Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
119
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 119 AS 749/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die 1977 geborene Klägerin begehrt einen Bildungsgutschein für eine 22-monatige überbetriebliche Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapie.
Sie ist allein erziehende Mutter zweier Mädchen im Alter von 4 und 6 Jahren.
Nach dem Abitur, das sie mit einem Notendurchschnitt von 2,5 absolvierte, studierte sie insgesamt 8 Semester Architektur von 1996 bis 2000 und daran anschließend 2 Semester Theologie und Philosophie bis September 2002. Einen Abschluss erwarb sie nicht. Während des Studiums, im März 2002, wurde das erste Kind geboren. Die Klägerin war ab Oktober 2002 in der Elternzeit. Im August 2003 bekam sie ihr zweites Kind. Zeiten längerer Berufstätigkeit liegen nicht vor.
Im September 2006 sprach die Klägerin bei dem Beklagten vor und stellte einen Antrag auf Förderung des Ausbildungsganges zur Heilpraktikerin für Psychotherapie/Kunsttherapeutin. Daraufhin wurde sie vom Beklagten am 22. September 2006 und am 06. sowie 10. Oktober 2006 beraten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin im Wesentlichen unter Hinweis auf die mangelnden Eingliederungschancen nach Abschluss der Weiterbildung ab. Gleichzeitig wurden der Klägerin bestimmte Leistungen des Beklagten in Aussicht gestellt, unter anderem die Teilnahme an einer beruflichen Umschulungsmaßnahme, sofern ein am Arbeitsmarkt nachgefragter Beruf angestrebt werde und von einer hohen Eingliederungsaussicht ausgegangen werden könne.
Im Zuge des sich hieran anschließenden Widerspruchsverfahrens wurde ein psychologisches Gutachten hinsichtlich der Eignung der Klägerin für die gewünschte Ausbildung und im Allgemeinen für soziale Berufe erstellt. Dabei wurde die Klägerin auch einer mehrstündigen testdiagnostischen Überprüfung hinsichtlich ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit und ihrer Kenntnisse unterzogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2006 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen und angeführt, die von der Klägerin gerügten Ermessensfehler lägen nicht vor. Indizien dafür, dass eine erhebliche Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in dem von ihr angestrebtem Beruf bestehe, seien nicht ersichtlich. Zwar habe die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei Heilpraktikern und artverwandten Berufen in den letzten Jahren zugenommen, gleichzeitig jedoch auch die Anzahl der Arbeitslosen in diesem Bereich.
Bereits am 21. November 2006 hatte die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Berlin gestellt mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, ihr einen Bildungsgutschein für einen 22-monatige überbetriebliche Ausbildung in dem von ihr gewünschten Bereich zu erteilen. Dieser Eilantrag wurde mit Beschluss der 53. Kammer des SG Berlin vom 08. Dezember 2006 (S 53 AS ) abgelehnt.
Am 28. Dezember 2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hält ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach abgeschlossener Weiterbildung für gut und schätzt sich als sehr befähigt für den von ihr gewählten Ausbildungsgang ein. Wegen ihres fehlenden Berufsabschlusses sei in ihrem Fall die Notwendigkeit einer Weiterbildung anzuerkennen.
Im März 2007 hat die Klägerin den angestrebten Fortbildungslehrgang in den Fächern Kunsttherapie und Psychotherapie an der "Akademie für ganzheitliche Gesundheitsbildung C N ... " begonnen und im März 2008 die Zwischenprüfung mit 182 von 200 möglichen Punkten erfolgreich absolviert. Die monatlich anfallenden Kursgebühren in Höhe von 311,- EUR finanziert die Klägerin nach eigenem Vorbringen teilweise durch ein monatliches Darlehen ihrer Mutter in Höhe von 199,- EUR, das laut schriftlichem Darlehensvertrag nach Beendigung der Fortbildung zurückzuzahlen ist, und teilweise, nämlich in Höhe von 112,- EUR monatlich, aus der Regelleistung.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2006 zu verurteilen, ihr einen Bildungsgutschein hinsichtlich der von ihr im März 2007 begonnenen Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie/ Kunsttherapeutin zu erteilen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide über ihren Antrag vom 15. September 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung und auf die Gründe des Widerspruchsbescheides. Darüber hinaus trägt er vor, weder sei "C N ..." ein zugelassener Träger im Sinne von § 84 SGB III noch handele es sich bei der von der Klägerin besuchten Ausbildung um eine zugelassenen Maßnahme nach § 85 SGB III.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Eilverfahren S 119 AS ... (= S 53 AS ). Vorgelegen hat weiter die Leistungsakte (1 Band).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bildungsgutscheins für die 22-monatige Ausbildung an der Schule "C N " noch auf eine Neubescheidung durch den Beklagten.
