L 14 R 4183/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 RA 1210/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4183/02
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen die Urteile des Sozialgerichts München vom 22. März 2002 und 6. September 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Höhe der Altersrente des Klägers und in diesem Zusammenhang die Bewertung seiner in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten sowie die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für Zeiten vom 01.03.1971 bis 15.07.1986.

Der 1939 geborene Kläger, der bis 15.07.1986 in der ehemaligen DDR lebte und sich seitdem in den alten Bundesländern aufhält (Vertriebenenausweis C), übte nach einer Ausbildung zum Diplomingenieur für Bauingenieurswesen in der DDR ab April 1963 Tätigkeiten als Sachgebietsleiter, Haupt- und Oberreferent, Technologe und Bau- bzw. Oberbauleiter in verschiedenen Betrieben bzw. Arbeitsstellen aus. Er entrichtete Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung der DDR bis zur dortigen Beitragsbemessungsgrenze von 600,- Mark (Ost). Der mit Wirkung vom 01.03.1971 in Kraft getretenen Freiwilligen Zusatzversicherung (FZR) trat er nicht bei. Auch gehörte er keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens hatte die Beklagte mit Bescheid vom 16.02.1987 die in der DDR zurückgelegten Zeiten nach den damaligen Bestimmungen des Fremdrentengesetzes (FRG) festgestellt.
Infolge der im Zuge der Wiedervereinigung und des Inkrafttretens des SGB VI eingetretenen Rechtsänderungen hob sie mit Bescheid vom 09.03.2000 diesen Bescheid vom 16.02.1987 gemäß § 149 Abs.5 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf, und nahm eine Neubewertung der Versicherungszeiten vom 22.04.1963 bis 15.07.1986 entsprechend der inzwischen in Kraft getretenen Vorschrift des § 256a SGB VI vor (Vervielfältigung der für die Rentenberechnung zu berücksichtigenden versicherten Entgelte bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der DDR von 600,- Mark Ost mit einem das Verhältnis zwischen dem Durchschnittsentgelt aller Versicherten in den alten Bundesländern und dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten im Beitrittsgebiet wiedergebenden Faktor der Anlage 10 zum SGB VI anstelle der bisherigen Leistungsgruppeneinstufung mit Tabellen-Entgeltwerten nach dem FRG). Dies führte zu deutlich niedrigeren Entgeltpunkten für die Rentenberechnung.

Den Widerspruch des Klägers, mit dem er ein schutzwürdiges Vertrauen in die nach dem FRG erfolgten Feststellungen und die Verfassungswidrigkeit der nachträglichen Neufestsetzung geltend machte, wies die Beklagte unter Hinweis auf die Regelungen der §§ 149 Abs.5 (Neufeststellung bei Änderung der einem bisherigen Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften), 256a ff. SGB VI als unbegründet zurück. Im Hinblick auf den Jahrgang des Klägers scheide eine Berücksichtigung der DDR-Zeiten wie bisher nach den Anlagen 1 bis 16 zum FRG aus. Diese hätten gemäß der Übergangsvorschrift des § 259a SGB VI lediglich noch für die Geburtsjahrgänge vor 1937 weiter Geltung. Maßgeblich seien für den Kläger allein die Bestimmungen der §§ 256a- c SGB VI (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2000).

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er machte geltend, die vorgenommene Berechnungsweise, nämlich die im Rahmen von
§ 256a SGB VI erfolgte Zugrundelegung eines beitragspflichtigen Verdienstes von nur 7.200,- Mark (Ost) über viele Jahre hinweg, sei absurd. Er habe auf Grund seiner politischen Einstellung in der ehemaligen DDR lediglich Pflichtbeiträge bis zu dieser Verdiensthöhe gezahlt, die Freiwillige Zusatzversicherung habe für ihn aus politischen Gründen nicht zur Debatte gestanden. Es gehe nicht an, dass er heute trotz der völlig verschiedenen Ausgangssituation so behandelt werde wie die Versicherten in den neuen Bundesländern. Er halte die neue, in seinem Fall der weiteren Bewertung nach dem FRG entgegenstehende Regelung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz für verfassungswidrig. Sie habe zur Folge, dass seine Entgeltpunkte - anders als bei der Bewertung nach dem FRG - fast durchweg unter 1,0 lägen und sein Lebensstandard als Rentner rapide sinken werde.

