L 16 R 809/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 1308/04 CZ
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 809/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 519/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung. Da für den Kläger zuletzt für den Mai 1994 Pflichtbeiträge zur Deutschen Rentenversicherung entrichtet wurden, kommt es im wesentlichen darauf an, ob zum Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles der Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren.

Der Kläger war in Deutschland in der Zeit vom 01.08.1978 bis 14.11.1992 als Kellner versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Diesen Beruf hat er vor 1977 in P. erlernt und auch erfolgreich hierfür eine Abschlussprüfung abgelegt. In Deutschland war er zuletzt als Geschäftsführer und Oberkellner tätig.

Am 14.11.1992 erlitt der Kläger in Tschechien einen Verkehrsunfall, in dessen Folge bis zum 14.05.1994 von der AOK Hessen Arbeitsunfähigkeit anerkannt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden für ihn auch Pflichtbeiträge entrichtet. Seinen Rentenantrag vom 10.06.1999 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 03.04.2002 ab, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien und der Kläger auch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Der Kläger war im Auftrag der zunächst zuständig gewesenen Deutschen Rentenversicherung Hessen im Januar und Februar 2001 durch den Internisten Dr.P. in C., Tschechien, untersucht worden. Dr.P. war zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger noch mittelschwere Arbeiten halb- bis untervollschichtig im Sitzen verrichten könne. Die Dipl.-Medizinerin B. M. vom Medizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Hessen kam hingegen in ihrer Stellungnahme nach Aktenlage vom 14.12.2001 zu dem Ergebnis, dass der Kläger noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Es dürfe sich dabei nicht um Tätigkeiten handeln, die überwiegend im Gehen ausgeübt werden. Schwere körperliche Arbeit, häufiges Heben und Tragen von Lasten sowie überwiegend bückende Tätigkeiten könnten nicht mehr zugemutet werden. Beim Kläger bestünden Restbeschwerden bei Zustand nach metatarsale-I-Basisfraktur und subkapitaler Fraktur metatarsale II und III (Verkehrsunfall 1992) mit Ausbildung von Gelenkverschleiß im Tallometarsalgelenk sowie rezidivierende Lumbalgien bei Verschleißerscheinungen und Spondilolisthesis L4. Das vorliegende Gutachten von Dr.P. belege keine so schweren Funktionsstörungen, die eine zeitliche Leistungsminderung erklären könnten. Insbesondere bleibe offen, inwiefern der Versicherte mit einem geeigneten Schuh zur Verbesserung der Schmerzsituation bei mehrfachen Fußwurzelfrakturen versorgt worden sei. Dadurch könnte eine Verbesserung der Schmerzsensation erreicht werden. Auch fehlten deutliche Angaben zu den Bewegungsausmaßen, z.B. der Sprunggelenke, und Angaben zu der noch zu bewältigenden Gehstrecke. Der Kläger hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Tschechien auf, da sein Status als anerkannter Asylbewerber widerrufen worden war. Der vom Kläger gegen den Bescheid vom 03.04.2002 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 zurückgewiesen. Auch wenn man unterstelle, dass ab der Antragstellung im Juli 1999 eine Erwerbsminderung vorliege, so seien zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

Die vom Kläger dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.12.2003 (Az.: S 11 RJ 1000/02) abgewiesen. Für einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung komme es darauf an, ob die verminderte Erwerbsfähigkeit spätestens im Juni 1996 eingetreten sei, da zu diesem Zeitpunkt letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Das Gericht habe versucht, medizinische Unterlagen aus dieser Zeit beizuziehen. Aufgrund eines vor dem Sozialgericht F. geschlossenen Vergleiches könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger bis Juni 1994 als Kellner arbeitsunfähig gewesen sei, aber ab diesem Zeitpunkt auch als Kellner wieder arbeitsfähig geworden sei und somit seit Juni 1994 wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl im bisherigen Beruf wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gehabt habe. Weitere Unterlagen, aus denen sich eine Fortdauer der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit für die Zeit nach Juni 1994 ergeben würden, hätten nicht vorgelegen.

Im anschließenden Berufungsverfahren mit dem Az.: L 14 RJ 52/04 schlossen der Kläger und die Beklagte am 09.09.2004 einen Vergleich, mit dem sich die Beklagte verpflichtete zu prüfen, ob Berufs- oder/und Erwerbsunfähigkeit bereits in der Zeit von November 1992 bis Juni 1996 eingetreten sei, dem Zeitpunkt, als letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorlagen. Nachdem Dr.L. vom Medizinischen Dienst der Beklagten festgestellt hatte, der Kläger hätte auch in der Zeit zwischen November 1992 und Juli 1996 in seinem Beruf als Kellner mittelschwere Arbeiten verrichten können und eine Einschränkung der Umstellungsfähigkeit des Klägers sei nicht erkennbar, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.10.2004 und Widerspruchsbescheid vom 15.12.2004 den Rentenantrag des Klägers erneut ab.