Richtige Klageart für den Hauptantrag ist die mit der Anfechtungsklage verbundene Verpflichtungsklage. Trotz des bereits erfolgten Ausbildungsbeginns wäre es nach Auffassung der Kammer bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 77 ff. SGB III grundsätzlich möglich, der Klägerin noch einen auf das Bildungsziel der Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapie begrenzten Bildungsgutschein nach § 77 Abs. 3 SGB III auszuhändigen, auch wenn der von der Klägerin ausgewählte Maßnahmeträger den Bildungsgutschein nicht mehr vor Beginn der Maßnahme vorlegen kann (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 3 SGB III). Bei dem Bildungsgutschein handelt es sich um einen Bescheid, mit dem das Vorliegen der Voraussetzungen für die Förderung einer Weiterbildung festgestellt wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02. September 2005 – L 8 AL 4970/04 -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). An der Erteilung dieses Bescheides besteht ein Rechtsschutzinteresse, auch wenn die Ausbildung bereits begonnen wurde, da die Klägerin die Ausbildung derzeit teilweise über ein Darlehen finanziert.
Die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschriften für die Erteilung des Bildungsgutscheines sind jedoch im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1a SGB II i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können (jedenfalls) die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskoten (§ 79 SGB III) gefördert werden, wenn
1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem von der Klägerin besuchten Ausbildungsgang bei "c ... N " bereits nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, sondern vielmehr um eine Ausbildung. Wie das Bundessozialgericht unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen in einem Urteil vom 29. Januar 2008 (B 7/7a AL 68/06 R, abrufbar unter juris) erneut festgestellt hat, ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend ist dabei die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers. Nach Zuschnitt, Struktur und Inhalten des Bildungsangebotes ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen geplant sind und welcher Abschluss angestrebt wird. Während die berufliche Weiterbildung erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer beruflichen Weiterbildung abstellt und auf berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpft, baut eine Ausbildungsmaßnahme nicht auf bereits erworbene berufliche Kenntnisse auf (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2006 – L 6 B 388/06 AL ER -, abrufbar unter juris, dort RN 18).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den von der Klägerin belegten Bildungsangeboten bei "c N " um eine Ausbildung, da berufliche Vorkenntnisse dafür nicht erforderlich sind. Die von der Klägerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen von "c N " weisen aus, dass Teilnahmevoraussetzung für die Ausbildung zur "Heilpraktikerin Psychotherapie" lediglich ein persönliches Vorgespräch mit der Studienberatung ist. Vorkenntnisse, insbesondere berufliche Vorerfahrungen, sind nicht erforderlich. Soll – wie im Falle der Klägerin – der staatlich anerkannte Abschluss Heilpraktikerin für Psychotherapie erworben werden, ist eine amtsärztliche Zulassungsprüfung beim Gesundheitsamt erforderlich. Der Prüfling muss mindestens 25 Jahre alt sein, ein polizeiliches Führungszeugnis sowie seine Geburtsurkunde vorlegen. Er muss die körperliche, geistige und seelische Eignung für den Heilpraktikerberuf durch ein ärztliches Attest belegen. Auch insoweit ist aber eine berufliche Vorerfahrung nicht Voraussetzung. Es reicht der Hauptschulabschluss, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Der Bildungsträger bezeichnet sein Bildungsangebot selbst als "Ausbildung" und spricht im Zusammenhang mit dem Programm von "Studieninhalten". Auch werden "Studiengebühren" erhoben. Die Inhalte des Bildungsangebotes (Struktur therapeutischer Arbeit und Beratungskompetenz, Geschichte der Psychotherapie, die wichtigsten Therapieeinrichtungen und Modelle, Psychotherapie und Spiritualität, Psychopathologie, Gesetzeskunde, Pharmakotherapie, Prüfungstraining für die amtsärztliche Überprüfung) deuten auf ein Bildungsangebot hin, das einem Studium an einer Fachhochschule oder Universität nachgebildet ist und auf den Erwerb eines Abschlusses (staatlich anerkannter Heilpraktiker für Psychotherapie) vorbereiten soll. Aus alledem ergibt sich, dass bereits