Die Beklagte verwies darauf, dass die neuen Regelungen der Zielsetzung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25.07.1991 entsprächen, wonach bei der Überleitung von in der DDR erworbenen Rentenansprüchen und -anwartschaften nunmehr der Grundsatz der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente zu berücksichtigen sei und so eine Gleichbehandlung der Versicherten der ehemaligen DDR mit den Versicherten der alten Bundesländer erfolge. Die aus Besitzstandsgründen geschaffene Übergangsregelung des
§ 259a SGB VI (Weitergeltung der Tabellenwerte des FRG) sei nur für die bei Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion im Juni 1990 rentennahen Jahrgänge (Geburtsdatum vor dem 01.01.1937) gedacht gewesen, zu denen der 1939 geborene Kläger nicht gehöre.

Auf Anregung des SG erklärte sich die Beklagte im Einvernehmen mit dem Kläger bereit, zur Frage von über die damalige Beitragsbemessungsgrenze von 600,- Mark Ost hinaus zu speichernden monatlichen Arbeitsverdiensten, den sogenannten Überentgelten (vgl.
§ 256a Abs.3 Satz 1 und 2 SGB VI) für den Zeitraum von April 1963 bis zum Inkrafttreten der FZR am 01.03.1971 Ermittlungen anzustellen und hierüber einen Bescheid zu erteilen.

Das SG wies das Klagebegehren (mit Ausnahme dieser von den Beteiligten außer Streit gestellten Frage einer Ergänzungsentscheidung für die Zeit bis 28.02.1971) mit Urteil vom 22.03.2002 ab. Es legte ausführlich die geschichtliche und rechtliche Entwicklung der Berücksichtigung/Transformation von in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten vor und nach der Wiedervereinigung dar. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, weil seit dem Erlass des Bescheids vom 16.02.1987 rechtlich relevante Änderungen eingetreten seien, die auf Grund der Ermächtigungsvorschrift des § 149 Abs.5 Satz 2 SGB VI im angefochtenen Bescheid zu Recht berücksichtigt worden seien. Die von der Beklagten vorgenommene Bewertung nach § 256a SGB VI sei abgesehen von der noch zu treffenden Ergänzungsentscheidung zutreffend. Der Kläger gehöre nicht zum Personenkreis der Übergangsvorschrift des § 259a SGB VI, für den noch das Leistungsgruppenmodell des FRG weiter gelte. Auch eine Anwendung des § 259b SGB VI, wonach durch den zuständigen Versorgungsträger bei Angehörigen eines Zusatz- oder Sonderversorgungssystems der ehemaligen DDR nach dem Anspruchs- und Anwartschafts-Überführungsgesetz
(AAÜG) tatsächlich erzielte Arbeitsverdienste festzustellen seien, scheide aus, solange der Kläger keine Entscheidung nach dem AAÜG erwirkt habe.
Die Anwendung des somit allein in Betracht kommenden § 256a SGB VI verlange zwingend das Abstellen auf die für die tatsächlich erfolgte Beitragsentrichtung maßgebenden Arbeitsverdienste und Einkommen, die zum Zwecke der Angleichung an die Verhältnisse in den alten Bundesländern mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI zu vervielfältigen gewesen seien. Die unterbliebene Beitragsentrichtung seitens des Klägers zur am 01.03.1971 geschaffenen Freiwilligen Zusatzversicherung, durch die eine angesichts der extrem niedrigen Beitragsbemessungsgrenze von 600,- Mark Ost monatlich absolut unzureichende Beitragsentrichtung habe "aufgefüllt" werden können (und zwar zunächst bis zu einer Grenze von 1.200,- Mark Ost, ab 01.01.1977 wahlweise auch für die gesamten tatsächlichen Einkünfte), wirke sich zwingend dahin aus, dass jeweils höchstens 7.200,- Mark pro Jahr, vervielfältigt mit dem Wert der Anlage 10, angesetzt werden könnten. Lediglich für die Zeit vor dem 01.03.1971 sei eine Begrenzung der erzielten Arbeitsentgelte auf die niedrige Beitragsbemessungsgrenze (Ost) wegen der fehlenden rechtlichen Möglichkeit einer zusätzlichen Beitragsentrichtung unbillig (mit der Folge, dass sog. Überentgelte zu berücksichtigen seien, § 256a Abs.3 SGB VI).
Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 29.07.1997 - 4 RA 56/95 - dargelegt habe - habe der Gesetzgeber mit den genannten Regelungen sachgerechte Abgrenzungen getroffen. Für manche Versicherten sei die Weitergeltung des alten Leistungsgruppenmodells günstiger, für andere die nach § 256a SGB VI ermittelten Werte. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, eine irgendwie geartete Meistbegünstigungsklausel zu treffen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht in erster Linie weiterhin geltend, die Berücksichtigung der zurückgelegten Zeiten müsse auf der Grundlage des Bescheides vom 16.02.1987 erfolgen. Die Aufhebung dieses Bescheides und Neufeststellung der Versicherungszeiten nach neuem Recht verstoße gegen den Vertrauensschutz und stelle für ihn einen rechtswidrigen Eingriff in eine eigentumsgeschützte Rechtsposition dar. Seine zu erwartende Rente werde um fast ein Drittel gekürzt.
Im Übrigen begehrt er die Berücksichtigung der in der DDR tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte im Rahmen von § 256a SGB VI und legt zu seinem Vorbringen eine Vielzahl von Unterlagen zum Zwecke des Nachweises seiner in der DDR erzielten Arbeitsentgelte vor.

