Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 3551/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1710/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Die am 1954 in der Türkei geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im August 1972 war sie von Mai 1973 bis zum Beginn der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit am 17. September 1996 als Montagearbeiterin am Fließband beschäftigt. Vom 29. Oktober 1996 bis 12. Februar 1998 bezog die Klägerin Krankengeld, anschließend bis 30. September 2001 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Bereits ab dem 3. September 2001 war die Klägerin als Warenkontrolleurin am Fließband beschäftigt. Nach Ende dieser Beschäftigung bezog die Klägerin in der Zeit vom 21. Februar bis 2. September 2002 nochmals Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Seither ist die Klägerin ohne Leistungsbezug als arbeitsuchend gemeldet.
Ein erster Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom Januar 1997 blieb im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren (Az. S 11 RJ 936/97) ohne Erfolg. In einem in diesem Verfahren vom Sozialgericht Mannheim (SG) eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. November 1999 hatte Dr. Rö., Chefarzt der Abteilung Neurologie in der Sankt R. Klinik Bad Sch.-M., neben einem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom auch eine leichtgradig ausgeprägte anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert; die Klägerin könne jedoch noch leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Die gegen das die Klage abweisende Urteil vom 29. März 2000 eingelegte Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 24. Januar 2001 zurückgewiesen (L 8 RJ 1807/00).
Aus einem in der Zeit vom 16. Oktober bis 6. November 2001 durchgeführten stationären Rehabilitationsverfahren in der Z.-Klinik, St. Bl., wurde die Klägerin als arbeitsfähig entlassen. Seit dem 4. Dezember 2003 ist ein Grad der Behinderung von 50 bei der Klägerin anerkannt.
Am 11. Mai 2005 stellte die Klägerin den vorliegend streitigen Rentenantrag, den sie mit Weichteilrheuma, Beschwerden an der Halswirbelsäule, Asthma, Fibromyalgie, Depressionen sowie Gesundheitsstörungen seitens des Blutdrucks und der Schilddrüse begründete; die Erwerbsminderung bestehe seit März 2005. Die Beklagte ließ die Klägerin umfangreich begutachten. Der Orthopäde Dr. Th. beschrieb unter dem 15. Juli 2005 einen statisch und muskulär ausreichend kompensierten Rundrücken mit muskulärem Reizsyndrom ohne Wurzelreizung bei geringen Gefügestörungen der Rumpfwirbelsäule, eine Fehlstellung der Halswirbelsäule mit isolierter Bandscheibendegeneration C5/C6 mit rezidivierendem Schulter-Arm-Syndrom ohne Wurzelreizung, eine beginnende Gonarthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung und Kapselreizung sowie eine Periarthritis humero scapularis rechts ohne Rotatorenmanschettenschädigung mit geringer Funktionseinschränkung. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten mit mittelschweren Belastungsspitzen in wechselnder Körperhaltung ohne regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 8 bis 10 kg vollschichtig auszuüben. In seinem nervenärztlichen Gutachten vom 13. Juli 2005 diagnostizierte Dr. Schifferer eine konversionsneurotische Fehlhaltung mit multiplen somatoformen Beschwerden sowie einen bestenfalls leichtgradigen depressiven Verstimmungszustand. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten ohne besondere geistige Anforderungen und besonderen Stress vollschichtig zu verrichten. Der internistische Gutachter Dr. Li. stellte auf seinem Fachgebiet keine leistungsmindernden Gesundheitsstörungen fest und kam im Gutachten vom 22. Juli 2005 unter integrierender Berücksichtigung der weiteren Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne ständige Überkopf- oder Schulterarbeiten sowie ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg noch mindestens 6 Stunden täglich leistungsfähig sei; ausgeschlossen seien des Weiteren Akkordtätigkeiten.