erworbene berufliche Kenntnisse keine Voraussetzung für die Teilnahme an den von der Klägerin ausgewählten Bildungsangeboten von "c N " sind und es vielmehr um den Erwerb grundlegender Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Psychotherapie ohne zwingende Vorkenntnisse geht. Mithin handelt es sich nicht um eine Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III. Ob der Ausbildungsgang der Klägerin nach anderen Vorschriften förderungsfähig ist, ob es sich insbesondere um eine nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähige Ausbildung handelt, ist nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Da es sich bei der von der Klägerin besuchten Ausbildung nach Auffassung der Kammer nicht um eine Weiterbildung im Sinne der §§ 77 ff. SGB III handelt, kommt es nicht darauf an, ob die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind. Daher kann dahinstehen, ob vorliegend von einer Zulassung der Maßnahme und des Trägers der Maßnahme im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III i.V.m. §§ 84, 85 SGB III auszugehen ist. Insoweit erscheint allerdings fraglich, ob es ausreicht, dass es sich bei "c N " um einen häufiger im Rahmen des § 77 SGB III tätigen Träger handelt, für dessen Maßnahmen in der Vergangenheit bereits Bildungsgutscheine erteilt worden sind. Zwar setzt die Erteilung von Bildungsgutscheinen die Prüfung von Maßnahme und Träger voraus. Ob die in Einzelfällen erteilten Bildungsgutscheine aber ausreichen, um von einer generellen Zulassung des Trägers im Sinne von § 84 SGB III auszugehen, erscheint der Kammer zweifelhaft. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass § 84 SGB III ein förmliches Verwaltungsverfahren voraussetzt und im Rahmen dessen insbesondere einen Antrag des Trägers sowie ein Zertifikat einer Zertifizierungsstelle, die außerhalb der Bundesagentur/des JobCenters angesiedelt sein soll. Die Einhaltung dieses Verfahrens ist bei der Zulassung im Einzelfall jedenfalls nicht ersichtlich.
Auch kann offen bleiben, ob die Auffassung der Klägerin zutrifft, der Beklagte habe das ihm bei der Erteilung des Bildungsgutscheines zustehende Ermessen in fehlerhafter Weise ausgeübt und bei der Ermessensausübung insbesondere nicht auf eine positive Beschäftigungsprognose abstellen dürfen. Ob eine Prognoseentscheidung bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss (vgl. § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) entfällt, weil sich aus dem Fehlen eines berufsqualifizierenden Abschlusses immer die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung ergibt (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02. September 2005 – L 8 AL 4970/04 -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de), erscheint der Kammer allerdings zweifelhaft vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. um eine steuerfinanzierte Leistung handelt, bei deren Bewilligung die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und des effizienten Mitteleinsatzes zu berücksichtigen sind. Insoweit neigt die Kammer – ohne dass es vorliegend darauf entscheidungserheblich ankäme – der Auffassung zu, auch bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss eine Beschäftigungsprognose in dem Sinne zu verlangen, dass die Erwartung besserer Eingliederungschancen nach Teilnahme an der Maßnahme bestehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 03. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R -, abrufbar unter juris, dort RN 22).
Schließlich kann offen bleiben, ob – wie von der Klägerin vorgetragen - die Übernahme der Weiterbildungskosten vorliegend tatsächlich die einzig rechtmäßige Entscheidung gewesen wäre. Das Vorliegen einer Ermessenreduzierung in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung als die Übernahme der Kosten zum Erwerb des Abschlusses der Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapeutin rechtswidrig wäre, erscheint aus Sicht der Kammer allerdings zweifelhaft.
Angesichts dessen, dass es sich bei der von der Klägerin begonnenen Ausbildung aus Sicht der Kammer schon nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung handelt, konnte auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Neubescheidung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die 1977 geborene Klägerin begehrt einen Bildungsgutschein für eine 22-monatige überbetriebliche Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapie.
Sie ist allein erziehende Mutter zweier Mädchen im Alter von 4 und 6 Jahren.
