1999 unter der Überschrift "Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane" in Abs. 1 die Vertreterversammlung und in Abs. 2 den Vorstand aufführt, so dass nicht etwa durch die Satzung den besonderen Ausschüssen eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Stellung eingeräumt wird.

Der Beschluss ist auch nicht deswegen ordnungsgemäß zustande gekommen, weil nach § 36 a Abs. 3 SGB IV für die ehrenamtlichen Mitglieder § 63 Abs. 3 a und 4 SGB IV entsprechend gelten. Nach § 63 Abs. 3 a SGB IV darf ein Mitglied eines Selbstverwaltungsorgans bei der Beratung und Abstimmung nicht anwesend sein, wenn hierbei personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers offen gelegt werden, der ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist. Diese Regelung dient allein dem Datenschutz des betroffenen Arbeitnehmers, hat aber auf die Zusammensetzung des Rentenausschusses nur insoweit Auswirkungen, als der betreffende Arbeitgebervertreter an der konkreten Beschlussfassung nicht mitwirken darf. Dass sich die Zusammensetzung des Rentenausschusses hierdurch ändert, ist mangels entsprechender Regelung in der Satzung der Beklagten ausgeschlossen.

Zutreffend hat das Sozialgericht auf der Grundlage derselben rechtlichen Überlegungen auch den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Nach § 36 a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV kann durch Satzung der Erlass von Widerspruchsbescheiden besonderen Ausschüssen übertragen werden. Auch von dieser Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht. Zum Widerspruchsausschuss regelt § 11 Abs. 5 der Satzung:

Für den Widerspruchsausschuss gelten die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe, dass die Vertreter der Arbeitgeber von der Vertreterversammlung bestellt werden.

Demzufolge besteht auch für den Widerspruchsausschuss keine Regelung, die eine Abweichung von einer Besetzung mit jeweils drei Personen, nämlich einem Arbeitgebervertreter, einem Vertreter der Versicherten und dem Geschäftsführer, zulassen würde.

Die Aufhebung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides war auch nicht durch § 42 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die danach erforderliche "faktische Alternativlosigkeit" ist angesichts der streitgegenständlichen Rentenherabsetzung schon deshalb nicht gegeben, weil die Herabsetzung davon abhängt, ob der Bewertung der medizinischen Sachverständigen gefolgt wird oder Einwände hiergegen bestehen.

Soweit die Beklagte eine Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 2 Satz 2 SGG beantragt, ist der Antrag abzulehnen, da dies im Interesse der Verfahrenskonzentration nicht sachdienlich ist. Eine derartige Verfahrensweise würde den Rechtstreit in nicht zu vertretender Weise verzögern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da die Frage, welche Regelungen in einer Satzung gemäß § 36 a Abs. 2 SGB IV selbst getroffen werden müssen, grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
Saved