Während dieses Verfahrens erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 17.02.2003 den Anspruch des Klägers auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.04.2003 an, gegen den der Kläger entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Widerspruch einlegte. Mit Bescheid vom 24.02.2003 hob sie außerdem den Vormerkungsbescheid vom 09.03.2000 insoweit auf, als inzwischen von ihr für die Zeit bis 01.03.1971 festgestellte Überentgelte zu berücksichtigen waren. Beide Bescheide wurden Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Parallel dazu hatte der Kläger am 26.09.2002 bei der Beklagten in ihrer Funktion als für ihn zuständiger Versorgungsträger unter Beifügung einer Vielzahl von Beschäftigungsunterlagen und Verdienstbescheinigungen die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech beantragt.
Der Antrag des Klägers wurde mit Bescheid vom 11.12.2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 27.03.2003, abgelehnt mit der Begründung, der Kläger habe bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs.1 dieses Gesetzes gehabt, denn er sei weder am 30.06.1990 in der DDR durch eine positive Versorgungszusage in ein Versicherungssystem einbezogen gewesen noch habe er eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art.19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages (EinigV) erlangt. Auch habe er nicht auf Grund der am 30.06.1990 bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen - auf bundesrechtskonformer Anwendung des
§ 1 AAÜG beruhenden - Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er habe zu diesem Zeitpunkt im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt.
Das AAÜG sei nicht anwendbar (Bezugnahme auf BSG, Urteile vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 36/01 R - sowie vom 10.04.2002 - B 4 RA 34/01 R).