Nach dem Abitur, das sie mit einem Notendurchschnitt von 2,5 absolvierte, studierte sie insgesamt 8 Semester Architektur von 1996 bis 2000 und daran anschließend 2 Semester Theologie und Philosophie bis September 2002. Einen Abschluss erwarb sie nicht. Während des Studiums, im März 2002, wurde das erste Kind geboren. Die Klägerin war ab Oktober 2002 in der Elternzeit. Im August 2003 bekam sie ihr zweites Kind. Zeiten längerer Berufstätigkeit liegen nicht vor.
Im September 2006 sprach die Klägerin bei dem Beklagten vor und stellte einen Antrag auf Förderung des Ausbildungsganges zur Heilpraktikerin für Psychotherapie/Kunsttherapeutin. Daraufhin wurde sie vom Beklagten am 22. September 2006 und am 06. sowie 10. Oktober 2006 beraten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin im Wesentlichen unter Hinweis auf die mangelnden Eingliederungschancen nach Abschluss der Weiterbildung ab. Gleichzeitig wurden der Klägerin bestimmte Leistungen des Beklagten in Aussicht gestellt, unter anderem die Teilnahme an einer beruflichen Umschulungsmaßnahme, sofern ein am Arbeitsmarkt nachgefragter Beruf angestrebt werde und von einer hohen Eingliederungsaussicht ausgegangen werden könne.
Im Zuge des sich hieran anschließenden Widerspruchsverfahrens wurde ein psychologisches Gutachten hinsichtlich der Eignung der Klägerin für die gewünschte Ausbildung und im Allgemeinen für soziale Berufe erstellt. Dabei wurde die Klägerin auch einer mehrstündigen testdiagnostischen Überprüfung hinsichtlich ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit und ihrer Kenntnisse unterzogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2006 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen und angeführt, die von der Klägerin gerügten Ermessensfehler lägen nicht vor. Indizien dafür, dass eine erhebliche Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in dem von ihr angestrebtem Beruf bestehe, seien nicht ersichtlich. Zwar habe die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei Heilpraktikern und artverwandten Berufen in den letzten Jahren zugenommen, gleichzeitig jedoch auch die Anzahl der Arbeitslosen in diesem Bereich.
Bereits am 21. November 2006 hatte die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Berlin gestellt mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, ihr einen Bildungsgutschein für einen 22-monatige überbetriebliche Ausbildung in dem von ihr gewünschten Bereich zu erteilen. Dieser Eilantrag wurde mit Beschluss der 53. Kammer des SG Berlin vom 08. Dezember 2006 (S 53 AS ) abgelehnt.
Am 28. Dezember 2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hält ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach abgeschlossener Weiterbildung für gut und schätzt sich als sehr befähigt für den von ihr gewählten Ausbildungsgang ein. Wegen ihres fehlenden Berufsabschlusses sei in ihrem Fall die Notwendigkeit einer Weiterbildung anzuerkennen.
Im März 2007 hat die Klägerin den angestrebten Fortbildungslehrgang in den Fächern Kunsttherapie und Psychotherapie an der "Akademie für ganzheitliche Gesundheitsbildung C N ... " begonnen und im März 2008 die Zwischenprüfung mit 182 von 200 möglichen Punkten erfolgreich absolviert. Die monatlich anfallenden Kursgebühren in Höhe von 311,- EUR finanziert die Klägerin nach eigenem Vorbringen teilweise durch ein monatliches Darlehen ihrer Mutter in Höhe von 199,- EUR, das laut schriftlichem Darlehensvertrag nach Beendigung der Fortbildung zurückzuzahlen ist, und teilweise, nämlich in Höhe von 112,- EUR monatlich, aus der Regelleistung.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 10. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2006 zu verurteilen, ihr einen Bildungsgutschein hinsichtlich der von ihr im März 2007 begonnenen Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie/ Kunsttherapeutin zu erteilen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide über ihren Antrag vom 15. September 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung und auf die Gründe des Widerspruchsbescheides. Darüber hinaus trägt er vor, weder sei "C N ..." ein zugelassener Träger im Sinne von § 84 SGB III noch handele es sich bei der von der Klägerin besuchten Ausbildung um eine zugelassenen Maßnahme nach § 85 SGB III.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Eilverfahren S 119 AS ... (= S 53 AS ). Vorgelegen hat weiter die Leistungsakte (1 Band).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bildungsgutscheins für die 22-monatige Ausbildung an der Schule "C N " noch auf eine Neubescheidung durch den Beklagten.