Unter Übernahme dieses Leistungsbildes lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26. Juli 2005 ab, da eine Erwerbsminderung nicht bestehe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach erneuter beratungsärztlicher Stellungnahme mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2005 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. Dezember 2005 Klage beim SG erhoben. Das SG hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Internist Dr. Ber. und der Pulmologe Dr. Red. sahen von Seiten ihres Fachgebietes jeweils keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Orthopäde Dr. Schi. schloss sich hinsichtlich der Befunderhebung und der Leistungsbeurteilung dem Gutachten von Dr. Th. an. Nach der Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hu. liege eine längere schwere depressive Episode mit somatischen Symptomen, eine Bandscheibenvorwölbung und Wurzelläsion C6/C7 rechts sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vor; die Klägerin sei nicht mehr fähig, eine berufliche Tätigkeit 6-stündig auszuführen. Nach Aussage des praktischen Arztes Scha. habe sich der Gesamtzustand der Klägerin in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Die Depression sei eine stark führende Erkrankung geworden. Ferner hat das SG die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet untersuchen und begutachten lassen. In seinem nervenärztlichen Fachgutachten vom 22. November 2006 hat Dr. Frie. Schmerzen wahrscheinlich vasomotorischer Natur, eine leichte rechtsbetonte Hörminderung, Sensibilitätsstörungen sowie eine anhaltende ängstliche Depression im Sinne einer Dysthymia beschrieben. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht ergebe sich nicht. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie ohne Publikumsverkehr verrichten. Ausgeschlossen seien weiter geistig anspruchsvolle Tätigkeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Verantwortung. Die Klägerin sei auch noch in der Lage, sich auf die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbundenen Anforderungen einzustellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten sowie der Einschätzung von Dr. Frie. folgend, sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der in den Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, sodass eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 27. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. April 2007 Berufung beim LSG eingelegt. Die Klägerin sei aufgrund zahlreicher Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und nervenärztlichem Fachgebiet in ihrem Leistungsvermögen soweit eingeschränkt, dass sie einer Erwerbstätigkeit nicht mehr, auch nicht mehr halbschichtig regelmäßig nachgehen könne. Das Gutachten des Dr. Frie. sei unzureichend. Die Depression der Klägerin habe sich zu einer stark führenden Erkrankung entwickelt und sich mittlerweile auch verschlechtert.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2005 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Gestützt auf prüfärztliche Stellungnahmen von Dr. Hei. vom 7. Mai 2008 und von Dr. Gir. vom 24. September 2008 hält sie auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme an der Entscheidung in den angefochtenen Bescheiden fest.
Der Senat hat auf ihren Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Klägerin durch den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Bra. untersuchen und begutachten lassen. In seinem zusammen mit Assistenzarzt Paschke gefertigten Gutachten vom 25. Februar 2008 hat Dr. Bra. als Diagnosen gestellt: Dysthymie, somatoforme Schmerzstörung, Cerviko-Cephalgo-Brachialgie rechts sowie Lumboischialgie rechts mit radikulärer Sensibilitätsstörung. Durch die Summation der orthopädisch bedingten Beschwerden mit der sich über die Jahre verschlimmernden, therapieresistenten somatoformen Schmerzstörung sei eine Reduktion der Arbeitszeit auf drei bis unter sechs Stunden täglich auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes eingetreten. An dieser Beurteilung des Leistungsvermögens hat Dr. Bra. in seiner aufgrund der Einwände des Beratungsarztes Dr. Hei. vom Senat angeforderten Stellungnahme vom 8. Juli 2008 festgehalten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des SG - S 11 RJ 936/97 und S 1 R 3551/05 - und des LSG (L 8 RJ 1807/00), der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG). Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin berühren vorwiegend das orthopädische und das nervenärztliche Fachgebiet. Zu Recht hat das SG entschieden, dass die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter sechs Stunden täglich nicht begründen. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch der Senat stützt sich dabei auf das von Dr. Th. bereits im Verwaltungsverfahren erstattete, überzeugende und schlüssige Fachgutachten, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann. Die dort wiedergegebenen Befunde wurden vom behandelnden Orthopäden Dr. Schi. in seiner schriftlichen Stellungnahme als sachverständiger Zeuge gegenüber dem SG im Wesentlichen bestätigt; eine weitergehende Leistungseinschränkung hat auch er nicht angenommen. Dr. Bra. gibt zwar im Berufungsverfahren eine Lumboischialgie rechts mit radikulärer Sensibilitätsstörung an; weitergehende Funktionseinbußen im Vergleich zu Dr. Th. beschreibt jedoch auch dieser Sachverständige nicht. Eine zwischenzeitliche Verschlechterung hat die Klägerin weder behauptet noch substantiiert vorgetragen. Gleiches gilt für das internistische Fachgebiet, dessen Abklärung durch das Gutachten von Dr. Li. vom 22. Juli 2005 erfolgt ist, das im Ergebnis durch die behandelnden Fachärzte Dr. Red. und Dr. Ber. in ihren Stellungnahmen gegenüber dem SG bestätigt worden war. Der Klägerin sind danach leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Gehen und Stehen noch in einem Umfange von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, soweit Überkopfarbeiten oder Arbeiten mit verstärkter Schulterbelastung nicht anfallen.