In dem dagegen gerichteten Klageverfahren berief sich der Kläger u.a. auf höchstrichterliche Rechtssprechung aus dem Jahre 1998, die auch im seinem Fall Anwendung finden müsse.
Die Beklagte (Zusatzversorgungsträger) nahm dazu unter ausführlicher Darlegung der Entwicklung der Rechtsprechung zur Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ab 1998 Stellung. Die erstmalige Anwendung der Vorschriften des AAÜG auf Fälle ohne vorherige Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem zu Zeiten der DDR sei durch Urteil des BSG vom 12.06.2001 erfolgt, die Weiterentwicklung durch die Urteile vom 09. und 10.04.2002, wonach es für die Feststellung der Zugehörigkeit auf die bundesrechtliche Sicht ankomme und nicht auf die Auslegung der Verordnung durch die Staatsorgane der früheren DDR oder deren Verwaltungspraxis.

Das SG wies die zuletzt auf Anerkennung der Zeit vom 01.03.1971 bis 15.07.1986 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech und Feststellung der in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte gerichtete Klage mit Urteil vom 06.09.2005 ab.
Der Kläger habe kein Recht, von der Beklagten als Versorgungsträger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und der erzielten Entgelte zu verlangen, denn er falle nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG. Die Tatbestände des § 1 Abs.1
Satz 1 AAÜG ( Geltung des Gesetzes "für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 bestanden"), ergänzt durch Satz 2, wonach der Verlust der Versorgungsanwartschaft deswegen, weil die Regelungen der DDR dies bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, als nicht eingetreten gelte, erfülle der Kläger nicht.
Einen Anspruch auf Versorgung habe er bei Inkrafttreten des AAÜG nicht gehabt, denn der Versorgungsfall sei damals noch nicht eingetreten. Der Kläger sei aber auch nicht Inhaber einer bis zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme bestehenden Versorgungsanwartschaft gewesen: In der DDR sei ihm keine Position zuerkannt worden, auf Grund welcher er bei Eintritt des Versorgungsfalles vom DDR-Versorgungsträger die im jeweiligen System hierfür vorgesehenen Leistungen hätte bekommen müssen. Zwar sei er im Besitz einer (Formblatt-)Bescheinigung der Firma R. AG und Co KG vom 03.09.2002 über Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs.1 Satz 2 AAÜG, diese nachträglich ausgestellte Bescheinigung könne jedoch die für eine Einbeziehung erforderliche (DDR-)
Verwaltungsentscheidung nicht ersetzen.
Auch ein auf Grund erweiternder verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs.1 AAÜG durch die Rechtsprechung - aus der Sicht des am 01.08.1991 bei Inkrafttreten des AAÜG gültigen Bundesrechts nach der am 30.06.1990 bei Schließung der Versorgungssysteme gegebenen Rechtslage - anzunehmender fiktiver Anspruch auf Versorgungszusage stehe dem Kläger, der die DDR bereits 1986 verlassen habe, nicht zu, weil er nicht am 30.06.1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech oder in einem gleichgestellten Betrieb gearbeitet habe. Entgegen seiner Auffassung reiche es nicht aus, dass er früher einmal die Voraussetzungen für eine Versorgung nach der AVItech erfüllt habe, vielmehr komme es auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen am 30.06.1990 an. Dies ergebe sich aus dem grundsätzlichen Verbot der Neueinbeziehung in die am 30.06.1990 geschlossenen Versorgungssysteme. Nur bei solchen Personen, die zu diesem Stichtag noch einer von den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme erfassten Beschäftigung nachgingen, erscheine eine Einbeziehung geboten, um einen Wertungswiderspruch zwischen Satz 2 und Satz 1 des § 1 Abs.1 AAÜG sowie zu Art.19 Satz 2 und 3 EinigV und zur Begünstigung der von der DDR offensichtlich willkürlich Einbezogenen durch Art.19 Satz 1 EinigV zu vermeiden (so BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R).
Weiter führte das SG aus, der Kläger könne sich auch nicht auf das Urteil des BSG vom 04.08.1998 (B 4 RA 63/97 R) berufen. Diese Entscheidung werde vom Kläger missverstanden. Sie betreffe wie weitere Urteile vom 30.06.1998 (B 4 RA 94/97 R und B 4 RA 11/97 R) ausschließlich Fragestellungen nach § 5 AAÜG; die personelle Einbeziehung in ein Versorgungssystem durch Versorgungszusagen habe in diesen Fällen jeweils vorgelegen, strittig seien lediglich Zeiträume vor der Versorgungszusage gewesen.