Richtige Klageart für den Hauptantrag ist die mit der Anfechtungsklage verbundene Verpflichtungsklage. Trotz des bereits erfolgten Ausbildungsbeginns wäre es nach Auffassung der Kammer bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 77 ff. SGB III grundsätzlich möglich, der Klägerin noch einen auf das Bildungsziel der Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapie begrenzten Bildungsgutschein nach § 77 Abs. 3 SGB III auszuhändigen, auch wenn der von der Klägerin ausgewählte Maßnahmeträger den Bildungsgutschein nicht mehr vor Beginn der Maßnahme vorlegen kann (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 3 SGB III). Bei dem Bildungsgutschein handelt es sich um einen Bescheid, mit dem das Vorliegen der Voraussetzungen für die Förderung einer Weiterbildung festgestellt wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02. September 2005 – L 8 AL 4970/04 -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). An der Erteilung dieses Bescheides besteht ein Rechtsschutzinteresse, auch wenn die Ausbildung bereits begonnen wurde, da die Klägerin die Ausbildung derzeit teilweise über ein Darlehen finanziert.
Die Voraussetzungen der vorgenannten Vorschriften für die Erteilung des Bildungsgutscheines sind jedoch im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 1a SGB II i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können (jedenfalls) die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskoten (§ 79 SGB III) gefördert werden, wenn
1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem von der Klägerin besuchten Ausbildungsgang bei "c ... N " bereits nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, sondern vielmehr um eine Ausbildung. Wie das Bundessozialgericht unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen in einem Urteil vom 29. Januar 2008 (B 7/7a AL 68/06 R, abrufbar unter juris) erneut festgestellt hat, ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend ist dabei die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers. Nach Zuschnitt, Struktur und Inhalten des Bildungsangebotes ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder um eine berufliche Weiterbildung handelt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme erforderlich sind, welche Unterrichtsformen geplant sind und welcher Abschluss angestrebt wird. Während die berufliche Weiterbildung erkennbar auf eine angemessene Berufserfahrung als Grundlage einer beruflichen Weiterbildung abstellt und auf berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten anknüpft, baut eine Ausbildungsmaßnahme nicht auf bereits erworbene berufliche Kenntnisse auf (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2006 – L 6 B 388/06 AL ER -, abrufbar unter juris, dort RN 18).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den von der Klägerin belegten Bildungsangeboten bei "c N " um eine Ausbildung, da berufliche Vorkenntnisse dafür nicht erforderlich sind. Die von der Klägerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen von "c N " weisen aus, dass Teilnahmevoraussetzung für die Ausbildung zur "Heilpraktikerin Psychotherapie" lediglich ein persönliches Vorgespräch mit der Studienberatung ist. Vorkenntnisse, insbesondere berufliche Vorerfahrungen, sind nicht erforderlich. Soll – wie im Falle der Klägerin – der staatlich anerkannte Abschluss Heilpraktikerin für Psychotherapie erworben werden, ist eine amtsärztliche Zulassungsprüfung beim Gesundheitsamt erforderlich. Der Prüfling muss mindestens 25 Jahre alt sein, ein polizeiliches Führungszeugnis sowie seine Geburtsurkunde vorlegen. Er muss die körperliche, geistige und seelische Eignung für den Heilpraktikerberuf durch ein ärztliches Attest belegen. Auch insoweit ist aber eine berufliche Vorerfahrung nicht Voraussetzung. Es reicht der Hauptschulabschluss, um zur Prüfung zugelassen zu werden. Der Bildungsträger bezeichnet sein Bildungsangebot selbst als "Ausbildung" und spricht im Zusammenhang mit dem Programm von "Studieninhalten". Auch werden "Studiengebühren" erhoben. Die Inhalte des Bildungsangebotes (Struktur therapeutischer Arbeit und Beratungskompetenz, Geschichte der Psychotherapie, die wichtigsten Therapieeinrichtungen und Modelle, Psychotherapie und Spiritualität, Psychopathologie, Gesetzeskunde, Pharmakotherapie, Prüfungstraining für die amtsärztliche Überprüfung) deuten auf ein Bildungsangebot hin, das einem Studium an einer Fachhochschule oder Universität