Im anschließenden Klageverfahren S 2 R 1308/04 CZ holte das Sozialgericht Landshut ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr.P. ein, der nach einer Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis kam, dass dieser noch sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten verrichten könne. Den Beruf eines Kellners habe der Kläger zwar seit dem Unfall nicht mehr ausüben können, jedoch noch eine Tätigkeit als Kassierer in SB-Tankstellen oder in SB-Restaurants, als Hotelportier oder Telefonist. Die ebenfalls als Gutachterin gehörte Ärztin für Psychiatrie Dr.K. kam dagegen zu dem Ergebnis, dass der Kläger wegen einer vorliegenden depressiven Symptomatik keine vollschichtige Tätigkeit mehr verrichten könne. Wegen der fehlenden Vorbegutachtung sei eine zeitliche Zuordnung, seit wann dieser Zustand bestehe, nicht möglich. Frau Dr.K. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten stimmte dieser Beurteilung zwar zu, betonte aber, dass wegen fehlender ärztlicher Unterlagen eine Festlegung des Beginns der Leistungseinschränkung und damit des Leistungsfalles nicht möglich sei. Das Sozialgericht Landshut wies daraufhin die Klage mit Urteil vom 10.10.2006 ab.

Gegen dieses Urteil hat der in Tschechien wohnende Kläger Berufung eingelegt, die am 28.11.2006 beim Bayerischen Landessozialgericht einging. Der Senat hat die Akten des Sozialgerichts F. beigezogen und Dr.K. um eine ergänzende Stellungnahme anhand dieser Unterlagen gebeten. Dr.K. kam in ihrer Stellungnahme vom 10.10.2007 zu dem Ergebnis, dass das Vorhandensein einer depressiv getönten Grundstimmung bereits vor 1996 wahrscheinlich sei und es durch den Tod der Mutter des Klägers und den Kontaktabbruch zum Bruder bereits 1994 zum Verlust wesentlicher, bis dahin noch tragender und stabilisierender Sozialkontakte gekommen sei. Eine genaue Aussage über die zeitliche Entwicklung der Depression könne jedoch anhand der vorliegenden Unterlagen nicht gegeben werden, eine Aussage über das Leistungsvermögen des Klägers vor 1996 sei so nicht möglich, das Vorliegen einer depressiven Störung jedoch wahrscheinlich. Dr.K. kam in ihrer Stellungnahme hierzu zu dem Ergebnis, dass eine zeitliche Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor 1996 nicht vorgelegen habe. Auf eine weitere Anfrage des Senates kam sie in ihrer Stellungnahme vom 06.03.2008 zu dem Ergebnis, dass der Kläger sich in der Zeit vor 1996 auch noch auf angelernte Tätigkeiten hätte umstellen können. Der Kläger führt demgegenüber aus, die Probleme mit den deutschen Behörden bei der Geltendmachung seiner Ansprüche auf Krankengeld bzw. Rente bestünden seit 1993. 1994 sei sein deutscher Reisepass nicht mehr verlängert worden, die Anerkennung als Asylberechtigter sei widerrufen worden, ab 1995 fehle seine komplette ärztliche Dokumentation. Seine Mutter sei am 03.05.1996 verstorben und er habe, da er nicht krankenversichert gewesen sei, kein Geld für eine notwendige ärztliche Behandlung gehabt. Seit der Untersuchung durch Dr.P. im Februar 2001 sei seine damals schon länger bestehende labile psychische Situation bekannt.
Der Senat hat dann den Arzt für Psychiatrie und Neurologen Dr.G. aus S. mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage zu der Frage beauftragt, ob anhand der vorliegenden Unterlagen Aussagen zum psychischen Gesundheitszustand des Klägers, insbesondere zu der festgestellten depressiven Symptomatik, für den Zeitraum vor dem Juni 1996 möglich seien. Falls ja, wie die Umstellungsfähigkeit des Klägers auf eine angelernte Tätigkeit, die eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten erfordert hätte - z.B. als Kassierer in SB-Tankstellen oder SB-Restaurants, als Hotelportier oder Telefonist -, zu beurteilen sei. Dr.G. kam in seinem Gutachten vom 21.05.2008 zu dem Ergebnis, dass anhand der vorhandenen Unterlagen nur eingeschränkte Aussagen zum psychischen Gesundheitszustand des Klägers, insbesondere die Feststellung der Symptomatik für den Zeitraum vor dem Juni 1996 möglich seien. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers auf eine angelernte Tätigkeit, die eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten erfordere, sei jedoch als positiv zu beurteilen. Eine Einschränkung der Umstellungsfähigkeit des Klägers auf eine solche Tätigkeit könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dagegen nicht festgestellt werden.