Das SG merkte abschließend an, der Kläger sei zwar im streitigen Zeitraum dem Personenkreis des AAÜG zugehörig und seine Nichteinbeziehung durch die Versorgungsträger der DDR willkürlich gewesen. Das durch ein Willkürregime geprägte Verhalten der DDR im Bereich der Versorgungssysteme könne jedoch nicht durch Anwendung bundesrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsätze revidiert werden; der Einigungsvertrag habe nur die Übernahme damals bestehender Versorgungsansprüche und Anwartschaften von Einbezogenen in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (§ 22 Abs.1 RAnglG, EinigV Nr.9 Buchst. a). Dies sei auch verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber habe an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausge-
staltung der DDR- Versorgungssysteme ohne Willkürverstoß anknüpfen dürfen. Art.3
Abs.1 und 3 GG gebiete nicht, von jenen historischen Fakten, aus denen sich die aufgezeigten Ungleichheiten ergäben, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen habe der Deutsche Bundestag als ein Teilergebnis der Verhandlungen im EinigV angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (so BVerfGE 100, 138, 190). Er habe in § 1 AAÜG in begrenztem Umfang DDR-Willkür ausgeschaltet; zu einer Totalrevision des mit Beginn des 31.12.1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebiets überführten aus der DDR stammenden Versorgungsrechts und insbesondere dessen willkürlicher Handhabung sei er schon deswegen nicht verpflichtet gewesen, weil er diesen gesamten Rechtsbereich ab 01.01.1992 einem rechtsstaatlichen Grundsätzen im Wesentlichen genügenden Gesetz, dem SGB VI, unterstellt habe (u.a. BSG vom 09.04.2002
- B 4 RA 31/01 R).

Der Kläger wandte sich auch gegen dieses Urteil mit der Berufung und begehrte weiterhin die Anerkennung der Zeit vom 01.03.1971 bis 15.07.1986 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Technischen Intelligenz und Feststellung der in dieser Zeit tatsächlich erzielten Entgelte.
Er vertrat die Auffassung, das SG habe die Grundlagen der Problematik verkannt und die als Ausgangspunkt dienende DDR-VO vom 17.08.1950 und die 2. Durchführungsbestimmung zu dieser vom 24.05.1951 nicht zutreffend mit einbezogen.

In dem beide Verfahren betreffenden Erörterungstermin vom 31.03.2008 erklärte der Kläger nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage, beide Berufungsbegehren im Wesentlichen aufrecht erhalten zu wollen.
Mit Beschluss des Senats vom 18.09.2008 wurden beide Verfahren gemäß § 113 Abs.1 SGG zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2008,
1. das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.03.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2000 und in der Fassung des Bescheides vom "24.04.2003" (richtig: 24.02.2003) aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.02.2003 zu verpflichten, die Altersrente ab 01.04.2003 auf der Grundlage des Bescheides vom 17.02.1987 zu berechnen,

2. hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.09.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01.03.1971 bis 15.07.1986 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Technischen Intelligenz anzuerkennen, die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen und ihm ab 01.04.2003 entsprechend höhere Rente zu zahlen.

Die Beklagte beantragte,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Aktenunterlagen der Beklagten (Rentenakten und ZV-Akten) Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die statthafte, nach entsprechender Verbindung der beiden Ausgangsverfahren zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen L 14 R 4183/02 zulässige Berufung erweist sich nicht als begründet.
Zu Recht haben die Erstgerichte die Klägerin abgewiesen. Die Beklagte hat den Vormerkungsfeststellungsbescheid vom 16.02.1987 zu Recht aufgehoben und durch den der geänderten Rechtslage entsprechenden Neufeststellungsbescheid vom 09.03.2000, ergänzt durch den Bescheid vom 24.04.2004, wirksam ersetzt und auch die Altersrente des Klägers auf dieser Grundlage zutreffend berechnet. Die in der ehemaligen DDR verbrachten Versicherungszeiten des Klägers sind nach § 256a SGBVI durch Ermittlung von Entgeltpunkten aus den der seinerzeitigen Beitragsentrichtung zugrundeliegenden versicherungspflichtigen Arbeitsentgelten nebst den für die Zeit bis 28.02.1971 erzielten sog. Überentgelten bei vorheriger Angleichung an das westliche Lohn- und Gehaltsniveau zu berücksichtigen. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- und Sonderversorgungssystem i.S.d. AAÜG sind nicht zu berücksichtigen.
Die angefochtenen Urteile legen ausführlich und umsichtig die für die jeweilige Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte dar und gehen - soweit erforderlich - auf die bisherige umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung auch für den Kläger nachvollziehbar ein. Neue Gesichtspunkte haben sich während der Berufungsverfahren nicht ergeben.
Um Wiederholungen zu vermeiden, sieht der Senat daher gemäß § 153 Abs.2 SGG von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die jeweiligen Ausführungen der Ersturteile Bezug.

Ergänzend wird zu den vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtliche Bedenken Folgendes ausgeführt:
Entgegen der Auffassung des Klägers verletzen die seiner Rentenberechnung zugrunde liegenden gesetzlichen Neuregelungen keine verfassungsmäßig geschützten Rechte, insbesondere liegt kein verfassungswidriger Eingriff in Eigentumsrechte des Klägers vor.
Wie das BVerfG, das sich wiederholt mit den gesetzlichen Neuregelungen auf dem Gebiet des Fremdrentenrechts zu befassen hatte, in seinem Beschluss vom 13.06.2002 - 1 BvL 9/00 u.a. - dargelegt hat, unterliegen die durch das FRG begründeten Rentenanwartschaften als solche nicht dem Schutz des Art.14 Abs.1 GG, soweit ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Für den Eigentumsschutz von rentenrechtlichen Anwartschaften ist regelmäßig Voraussetzung, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes durch Eigenleistung des Versicherten an einen Versicherungsträger der BRD erworben worden sind. Den durch das FRG begründeten Anwartschaften lägen aber weder Eigenleistungen an hiesige Versicherungsträger noch Wertschöpfungen im hiesigen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem zu Grunde. Vielmehr seien sie vom Gesetzgeber beitragslos aus Gründen der Fürsorge begründet worden. Die Möglichkeit von Änderungen sei von vornherein darin angelegt gewesen.

Der Rentenanspruch des Klägers beruht vorliegend allerdings nicht ausschließlich auf ursprünglich durch das FRG begründeten Anwartschaften. Ob insoweit auch die Gesamtheit der in Entgeltpunkten ausgedrückten erworbenen Anwartschaften des Klägers aus der Rentenversicherung als rentenrechtliche Gesamtrechtsposition i.S. des Art.14 Abs.1 GG als besitzgeschützt anzusehen ist, kann letztlich dahingestellt bleiben. Selbst wenn sie dem Eigentumsschutz zu unterstellen wäre, hätte der Gesetzgeber durch die im Zuge der Wiedervereinigung und des Inkrafttretens des Rentenreformgesetzes 1992 getroffenen Neuregelungen von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art.14 Abs.1 Satz 2 GG) einen verfassungsmäßigen Gebrauch gemacht: Der in der gesetzlichen Neuregelung durch § 256a SGB VI liegende Eingriff in die Rechtsposition der bisher nach dem FRG Berechtigten ist durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel, die gesetzliche Rentenversicherung für alle Bestands- und Zugangsrentner in den alten und neuen Bundesländern auf die einheitliche Rechtsgrundlage des SGB VI zu stellen, gerechtfertigt (vgl. für Bestandsrentner BVerfG Beschluss vom 11.05.2005 - 1 BvR 368/97 u.a.) und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Denn die Neuregelungen waren im Hinblick auf den angestrebten Zweck geeignet und erforderlich und hielten sich im Rahmen des großen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung von Positionen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind (vgl. BVerfG a.a.O. zu § 22 Abs.4 FRG). Zu sehen ist dabei auch, dass Rentenanwartschaften allgemein wegen des verhältnismäßig langen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und dem Beginn des Rentenanspruchs naturgemäß in nicht unerheblichem Umfang einer Veränderung der für die Rentenversicherung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen sind (vgl. BVerfGE 58, 81, 110). Die Unabänderlichkeit der bei der Begründung bestehenden maßgeblichen Bedingungen widersprächen dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht.