nachgebildet ist und auf den Erwerb eines Abschlusses (staatlich anerkannter Heilpraktiker für Psychotherapie) vorbereiten soll. Aus alledem ergibt sich, dass bereits erworbene berufliche Kenntnisse keine Voraussetzung für die Teilnahme an den von der Klägerin ausgewählten Bildungsangeboten von "c N " sind und es vielmehr um den Erwerb grundlegender Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Psychotherapie ohne zwingende Vorkenntnisse geht. Mithin handelt es sich nicht um eine Weiterbildung nach §§ 77 ff. SGB III. Ob der Ausbildungsgang der Klägerin nach anderen Vorschriften förderungsfähig ist, ob es sich insbesondere um eine nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähige Ausbildung handelt, ist nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Da es sich bei der von der Klägerin besuchten Ausbildung nach Auffassung der Kammer nicht um eine Weiterbildung im Sinne der §§ 77 ff. SGB III handelt, kommt es nicht darauf an, ob die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind. Daher kann dahinstehen, ob vorliegend von einer Zulassung der Maßnahme und des Trägers der Maßnahme im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III i.V.m. §§ 84, 85 SGB III auszugehen ist. Insoweit erscheint allerdings fraglich, ob es ausreicht, dass es sich bei "c N " um einen häufiger im Rahmen des § 77 SGB III tätigen Träger handelt, für dessen Maßnahmen in der Vergangenheit bereits Bildungsgutscheine erteilt worden sind. Zwar setzt die Erteilung von Bildungsgutscheinen die Prüfung von Maßnahme und Träger voraus. Ob die in Einzelfällen erteilten Bildungsgutscheine aber ausreichen, um von einer generellen Zulassung des Trägers im Sinne von § 84 SGB III auszugehen, erscheint der Kammer zweifelhaft. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass § 84 SGB III ein förmliches Verwaltungsverfahren voraussetzt und im Rahmen dessen insbesondere einen Antrag des Trägers sowie ein Zertifikat einer Zertifizierungsstelle, die außerhalb der Bundesagentur/des JobCenters angesiedelt sein soll. Die Einhaltung dieses Verfahrens ist bei der Zulassung im Einzelfall jedenfalls nicht ersichtlich.
Auch kann offen bleiben, ob die Auffassung der Klägerin zutrifft, der Beklagte habe das ihm bei der Erteilung des Bildungsgutscheines zustehende Ermessen in fehlerhafter Weise ausgeübt und bei der Ermessensausübung insbesondere nicht auf eine positive Beschäftigungsprognose abstellen dürfen. Ob eine Prognoseentscheidung bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss (vgl. § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III) entfällt, weil sich aus dem Fehlen eines berufsqualifizierenden Abschlusses immer die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung ergibt (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 02. September 2005 – L 8 AL 4970/04 -, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de), erscheint der Kammer allerdings zweifelhaft vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach §§ 77 ff. um eine steuerfinanzierte Leistung handelt, bei deren Bewilligung die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und des effizienten Mitteleinsatzes zu berücksichtigen sind. Insoweit neigt die Kammer – ohne dass es vorliegend darauf entscheidungserheblich ankäme – der Auffassung zu, auch bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss eine Beschäftigungsprognose in dem Sinne zu verlangen, dass die Erwartung besserer Eingliederungschancen nach Teilnahme an der Maßnahme bestehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 03. Juli 2003 – B 7 AL 66/02 R -, abrufbar unter juris, dort RN 22).
Schließlich kann offen bleiben, ob – wie von der Klägerin vorgetragen - die Übernahme der Weiterbildungskosten vorliegend tatsächlich die einzig rechtmäßige Entscheidung gewesen wäre. Das Vorliegen einer Ermessenreduzierung in dem Sinne, dass jede andere Entscheidung als die Übernahme der Kosten zum Erwerb des Abschlusses der Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapeutin rechtswidrig wäre, erscheint aus Sicht der Kammer allerdings zweifelhaft.
Angesichts dessen, dass es sich bei der von der Klägerin begonnenen Ausbildung aus Sicht der Kammer schon nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung handelt, konnte auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Neubescheidung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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