Bei der Beurteilung der Einschränkungen, die sich aus den Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet unter Einschluss der Schmerzsymptomatik ergeben, stützt sich der Senat auf das bereits im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten von Dr. Frie ... Der Sachverständige hat aufgrund der ausführlich erhobenen und im einzelnen dargestellten Befunde und Explorationsergebnisse die bestehenden Gesundheitsstörungen nachvollziehbar herausgearbeitet, die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet und ein überzeugendes Leistungsbild der Klägerin beschrieben. Diese Erhebungen und Beurteilungen sind auch nicht durch Zeitablauf überholt, da eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin weder nachgewiesen ist noch sich aus dem im Berufungsverfahren von Dr. Bra. erstatteten Gutachten ergibt. Danach sind qualitative Ausschlüsse notwendig, aber auch ausreichend, um dem Leiden der Klägerin gerecht zu werden. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht ist hingegen nicht begründet.
Der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. Bra. vermochte der Senat hingegen nicht zu folgen. Dr. Bra. begründet seine Einschätzung eines drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten mit einer Summation der orthopädisch nachweisbaren Beschwerden mit der sich seit Jahren verschlimmernden somatoformen Schmerzstörung. In dem Ausmaß der Schmerzsymptomatik und der daher zu stellenden eigenständigen Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung bestehe auch der Grund für die Abweichung vom Ergebnis der Begutachtung bei Dr. Frie ... Allein mit einer zusätzlich gestellten Diagnose lässt sich hingegen eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht schlüssig begründen. Zunächst ist die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nicht neu; sie wurde vielmehr bereits in dem im früheren sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten von Dr. Rö. vom 12. November 1999 gestellt, der sie als leichtgradig beschrieben hatte. Des Weiteren enthält bereits die von Dr. Frie. gestellte Diagnose einer Dysthymia ein Element der körperlichen Schmerzbelastung, was auch Dr. Bra. einräumt. Für die rentenrechtlich relevante Frage der Leistungsfähigkeit ist aber in erster Linie nicht die diagnostische Einordnung entscheidend, sondern in welchem Ausmaß sich diese Symptomatik tatsächlich niederschlägt und zu Funktionseinschränkungen und Leistungseinbußen führt. Dr. Bra. stützt sich auf die eigenen Angaben der Klägerin zum Schmerzgeschehen. Anhaltspunkte für eine bewusstseinsnahe Aggravation schließt er, wie mehrfach betont wird, ausdrücklich aus; es bestehe auch eine ausreichende Compliance hinsichtlich der von den behandelnden Ärzten verordneten Schmerzmittel. Die Angaben zu den Schmerzen und ihrer Lokalisation erfolgten nahezu deckungsgleich durch alle bisher vorliegenden Gutachten, was für deren ausreichende Aussagekraft spreche. Allerdings ließe sich eine zunehmende Intensität der angegeben Schmerzen im zeitlichen Verlauf erkennen, was dem von zahlreichen Pausen und Erholungszeiten geprägten Tagesablauf entspreche. Dies lässt sich jedoch nach Auffassung des Senats weder anhand der bisher vorliegenden Gutachten noch der Feststellungen von Dr. Bra. objektivieren. Eine Intensivierung der schmerzbedingten Einschränkungen ist im Tagesablauf und damit in der Alltagsbewältigung gerade nicht deutlich geworden. Dr. Bra. führt in seiner ergänzenden Stellungnahme selbst an, dass sich die Angaben der Klägerin zum Tagesablauf mit anderen Gutachten weitgehend deckten. Die von ihm angesprochenen Pausen im Tagesablauf zeigen sich in der Tat schon im Gutachten von Dr. Frie. und auch im Gutachten von Dr. Rö., lediglich Beginn und Ende eines Tages haben sich nach hinten verschoben. Schon bei Dr. Rö. hatte die Klägerin angegeben, dass viele Haushaltstätigkeiten, insbesondere die Putzarbeiten, von Familienangehörigen übernommen würden. Während damals die Zubereitung des gemeinsamen Abendessens hingegen von der 14jährigen Tochter übernommen worden sein soll, bereitet die Klägerin die nunmehr gemeinsam mit dem Mann eingenommene Mahlzeit selbst zu und räumt danach auch auf; lediglich das Einräumen der Teller in die Spülmaschine übernehme der Ehemann. Dass die Klägerin das Waschen und Versorgen der Wäsche nicht mehr, wie in den Vorgutachten beschrieben, übernehme, ist dem Gutachten von Dr. Bra. nicht zu entnehmen. Eine Zunahme schmerzbedingter Einschränkungen lässt sich somit hieraus nicht erkennen. Des Weiteren verweist Dr. Bra. auf das weitgehende Fehlen aktiver Tätigkeiten. Hier ist bereits zu beachten, dass in seinem Gutachten nur der Ablauf eines einzigen Tages dargestellt wurde, der auch noch geprägt war durch die Vorbereitung der Klägerin auf die anstehende Begutachtung. Immerhin war es der Klägerin möglich, selbst den Hausarzt aufzusuchen, um Befundberichte abzuholen. Darüber hinaus bearbeitete die Klägerin - mit Hilfe der Tochter - die Unterlagen für die Begutachtung, empfing am selben Tag noch einen Besuch ihrer Nachbarin und sah anschließend noch bis zur Nachtruhe Fernsehen. Dies zeigt eher noch ein beachtliches Aktivitätsniveau als eine gravierende Einschränkung. Bereits Dr. Frie. hatte darauf hingewiesen, dass im Rahmen des erfragten Tagesablaufs kein regelrechtes Unvermögen erkennbar gewesen war, mit den verbliebenen Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Des Weiteren hat Dr. Bra. Angaben der Klägerin zu Einschränkungen zugrunde gelegt, die er selbst nicht überprüft hatte bzw. denen seine eigenen Beobachtungen eher entgegenstehen. So hatte der Sachverständige als Zeichen eines inaktiven Tagesablaufs berücksichtigt, dass die Klägerin gerade Gelesenes oder Gesehenes gleich wieder vergesse. Eine ausdrückliche Prüfung der Merkfähigkeit hatte er hingegen nicht vorgenommen. Vielmehr schloss er aufgrund des Ablaufs des Explorationsgespräches Einschränkungen der Aufmerksamkeit und Konzentration gerade aus. Gleiches hatte bereits Dr. Frie. wiedergegeben, der deutlich machte, dass am Ende des Gespräches an Themen wieder angeknüpft werden konnte, die zu Beginn angesprochen worden waren. Schließlich hat Dr. Bra. darauf verwiesen, dass die Klägerin während der Exploration mehrmals aufstand und umherging, um sich Erleichterung von den angegeben Schmerzen zu verschaffen. Nicht auseinandergesetzt hat er sich hingegen mit der Angabe der Klägerin, offenbar im Jahr 2006 mit dem Ehemann im Auto in die Türkei gefahren zu sein, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die von Dr. Bra. zugrunde gelegte Ausprägung der Symptomatik bereits bestanden haben soll. Wie ein so langwieriges Sitzen, das darüber hinaus noch mit Erschütterungen verbunden ist, mit den angegeben Einschränkungen in Einklang zu bringen ist, wird vom Sachverständigen gar nicht diskutiert. Die von ihm zur Begründung angeführte Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik hat Dr. Bra. daher ebenso wenig nachvollziehbar begründet wie die angegebene Leistungseinschätzung bei dem angenommenen Ausmaß der Symptomatik.
Mit der von Dr. Frie. und Dr. Bra. übereinstimmend diagnostizierten Dysthymia liegt eine zwar chronifizierte affektive Störung vor, die jedoch nur leichteren Ausmaßes ist. Dies wird durch die wiedergegebenen psychischen Befunde belegt, die bei reduzierter Stimmungslage eine erhaltene affektive Schwingungsfähigkeit zeigen. Kognitive Leistungseinschränkungen als Zeichen einer schwereren Verlaufsform konnten ebenso wenig eruiert werden wie eine bedeutsame Antriebsminderung. Die von der behandelnden Nervenärztin Dr. Hu. wie auch dem praktischen Arzt Scha. angeführten diesbezüglichen schwerwiegenden Einschränkungen haben sich somit nicht bestätigt. Auch Dr. Bra. begründet seine Leistungseinschätzung gerade nicht mit einer depressiven Erkrankung. Die sehr anschaulichen Ausführungen von Dr. Bra. zur Situation der Klägerin unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes und der damit einhergehenden Bilanzierungskrise aufgrund der bisherigen Lebensgestaltung können eine zeitliche Leistungseinschränkung ebenfalls nicht begründen. Dr. Bra. führt diesbezüglich selbst aus, dass diese "lediglich" in der diagnostizierten Dysthymia gemündet hat, nicht in einer schwereren Depressionsform.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht somit zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Stehen und Gehen zu verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten ist schon definitionsgemäß von leichten Tätigkeiten nicht umfasst. Ausgeschlossen sind Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Arbeiten mit verstärkter Schulterbelastung, in Schicht, im Akkord oder unter Zeitdruck, mit besonderer geistiger Beanspruchung oder erhöhter Verantwortung. Diese Einschränkungen sind weder ihrer Art nach noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedurfte es daher nicht. Dem vom Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 9. Oktober 2008 diesbezüglich gestellten "Antrag" war nicht somit nachzukommen. Es wurde ohnehin nicht näher dargelegt, zur Abklärung welcher Frage und auf welchem Fachgebiet ein solches weiteres Gutachten erstattet werden solle.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i.S.d. § 43 SGB VI. Da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges keinen Berufsschutz genießt, vielmehr zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, besteht auch keine Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Die am 1954 in der Türkei geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im August 1972 war sie von Mai 1973 bis zum Beginn der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit am 17. September 1996 als Montagearbeiterin am Fließband beschäftigt. Vom 29. Oktober 1996 bis 12. Februar 1998 bezog die Klägerin Krankengeld, anschließend bis 30. September 2001 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Bereits ab dem 3. September 2001 war die Klägerin als Warenkontrolleurin am Fließband beschäftigt. Nach Ende dieser Beschäftigung bezog die Klägerin in der Zeit vom 21. Februar bis 2. September 2002 nochmals Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Seither ist die Klägerin ohne Leistungsbezug als arbeitsuchend gemeldet.
Ein erster Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom Januar 1997 blieb im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren (Az. S 11 RJ 936/97) ohne Erfolg. In einem in diesem Verfahren vom Sozialgericht Mannheim (SG) eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 12. November 1999 hatte Dr. Rö., Chefarzt der Abteilung Neurologie in der Sankt R. Klinik Bad Sch.-M., neben einem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom auch eine leichtgradig ausgeprägte anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert; die Klägerin könne jedoch noch leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Die gegen das die Klage abweisende Urteil vom 29. März 2000 eingelegte Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg (LSG) durch Beschluss vom 24. Januar 2001 zurückgewiesen (L 8 RJ 1807/00).
Aus einem in der Zeit vom 16. Oktober bis 6. November 2001 durchgeführten stationären Rehabilitationsverfahren in der Z.-Klinik, St. Bl., wurde die Klägerin als arbeitsfähig entlassen. Seit dem 4. Dezember 2003 ist ein Grad der Behinderung von 50 bei der Klägerin anerkannt.
Am 11. Mai 2005 stellte die Klägerin den vorliegend streitigen Rentenantrag, den sie mit Weichteilrheuma, Beschwerden an der Halswirbelsäule, Asthma, Fibromyalgie, Depressionen sowie Gesundheitsstörungen seitens des Blutdrucks und der Schilddrüse begründete; die Erwerbsminderung bestehe seit März 2005. Die Beklagte ließ die Klägerin umfangreich begutachten. Der Orthopäde Dr. Th. beschrieb unter dem 15. Juli 2005 einen statisch und muskulär ausreichend kompensierten Rundrücken mit muskulärem Reizsyndrom ohne Wurzelreizung bei geringen Gefügestörungen der Rumpfwirbelsäule, eine Fehlstellung der Halswirbelsäule mit isolierter Bandscheibendegeneration C5/C6 mit rezidivierendem Schulter-Arm-Syndrom ohne Wurzelreizung, eine beginnende Gonarthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung und Kapselreizung sowie eine Periarthritis humero scapularis rechts ohne Rotatorenmanschettenschädigung mit geringer Funktionseinschränkung. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten mit mittelschweren Belastungsspitzen in wechselnder Körperhaltung ohne regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 8 bis 10 kg vollschichtig auszuüben. In seinem nervenärztlichen Gutachten vom 13. Juli 2005 diagnostizierte Dr. Schifferer eine konversionsneurotische Fehlhaltung mit multiplen somatoformen Beschwerden sowie einen bestenfalls leichtgradigen depressiven Verstimmungszustand. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten ohne besondere geistige Anforderungen und besonderen Stress vollschichtig zu verrichten. Der internistische Gutachter Dr. Li. stellte auf seinem Fachgebiet keine leistungsmindernden Gesundheitsstörungen fest und kam im Gutachten vom 22. Juli 2005 unter integrierender Berücksichtigung der weiteren Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne ständige Überkopf- oder Schulterarbeiten sowie ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg noch mindestens 6 Stunden täglich leistungsfähig sei; ausgeschlossen seien des Weiteren Akkordtätigkeiten.
Unter Übernahme dieses Leistungsbildes lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26. Juli 2005 ab, da eine Erwerbsminderung nicht bestehe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach erneuter beratungsärztlicher Stellungnahme mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2005 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. Dezember 2005 Klage beim SG erhoben. Das SG hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Internist Dr. Ber. und der Pulmologe Dr. Red. sahen von Seiten ihres Fachgebietes jeweils keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Orthopäde Dr. Schi. schloss sich hinsichtlich der Befunderhebung und der Leistungsbeurteilung dem Gutachten von Dr. Th. an. Nach der Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hu. liege eine längere schwere depressive Episode mit somatischen Symptomen, eine Bandscheibenvorwölbung und Wurzelläsion C6/C7 rechts sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vor; die Klägerin sei nicht mehr fähig, eine berufliche Tätigkeit 6-stündig auszuführen. Nach Aussage des praktischen Arztes Scha. habe sich der Gesamtzustand der Klägerin in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Die Depression sei eine stark führende Erkrankung geworden. Ferner hat das SG die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet untersuchen und begutachten lassen. In seinem nervenärztlichen Fachgutachten vom 22. November 2006 hat Dr. Frie. Schmerzen wahrscheinlich vasomotorischer Natur, eine leichte rechtsbetonte Hörminderung, Sensibilitätsstörungen sowie eine anhaltende ängstliche Depression im Sinne einer Dysthymia beschrieben. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht ergebe sich nicht. Die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie ohne Publikumsverkehr verrichten. Ausgeschlossen seien weiter geistig anspruchsvolle Tätigkeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Verantwortung. Die Klägerin sei auch noch in der Lage, sich auf die mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit verbundenen Anforderungen einzustellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten sowie der Einschätzung von Dr. Frie. folgend, sei die Klägerin noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der in den Gutachten genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege daher weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor. Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, sodass eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 27. März 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. April 2007 Berufung beim LSG eingelegt. Die Klägerin sei aufgrund zahlreicher Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und nervenärztlichem Fachgebiet in ihrem Leistungsvermögen soweit eingeschränkt, dass sie einer Erwerbstätigkeit nicht mehr, auch nicht mehr halbschichtig regelmäßig nachgehen könne. Das Gutachten des Dr. Frie. sei unzureichend. Die Depression der Klägerin habe sich zu einer stark führenden Erkrankung entwickelt und sich mittlerweile auch verschlechtert.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2005 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2005 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Gestützt auf prüfärztliche Stellungnahmen von Dr. Hei. vom 7. Mai 2008 und von Dr. Gir. vom 24. September 2008 hält sie auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme an der Entscheidung in den angefochtenen Bescheiden fest.
Der Senat hat auf ihren Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Klägerin durch den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. Bra. untersuchen und begutachten lassen. In seinem zusammen mit Assistenzarzt Paschke gefertigten Gutachten vom 25. Februar 2008 hat Dr. Bra. als Diagnosen gestellt: Dysthymie, somatoforme Schmerzstörung, Cerviko-Cephalgo-Brachialgie rechts sowie Lumboischialgie rechts mit radikulärer Sensibilitätsstörung. Durch die Summation der orthopädisch bedingten Beschwerden mit der sich über die Jahre verschlimmernden, therapieresistenten somatoformen Schmerzstörung sei eine Reduktion der Arbeitszeit auf drei bis unter sechs Stunden täglich auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes eingetreten. An dieser Beurteilung des Leistungsvermögens hat Dr. Bra. in seiner aufgrund der Einwände des Beratungsarztes Dr. Hei. vom Senat angeforderten Stellungnahme vom 8. Juli 2008 festgehalten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des SG - S 11 RJ 936/97 und S 1 R 3551/05 - und des LSG (L 8 RJ 1807/00), der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG). Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin berühren vorwiegend das orthopädische und das nervenärztliche Fachgebiet. Zu Recht hat das SG entschieden, dass die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter sechs Stunden täglich nicht begründen. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG nimmt der Senat nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Auch der Senat stützt sich dabei auf das von Dr. Th. bereits im Verwaltungsverfahren erstattete, überzeugende und schlüssige Fachgutachten, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann. Die dort wiedergegebenen Befunde wurden vom behandelnden Orthopäden Dr. Schi. in seiner schriftlichen Stellungnahme als sachverständiger Zeuge gegenüber dem SG im Wesentlichen bestätigt; eine weitergehende Leistungseinschränkung hat auch er nicht angenommen. Dr. Bra. gibt zwar im Berufungsverfahren eine Lumboischialgie rechts mit radikulärer Sensibilitätsstörung an; weitergehende Funktionseinbußen im Vergleich zu Dr. Th. beschreibt jedoch auch dieser Sachverständige nicht. Eine zwischenzeitliche Verschlechterung hat die Klägerin weder behauptet noch substantiiert vorgetragen. Gleiches gilt für das internistische Fachgebiet, dessen Abklärung durch das Gutachten von Dr. Li. vom 22. Juli 2005 erfolgt ist, das im Ergebnis durch die behandelnden Fachärzte Dr. Red. und Dr. Ber. in ihren Stellungnahmen gegenüber dem SG bestätigt worden war. Der Klägerin sind danach leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Gehen und Stehen noch in einem Umfange von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, soweit Überkopfarbeiten oder Arbeiten mit verstärkter Schulterbelastung nicht anfallen.
Bei der Beurteilung der Einschränkungen, die sich aus den Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet unter Einschluss der Schmerzsymptomatik ergeben, stützt sich der Senat auf das bereits im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten von Dr. Frie ... Der Sachverständige hat aufgrund der ausführlich erhobenen und im einzelnen dargestellten Befunde und Explorationsergebnisse die bestehenden Gesundheitsstörungen nachvollziehbar herausgearbeitet, die sich hieraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen schlüssig abgeleitet und ein überzeugendes Leistungsbild der Klägerin beschrieben. Diese Erhebungen und Beurteilungen sind auch nicht durch Zeitablauf überholt, da eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin weder nachgewiesen ist noch sich aus dem im Berufungsverfahren von Dr. Bra. erstatteten Gutachten ergibt. Danach sind qualitative Ausschlüsse notwendig, aber auch ausreichend, um dem Leiden der Klägerin gerecht zu werden. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht ist hingegen nicht begründet.
Der abweichenden Leistungseinschätzung von Dr. Bra. vermochte der Senat hingegen nicht zu folgen. Dr. Bra. begründet seine Einschätzung eines drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten mit einer Summation der orthopädisch nachweisbaren Beschwerden mit der sich seit Jahren verschlimmernden somatoformen Schmerzstörung. In dem Ausmaß der Schmerzsymptomatik und der daher zu stellenden eigenständigen Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung bestehe auch der Grund für die Abweichung vom Ergebnis der Begutachtung bei Dr. Frie ... Allein mit einer zusätzlich gestellten Diagnose lässt sich hingegen eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht schlüssig begründen. Zunächst ist die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nicht neu; sie wurde vielmehr bereits in dem im früheren sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten von Dr. Rö. vom 12. November 1999 gestellt, der sie als leichtgradig beschrieben hatte. Des Weiteren enthält bereits die von Dr. Frie. gestellte Diagnose einer Dysthymia ein Element der körperlichen Schmerzbelastung, was auch Dr. Bra. einräumt. Für die rentenrechtlich relevante Frage der Leistungsfähigkeit ist aber in erster Linie nicht die diagnostische Einordnung entscheidend, sondern in welchem Ausmaß sich diese Symptomatik tatsächlich niederschlägt und zu Funktionseinschränkungen und Leistungseinbußen führt. Dr. Bra. stützt sich auf die eigenen Angaben der Klägerin zum Schmerzgeschehen. Anhaltspunkte für eine bewusstseinsnahe Aggravation schließt er, wie mehrfach betont wird, ausdrücklich aus; es bestehe auch eine ausreichende Compliance hinsichtlich der von den behandelnden Ärzten verordneten Schmerzmittel. Die Angaben zu den Schmerzen und ihrer Lokalisation erfolgten nahezu deckungsgleich durch alle bisher vorliegenden Gutachten, was für deren ausreichende Aussagekraft spreche. Allerdings ließe sich eine zunehmende Intensität der angegeben Schmerzen im zeitlichen Verlauf erkennen, was dem von zahlreichen Pausen und Erholungszeiten geprägten Tagesablauf entspreche. Dies lässt sich jedoch nach Auffassung des Senats weder anhand der bisher vorliegenden Gutachten noch der Feststellungen von Dr. Bra. objektivieren. Eine Intensivierung der schmerzbedingten Einschränkungen ist im Tagesablauf und damit in der Alltagsbewältigung gerade nicht deutlich geworden. Dr. Bra. führt in seiner ergänzenden Stellungnahme selbst an, dass sich die Angaben der Klägerin zum Tagesablauf mit anderen Gutachten weitgehend deckten. Die von ihm angesprochenen Pausen im Tagesablauf zeigen sich in der Tat schon im Gutachten von Dr. Frie. und auch im Gutachten von Dr. Rö., lediglich Beginn und Ende eines Tages haben sich nach hinten verschoben. Schon bei Dr. Rö. hatte die Klägerin angegeben, dass viele Haushaltstätigkeiten, insbesondere die Putzarbeiten, von Familienangehörigen übernommen würden. Während damals die Zubereitung des gemeinsamen Abendessens hingegen von der 14jährigen Tochter übernommen worden sein soll, bereitet die Klägerin die nunmehr gemeinsam mit dem Mann eingenommene Mahlzeit selbst zu und räumt danach auch auf; lediglich das Einräumen der Teller in die Spülmaschine übernehme der Ehemann. Dass die Klägerin das Waschen und Versorgen der Wäsche nicht mehr, wie in den Vorgutachten beschrieben, übernehme, ist dem Gutachten von Dr. Bra. nicht zu entnehmen. Eine Zunahme schmerzbedingter Einschränkungen lässt sich somit hieraus nicht erkennen. Des Weiteren verweist Dr. Bra. auf das weitgehende Fehlen aktiver Tätigkeiten. Hier ist bereits zu beachten, dass in seinem Gutachten nur der Ablauf eines einzigen Tages dargestellt wurde, der auch noch geprägt war durch die Vorbereitung der Klägerin auf die anstehende Begutachtung. Immerhin war es der Klägerin möglich, selbst den Hausarzt aufzusuchen, um Befundberichte abzuholen. Darüber hinaus bearbeitete die Klägerin - mit Hilfe der Tochter - die Unterlagen für die Begutachtung, empfing am selben Tag noch einen Besuch ihrer Nachbarin und sah anschließend noch bis zur Nachtruhe Fernsehen. Dies zeigt eher noch ein beachtliches Aktivitätsniveau als eine gravierende Einschränkung. Bereits Dr. Frie. hatte darauf hingewiesen, dass im Rahmen des erfragten Tagesablaufs kein regelrechtes Unvermögen erkennbar gewesen war, mit den verbliebenen Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Des Weiteren hat Dr. Bra. Angaben der Klägerin zu Einschränkungen zugrunde gelegt, die er selbst nicht überprüft hatte bzw. denen seine eigenen Beobachtungen eher entgegenstehen. So hatte der Sachverständige als Zeichen eines inaktiven Tagesablaufs berücksichtigt, dass die Klägerin gerade Gelesenes oder Gesehenes gleich wieder vergesse. Eine ausdrückliche Prüfung der Merkfähigkeit hatte er hingegen nicht vorgenommen. Vielmehr schloss er aufgrund des Ablaufs des Explorationsgespräches Einschränkungen der Aufmerksamkeit und Konzentration gerade aus. Gleiches hatte bereits Dr. Frie. wiedergegeben, der deutlich machte, dass am Ende des Gespräches an Themen wieder angeknüpft werden konnte, die zu Beginn angesprochen worden waren. Schließlich hat Dr. Bra. darauf verwiesen, dass die Klägerin während der Exploration mehrmals aufstand und umherging, um sich Erleichterung von den angegeben Schmerzen zu verschaffen. Nicht auseinandergesetzt hat er sich hingegen mit der Angabe der Klägerin, offenbar im Jahr 2006 mit dem Ehemann im Auto in die Türkei gefahren zu sein, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die von Dr. Bra. zugrunde gelegte Ausprägung der Symptomatik bereits bestanden haben soll. Wie ein so langwieriges Sitzen, das darüber hinaus noch mit Erschütterungen verbunden ist, mit den angegeben Einschränkungen in Einklang zu bringen ist, wird vom Sachverständigen gar nicht diskutiert. Die von ihm zur Begründung angeführte Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik hat Dr. Bra. daher ebenso wenig nachvollziehbar begründet wie die angegebene Leistungseinschätzung bei dem angenommenen Ausmaß der Symptomatik.
Mit der von Dr. Frie. und Dr. Bra. übereinstimmend diagnostizierten Dysthymia liegt eine zwar chronifizierte affektive Störung vor, die jedoch nur leichteren Ausmaßes ist. Dies wird durch die wiedergegebenen psychischen Befunde belegt, die bei reduzierter Stimmungslage eine erhaltene affektive Schwingungsfähigkeit zeigen. Kognitive Leistungseinschränkungen als Zeichen einer schwereren Verlaufsform konnten ebenso wenig eruiert werden wie eine bedeutsame Antriebsminderung. Die von der behandelnden Nervenärztin Dr. Hu. wie auch dem praktischen Arzt Scha. angeführten diesbezüglichen schwerwiegenden Einschränkungen haben sich somit nicht bestätigt. Auch Dr. Bra. begründet seine Leistungseinschätzung gerade nicht mit einer depressiven Erkrankung. Die sehr anschaulichen Ausführungen von Dr. Bra. zur Situation der Klägerin unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes und der damit einhergehenden Bilanzierungskrise aufgrund der bisherigen Lebensgestaltung können eine zeitliche Leistungseinschränkung ebenfalls nicht begründen. Dr. Bra. führt diesbezüglich selbst aus, dass diese "lediglich" in der diagnostizierten Dysthymia gemündet hat, nicht in einer schwereren Depressionsform.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht somit zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Stehen und Gehen zu verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten ist schon definitionsgemäß von leichten Tätigkeiten nicht umfasst. Ausgeschlossen sind Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Arbeiten mit verstärkter Schulterbelastung, in Schicht, im Akkord oder unter Zeitdruck, mit besonderer geistiger Beanspruchung oder erhöhter Verantwortung. Diese Einschränkungen sind weder ihrer Art nach noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedurfte es daher nicht. Dem vom Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 9. Oktober 2008 diesbezüglich gestellten "Antrag" war nicht somit nachzukommen. Es wurde ohnehin nicht näher dargelegt, zur Abklärung welcher Frage und auf welchem Fachgebiet ein solches weiteres Gutachten erstattet werden solle.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert i.S.d. § 43 SGB VI. Da sie aufgrund ihres beruflichen Werdeganges keinen Berufsschutz genießt, vielmehr zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, besteht auch keine Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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