Auch ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG ist nicht ersichtlich. Die angebliche Benachteiligung des Klägers durch Gleichbehandlung mit den bis zur Wende in den neuen Bundesländern lebenden Versicherten ist dem Senat nicht nachvollziehbar. Ein zentraler Aspekt der Wiederherstellung der deutschen Einheit war die Angleichung der Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands, wozu auch ein einheitliches Rentenrecht gehörte (BT-Drucks. 12/405; BVerfG 112, 368 ff = SozR 4-2600 § 307a Nr.3; BVerfG in SozR 4-5050 § 22 Nr.5). Dem wird durch die für den Kläger geltende Neuregelung des § 256a SGB VI Rechnung getragen. Eine Fortgeltung des alten FRG für einen über die damals rentennahen Jahrgänge hinausgehenden Personenkreis war dagegen nicht geboten.

Der vom Kläger geltend gemachte Verstoß der Neuregelung des § 256a SGB VI gegen das auf Art.2 Abs.1 GG beruhende rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip liegt ebenfalls nicht vor. Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensprinzips zwar gehalten, auf die legitimen Interessen der von der Neuregelung Betroffenen am Fortbestand des bisher geltenden, für sie durchwegs günstigen Rechts Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfG vom 03.07.2006 a.a.O.). Dies konnte etwa durch den Erlass einer Übergangsvorschrift geschehen, wobei die nähere Ausgestaltung einer solchen Übergangsregelung seinem sachgerechten Ermessen unterlag. Eine solche sachgerechte Regelung ist vorliegend für die im Zeitpunkt der Neuregelung rentennahen Jahrgänge durch § 259a SGB VI erfolgt. Diese Vorschrift regelt in Anknüpfung an das Alter der Versicherten die Weitergeltung des alten Leistungsgruppenmodells des FRG für vor dem 01.01.1937 geborene Versicherte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet vor dem 19.05.1990 in sachgerechter Weise.

Einen Verfassungsverstoß von § 256a Abs.3 Sätze 1 und 2 SGB VI (Berücksichtigung sog. Überentgelte nur für die Zeit bis einschließlich 28.02.1971) hat der Kläger, der von der dann bestehenden Möglichkeit der Höherversicherung durch eine Beitragsentrichtung zur neu geschaffenen Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR keinen Gebrauch gemacht hat, nicht ausdrücklich geltend gemacht. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass das BVerfG eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde geprüft und nicht zur Entscheidung angenommen hat. Es hat ausgeführt, dass der Gesetzgeber, dem bei der Neuordnung der sozialrechtlichen Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung ein besonders großer Gestaltungsspielraum zukam (so BVerfG E 100, 59, 94 f.), bei der Bemessung des Schutzes des § 256a SGB VI daran anknüpfen durfte, ob die Betroffenen von der höchstmöglichen Beitragsentrichtung, also auch der Höherversicherung zur FZR, Gebrauch gemacht haben (BVerfG, Beschluss vom 13.12.2002 - 1 BvR 1144/00).

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind - bei Vorliegen von ausgesprochen umfangreicher Rechtsprechung zu den im Streit stehenden Rechtsfragen - nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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