Der Kläger führt hierzu in einer Stellungnahme aus, das Fehlen von ärztlichen Unterlagen aus der Zeit vor 1996 sei im wesentlichen auf das Fehlverhalten der AOK F. zurückzuführen. Er sei damals bereit gewesen, sich jederzeit von dem Medizinischen Dienst der AOK oder einem Gerichtsmediziner untersuchen zu lassen. Weil er seit dem 21.08.1993 ohne Krankenversicherungsschutz und ohne Einkommen gewesen sei, habe er sich auch keinen weiteren medizinischen Behandlungen unterziehen können. Das Geld für eine medizinische Betreuung in Tschechien habe er zum damaligen Zeitpunkt nicht gehabt. Bei der Untersuchung durch den Internisten Dr.P. in Tschechien habe er auch nachdrücklich um eine neurologische und psychiatrische Untersuchung gebeten. Alle seine Bemühungen, zum damaligen Zeitpunkt untersucht zu werden, seien ohne Erfolg geblieben. Er sei der Auffassung, dass er die Freude am Leben seit dem Verhalten der AOK verloren habe. Er sei auch gerne bereit, dem Gutachter Dr.G. mündlich darzulegen, inwieweit sein psychischer Zustand bereits vor 1996 beeinträchtigt gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.10.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 1999, hilfsweise eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab September 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten, die Akten des SG Landshut mit dem Az.: S 11 RJ 1014/02 ER-CZ, S 11 RJ 1000/02 CZ und S 2 R 1308/04 CZ sowie die beigezogenen Akten des Sozialgerichts F. mit den Az.: S 16 RJ 2987/00, S 9 KR 2103/99, S 9 KR 2953/99, S 9 KR 2152/95 und S 9 KR 947/95 sowie die Berufungsakte L 14 RJ 52/04 und die Akten zum Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes L 14 B 128/04 RJ ER und L 16 R 763/07 ER sowie die Berufungsakte zum vorliegenden Berufungsverfahren vor. Auf den Inhalt diese Unterlagen, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und die zur Niederschrift erfolgten Feststellungen, wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung (§§ 143, 144 und 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 10.10.2006 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 07.10.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2004 abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches VI (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (§§ 43, 44 SGB VI a.F.), da der Antrag bereits am 10. Juni 1999 gestellt wurde, und, soweit Rente für den Zeitraum nach dem 01.01.2001 begehrt wird, nach der ab 01.01.2001 geltenden Fassung der §§ 43, 241 SGB VI (§ 300 Abs.1 und 2 SGB VI).

Nach § 43 n.F. SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser (voller) Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise (voll) erwerbsgemindert sind und
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise (voll) erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs (drei) Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 und 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit sind gem. § 240 Abs.2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbfähigkeit von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeit entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Da der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenigen der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ohne weiteres das Fehlen einer vollen Erwerbsminderung.

Die bis 31.12.2000 geltenden Bestimmungen der §§ 43, 44 a.F. SGB VI unterscheiden sich von den neuen Bestimmungen durch die Definition der zeitlichen Leistungsfähigkeit von acht Stunden täglich.

Der Kläger erfüllt zwar die allgemeine Wartezeit der §§ 50 Abs.1 Satz 1 und 51 Abs.1 SGB VI. Er ist nach den Feststellungen der ärztlichen Sachverständigen Dr.K. in deren Gutachten vom 27.03.2006 auch nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ist bedingt durch die anhaltend depressive Störung mittelgradiger Ausprägung. Seit wann diese Gesundheitsstörungen im aktuell bestehenden Ausmaß vorliegen, kann nach Auffassung der Gutachterin Dr.K. nicht eindeutig beantwortet werden. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 10.10.2007 konnte die ärztliche Sachverständige auch bei Berücksichtigung weiterer Unterlagen aus der Zeit vor 1996 keine eindeutige Aussage über die genaue zeitliche Entwicklung, das Ausmaß und den Krankheitswert der Depression treffen. Aussagen zum Leistungsvermögen des Klägers vor 1996 seien aus psychiatrischer Sicht nicht möglich, das Vorliegen einer depressiven Störung vor diesem Zeitpunkt sei jedoch als wahrscheinlich anzunehmen. Diese Einschätzung, der die Beklagte ebenfalls grundsätzlich zustimmt (siehe Stellungnahme Dr.K. vom 09.11.2007), wird auch von dem vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen, dem Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr.G., in seinem Gutachten vom 21.05.2008 bestätigt. Dr.G., der sein Gutachten anhand der vorliegenden Aktenunterlagen ohne persönliche Untersuchung des Klägers erstattet hat, vertritt die Auffassung, dass weit mehr gegen die Annahme, dass zum Zeitpunkt 1995, 1996 bei dem Kläger eine schwergradige depressive Episode vorgelegen hat, als dafür spricht. Eine persönliche Untersuchung des Klägers durch Dr.G. war nicht erforderlich. Der Kläger wurde von Dr.K. untersucht. Die nach diesem Gutachten noch offenen Fragen konnten, da sie sich auf einen länger zurückliegenden Zeitraum beziehen, allein an Hand der Aktenlage beantwortet werden.

Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger derzeit aus medizinischer Sicht teilweise erwerbsgemindert, da er nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus rechtlichen Gründen wäre wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes sogar von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, falls § 112 SGB VI keine Anwendung findet. Da der Kläger jedoch letztmals im Juni 1996 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente erfüllte und zu diesem Zeitpunkt zur Überzeugung des Senates noch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers auszugehen ist, weil damals die Voraussetzungen einer erheblichen Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit des Klägers noch nicht vorgelegen haben, hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Senat folgt insoweit der Beurteilung der Leistungsfähigkeit in dem Gutachten des Dr.G., der für die Zeit vor 1996 nur qualitative Einschränkungen annimmt, wie keine Arbeiten unter Stress und Zeitdruck, keine Arbeiten in Nacht- und Wechselschichtdienst, nur leichte Anforderungen an die psychische Belastbarkeit sowie an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Zudem seien schweres Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, monotone Arbeitshaltungen, wie bückende Tätigkeiten oder Überkopfarbeiten, oder auch längere Nässe- und Kälteexpositionen zu vermeiden gewesen. Auch wenn der Kläger nicht nur auf dem neurologisch-psychiatrischen Gebiet aufgrund des Unfalls vom 14.11.1992 Leistungseinbußen erlitten hat, sondern gerade in unmittelbarer Zeit nach dem Unfall auf orthopädischem Gebiet erhebliche Leistungseinschränkungen festzustellen waren, so führt dies nicht zur Annahme einer Erwerbsminderung auf orthopädischem Gebiet. Für die unmittelbare Zeit nach dem Unfall erhielt der Kläger bis Mai 1994 Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit von der Krankenversicherung. Für diese Zeit wurden für ihn auch Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit war der Kläger zur Überzeugung des Senates auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowohl aus neurologisch-psychiatrischer Sicht wie auch aus orthopädischer Sicht wieder in der Lage, vollschichtig einer Erwerbstätigkeit unter Beachtung der erwähnten Einschränkungen nachzugehen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Oktober 2006 (§ 153 Abs.2 SGG).

Dies gilt auch hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Entgegen der ursprünglichen Auffassung der Beklagten ist der Kläger in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht Landshut der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Der Kläger war jedoch vor Juni 1996 nicht berufsunfähig, da er sich noch auf eine andere Tätigkeit mit Ausbildungs- bzw. Anlernzeit von mehr als einem bis zu zwei Jahren umstellen konnte. Auch diese Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers durch das Sozialgericht Landshut wird durch das Gutachten von Dr.G. bestätigt. Da die Berufung auch insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückzuweisen ist, wird auch hierzu von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs.2 SGG).

Ergänzend ist hierzu noch auszuführen, dass es zwar nach den Feststellungen im Gutachten von Frau Dr.K. nicht auszuschließen ist, dass eine depressive Störung beim Kläger bereits vor Juni 1996 vorlag. Das Ausmaß dieser depressiven Störung und seine Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers vor Juni 1996 lässt sich jedoch nicht beurteilen, wie sowohl die Gutachterin Dr.K. wie auch der Gutachter Dr.G. eindeutig feststellten. Eine persönliche Begutachtung des Klägers, die ja durch Dr.K. erfolgte, war nach Auffassung des Senats nicht mehr erforderlich, da sie zum Leistungsvermögen des Klägers vor Juni 1996 nichts beitragen kann. Zwar hat der Untersuchungsgrundsatz nach § 103 SGG zur Folge, dass die Beteiligten keine Beweisführungslast haben, jedoch gilt auch für das sozialgerichtliche Verfahren der Grundsatz der objektiven Beweislast. Diese greift für den Fall ein, dass das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht aufklären kann. Dann gilt als Grundsatz, dass jeder die objektive Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (BSGE 71, 260; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 118 Rn.6 und 103 Rn.19a). Weitere Unterlagen als die in den Akten des Sozialgerichts F. sich befindenden, konnten vom Gericht auch bei der AOK Hessen nicht ermittelt werden, auch der Kläger hat keine Befundberichte oder Gutachten aus diesem Zeitraum vorgelegt. Das Gutachten, das Dr.P. im Jahr 2001 erstellte, lässt ebenfalls keine Schlüsse auf das Leistungsvermögen des Klägers vor Juni 1996 zu. Damit erweist sich die Berufung des Klägers insgesamt als unbegründet und ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gem. § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.

Gründe, gem. § 160 Abs.2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved